Else Behrendt née Rosenberg

Location 
Friedrichstraße 217
District
Kreuzberg
Stone was laid
07 October 2020
Born
26 February 1885 in Stolp (Pommern) / Słupsk
Occupation
Kürschnerin
Deportation
on 10 September 1943 to Theresienstadt
Later deported
on 15 May 1944 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Elsbeth Rebekka (genannt Else) Rosenberg kam am 26. Februar 1885 in Stolp / Pommern (polnisch Słupsk) als Tochter des jüdischen Kaufmanns Wilhelm Wolf Rosenberg und seiner Ehefrau Luise, geb. Borchardt, zur Welt. Wilhelm Rosenberg betrieb dort ein Putzgeschäft, verkaufte also Damenhüte. Die Familie hatte bereits zwei Töchter: Fanny (*1882) und Frieda (*1883).<br />
Nach der Geburt von Else zog die Familie nach Berlin, dort wurde 1886 Lucie geboren, Else jüngere Schwester. Es folgten noch die Brüder Hermann (*1887) und Georg (*1897). Ihr Vater Wilhelm Rosenberg verstarb im Alter von 43 Jahren am 22. April 1900 in Berlin. Wahrscheinlich mussten Else und ihre Schwestern arbeiten, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Sie alle hatten einen Beruf: Die älteste Schwester Fanny war laut ihrer Heiratsurkunde 1907 Putzgeschäftsinhaberin, Else war Lageristin.<br />
Die Familie lebte viele Jahre im Winsviertel im Prenzlauer Berg: Laut Berliner Adressbuch zog sie 1906 von der Christburger Straße, in der sie seit 1895 gewohnt hatten, in die Immanuelkirchstraße 29. <br />
Am 27. Oktober 1909 heiratete Elsbeth Rosenberg den jüdischen Kaufmann Alfred Behrendt, geboren am 8. Dezember 1883 in Pasewalk, Kreis Ueckermünde. Sie bekam drei Söhne: Heinz Emil am 2. August 1910, Erwin Wolf am 11. September 1911 und Günther am 8. Juni 1913. <br />
Elses Mann wurde im Ersten Weltkrieg nicht zum Kriegsdienst eingezogen, da er eine Schusswunde im Knie hatte. Laut der Aussage seines Sohnes Heinz handelte Alfred Behrendt mit Automobilen und Zubehörteilen. Er verstarb im Alter von nur 33 Jahren am 12. November 1917 im Königlichen Klinikum in Berlin. Die Umstände seines Todes sind nicht näher bekannt, in seiner Todesanzeige im Berliner Tageblatt stand, dass er „nach kurzem schweren Leiden infolge eines Unglücksfalles“ starb. Dieser frühe und unerwartete Tod ihres Mannes muss für Else Behrendt ein schwerer Schlag gewesen sein. Nun war es auch an ihr, für den Lebensunterhalt der Familie zu sorgen.<br />
Familie Behrendt war 1917 gerade in das Haus Zimmerstraße 22 gezogen. Laut den Berliner Adressbüchern war Else Behrendt von 1918 bis 1922 Verwalterin dieses Hauses. Das Geld muss trotzdem knapp gewesen sein, Heinz Behrendt schilderte nach dem Krieg gegenüber dem Entschädigungsamt, dass er 1920 vom Realgymnasium auf die Volksschule wechseln musste, weil seine Mutter das Schulgeld nicht mehr bezahlen konnte. <br />
Vielleicht um mehr Geld zu verdienen, begann Else Behrendt, eine Kürschnerei in der Zimmerstraße 22 zu betreiben. Es handelte sich dabei um einen sogenannten Zwischenbetrieb, der für andere Betriebe Kürschnerarbeiten durchführte. In sechs Räumen auf circa 150 qm wurden vor allem Pelzbesätze für die Damen-Großkonfektion verarbeitet. Der ehemalige Mitarbeiter Bruno Peikert gab gegenüber dem Entschädigungsamt an, dass bis 1933 im Betrieb einschließlich der Näherinnen ständig etwa acht Personen und während der Saison von Juli bis Dezember circa 15 Personen tätig waren. Sie lieferten wöchentlich ungefähr 500 bis 600 Besätze, der Betrieb machte jährlich um 10.000 RM Gewinn (heutiger Gegenwert etwa 36.000 Euro). Else Behrendt arbeitete selbst im Betrieb mit, ebenso ihr Sohn Erwin, bis er 1929 im Alter von 18 Jahren nach Palästina auswanderte. <br />
Der älteste Sohn Heinz hatte eine kaufmännische und eine Gärtnerlehre absolviert und verließ Deutschland 1931, um sich in mehreren europäischen Ländern als Gärtner und Landwirt fortzubilden. Er kehrte im Januar 1935 nach Berlin zurück. <br />
Inzwischen waren die Nationalsozialisten an die Macht gekommen. Bereits 1933 begann der Betrieb von Else Behrendt unter dem Boykott jüdischer Geschäfte zu leiden. Bruno Peikert schilderte nach dem Krieg: „Die Aufträge gingen zurück, dass meine Arbeitgeberin sich im Frühjahr 1935 entschließen musste, die Räume in der Zimmerstraße 22 aufzugeben und in die Friedrichstraße 217 zu ziehen. Dort hatten wir nur noch 4 Räume einschließlich der Wohnräume von Frau Behrendt.“<br />
Der jüngste Sohn Günther, der gelernter Maschinenschlosser war, arbeitete seit 1937 ständig im Betrieb seiner Mutter. Das Geschäft ging weiter zurück, 1939 war in der Kürschnerei bis auf Else und Günther Behrendt kaum noch jemand beschäftigt.<br />
Sohn Heinz hatte 1936 einen Betrieb gegründet, in dem Wattekissen und Steppfutter für die Damenoberbekleidungsindustrie hergestellt wurden. Dieser befand sich ebenfalls in der Friedrichstraße 217, im ersten Stock im Quergebäude und im zweiten Stock im zweiten Hinterhaus. Das Unternehmen entwickelte sich so gut, dass es nach kurzer Zeit das größte dieser Art in Berlin war.<br />
Als Heinz Behrendt unter dem Eindruck der sich verschärfenden Judenverfolgung im September 1938 auswanderte, wurde sein Betrieb zunächst von seiner Mutter fortgeführt. Er emigrierte mit seiner Frau Dora, der 1937 geborenen Tochter Carola sowie weiteren Angehörigen seiner Frau nach Paraguay.<br />
Als Else Behrendt 1939 ihre Tätigkeit einstellen musste, übernahm Bruno Peikert den Betrieb und führte ihn bis 1945 unter seinem Namen fort: „Als ich den Betrieb nach 1939 auf eigene Rechnung übernahm, hat er sich zunächst noch dauernd weiter aufsteigend entwickelt. Ich habe zeitweise 40 bis 60 Leute beschäftigt und die Umsätze und Gewinne waren infolgedessen noch größer als zu der Zeit, als Heinz Behrendt Inhaber des Betriebs war. <br />
Nach 1941 gingen die Umsätze dann zurück. Es war dies vor allem darauf zurückzuführen, dass nunmehr auch ich selbst, obgleich ich sogenannter Arier bin, politische Schwierigkeiten hatte.<br />
Else Behrendt, die zwar seit 1939 nicht mehr im Betrieb tätig war, wohnte nämlich noch in den Räumen, die sie sich in der Friedrichstraße 217 als Wohnräume eingerichtet hatte. Außerdem wurde bekannt, dass meine Braut sogenannte Halbjüdin war. Es erwies sich auch als schädlich für mich, dass ich auch noch, nachdem ich den Betrieb übernommen hatte, mehrere jüdische Arbeiter beschäftigte.“<br />
Heinz Behrendt versuchte von Paraguay aus die Auswanderung seiner Mutter vorzubereiten. In Else Behrendts erhaltenem Reisepass befindet sich ein Visum für Paraguay. Doch zu einer Auswanderung sollte es nicht mehr kommen.<br />
Else Behrendt muss verzweifelt versucht haben, sich der Verfolgung durch die Nazis zu entziehen: Laut der Volkszählung im Mai 1939 wohnte sie offiziell in der Rungestraße 18 in Mitte, inoffiziell aber wohl weiterhin in der Friedrichstraße 217. Laut den Entschädigungsakten soll Else Behrendt vor ihrer Deportation einige Zeit bei ihrem Bruder Georg Rosenberg in der Zeughofstraße 16 – er war durch seine Ehe mit einer „Arierin“ geschützt – untergetaucht sein. Später lebte sie in Strausberg bei Berlin unter falschem Namen. Zuletzt wohnte sie als Untermieterin bei einem Sanitätsrat Dr. Cohn in der Wiener Straße 15.<br />
Günther Behrendt musste Zwangsarbeit als Güterbodenarbeiter bei der Deutschen Reichsbahn auf dem Görlitzer Bahnhof leisten, seine Frau Charlotte war bei Osram in Friedrichshain zwangsverpflichtet. Ihr 1938 geborener Sohn Dan war in Pankow im Säuglings- und Kleinkinderheim des „Fürsorgevereins für hilflose jüdische Kinder“ untergebracht.<br />
Am 10. September 1943 wurde Else Behrendt zusammen mit ihrem jüngsten Sohn Günther, dessen Frau Charlotte und dem vierjährigen Enkel Dan mit dem „96. Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert. Von dort wurden sie alle am 15. Mai 1944 nach Auschwitz verschleppt und ermordet.

Elsbeth Rebekka (genannt Else) Rosenberg kam am 26. Februar 1885 in Stolp / Pommern (polnisch Słupsk) als Tochter des jüdischen Kaufmanns Wilhelm Wolf Rosenberg und seiner Ehefrau Luise, geb. Borchardt, zur Welt. Wilhelm Rosenberg betrieb dort ein Putzgeschäft, verkaufte also Damenhüte. Die Familie hatte bereits zwei Töchter: Fanny (*1882) und Frieda (*1883).
Nach der Geburt von Else zog die Familie nach Berlin, dort wurde 1886 Lucie geboren, Else jüngere Schwester. Es folgten noch die Brüder Hermann (*1887) und Georg (*1897). Ihr Vater Wilhelm Rosenberg verstarb im Alter von 43 Jahren am 22. April 1900 in Berlin. Wahrscheinlich mussten Else und ihre Schwestern arbeiten, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Sie alle hatten einen Beruf: Die älteste Schwester Fanny war laut ihrer Heiratsurkunde 1907 Putzgeschäftsinhaberin, Else war Lageristin.
Die Familie lebte viele Jahre im Winsviertel im Prenzlauer Berg: Laut Berliner Adressbuch zog sie 1906 von der Christburger Straße, in der sie seit 1895 gewohnt hatten, in die Immanuelkirchstraße 29.
Am 27. Oktober 1909 heiratete Elsbeth Rosenberg den jüdischen Kaufmann Alfred Behrendt, geboren am 8. Dezember 1883 in Pasewalk, Kreis Ueckermünde. Sie bekam drei Söhne: Heinz Emil am 2. August 1910, Erwin Wolf am 11. September 1911 und Günther am 8. Juni 1913.
Elses Mann wurde im Ersten Weltkrieg nicht zum Kriegsdienst eingezogen, da er eine Schusswunde im Knie hatte. Laut der Aussage seines Sohnes Heinz handelte Alfred Behrendt mit Automobilen und Zubehörteilen. Er verstarb im Alter von nur 33 Jahren am 12. November 1917 im Königlichen Klinikum in Berlin. Die Umstände seines Todes sind nicht näher bekannt, in seiner Todesanzeige im Berliner Tageblatt stand, dass er „nach kurzem schweren Leiden infolge eines Unglücksfalles“ starb. Dieser frühe und unerwartete Tod ihres Mannes muss für Else Behrendt ein schwerer Schlag gewesen sein. Nun war es auch an ihr, für den Lebensunterhalt der Familie zu sorgen.
Familie Behrendt war 1917 gerade in das Haus Zimmerstraße 22 gezogen. Laut den Berliner Adressbüchern war Else Behrendt von 1918 bis 1922 Verwalterin dieses Hauses. Das Geld muss trotzdem knapp gewesen sein, Heinz Behrendt schilderte nach dem Krieg gegenüber dem Entschädigungsamt, dass er 1920 vom Realgymnasium auf die Volksschule wechseln musste, weil seine Mutter das Schulgeld nicht mehr bezahlen konnte.
Vielleicht um mehr Geld zu verdienen, begann Else Behrendt, eine Kürschnerei in der Zimmerstraße 22 zu betreiben. Es handelte sich dabei um einen sogenannten Zwischenbetrieb, der für andere Betriebe Kürschnerarbeiten durchführte. In sechs Räumen auf circa 150 qm wurden vor allem Pelzbesätze für die Damen-Großkonfektion verarbeitet. Der ehemalige Mitarbeiter Bruno Peikert gab gegenüber dem Entschädigungsamt an, dass bis 1933 im Betrieb einschließlich der Näherinnen ständig etwa acht Personen und während der Saison von Juli bis Dezember circa 15 Personen tätig waren. Sie lieferten wöchentlich ungefähr 500 bis 600 Besätze, der Betrieb machte jährlich um 10.000 RM Gewinn (heutiger Gegenwert etwa 36.000 Euro). Else Behrendt arbeitete selbst im Betrieb mit, ebenso ihr Sohn Erwin, bis er 1929 im Alter von 18 Jahren nach Palästina auswanderte.
Der älteste Sohn Heinz hatte eine kaufmännische und eine Gärtnerlehre absolviert und verließ Deutschland 1931, um sich in mehreren europäischen Ländern als Gärtner und Landwirt fortzubilden. Er kehrte im Januar 1935 nach Berlin zurück.
Inzwischen waren die Nationalsozialisten an die Macht gekommen. Bereits 1933 begann der Betrieb von Else Behrendt unter dem Boykott jüdischer Geschäfte zu leiden. Bruno Peikert schilderte nach dem Krieg: „Die Aufträge gingen zurück, dass meine Arbeitgeberin sich im Frühjahr 1935 entschließen musste, die Räume in der Zimmerstraße 22 aufzugeben und in die Friedrichstraße 217 zu ziehen. Dort hatten wir nur noch 4 Räume einschließlich der Wohnräume von Frau Behrendt.“
Der jüngste Sohn Günther, der gelernter Maschinenschlosser war, arbeitete seit 1937 ständig im Betrieb seiner Mutter. Das Geschäft ging weiter zurück, 1939 war in der Kürschnerei bis auf Else und Günther Behrendt kaum noch jemand beschäftigt.
Sohn Heinz hatte 1936 einen Betrieb gegründet, in dem Wattekissen und Steppfutter für die Damenoberbekleidungsindustrie hergestellt wurden. Dieser befand sich ebenfalls in der Friedrichstraße 217, im ersten Stock im Quergebäude und im zweiten Stock im zweiten Hinterhaus. Das Unternehmen entwickelte sich so gut, dass es nach kurzer Zeit das größte dieser Art in Berlin war.
Als Heinz Behrendt unter dem Eindruck der sich verschärfenden Judenverfolgung im September 1938 auswanderte, wurde sein Betrieb zunächst von seiner Mutter fortgeführt. Er emigrierte mit seiner Frau Dora, der 1937 geborenen Tochter Carola sowie weiteren Angehörigen seiner Frau nach Paraguay.
Als Else Behrendt 1939 ihre Tätigkeit einstellen musste, übernahm Bruno Peikert den Betrieb und führte ihn bis 1945 unter seinem Namen fort: „Als ich den Betrieb nach 1939 auf eigene Rechnung übernahm, hat er sich zunächst noch dauernd weiter aufsteigend entwickelt. Ich habe zeitweise 40 bis 60 Leute beschäftigt und die Umsätze und Gewinne waren infolgedessen noch größer als zu der Zeit, als Heinz Behrendt Inhaber des Betriebs war.
Nach 1941 gingen die Umsätze dann zurück. Es war dies vor allem darauf zurückzuführen, dass nunmehr auch ich selbst, obgleich ich sogenannter Arier bin, politische Schwierigkeiten hatte.
Else Behrendt, die zwar seit 1939 nicht mehr im Betrieb tätig war, wohnte nämlich noch in den Räumen, die sie sich in der Friedrichstraße 217 als Wohnräume eingerichtet hatte. Außerdem wurde bekannt, dass meine Braut sogenannte Halbjüdin war. Es erwies sich auch als schädlich für mich, dass ich auch noch, nachdem ich den Betrieb übernommen hatte, mehrere jüdische Arbeiter beschäftigte.“
Heinz Behrendt versuchte von Paraguay aus die Auswanderung seiner Mutter vorzubereiten. In Else Behrendts erhaltenem Reisepass befindet sich ein Visum für Paraguay. Doch zu einer Auswanderung sollte es nicht mehr kommen.
Else Behrendt muss verzweifelt versucht haben, sich der Verfolgung durch die Nazis zu entziehen: Laut der Volkszählung im Mai 1939 wohnte sie offiziell in der Rungestraße 18 in Mitte, inoffiziell aber wohl weiterhin in der Friedrichstraße 217. Laut den Entschädigungsakten soll Else Behrendt vor ihrer Deportation einige Zeit bei ihrem Bruder Georg Rosenberg in der Zeughofstraße 16 – er war durch seine Ehe mit einer „Arierin“ geschützt – untergetaucht sein. Später lebte sie in Strausberg bei Berlin unter falschem Namen. Zuletzt wohnte sie als Untermieterin bei einem Sanitätsrat Dr. Cohn in der Wiener Straße 15.
Günther Behrendt musste Zwangsarbeit als Güterbodenarbeiter bei der Deutschen Reichsbahn auf dem Görlitzer Bahnhof leisten, seine Frau Charlotte war bei Osram in Friedrichshain zwangsverpflichtet. Ihr 1938 geborener Sohn Dan war in Pankow im Säuglings- und Kleinkinderheim des „Fürsorgevereins für hilflose jüdische Kinder“ untergebracht.
Am 10. September 1943 wurde Else Behrendt zusammen mit ihrem jüngsten Sohn Günther, dessen Frau Charlotte und dem vierjährigen Enkel Dan mit dem „96. Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert. Von dort wurden sie alle am 15. Mai 1944 nach Auschwitz verschleppt und ermordet.