Lieselotte "Esther" Hirschweh née Reichmann

Location 
Sonnenallee 174
Historical name
Braunauer Str. 174
District
Neukölln
Stone was laid
23 March 2021
Born
21 January 1922 in Magdeburg
Forced Labour
Stanzerin (Berlin)
Deportation
on 01 March 1943 to Auschwitz
Murdered
November 1943 in Auschwitz-Birkenau

Lieselotte wurde am 21. Januar 1922 als Kind von Bertha und Otto Reichmann geboren. Sie wurde Lilo genannt und spielte gern Theater mit Gleichaltrigen aus der Verwandtschaft und Bekanntschaft ihrer Eltern. Dazu gehörten die Familien Edel und Hirschweh. Zu ihren Spielfreunden gehörte auch Hans-Peter Hirschweh (später Peter Edel, 1921–1983), der später ihr Ehemann wurde. Als Kinder waren sie unzertrennlich. Onkel Alexander der Edel-Verwandtschaft scherzte zu sagen: „Ihr zwei beiden werdet wohl noch mal heiraten.“ <br />
Leidenschaftlich gern spielte Lilo die Königin Esther im selbstverfassten Theaterstück. Es wurde vorrangig zum jüdischen Purimfest den Erwachsenen der Familien Reichmann, Edel und Hirschweh aufgeführt. Von da an wurde Lilo von allen nur noch „Esther“ genannt.<br />
Nach Einführung der Nürnberger Rassengesetze 1935 musste sie ihre Schulausbildung abbrechen. Seit August 1938 war sie gezwungen nach dem „Gesetz über die Änderung der Familiennamen und Vornamen“ den zusätzlichen Vornamen „Sara“ zu tragen.<br />
Aufgrund der antisemitischen Regelung und Repressalien durch das nationalsozialistische Regime ließen sich Lilos Eltern scheiden, um nicht als „Mischehe“ zu gelten. Daraufhin bezogen Mutter und Tochter eine 2-Raum-Wohnung in der Braunauer Straße 174 (heute Sonnenallee 174) in Berlin-Neukölln. Hier lebten sie zurückgezogen. Es bestand kein Kontakt mehr zu den Edels und Hirschwehs. <br />
Lilo und Peter hatten sich aus den Augen verloren, beide litten darunter. Durch einen Zufall traf Vater Erich Hirschweh (1894–1942, ermordet in Auschwitz) Lilos Mutter Bertha Reichmann. So erfuhr Hans-Peter die neue Adresse seiner Freundin aus Kindheitstagen. <br />
Die erneute Begegnung mündete im März 1941 in der Verlobung von Hans-Peter und Lilo „Esther“. Bertha Reichmann nahm das junge Paar in ihrer beengten Neuköllner Wohnung auf. Am 28. August 1941 heirateten Hans-Peter und Lilo erst standesamtlich, dann kirchlich in der St.-Paulus-Kuratie-Kirche der Dominikaner in Berlin-Tiergarten. <br />
Ab dem 1. September 1941 erfolgte mit der „Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden“ der Zwang zum Tragen des sogenannten „Judensterns“.<br />
Lilo wurde bereits im Mai 1941 zur Zwangsarbeit für Ausrüstung der Wehrmacht in den Siemens-Schuckertwerken verpflichtet. Sie arbeitete an der Stanzmaschine.<br />
Im Zuge der Zwangsarbeit kam Lilo gemeinsam mit ihrem Mann am 13. September 1942 das erste Mal in Kontakt mit dem illegalen Widerstand gegen das Naziregime. Sie hörten bei einem gewissen Genossen Gall, genannt „DU“, Radio Moskau mit Nachrichten über Stalingrad.<br />
Jetzt begannen Lilo und Peter illegale Flugblätter über die gehörten Nachrichten herzustellen. Auch aus einem Gedichtband, wohl von Heinrich Heine, der von den Bücherverbrennungen verschont geblieben war, schnitten sie Wörter heraus und fügten sie zu Flugblättern zusammen. Unter Lebensgefahr klebten sie diese Flugblätter an Häuserwände.<br />
Die Zwangskennzeichnung des „Judensterns“ sabotierten sie durch das Anbringen einer Nadel auf der Rückseite, dadurch konnte er von der Kleidung abgenommen werden.<br />
Im Rüstungsbetrieb bekam Lilo Kontakt zu Gleichgesinnten, die sich ebenfalls nicht widerstandslos dem Naziregime ergeben wollten. Unter Lebensgefahr sabotierte sie an ihrem Arbeitsplatz als Stanzerin Teile für den Rüstungsbetrieb.<br />
Am 28. Februar 1943 wurde sie im Betrieb gemeinsam mit anderen Arbeiter*innen wegen Verstoßes gegen das „Gesetze zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ verhaftet. Ihr Name stand auf der Liste des „31. Osttransports“, mit dem sie am 1. März 1943 ins KZ Auschwitz deportiert werden sollte. Von dieser Liste wurde ihr Name gestrichen, sie wurde aus dem Transport herausgeholt und in die Gestapoleitstelle in die Berliner Burgstraße gebracht. Lilo sollte durch physische und psychische Folter Namen der Gleichgesinnten aus der Rüstungsfabrik preisgeben.<br />
In der Gestapoleitstelle traf sie auf ihren Mann und auf den Genossen Gall, die in der Zwischenzeit ebenfalls verhaftet und gefoltert worden waren. Laut der Autobiografie, die ihr Mann 1979 unter dem Titel „Wenn es ans Leben geht“ veröffentlichte, schwieg Lilo und verriet keinen der Genossen. Infolgedessen wurde Lilo „Esther“ Hirschweh am 4. März 1943 mit dem „34. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert.<br />
In Auschwitz begegnete sie im November 1943 noch einmal ihrem Mann Hans-Peter, kurz bevor sie in die Gaskammern nach Auschwitz-Birkenau abtransportiert wurde.<br />
Tief bewegt fertigte Hans-Peter danach von diesem letzten Augenblick eine Skizze von Esther in Häftlingskleidung an. In seinen Romanen „Schwester der Nacht“, „Die Bilder des Zeugen Schattmann“ und der Autobiografie „Wenn es ans Leben geht“ setzte er Lieselotte „Esther“ Hirschweh, geb. Reichmann, ein Denk- und Mahnmal.<br />
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Lieselotte wurde am 21. Januar 1922 als Kind von Bertha und Otto Reichmann geboren. Sie wurde Lilo genannt und spielte gern Theater mit Gleichaltrigen aus der Verwandtschaft und Bekanntschaft ihrer Eltern. Dazu gehörten die Familien Edel und Hirschweh. Zu ihren Spielfreunden gehörte auch Hans-Peter Hirschweh (später Peter Edel, 1921–1983), der später ihr Ehemann wurde. Als Kinder waren sie unzertrennlich. Onkel Alexander der Edel-Verwandtschaft scherzte zu sagen: „Ihr zwei beiden werdet wohl noch mal heiraten.“
Leidenschaftlich gern spielte Lilo die Königin Esther im selbstverfassten Theaterstück. Es wurde vorrangig zum jüdischen Purimfest den Erwachsenen der Familien Reichmann, Edel und Hirschweh aufgeführt. Von da an wurde Lilo von allen nur noch „Esther“ genannt.
Nach Einführung der Nürnberger Rassengesetze 1935 musste sie ihre Schulausbildung abbrechen. Seit August 1938 war sie gezwungen nach dem „Gesetz über die Änderung der Familiennamen und Vornamen“ den zusätzlichen Vornamen „Sara“ zu tragen.
Aufgrund der antisemitischen Regelung und Repressalien durch das nationalsozialistische Regime ließen sich Lilos Eltern scheiden, um nicht als „Mischehe“ zu gelten. Daraufhin bezogen Mutter und Tochter eine 2-Raum-Wohnung in der Braunauer Straße 174 (heute Sonnenallee 174) in Berlin-Neukölln. Hier lebten sie zurückgezogen. Es bestand kein Kontakt mehr zu den Edels und Hirschwehs.
Lilo und Peter hatten sich aus den Augen verloren, beide litten darunter. Durch einen Zufall traf Vater Erich Hirschweh (1894–1942, ermordet in Auschwitz) Lilos Mutter Bertha Reichmann. So erfuhr Hans-Peter die neue Adresse seiner Freundin aus Kindheitstagen.
Die erneute Begegnung mündete im März 1941 in der Verlobung von Hans-Peter und Lilo „Esther“. Bertha Reichmann nahm das junge Paar in ihrer beengten Neuköllner Wohnung auf. Am 28. August 1941 heirateten Hans-Peter und Lilo erst standesamtlich, dann kirchlich in der St.-Paulus-Kuratie-Kirche der Dominikaner in Berlin-Tiergarten.
Ab dem 1. September 1941 erfolgte mit der „Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden“ der Zwang zum Tragen des sogenannten „Judensterns“.
Lilo wurde bereits im Mai 1941 zur Zwangsarbeit für Ausrüstung der Wehrmacht in den Siemens-Schuckertwerken verpflichtet. Sie arbeitete an der Stanzmaschine.
Im Zuge der Zwangsarbeit kam Lilo gemeinsam mit ihrem Mann am 13. September 1942 das erste Mal in Kontakt mit dem illegalen Widerstand gegen das Naziregime. Sie hörten bei einem gewissen Genossen Gall, genannt „DU“, Radio Moskau mit Nachrichten über Stalingrad.
Jetzt begannen Lilo und Peter illegale Flugblätter über die gehörten Nachrichten herzustellen. Auch aus einem Gedichtband, wohl von Heinrich Heine, der von den Bücherverbrennungen verschont geblieben war, schnitten sie Wörter heraus und fügten sie zu Flugblättern zusammen. Unter Lebensgefahr klebten sie diese Flugblätter an Häuserwände.
Die Zwangskennzeichnung des „Judensterns“ sabotierten sie durch das Anbringen einer Nadel auf der Rückseite, dadurch konnte er von der Kleidung abgenommen werden.
Im Rüstungsbetrieb bekam Lilo Kontakt zu Gleichgesinnten, die sich ebenfalls nicht widerstandslos dem Naziregime ergeben wollten. Unter Lebensgefahr sabotierte sie an ihrem Arbeitsplatz als Stanzerin Teile für den Rüstungsbetrieb.
Am 28. Februar 1943 wurde sie im Betrieb gemeinsam mit anderen Arbeiter*innen wegen Verstoßes gegen das „Gesetze zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ verhaftet. Ihr Name stand auf der Liste des „31. Osttransports“, mit dem sie am 1. März 1943 ins KZ Auschwitz deportiert werden sollte. Von dieser Liste wurde ihr Name gestrichen, sie wurde aus dem Transport herausgeholt und in die Gestapoleitstelle in die Berliner Burgstraße gebracht. Lilo sollte durch physische und psychische Folter Namen der Gleichgesinnten aus der Rüstungsfabrik preisgeben.
In der Gestapoleitstelle traf sie auf ihren Mann und auf den Genossen Gall, die in der Zwischenzeit ebenfalls verhaftet und gefoltert worden waren. Laut der Autobiografie, die ihr Mann 1979 unter dem Titel „Wenn es ans Leben geht“ veröffentlichte, schwieg Lilo und verriet keinen der Genossen. Infolgedessen wurde Lilo „Esther“ Hirschweh am 4. März 1943 mit dem „34. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert.
In Auschwitz begegnete sie im November 1943 noch einmal ihrem Mann Hans-Peter, kurz bevor sie in die Gaskammern nach Auschwitz-Birkenau abtransportiert wurde.
Tief bewegt fertigte Hans-Peter danach von diesem letzten Augenblick eine Skizze von Esther in Häftlingskleidung an. In seinen Romanen „Schwester der Nacht“, „Die Bilder des Zeugen Schattmann“ und der Autobiografie „Wenn es ans Leben geht“ setzte er Lieselotte „Esther“ Hirschweh, geb. Reichmann, ein Denk- und Mahnmal.