Alice Hohenemser née Salt

Location 
Havensteinstr. 26
District
Lankwitz
Stone was laid
16 June 2021
Born
19 May 1879 in Winchrombe (Gloucestershire)
Occupation
Übersetzerin
Escape into death
08 April 1942 in Berlin

Alice Hohenemser kam am 19. Mai 1879 als Tochter des englischen baptistischen Predigers Rev. Henry Richard Salt und seiner Frau Rebecca Alice Salt, geb. Chambers, zur Welt. Zusammen mit ihren drei Brüdern wuchs sie in Winchcombe/Gloucestershire auf. Über ihre Jugend und Ausbildung wissen wir leider nur sehr wenig. Bereits früh schrieb sie Kurzgeschichten und war als Übersetzerin tätig. Auch als Pianistin scheint sie ausgebildet worden zu sein. <br />
Am 7. Januar 1905 heiratete sie den blinden Musikwissenschaftler Dr. Richard Hohenemser und lebte zunächst mit ihm in Berlin. Am 3. Januar 1906 wurde ihr Sohn Kurt geboren und nach dem Glauben seiner Mutter, und wie es auch in der Familie Hohenemser schon früher praktiziert wurde, protestantisch getauft. <br />
1919 zog die Familie nach Frankfurt am Main, wo Kurt konfirmiert wurde und das Abitur machte. Erst 1931 kehrte das Ehepaar Hohenemser nach Berlin zurück und bezog die Wohnung in der Havensteinstraße 26 in Lankwitz. <br />
Ihr Sohn Kurt hatte nach seinem Maschinenbaustudium in Darmstadt eine Laufbahn an der Universität Göttingen im Fachbereich Angewandte Mechanik begonnen, aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 wurde er entlassen. Kurzzeitig war er als Luftfahrtingenieur bei den Fieseler Flugzeugwerken in Kassel tätig, von 1935 an lebte er mit seiner Frau Katharina, geb. Dietrich, und den 1937 und 1940 geborenen Kindern Christoph und Veronika in Berlin-Johannisthal. Als persönlicher Vertrauter und Mitarbeiter Anton Flettners war er in dessen Flugzeugwerken tätig und maßgeblich an der Entwicklung des legendären Hubschaubers FI 282 Kolibri beteiligt. Diese Tatsache sowie Flettners persönliche Kontakte zu wichtigen Vertretern des Nationalsozialismus schützten ihn (ebenso wie Flettners jüdische Ehefrau) sicherlich auch vor weiteren Maßnahmen der Verfolgung. Der Versuch Kurt Hohenemsers, zusammen mit seiner Familie und seinen Eltern noch rechtzeitig nach England zu emigrieren, blieb erfolglos. <br />
Ganz sicher war Alice Hohenemser für den Schriftsteller und Wissenschaftler Richard stets eine wichtige Stütze. Sie war für seine Schreibarbeiten zuständig und noch bis zuletzt versuchte sie, ihrem Mann das Leben zu erleichtern, der aufgrund der schwieriger werdenden Situation auf eine Vorlesekraft verzichten musste. Mit dem Beginn des Nationalsozialismus und der fehlenden Möglichkeit, von den Publikationen ihres Mannes zu leben, trug sie mit Klavierstunden zum Unterhalt bei. <br />
In einer sogenannten privilegierten Mischehe lebend, war Alice Hohenemser genötigt, den Nachweis ihrer „arischen Abstammung“ zu erbringen. Eine Trennung oder gar Scheidung hätte unweigerlich zur Deportation und Ermordung ihres Mannes geführt. <br />
Ab 1942 erschien das Leben zunehmend bedroht. Als sie Beschlagnahmung ihrer Wohnung zugunsten eines höheren SS-Angehörigen drohte, sah die Eheleute keinen anderen Ausweg mehr als die Flucht in den Freitod, um einer weiteren Verfolgung oder gar Deportation zu entgehen. Am 8. April 1942 nahmen sie sich in ihrer Wohnung das Leben. <br />
Die Nichte Richards, Elisabeth Schumacher, geb. Hohenemser, ihr Ehemann Kurt und ihr Freund Philipp Schaeffer versuchten noch, rechtzeitig einzugreifen, um das Leben des Ehepaares zu retten. Doch ihre Bemühungen scheiterten. Beim Versuch, die Wohnung über den Balkon zu erreichen – da der Hauswart einen direkten Zutritt zur Wohnung verwehrte –, stürzte Philipp Schaeffer und zog sich so schwere Verletzungen zu, dass er in ein Berliner Krankenhaus verbracht werden musste. Richard und Alice waren bereits tot. Sie hatten sich mit Gas das Leben genommen. <br />
Sowohl Elisabeth und Kurt Schumacher als auch Philipp Schaeffer gehörten seit Beginn bzw. Mitte der 1930er-Jahre der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ um Harro Schulze Boysen an. Im Zuge der Aufdeckung der „Roten Kapelle“ gerieten auch sie in das Visier der Gestapo. Am 12. September 1942 wurden Elisabeth und Kurt Schumacher in ihrer Wohnung in Tempelhof, Werner Voß-Damm 42, festgenommen. Beide wurden am 19. Dezember 1942 vom Reichskriegsgericht wegen „Vorbereitung zum Hochverrat" zum Tode verurteilt. Elisabeth wurde am 22. Dezember 1942 in Plötzensee enthauptet, ihr Mann eine dreiviertel Stunde zuvor dort erhängt. Zu ihrem Gedenken wurden am 25. September 2015 vor ihrem letzten Wohnsitz am Werner-Voß-Damm 42 in Tempelhof zwei Stolpersteine verlegt.<br />
Philipp Schaeffer, der nach seinem Sturz in einem Berliner Krankenhaus lag, wurde dort im Oktober verhaftet. Am 6. Februar 1943 wurde er vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt und am 13. Mai 1943 im Strafgefängnis Plötzensee hingerichtet. <br />
Wenige Monate nach dem Suizid von Richard und Alice Hohenemser nahmen sich auch seine beiden ebenfalls blinden alleinstehenden Schwestern Martha und Julie Klara Hohenemser in Frankfurt am Main das Leben. Eine weitere Schwester, Paula Pauli, geb. Hohenemser, beging noch im September 1944 Selbstmord. Auch zwei seiner Cousins wurden Opfer des Nationalsozialismus; Emil Hohenemser verübte ebenfalls 1942 Selbstmord, sein Bruder Moritz wurde nach Theresienstadt deportiert, wo er im Januar 1943 ums Leben kam. Auch zum Gedenken an Paula Pauli sowie Emil und Moritz Hohenemser wurden in Frankfurt bereits Stolpersteine verlegt.

Alice Hohenemser kam am 19. Mai 1879 als Tochter des englischen baptistischen Predigers Rev. Henry Richard Salt und seiner Frau Rebecca Alice Salt, geb. Chambers, zur Welt. Zusammen mit ihren drei Brüdern wuchs sie in Winchcombe/Gloucestershire auf. Über ihre Jugend und Ausbildung wissen wir leider nur sehr wenig. Bereits früh schrieb sie Kurzgeschichten und war als Übersetzerin tätig. Auch als Pianistin scheint sie ausgebildet worden zu sein.
Am 7. Januar 1905 heiratete sie den blinden Musikwissenschaftler Dr. Richard Hohenemser und lebte zunächst mit ihm in Berlin. Am 3. Januar 1906 wurde ihr Sohn Kurt geboren und nach dem Glauben seiner Mutter, und wie es auch in der Familie Hohenemser schon früher praktiziert wurde, protestantisch getauft.
1919 zog die Familie nach Frankfurt am Main, wo Kurt konfirmiert wurde und das Abitur machte. Erst 1931 kehrte das Ehepaar Hohenemser nach Berlin zurück und bezog die Wohnung in der Havensteinstraße 26 in Lankwitz.
Ihr Sohn Kurt hatte nach seinem Maschinenbaustudium in Darmstadt eine Laufbahn an der Universität Göttingen im Fachbereich Angewandte Mechanik begonnen, aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 wurde er entlassen. Kurzzeitig war er als Luftfahrtingenieur bei den Fieseler Flugzeugwerken in Kassel tätig, von 1935 an lebte er mit seiner Frau Katharina, geb. Dietrich, und den 1937 und 1940 geborenen Kindern Christoph und Veronika in Berlin-Johannisthal. Als persönlicher Vertrauter und Mitarbeiter Anton Flettners war er in dessen Flugzeugwerken tätig und maßgeblich an der Entwicklung des legendären Hubschaubers FI 282 Kolibri beteiligt. Diese Tatsache sowie Flettners persönliche Kontakte zu wichtigen Vertretern des Nationalsozialismus schützten ihn (ebenso wie Flettners jüdische Ehefrau) sicherlich auch vor weiteren Maßnahmen der Verfolgung. Der Versuch Kurt Hohenemsers, zusammen mit seiner Familie und seinen Eltern noch rechtzeitig nach England zu emigrieren, blieb erfolglos.
Ganz sicher war Alice Hohenemser für den Schriftsteller und Wissenschaftler Richard stets eine wichtige Stütze. Sie war für seine Schreibarbeiten zuständig und noch bis zuletzt versuchte sie, ihrem Mann das Leben zu erleichtern, der aufgrund der schwieriger werdenden Situation auf eine Vorlesekraft verzichten musste. Mit dem Beginn des Nationalsozialismus und der fehlenden Möglichkeit, von den Publikationen ihres Mannes zu leben, trug sie mit Klavierstunden zum Unterhalt bei.
In einer sogenannten privilegierten Mischehe lebend, war Alice Hohenemser genötigt, den Nachweis ihrer „arischen Abstammung“ zu erbringen. Eine Trennung oder gar Scheidung hätte unweigerlich zur Deportation und Ermordung ihres Mannes geführt.
Ab 1942 erschien das Leben zunehmend bedroht. Als sie Beschlagnahmung ihrer Wohnung zugunsten eines höheren SS-Angehörigen drohte, sah die Eheleute keinen anderen Ausweg mehr als die Flucht in den Freitod, um einer weiteren Verfolgung oder gar Deportation zu entgehen. Am 8. April 1942 nahmen sie sich in ihrer Wohnung das Leben.
Die Nichte Richards, Elisabeth Schumacher, geb. Hohenemser, ihr Ehemann Kurt und ihr Freund Philipp Schaeffer versuchten noch, rechtzeitig einzugreifen, um das Leben des Ehepaares zu retten. Doch ihre Bemühungen scheiterten. Beim Versuch, die Wohnung über den Balkon zu erreichen – da der Hauswart einen direkten Zutritt zur Wohnung verwehrte –, stürzte Philipp Schaeffer und zog sich so schwere Verletzungen zu, dass er in ein Berliner Krankenhaus verbracht werden musste. Richard und Alice waren bereits tot. Sie hatten sich mit Gas das Leben genommen.
Sowohl Elisabeth und Kurt Schumacher als auch Philipp Schaeffer gehörten seit Beginn bzw. Mitte der 1930er-Jahre der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ um Harro Schulze Boysen an. Im Zuge der Aufdeckung der „Roten Kapelle“ gerieten auch sie in das Visier der Gestapo. Am 12. September 1942 wurden Elisabeth und Kurt Schumacher in ihrer Wohnung in Tempelhof, Werner Voß-Damm 42, festgenommen. Beide wurden am 19. Dezember 1942 vom Reichskriegsgericht wegen „Vorbereitung zum Hochverrat" zum Tode verurteilt. Elisabeth wurde am 22. Dezember 1942 in Plötzensee enthauptet, ihr Mann eine dreiviertel Stunde zuvor dort erhängt. Zu ihrem Gedenken wurden am 25. September 2015 vor ihrem letzten Wohnsitz am Werner-Voß-Damm 42 in Tempelhof zwei Stolpersteine verlegt.
Philipp Schaeffer, der nach seinem Sturz in einem Berliner Krankenhaus lag, wurde dort im Oktober verhaftet. Am 6. Februar 1943 wurde er vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt und am 13. Mai 1943 im Strafgefängnis Plötzensee hingerichtet.
Wenige Monate nach dem Suizid von Richard und Alice Hohenemser nahmen sich auch seine beiden ebenfalls blinden alleinstehenden Schwestern Martha und Julie Klara Hohenemser in Frankfurt am Main das Leben. Eine weitere Schwester, Paula Pauli, geb. Hohenemser, beging noch im September 1944 Selbstmord. Auch zwei seiner Cousins wurden Opfer des Nationalsozialismus; Emil Hohenemser verübte ebenfalls 1942 Selbstmord, sein Bruder Moritz wurde nach Theresienstadt deportiert, wo er im Januar 1943 ums Leben kam. Auch zum Gedenken an Paula Pauli sowie Emil und Moritz Hohenemser wurden in Frankfurt bereits Stolpersteine verlegt.