Lilly Silberstein née Lehmann

Location 
Schleiermacherstr. 14
District
Kreuzberg
Stone was laid
28 August 2021
Born
19 September 1892 in Hamburg
Deportation
on 03 October 1942 to Theresienstadt
Survived

Lilly Helene Sarah Lehmann kam am 19. September 1892 in Hamburg-Hohenfelde als Tochter des jüdischen Kaufmanns Jacques Lehmann und dessen Ehefrau Charlotte, geb. Lehmann, zur Welt. Ihre Mutter war 1863 in Königsberg in Ostpreußen geboren worden und um 1890 mit ihrer Familie nach Berlin übersiedelt. Dort hatte sie 1891 ihren Cousin geheiratet.
Um 1897 zog Lilly mit ihren Eltern zurück nach Berlin, wo Jacques Lehmann laut Berliner Adressbuch als Fabrikdirektor tätig war – was in der Fabrik hergestellt wurde, ist nicht bekannt. Über die Kindheit und Jugend von Lilly Lehmann haben sich keine Informationen erhalten. Sie wohnte mit ihren Eltern in Kreuzberg, seit 1911 im Haus Baerwaldstraße 47. Dort starb ihr Vater Jacques Lehmann am 2. April 1918 im Alter von 59 Jahren.
Lilly Lehmann, die keinen Beruf erlernt hatte, heiratete am 30. Dezember 1920 den Kaufmann James Silberstein, geb. am 26. Juni 1875 in Berlin. Für ihren Mann war es bereits die zweite Ehe, er hatte sich 1919 scheiden lassen. James Silberstein zog zu seiner Frau und deren Mutter in die Baerwaldstraße 47. Die Ehe blieb kinderlos.
Charlotte Lehmann und Lilly Silberstein waren Inhaberinnen eines gutgehenden Stickereibetriebs, in dem durchschnittlich 20 Stickerinnen beschäftigt waren – drei davon in der Werkstatt, die sich in der Wohnung in der Baerwaldstraße befand, die anderen als Heimarbeiterinnen. Die Einnahmen aus der Stickereiwerkstatt ermöglichten der Familie einen hohen Lebensstandard.
Lillys Ehemann James Silberstein verstarb am 12. März 1931 im Alter von 55 Jahren. Um 1934 bezogen Mutter und Tochter eine Vier-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss des Vorderhauses in der Schleiermacherstraße 14.
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Lilly Silberstein und Charlotte Lehmann. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben.
Auch die Stickereiwerkstatt hatte zunehmend unter dem Boykott jüdischer Geschäftsleute zu leiden. Mutter und Tochter führten sie noch bis Dezember 1938, dann wurde sie als jüdisches Unternehmen geschlossen. Lilly Silberstein war noch kurze Zeit als Stickerin in Heimarbeit beschäftigt, bis auch dies ihren Arbeitgebern verboten wurde.
Aufgrund der „Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sie sich ab dem 19. September 1941 nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.
Der Entrechtung folgte die Deportation: Vom Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 wurden Charlotte Lehmann und Lilly Silberstein am 3. Oktober 1942 mit dem 3. großen Alterstransport nach Theresienstadt deportiert. Die Lebensbedingungen im Ghetto überstand Lillys Mutter keine drei Wochen: Charlotte Lehmann kam am 21. Oktober 1942 im Alter von 79 Jahren ums Leben.
Lilly schildert nach dem Krieg gegenüber dem Entschädigungsamt: „Bald nach meiner Ankunft im KZ bekam ich die dort grassierende Darmerkrankung, die Enteritis genannt wurde, aber Ruhr war. Infolge der ungewohnten schweren Arbeit bekam ich einen sehr starken Leistenbruch und durch einen Zufall erhielt ich ein gebrauchtes Bruchband, das einigermaßen passte und mir ermöglichte, weiterzuarbeiten.
Durch die schlechte Unterkunft und das völlig unzureichende Essen magerte ich sehr stark ab, da es aber allen Leidensgenossen ebenso ging, achtete man nicht noch auf die kleineren Schädigungen, die man erlitt. So hatte ich eine Mittelohrentzündung, die aber ohne Behandlung aufging.“
Nach zwei Jahren und vier Monaten in Theresienstadt hatte Lilly Silberstein das Glück, zu einem Transport von 1200 Menschen zu gehören, der am Nachmittag des 5. Februar 1945 aus dem Ghetto in die Schweiz abfuhr.
Von einer jüdischen Organisation um Unterstützung gebeten, nutzte der wegen seiner pro-faschistischen Einstellung in der Schweiz in der Kritik stehende Alt-Bundespräsident Jean Marie Musy seine Beziehungen zu Himmler, um die Befreiung jüdischer Gefangener aus Theresienstadt zu erreichen. Seine Schuld am Holocaust und den Untergang des nationalsozialistischen Deutschen Reiches vor Augen, versuchte Heinrich Himmler offenbar mit der Rettung von Juden zukünftige Strafen für seine Verbrechen zu mildern. Weitere erhoffte Transporte scheiterten am persönlichen Veto Adolf Hitlers.
Die Befreiten trafen am Abend des 7. Februar 1945 in St. Gallen ein. Sie wurden in verschiedenen Orten der Schweiz untergebracht.
Lilly Silberstein heiratete 1947 im schweizerischen Orselina Fritz Fabian, geb. am 2. April 1877 in Berlin. Er war am 5. November 1942 aus seiner Geburtsstadt nach Theresienstadt verschleppt worden und gehörte, wie seine spätere Ehefrau, dem Transport in die Schweiz vom 5. Februar 1945 an. Das Ehepaar verbrachte seinen Lebensabend im Kanton Tessin am Lago Maggiore. Sie hatten unter den gesundheitlichen Folgen ihrer Haft in Theresienstadt zu leiden. Fritz Fabian starb am 22. Dezember 1967, Lilly Fabian am 1. Juni 1981 in Muralto in der Schweiz.

Lilly Helene Sarah Lehmann kam am 19. September 1892 in Hamburg-Hohenfelde als Tochter des jüdischen Kaufmanns Jacques Lehmann und dessen Ehefrau Charlotte, geb. Lehmann, zur Welt. Ihre Mutter war 1863 in Königsberg in Ostpreußen geboren worden und um 1890 mit ihrer Familie nach Berlin übergesiedelt. Dort hatte sie 1891 ihren Cousin, Lillys Vater, geheiratet.

Um 1897 zog Lilly mit ihren Eltern zurück nach Berlin, wo Jacques Lehmann laut Berliner Adressbuch als Fabrikdirektor tätig war – was in der Fabrik hergestellt wurde, ist nicht bekannt. Über die Kindheit und Jugend von Lilly Lehmann haben sich keine Informationen erhalten. Sie wohnte mit ihren Eltern in Kreuzberg, seit 1911 im Haus Baerwaldstraße 47. Dort starb ihr Vater Jacques Lehmann am 2. April 1918 im Alter von 59 Jahren.

Lilly Lehmann, die keinen Beruf erlernt hatte, heiratete am 30. Dezember 1920 den Kaufmann James Silberstein, geboren am 26. Juni 1875 in Berlin. Für ihren Mann war es bereits die zweite Ehe, er hatte sich 1919 scheiden lassen. James Silberstein zog zu seiner Frau und deren Mutter in die Baerwaldstraße 47. Die Ehe blieb kinderlos.

Charlotte Lehmann und Lilly Silberstein waren Inhaberinnen eines gutgehenden Stickereibetriebs, in dem durchschnittlich 20 Stickerinnen beschäftigt waren – drei davon in der Werkstatt, die sich in der Wohnung in der Baerwaldstraße befand, die anderen als Heimarbeiterinnen. Die Einnahmen aus der Stickereiwerkstatt ermöglichten der Familie einen hohen Lebensstandard.
Lillys Ehemann James Silberstein verstarb am 12. März 1931 im Alter von 55 Jahren. Um 1934 bezogen Mutter und Tochter eine Vier-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss des Vorderhauses in der Schleiermacherstraße 14.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Lilly Silberstein und Charlotte Lehmann. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben.
Auch die Stickereiwerkstatt hatte zunehmend unter dem Boykott jüdischer Geschäftsleute zu leiden. Mutter und Tochter führten sie noch bis Dezember 1938, dann wurde sie als jüdisches Unternehmen geschlossen. Lilly Silberstein war noch kurze Zeit als Stickerin in Heimarbeit beschäftigt, bis auch dies ihren Arbeitgebern verboten wurde.
Aufgrund der „Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sie sich ab dem 19. September 1941 nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Vom Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 wurden Charlotte Lehmann und Lilly Silberstein am 3. Oktober 1942 mit dem „3. großen Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert. Die Lebensbedingungen im Ghetto überstand Lillys Mutter keine drei Wochen: Charlotte Lehmann kam am 21. Oktober 1942 im Alter von 79 Jahren ums Leben.

Lilly schildert nach dem Krieg gegenüber dem Entschädigungsamt:

„Bald nach meiner Ankunft im KZ bekam ich die dort grassierende Darmerkrankung, die Enteritis genannt wurde, aber Ruhr war. Infolge der ungewohnten schweren Arbeit bekam ich einen sehr starken Leistenbruch und durch einen Zufall erhielt ich ein gebrauchtes Bruchband, das einigermaßen passte und mir ermöglichte, weiterzuarbeiten. Durch die schlechte Unterkunft und das völlig unzureichende Essen magerte ich sehr stark ab, da es aber allen Leidensgenossen ebenso ging, achtete man nicht noch auf die kleineren Schädigungen, die man erlitt. So hatte ich eine Mittelohrentzündung, die aber ohne Behandlung aufging.“

Nach zwei Jahren und vier Monaten in Theresienstadt hatte Lilly Silberstein das Glück, zu einem Transport von 1200 Menschen zu gehören, der am Nachmittag des 5. Februar 1945 aus dem Ghetto in die Schweiz abfuhr.
Von einer jüdischen Organisation um Unterstützung gebeten, nutzte der wegen seiner pro-faschistischen Einstellung in der Schweiz in der Kritik stehende Alt-Bundespräsident Jean Marie Musy seine Beziehungen zu Himmler, um die Befreiung jüdischer Gefangener aus Theresienstadt zu erreichen. Seine Schuld am Holocaust und den Untergang des nationalsozialistischen Deutschen Reiches vor Augen, versuchte Heinrich Himmler offenbar mit der Rettung von Juden zukünftige Strafen für seine Verbrechen zu mildern. Weitere erhoffte Transporte scheiterten am persönlichen Veto Adolf Hitlers.

Die Befreiten trafen am Abend des 7. Februar 1945 in St. Gallen ein. Sie wurden in verschiedenen Orten der Schweiz untergebracht.
Lilly Silberstein heiratete 1947 im schweizerischen Orselina Fritz Fabian, geboren am 2. April 1877 in Berlin. Er war am 5. November 1942 aus seiner Geburtsstadt nach Theresienstadt verschleppt worden und gehörte, wie seine spätere Ehefrau, dem Transport in die Schweiz vom 5. Februar 1945 an. Das Ehepaar verbrachte seinen Lebensabend im Kanton Tessin am Lago Maggiore. Sie hatten unter den gesundheitlichen Folgen ihrer Haft in Theresienstadt zu leiden. Fritz Fabian starb am 22. Dezember 1967, Lilly Fabian am 1. Juni 1981 in Muralto in der Schweiz.