Gerda Lisalotta Kaufmann née Just

Location 
Bayreuther Str. 3
District
Schöneberg
Stone was laid
12 July 2019
Born
30 December 1922 in Berlin
Escape
1939 Kindertransport nach England
Survived

Gerda Lisalotta Kaufmann, geborene Just, wurde am 30. Dezember 1922 in Crossen an der Oder, dem heutigen Krosno Odrzańskie in Polen, geboren. Ihre Eltern waren Elisabeth Lisa Minna Just, geb. Rosenbaum, und Siegbert Salomon Just, beide stammten aus Crossen. Die Mutter wurde dort am 27. November 1895 und der Vater am 1. Dezember 1888 geboren. Sie gehörten zum liberalen deutschen Judentum und sahen sich völlig selbstverständlich in die Gesellschaft integriert.

Gerda war ein Einzelkind und ging in die örtliche Schule. Sie war dort gut in die Klassengemeinschaft integriert und beliebt bei ihren Mitschüler_innen.

Ihre Eltern betrieben ein Bekleidungsgeschäft in Crossen und waren beide musikbegeistert. Da sie viele Freunde und Bekannte hatten, nahmen sie bis zum Machtantritt der Nazis regelmäßig am gesellschaftlichen Leben teil.

Ausgrenzung und Diskriminierung hatten sie bis dahin nicht erfahren; deswegen betrachteten sie den Aufstieg der Nationalsozialisten als vorübergehendes gesellschaftliches Phänomen. Gerda Lisalottas Großvater war darüber hinaus im Ersten Weltkrieg mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet worden und dadurch ebenfalls ein honorables Mitglied der Crossener Gesellschaft.

Gerdas Ausgrenzung in der Schule begann jedoch schon bald nach dem Machtantritt der Nazis. Ihre Eltern hatten unter den Boykott-Aktionen der Nazis zu leiden und immer mehr Schwierigkeiten, ihr Geschäft weiter zu betreiben. Während der „Reichskristallnacht“ vom 9. auf den 10. November wurde das Geschäft komplett verwüstet.

Ein Angestellter, bis dato Freund der Familie, nutzte die „Arisierungsbestimmung“ aus und die Geschäftsleute mussten ihm zwangsweise das Geschäft überlassen. Ein schwerer Schlag für die Familie.

Ihrer Existenzgrundlage beraubt, zog die Familie nach Berlin, da sie hoffte, in der großen Stadt sicherer zu sein. Sie zog in die Bayreuther Straße 3.

Die Lage für Juden verschlimmerte sich jedoch auch in Berlin, aber zu diesem Zeitpunkt sahen die Eheleute Just keine Möglichkeit mehr zu emigrieren.

Gerda Lisalotta konnte mithilfe der Quäker, einer religiösen christlichen Gruppierung, einen Arbeitsnachweis in England bekommen; so konnte ihre Ausreise, wie die von vielen anderen jungen Leuten, arrangiert werden.

Im Sommer 1939 wurde sie von ihren Eltern zum Bahnhof gebracht. Mit 18 Jahren und allein mit anderen Kindern und Jugendlichen reiste sie mit einem der letzten Kindertransporte nach England und sprach kaum ein Wort Englisch. Sie kam nach Carshalton, im Stadtteil Sutton, im Süden von London.

Gerda Lisalotta versuchte, ihre Eltern aus Deutschland herauszubekommen, aber das Unterfangen scheiterte mit der Kriegserklärung Englands an Deutschland am 3. September 1939. Eltern und Tochter standen noch im Briefkontakt, der jedoch immer unregelmäßiger und schwieriger wurde und schließlich Anfang 1942 ganz abbrach.

Irgendwann bekam Gerda Lisalotta ein Schreiben, in dem davon die Rede war, dass die Eltern für sehr lange weg seien.

Vor ihrer Deportation lebten die Eltern Minna und Siegbert Salomon Just zwangsweise in der Passauer Straße 5 zur Untermiete. Anfang März 1943 wurden sie in zwei verschiedenen Transporten nach Auschwitz deportiert. Elisabeth Lisa Minna mit dem „31. Osttransport“, ihr Mann einen Tag später mit dem „32. Osttransport“. Beide wurden in Auschwitz ermordet, ihr genaues Todesdatum ist nicht bekannt.

Währenddessen arbeitete Gerda Lisalotta in England als Kindermädchen und als Krankenschwester. Einerseits war Gerda Kaufmann eine aufgeschlossene Frau und schloss leicht Freundschaften, so trat sie zum Beispiel in Kontakt mit anderen jüdischen Emigrant_innen, andererseits litt sie aber auch an Depressionen – eine Folge ihrer Jugend in Nazideutschland, der Flucht nach England und der Ermordung ihrer Eltern. Ihre Skepsis gegenüber der speziellen englischen Mentalität, der oft aufgesetzt wirkenden Freundlichkeit und Oberflächlichkeit, behielt sie ihr Leben lang.

Ihren Ehemann, Hans Kaufmann, der ebenfalls Emigrant war und ursprünglich aus Lichtenau kam, einer kleinen katholischen Gemeinde in Süddeutschland in der Nähe von Freiburg, lernte sie über ihre jüdischen Kontakte kennen und lieben.

In Hampstead/London, wohin das junge Paar umzog, betrieb Hans Kaufmann ein kleines Maler- und Dekorationsgeschäft mit zwei Angestellten und seiner Frau Gerda als Sekretärin. Er gestaltete und dekorierte ganze Häuser neu, darunter große Anwesen. Seine prominenteste Kundin war Anna Freud, die Tochter von Sigmund Freund.

Ende der 1950er-, Anfang der 1960er-Jahre bekamen Gerda und Hans Kaufmann mithilfe der „Association of Jewish Refugees (AJR) eine Entschädigungszahlung der Bundesrepublik Deutschland, höchstwahrscheinlich für die Enteignung des elterlichen Geschäfts in Crossen an der Oder.

Im Laufe ihres Lebens besuchten sie mehrere Male Berlin und Lichtenau in Süddeutschland. Sie demonstrierten so ihre Verbundenheit zu ihren Heimatorten, dabei war ihnen auch wichtig, an Holocaust-Gedenkveranstaltungen teilzunehmen.

Gerda Kaufmann starb am 1. Mai 1999 im Alter von 76 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung. Gerdas Mann Hans Kaufmann überlebte sie um fast elf Jahre und starb am 24. Januar 2010 in London.

Gerda Kaufmann hinterließ einen ausführlichen biographischen Bericht, inklusive Fotos und Dokumente in einem Koffer. Dieser Koffer ist inzwischen nach Berlin gebracht worden, als Symbol der Erinnerung und des Nichtvergessens. Das Vorhaben wurde im Frühjahr 2014 initiiert von den deutschsprachigen englischen Gemeinden – Christuskirche Oxford Petersham, Pfarramtsbereich London-West.

Die Kinder von Gerda und Hans Kaufmann haben die Lebensgeschichte ihrer Eltern aufbereitet und unter dem Titel „Splinters from Kristallnacht – two young jews in Hitlers Germany: Gerda Just and Hans Kaufmann“ veröffentlicht.

Gerda Lisalotta Kaufmann, geborene Just, wurde am 30. Dezember 1922 in Crossen an der Oder, dem heutigen Krosno Odrzańskie in Polen, geboren. Ihre Eltern waren Elisabeth Lisa Minna Just, geb. Rosenbaum, und Siegbert Salomon Just, beide stammten aus Crossen. Die Mutter wurde dort am 27. November 1895 und der Vater am 1. Dezember 1888 geboren. Sie gehörten zum liberalen deutschen Judentum und sahen sich völlig selbstverständlich in die Gesellschaft integriert.

Gerda war ein Einzelkind und ging in die örtliche Schule. Sie war dort gut in die Klassengemeinschaft integriert und beliebt bei ihren Mitschüler_innen.

Ihre Eltern betrieben ein Bekleidungsgeschäft in Crossen und waren beide musikbegeistert. Da sie viele Freunde und Bekannte hatten, nahmen sie bis zum Machtantritt der Nazis regelmäßig am gesellschaftlichen Leben teil.

Ausgrenzung und Diskriminierung hatten sie bis dahin nicht erfahren; deswegen betrachteten sie den Aufstieg der Nationalsozialisten als vorübergehendes gesellschaftliches Phänomen. Gerda Lisalottas Großvater war darüber hinaus im Ersten Weltkrieg mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet worden und dadurch ebenfalls ein honorables Mitglied der Crossener Gesellschaft.

Gerdas Ausgrenzung in der Schule begann jedoch schon bald nach dem Machtantritt der Nazis. Ihre Eltern hatten unter den Boykott-Aktionen der Nazis zu leiden und immer mehr Schwierigkeiten, ihr Geschäft weiter zu betreiben. Während der „Reichskristallnacht“ vom 9. auf den 10. November wurde das Geschäft komplett verwüstet.

Ein Angestellter, bis dato Freund der Familie, nutzte die „Arisierungsbestimmung“ aus und die Geschäftsleute mussten ihm zwangsweise das Geschäft überlassen. Ein schwerer Schlag für die Familie.

Ihrer Existenzgrundlage beraubt, zog die Familie nach Berlin, da sie hoffte, in der großen Stadt sicherer zu sein. Sie zog in die Bayreuther Straße 3.

Die Lage für Juden verschlimmerte sich jedoch auch in Berlin, aber zu diesem Zeitpunkt sahen die Eheleute Just keine Möglichkeit mehr zu emigrieren.

Gerda Lisalotta konnte mithilfe der Quäker, einer religiösen christlichen Gruppierung, einen Arbeitsnachweis in England bekommen; so konnte ihre Ausreise, wie die von vielen anderen jungen Leuten, arrangiert werden.

Im Sommer 1939 wurde sie von ihren Eltern zum Bahnhof gebracht. Mit 18 Jahren und allein mit anderen Kindern und Jugendlichen reiste sie mit einem der letzten Kindertransporte nach England und sprach kaum ein Wort Englisch. Sie kam nach Carshalton, im Stadtteil Sutton, im Süden von London.

Gerda Lisalotta versuchte, ihre Eltern aus Deutschland herauszubekommen, aber das Unterfangen scheiterte mit der Kriegserklärung Englands an Deutschland am 3. September 1939. Eltern und Tochter standen noch im Briefkontakt, der jedoch immer unregelmäßiger und schwieriger wurde und schließlich Anfang 1942 ganz abbrach.

Irgendwann bekam Gerda Lisalotta ein Schreiben, in dem davon die Rede war, dass die Eltern für sehr lange weg seien.

Vor ihrer Deportation lebten die Eltern Minna und Siegbert Salomon Just zwangsweise in der Passauer Straße 5 zur Untermiete. Anfang März 1943 wurden sie in zwei verschiedenen Transporten nach Auschwitz deportiert. Elisabeth Lisa Minna mit dem „31. Osttransport“, ihr Mann einen Tag später mit dem „32. Osttransport“. Beide wurden in Auschwitz ermordet, ihr genaues Todesdatum ist nicht bekannt.

Währenddessen arbeitete Gerda Lisalotta in England als Kindermädchen und als Krankenschwester. Einerseits war Gerda Kaufmann eine aufgeschlossene Frau und schloss leicht Freundschaften, so trat sie zum Beispiel in Kontakt mit anderen jüdischen Emigrant_innen, andererseits litt sie aber auch an Depressionen – eine Folge ihrer Jugend in Nazideutschland, der Flucht nach England und der Ermordung ihrer Eltern. Ihre Skepsis gegenüber der speziellen englischen Mentalität, der oft aufgesetzt wirkenden Freundlichkeit und Oberflächlichkeit, behielt sie ihr Leben lang.

Ihren Ehemann, Hans Kaufmann, der ebenfalls Emigrant war und ursprünglich aus Lichtenau kam, einer kleinen katholischen Gemeinde in Süddeutschland in der Nähe von Freiburg, lernte sie über ihre jüdischen Kontakte kennen und lieben.

In Hampstead/London, wohin das junge Paar umzog, betrieb Hans Kaufmann ein kleines Maler- und Dekorationsgeschäft mit zwei Angestellten und seiner Frau Gerda als Sekretärin. Er gestaltete und dekorierte ganze Häuser neu, darunter große Anwesen. Seine prominenteste Kundin war Anna Freud, die Tochter von Sigmund Freund.

Ende der 1950er-, Anfang der 1960er-Jahre bekamen Gerda und Hans Kaufmann mithilfe der „Association of Jewish Refugees (AJR) eine Entschädigungszahlung der Bundesrepublik Deutschland, höchstwahrscheinlich für die Enteignung des elterlichen Geschäfts in Crossen an der Oder.

Im Laufe ihres Lebens besuchten sie mehrere Male Berlin und Lichtenau in Süddeutschland. Sie demonstrierten so ihre Verbundenheit zu ihren Heimatorten, dabei war ihnen auch wichtig, an Holocaust-Gedenkveranstaltungen teilzunehmen.

Gerda Kaufmann starb am 1. Mai 1999 im Alter von 76 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung. Gerdas Mann Hans Kaufmann überlebte sie um fast elf Jahre und starb am 24. Januar 2010 in London.

Gerda Kaufmann hinterließ einen ausführlichen biographischen Bericht, inklusive Fotos und Dokumente in einem Koffer. Dieser Koffer ist inzwischen nach Berlin gebracht worden, als Symbol der Erinnerung und des Nichtvergessens. Das Vorhaben wurde im Frühjahr 2014 initiiert von den deutschsprachigen englischen Gemeinden – Christuskirche Oxford Petersham, Pfarramtsbereich London-West.

Die Kinder von Gerda und Hans Kaufmann haben die Lebensgeschichte ihrer Eltern aufbereitet und unter dem Titel „Splinters from Kristallnacht – two young jews in Hitlers Germany: Gerda Just and Hans Kaufmann“ veröffentlicht.