Selma Danziger née Wittkowski

Location 
Düsseldorfer Str. 72
District
Wilmersdorf
Stone was laid
23 March 2017
Born
28 February 1867 in Bentschen / Zbąszyń
Deportation
on 24 July 1942 to Theresientadt
Murdered
18 August 1942 in Theresienstadt

Bei den fünf Menschen, die in diesen beiden Häusern lebten, geht es um Angehörige der Familie von Georg Heidemann (1884-1936), einem von vier Brüdern von Arthur Heidemann (1891-1942). Von den fünf Brüdern ist einer, Hermann, 1916 im Ersten Weltkrieg gefallen, einer, Benno, hat in Holland den Krieg knapp überlebt, und zwei, Arthur und sein ein Jahr jüngerer Bruder Max, sind in Auschwitz ermordet worden. <br />
<br />
Georg, der Älteste, besaß ein Elektrogroßhandelsgeschäft in der Uhlandstraße 58 (Ecke Düsseldorfer Straße) in Wilmersdorf. Er und seine Frau Lisbeth, geb. Danziger, hatten zwei Töchter, Hilde (1911-1943) und Ursel (1916-2003).<br />
<br />
Nach Georgs Tod 1936 führte dessen Ehefrau Lisbeth Heidemann zunächst das Geschäft weiter. Am Tag nach der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 wurde das Geschäft von Mitarbeitern geplündert und musste kurz darauf geschlossen werden. <br />
<br />
Während eines Luftangriffs lernte die jüngere Tochter Ursula (Ursel) Heidemann, geboren am 07.01.1916 in Berlin, einen zufällig anwesenden jungen Mann kennen, der in den jüdischen Teil des Luftschutzkellers gegangen war. Die beiden verliebten sich und es stellte sich heraus, dass der junge Mann namens Abdul Dowleh der Sohn eines afghanischen Ex-Diplomaten und bekannten Politikers namens Shuja ud Dowleh war. Abdul (geboren 1916 in Kabul) lebte seit 1925 in Berlin, ist dort zur Schule gegangen und aufgewachsen. Mit Hilfe eines guten Anwalts konnten beide 1941 heiraten. Abdul und Ursel lebten nun gemeinsam mit Ursels Mutter Lisbeth und deren Mutter Selma Danziger (geboren 1867 in Posen) in der Düsseldorfer Straße 72.<br />
<br />
Die Deportation der Berliner Juden begann zwar schon im Oktober 1941, aber die „Rüstungsjuden“, zu denen auch Lisbeth und Hilde gehörten, blieben zunächst „unbehelligt“. Als erste wurde am 24. Juli 1942 die Großmutter Selma Danziger geb. Wittkowski, geboren am 28. Februar 1867 in Bentschen im Bezirk Posen (Poznan) abgeholt und mit einem von den nationalsozialistischen Bürokraten so genannten „Alterstransport“ nach Theresienstadt gebracht. Sie packte ihren Koffer in der Annahme, es ginge in einen Sanatoriumsaufenthalt. Am 18. August 1942 kam sie in Theresienstadt um. <br />
<br />
Hilde und ihre Mutter Lisbeth kamen eine Zeitlang in Luckenwalde außerhalb Berlins unter. Beide wurden Ende November 1943 verraten und am 7. Dezember 1942 von Berlin nach Auschwitz gebracht und dort sofort ermordet. Am 3. Dezember 1942 schrieben Hilde und Lisbeth aus dem Übergangslager in der Großen Hamburger Straße 26 in Berlin noch eine Postkarte an ihre jüngere Schwester Ursel, die zu diesem Zeitpunkt bereits ihr erstes Kind Robert geboren hatte. Sie machten sich Sorgen, ob die Zurückgebliebenen und ihr Kind den großen Bombenangriff vom 22./23. November 1943 heil überstanden hätten. <br />
<br />
Nach dem Ende der großen Judenjagd im Sommer 1943 ging die Suche nach einzelnen noch im Untergrund Überlebenden und nach Juden in sogenannten Mischehen weiter. Abdul und Ursel beschlossen Anfang 1944 Berlin zu verlassen und in Königsbrück bei Dresden unterzutauchen. In der Meldekarte von Königsbrück ist Ursel als Muslimin eingetragen. Sie zogen mit einer Pferdekutsche von Ort zu Ort, Abdul wurde in der Nähe von Dresden festgenommen und ins Zuchthaus Bautzen gebracht. Währenddessen gebar Ursel ihr zweites Kind - ein Mädchen, dem sie den Namen Daisy Fatima gab – im Krankenhaus von Kamenz. Der zuständige Arzt hat sie nicht verraten. Abdul kam vermutlich auf Intervention des aghanischen ex-Botschafters in Berlin Ghulam Siddiq wieder frei. Gegen Kriegsende fuhren beide mit einer Pferdekutsche zurück nach Berlin. 1950 emigrierten sie mit ihren inzwischen drei Kindern mittellos nach New York.<br />
<br />
„Mit Ausnahme des Schicksals meines Großvaters Arthur Heidemann und dessen damaliger Frau und Kind war bis vor wenigen Jahren nicht zu ahnen, wie die rassistische Mordmaschine der Nazis in unserer Familie gewütet hat. Meine Mutter Selma Heidemann und ihr Bruder Hermann (Zwi) haben nicht darüber gesprochen und ich habe als junge Frau nicht gefragt. Vor zwei Jahren haben wir mit Hilfe von Freunden erfahren, dass eine Cousine meiner Mutter den Holocaust überlebt hat und dass ich z zweiten Grades in New York habe“, sagte Maya Mosler-Cohen zu der Stolpersteineverlegung.<br />

Bei den fünf Menschen, die in diesen beiden Häusern lebten, geht es um Angehörige der Familie von Georg Heidemann (1884-1936), einem von vier Brüdern von Arthur Heidemann (1891-1942). Von den fünf Brüdern ist einer, Hermann, 1916 im Ersten Weltkrieg gefallen, einer, Benno, hat in Holland den Krieg knapp überlebt, und zwei, Arthur und sein ein Jahr jüngerer Bruder Max, sind in Auschwitz ermordet worden.

Georg, der Älteste, besaß ein Elektrogroßhandelsgeschäft in der Uhlandstraße 58 (Ecke Düsseldorfer Straße) in Wilmersdorf. Er und seine Frau Lisbeth, geb. Danziger, hatten zwei Töchter, Hilde (1911-1943) und Ursel (1916-2003).

Nach Georgs Tod 1936 führte dessen Ehefrau Lisbeth Heidemann zunächst das Geschäft weiter. Am Tag nach der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 wurde das Geschäft von Mitarbeitern geplündert und musste kurz darauf geschlossen werden.

Während eines Luftangriffs lernte die jüngere Tochter Ursula (Ursel) Heidemann, geboren am 07.01.1916 in Berlin, einen zufällig anwesenden jungen Mann kennen, der in den jüdischen Teil des Luftschutzkellers gegangen war. Die beiden verliebten sich und es stellte sich heraus, dass der junge Mann namens Abdul Dowleh der Sohn eines afghanischen Ex-Diplomaten und bekannten Politikers namens Shuja ud Dowleh war. Abdul (geboren 1916 in Kabul) lebte seit 1925 in Berlin, ist dort zur Schule gegangen und aufgewachsen. Mit Hilfe eines guten Anwalts konnten beide 1941 heiraten. Abdul und Ursel lebten nun gemeinsam mit Ursels Mutter Lisbeth und deren Mutter Selma Danziger (geboren 1867 in Posen) in der Düsseldorfer Straße 72.

Die Deportation der Berliner Juden begann zwar schon im Oktober 1941, aber die „Rüstungsjuden“, zu denen auch Lisbeth und Hilde gehörten, blieben zunächst „unbehelligt“. Als erste wurde am 24. Juli 1942 die Großmutter Selma Danziger geb. Wittkowski, geboren am 28. Februar 1867 in Bentschen im Bezirk Posen (Poznan) abgeholt und mit einem von den nationalsozialistischen Bürokraten so genannten „Alterstransport“ nach Theresienstadt gebracht. Sie packte ihren Koffer in der Annahme, es ginge in einen Sanatoriumsaufenthalt. Am 18. August 1942 kam sie in Theresienstadt um.

Hilde und ihre Mutter Lisbeth kamen eine Zeitlang in Luckenwalde außerhalb Berlins unter. Beide wurden Ende November 1943 verraten und am 7. Dezember 1942 von Berlin nach Auschwitz gebracht und dort sofort ermordet. Am 3. Dezember 1942 schrieben Hilde und Lisbeth aus dem Übergangslager in der Großen Hamburger Straße 26 in Berlin noch eine Postkarte an ihre jüngere Schwester Ursel, die zu diesem Zeitpunkt bereits ihr erstes Kind Robert geboren hatte. Sie machten sich Sorgen, ob die Zurückgebliebenen und ihr Kind den großen Bombenangriff vom 22./23. November 1943 heil überstanden hätten.

Nach dem Ende der großen Judenjagd im Sommer 1943 ging die Suche nach einzelnen noch im Untergrund Überlebenden und nach Juden in sogenannten Mischehen weiter. Abdul und Ursel beschlossen Anfang 1944 Berlin zu verlassen und in Königsbrück bei Dresden unterzutauchen. In der Meldekarte von Königsbrück ist Ursel als Muslimin eingetragen. Sie zogen mit einer Pferdekutsche von Ort zu Ort, Abdul wurde in der Nähe von Dresden festgenommen und ins Zuchthaus Bautzen gebracht. Währenddessen gebar Ursel ihr zweites Kind - ein Mädchen, dem sie den Namen Daisy Fatima gab – im Krankenhaus von Kamenz. Der zuständige Arzt hat sie nicht verraten. Abdul kam vermutlich auf Intervention des aghanischen ex-Botschafters in Berlin Ghulam Siddiq wieder frei. Gegen Kriegsende fuhren beide mit einer Pferdekutsche zurück nach Berlin. 1950 emigrierten sie mit ihren inzwischen drei Kindern mittellos nach New York.

„Mit Ausnahme des Schicksals meines Großvaters Arthur Heidemann und dessen damaliger Frau und Kind war bis vor wenigen Jahren nicht zu ahnen, wie die rassistische Mordmaschine der Nazis in unserer Familie gewütet hat. Meine Mutter Selma Heidemann und ihr Bruder Hermann (Zwi) haben nicht darüber gesprochen und ich habe als junge Frau nicht gefragt. Vor zwei Jahren haben wir mit Hilfe von Freunden erfahren, dass eine Cousine meiner Mutter den Holocaust überlebt hat und dass ich z zweiten Grades in New York habe“, sagte Maya Mosler-Cohen zu der Stolpersteineverlegung.