Adolf Mockrauer

Location 
Buschkrugallee 179
District
Britz
Stone was laid
16 June 2018
Born
11 December 1868 in Tost (Schlesien) / Toszek
Occupation
Apotheker
Escape
1939 Chile
Escape into death
16 September 1940 in Quilpué

Der am 11. Dezember 1868 im heutigen Toszek (Polen) geborene Apotheker Adolf Mockrauer eröffnete am 10. November 1928 in der Rudower Allee 86 (heute Buschkrugallee 179) die Albrecht-Dürer-Apotheke. Sehr schnell gelang es ihm, die Apotheke zu einer von den Bewohner*innen der Großsiedlung Britz stark nachgefragten Einrichtung zu entwickeln. Mehrfach wurde sie in der Folgezeit als hervorragend geführte Apotheke und Drogenhandlung ausgezeichnet. Obwohl spätestens seit dem 12. Dezember 1934 der NSDAP-Ortsgruppe Britz die jüdische Herkunft von Adolf Mockrauer bekannt war – er wird auf einer entsprechend datierten Liste jüdischer Ärzte und Geschäftsinhaber aufgeführt – kam es zunächst zu keinen antisemitischen Aktionen gegen ihn. Im Gegenteil, die Anwohner*innen nahmen sein Angebot und seine Beratung verstärkt wahr, wie die steigenden Umsatzzahlen bewiesen. <br />
Umso überraschender war es für ihn, dass am 31. Dezember 1935 die Wohnungsbaugesellschaft die Kündigung für die Apothekenräume und die darüber liegende Wohnung zum 31. März 1936 aussprach. Als Grund wurden zahlreiche Beschwerden aus der Bevölkerung angegeben. Gleichzeitig machte der Britzer Amtsleiter deutlich, dass – dem Zug der Zeit folgend – keine anderen Räumlichkeiten zur Fortführung der Apotheke an ihn als Juden verpachtet würden.<br />
Für die angeblich so zahlreichen Beschwerden gibt es keine Belege. Im Gegenteil, die Besucher- und Umsatzzahlen waren seit Existenz der Apotheke ständig gestiegen und Mockrauer beschäftigte mittlerweile fünf Mitarbeiter*innen. So konstatierte das Amt wegen der zahlreichen Kunden aus der Großsiedlung Britz und den angrenzenden Laubenkolonien ein dringendes Bedürfnis zur Aufrechterhaltung der Apotheke. Mockrauer müsse so schnell wie möglich durch einen „arischen“ Apotheker ersetzt werden.<br />
Da Adolf Mockrauer weiterhin seine Personalkonzession besaß, die ihm rechtlich das Betreiben einer Apotheke ermöglichte, verkaufte er die Apotheke nicht, sondern beabsichtigte, die Apotheke an seinen Mitarbeiter Bensemer zu verpachten. Nach Ablehnung dieses personellen Vorschlags fand Mockrauer einen „arischen“ Apotheker aus Charlottenburg als einen von amtlicher Seite akzeptierten Pächter, das NSDAP-Mitglied Johannes Büker. Dieser schloss mit der Wohnungsbaugesellschaft einen Mietvertrag über die Geschäftsräume ab und überließ Mockrauer die Geschäftsführung.<br />
Auf diese Weise konnte er die Apotheke zunächst weiter betreiben. In der Anwohnerschaft fiel die rechtliche Veränderung nicht auf. Für sie blieb Mockrauer „unser Apotheker“, dessen Kompetenz in den beiden folgenden Jahren rege in Anspruch genommen wurde. Die Qualität der Apotheke wurde auch durch die amtlichen Prüfungen in den Jahren 1936 und 1938 bestätigt, in denen die Apotheke als gut bzw. sehr gut geführt bewertet wurde.<br />
Erst in der Nacht zum 10. November 1938 wurde die positive Entwicklung der Apotheke gewaltsam gestoppt. Neuköllner SA-Leute zertrümmerten die Scheiben und die Einrichtung der Apotheke und verprügelten Adolf Mockrauer. Zwar konnten Anwohner, die Mockrauer zur Hilfe kamen, die Plünderung der Apotheke weitgehend verhindern, dennoch war der materielle Schaden erheblich. <br />
Die Auflagen, die Schadenskosten unter Ausschluss der Versicherung selbst zu übernehmen, die Zahlung der „Judenvermögensabgabe“ in Höhe von 20 Prozent des im April 1938 verzeichneten Vermögens sowie der Entzug der Apothekerzulassung und das generelle Beschäftigungsverbot für Juden in Apotheken führten zu der Entscheidung, ins Exil zu fliehen. <br />
Da Mockrauer über keine finanziellen Mittel mehr verfügte, blieb ihm bei der Wahl eines Exillandes so gut wie kein Spielraum, er floh nach Chile, da die dortige Volksfrontregierung die sehr rigiden Einwanderungsgesetze für Flüchtlinge aus Deutschland 1938 außer Kraft gesetzt hatte und ohne Auflagen Visa erteilte. Im März 1939 erhielt Mockrauer nach Abgabe seines nahezu gesamten Besitzes die Ausreisegenehmigung. In Chile wurde ihm eine Unterkunft in Quilpué in der Provinz Valparaiso zugewiesen. <br />
Doch es gelang ihm nicht, sich in seine neue Umgebung zu integrieren. Hierfür waren nicht nur seine materielle Notlage und seine mangelhaften Spanisch-Kenntnisse verantwortlich. Hinzu kam, dass in Chile seine Approbation nicht anerkannt wurde, sodass er auch keine berufliche Perspektive besaß. Für einen beruflichen Neuanfang sah er mit seinen 71 Jahren unter den Gegebenheiten keine Möglichkeit. Schließlich wurde die soziale Isolation noch dadurch verschärft, dass in Quilpué Nationalsozialisten und Antisemiten in der Kolonie der Deutsch-Chilenen einen starken Einfluss besaßen und gegen die Flüchtlinge Front machten. <br />
Aus dieser verzweifelten Situation heraus nahm sich Adolf Mockrauer am 16. September 1940 das Leben. <br />

Der am 11. Dezember 1868 im heutigen Toszek (Polen) geborene Apotheker Adolf Mockrauer eröffnete am 10. November 1928 in der Rudower Allee 86 (heute Buschkrugallee 179) die Albrecht-Dürer-Apotheke. Sehr schnell gelang es ihm, die Apotheke zu einer von den Bewohner*innen der Großsiedlung Britz stark nachgefragten Einrichtung zu entwickeln. Mehrfach wurde sie in der Folgezeit als hervorragend geführte Apotheke und Drogenhandlung ausgezeichnet. Obwohl spätestens seit dem 12. Dezember 1934 der NSDAP-Ortsgruppe Britz die jüdische Herkunft von Adolf Mockrauer bekannt war – er wird auf einer entsprechend datierten Liste jüdischer Ärzte und Geschäftsinhaber aufgeführt – kam es zunächst zu keinen antisemitischen Aktionen gegen ihn. Im Gegenteil, die Anwohner*innen nahmen sein Angebot und seine Beratung verstärkt wahr, wie die steigenden Umsatzzahlen bewiesen.
Umso überraschender war es für ihn, dass am 31. Dezember 1935 die Wohnungsbaugesellschaft die Kündigung für die Apothekenräume und die darüber liegende Wohnung zum 31. März 1936 aussprach. Als Grund wurden zahlreiche Beschwerden aus der Bevölkerung angegeben. Gleichzeitig machte der Britzer Amtsleiter deutlich, dass – dem Zug der Zeit folgend – keine anderen Räumlichkeiten zur Fortführung der Apotheke an ihn als Juden verpachtet würden.
Für die angeblich so zahlreichen Beschwerden gibt es keine Belege. Im Gegenteil, die Besucher- und Umsatzzahlen waren seit Existenz der Apotheke ständig gestiegen und Mockrauer beschäftigte mittlerweile fünf Mitarbeiter*innen. So konstatierte das Amt wegen der zahlreichen Kunden aus der Großsiedlung Britz und den angrenzenden Laubenkolonien ein dringendes Bedürfnis zur Aufrechterhaltung der Apotheke. Mockrauer müsse so schnell wie möglich durch einen „arischen“ Apotheker ersetzt werden.
Da Adolf Mockrauer weiterhin seine Personalkonzession besaß, die ihm rechtlich das Betreiben einer Apotheke ermöglichte, verkaufte er die Apotheke nicht, sondern beabsichtigte, die Apotheke an seinen Mitarbeiter Bensemer zu verpachten. Nach Ablehnung dieses personellen Vorschlags fand Mockrauer einen „arischen“ Apotheker aus Charlottenburg als einen von amtlicher Seite akzeptierten Pächter, das NSDAP-Mitglied Johannes Büker. Dieser schloss mit der Wohnungsbaugesellschaft einen Mietvertrag über die Geschäftsräume ab und überließ Mockrauer die Geschäftsführung.
Auf diese Weise konnte er die Apotheke zunächst weiter betreiben. In der Anwohnerschaft fiel die rechtliche Veränderung nicht auf. Für sie blieb Mockrauer „unser Apotheker“, dessen Kompetenz in den beiden folgenden Jahren rege in Anspruch genommen wurde. Die Qualität der Apotheke wurde auch durch die amtlichen Prüfungen in den Jahren 1936 und 1938 bestätigt, in denen die Apotheke als gut bzw. sehr gut geführt bewertet wurde.
Erst in der Nacht zum 10. November 1938 wurde die positive Entwicklung der Apotheke gewaltsam gestoppt. Neuköllner SA-Leute zertrümmerten die Scheiben und die Einrichtung der Apotheke und verprügelten Adolf Mockrauer. Zwar konnten Anwohner, die Mockrauer zur Hilfe kamen, die Plünderung der Apotheke weitgehend verhindern, dennoch war der materielle Schaden erheblich.
Die Auflagen, die Schadenskosten unter Ausschluss der Versicherung selbst zu übernehmen, die Zahlung der „Judenvermögensabgabe“ in Höhe von 20 Prozent des im April 1938 verzeichneten Vermögens sowie der Entzug der Apothekerzulassung und das generelle Beschäftigungsverbot für Juden in Apotheken führten zu der Entscheidung, ins Exil zu fliehen.
Da Mockrauer über keine finanziellen Mittel mehr verfügte, blieb ihm bei der Wahl eines Exillandes so gut wie kein Spielraum, er floh nach Chile, da die dortige Volksfrontregierung die sehr rigiden Einwanderungsgesetze für Flüchtlinge aus Deutschland 1938 außer Kraft gesetzt hatte und ohne Auflagen Visa erteilte. Im März 1939 erhielt Mockrauer nach Abgabe seines nahezu gesamten Besitzes die Ausreisegenehmigung. In Chile wurde ihm eine Unterkunft in Quilpué in der Provinz Valparaiso zugewiesen.
Doch es gelang ihm nicht, sich in seine neue Umgebung zu integrieren. Hierfür waren nicht nur seine materielle Notlage und seine mangelhaften Spanisch-Kenntnisse verantwortlich. Hinzu kam, dass in Chile seine Approbation nicht anerkannt wurde, sodass er auch keine berufliche Perspektive besaß. Für einen beruflichen Neuanfang sah er mit seinen 71 Jahren unter den Gegebenheiten keine Möglichkeit. Schließlich wurde die soziale Isolation noch dadurch verschärft, dass in Quilpué Nationalsozialisten und Antisemiten in der Kolonie der Deutsch-Chilenen einen starken Einfluss besaßen und gegen die Flüchtlinge Front machten.
Aus dieser verzweifelten Situation heraus nahm sich Adolf Mockrauer am 16. September 1940 das Leben.