Arthur Schönig

Location 
Buschkrugallee 199
Historical name
Rudower Allee 76
District
Britz
Stone was laid
13 January 2023
Born
27 November 1871 in Leipzig
Occupation
Handelsgehilfe
Deportation
on 31 July 1942 to Theresienstadt
Later deported
on 23 September 1942 to Treblinka
Murdered
September 1942 in Treblinka

Arthur Schönig wurde am 27. November 1871 in Leipzig geboren. Über seine Kindheit und Jugend ist nichts bekannt. Wann er nach Berlin gezogen ist, lässt sich ebenfalls nicht rekonstruieren. Jedoch findet sich ein Eintrag im Jüdischen Adressbuch aus dem Jahr 1931/32 mit dem Wohnsitz in der Grunewaldstraße 20 in Schöneberg.

Laut den Berliner Adressbüchern zog Arthur Schönig im Laufe des Jahres 1933  in die Rudower Allee 76 (die heutige Buschkrugallee 199) in Neukölln. Die Vermutung liegt nahe, dass der Umzug mit seiner Pensionierung zu tun hatte – in den Berliner Adressbüchern wird der Anfang 60-Jährige bis zum Jahr 1929 als Handelsgehilfe geführt, 1930 ist er nicht aufgeführt und ab 1932 als Pensionär. Dass er namentlich aufgelistet ist, bedeutet, dass er hier als Haushaltvorstand eine Wohnung gemietet hatte und nicht zur Untermiete lebte.
Des Weiteren lässt sich aus den gefundenen Dokumenten nur schließen, dass er nicht verheiratet war und über ein bescheidenes Vermögen in Form von Aktien verfügt haben muss, das ihm später vom Deutschen Reich geraubt werden sollte.

Im Oktober 1941 begannen die Nationalsozialisten damit, Jüdinnen und Juden aus Berlin zu deportieren. Arthur Schönig wurde im Juli 1942 in das Sammellager in der Levetzowstraße in Moabit beordert, von wo aus er im Alter von 71 Jahren mit dem 34. ‚Alterstransport‘ am 31. Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt verschleppt wurde. Das Durchschnittsalter des Transports, in dem Arthur Schönig in das Ghetto Thereseinstadt gebracht wurde und der mit der Nummer I/35 verzeichnet ist, lag bei 70,1 Jahren. Das Lager wurde nach der Wannseekonferenz als Durchgangs- bzw. Sammellager auf dem Weg in ihre Vernichtung für ältere oder prominente jüdische Menschen aus dem Deutschen Reich genutzt – diese verschleiernde Praxis galt Propagandazwecken, die suggerieren sollten, es gebe eine gesonderte, bessere Behandlung der Deportierten. Die Realität war eine andere.

Die Lebensumstände im Ghetto Theresienstadt waren für die Häftlinge katastrophal und oft tödlich. Zehntausende wurden in einem Zustand der permanenten Unterversorgung an Nahrung und Hygiene in den Kasernengebäuden der ehemaligen Festungsstadt eingepfercht. Die älteren Deportierten, die in diesen Transporten ankamen, mussten wie alle anderen Gefangenen schwere Zwangsarbeit leisten und starben aufgrund von Mangelernährung und grassierenden Krankheiten schon während der Sommermonate. Wer nicht starb, wurde nach einiger Zeit in die Vernichtungslager in den besetzen Gebieten Polens weiterdeportiert und dort ermordet.

Spätestens durch die im Sommer 1942 eintreffenden Massendeportationen aus dem Deutschen Reich wurde die unerträgliche Enge im Lager verschärft, was von anwachsendem Hunger und Krankheiten begleitet wurde. Am 18. September 1942 kamen genauso viele Deportierte in Theresienstadt an, wie Lagerinsassen starben. Um die Anzahl der Gefangenen zu reduzieren und die Politik der sog. ‚Endlösung‘, d.h. die systematische Ermordung der jüdischen Bevölkerung Europas voranzutreiben, wurden die Größe und die Geschwindigkeit der Transporte, die von Theresienstadt in die Vernichtungslager führten, stark erhöht.

Wir wissen nicht, wie es Arthur Schönig in Theresienstadt ging – außer, dass er im September 1942 noch lebte. Vermutlich wurde er, wie die Mehrheit seiner Altersgenossen, in einem der ungedämmten und heillos überfüllten Dachböden der Kasernengebäude untergebracht. Denn alte Menschen galten als ‚nicht-verwertbar‘ und mussten unter noch schlechteren Bedingungen vegetieren, als diejenigen, die als ‚arbeitsfähig‘ angesehen wurden.

Arthur Schönig wurde zwei Monate nach seinem Eintreffen in Theresienstadt am 23. September 1942 in das Vernichtungslager Treblinka deportiert. Am Transporttag marschierten die Häftlinge zur Bahnstation Bohusovice (Bauschowitz), die, die nicht mehr gehen konnten, wurden mit dem LKW gefahren. Der Bahnhof lag etwa 3 Km außerhalb des Ghettos, wo sie in die bereits wartenden Zugwaggons gezwängt wurden. Einem Augenzeugenbericht von Max Berger zufolge starben einige kranke und alte Häftlinge schon auf dem Weg zur Bahnstation. Die Leichen seien aber trotzdem mit in den Zug geladen worden, um die Transportquote zu erreichen. Der Transport mit der Bezeichnung „Bq“ verließ den Bahnhof am 23. September 1942 und war der dritte einer Reihe von acht Transporten mit kranken und alten Jüdinnen und Juden. Auf dem Transport befanden sich 1980 Häftlinge. Ihr Durchschnittsalter betrug 72 Jahre. Welches Leid die Menschen in dem tagelangen Transport in den Viehwaggons erleben mussten, ist heute nicht vorstellbar. Besonders aufgrund des hohen Alters der Gefangenen, die aufgrund der Enge stehend und ohne Nahrung und Wasser transportiert wurden, können wir davon ausgehen, dass viele schon den Transport in die Vernichtungsstätte nicht überlebten. Der Transport erreichte Treblinka am 25. oder 26. September 1942.

Bei ihrer Ankunft in Treblinka wurden die Häftlinge aus dem Zug gescheucht und mussten stehend, in strammer Haltung warten. Unter Arthus Schönigs Leidensgenoss*innen befanden sich auch zwei Schwestern von Sigmund Freud, des Begründers der Psychoanalyse: die 78-jährige Pauline Winternitz und die 81-jährige Marie Freud. In seiner Zeugenaussage vor dem Nürnberger Internationalen Militärgerichtshof in 1946 sagte einer der wenigen Treblinka-Überlebenden, Samuel Rajzman, über die Ankunft dieses Transports aus: „Ich stand damals auf dem Bahnsteig, als die Leute aus den Waggons geführt wurden. Eine ältere Frau trat auf Kurt Franz [der Lagerkommandant] zu, zog einen Ausweis hervor und sagte, dass sie die Schwester von Sigmund Freud sei. Sie bat, man solle sie zu einer leichten Büroarbeit verwenden. Franz sah sich den Ausweis gründlich an und sagte, es sei wahrscheinlich ein Irrtum, führte sie zum Fahrplan und sagte, dass in zwei Stunden ein Zug nach Wien zurückgehe. Sie könne alle ihre Wertgegenstände und Dokumente hier lassen, ins Badehaus gehen, und nach dem Bad würden ihre Dokumente und ihr Fahrschein für sie nach Wien zur Verfügung stehen. Natürlich ist diese Frau ins Badehaus gegangen, von wo sie niemals mehr zurückkehrte.”

Von den 1980 Juden und Jüdinnen, die sich auf diesem Transport befanden, überlebte niemand. Auch Arthur Schönig wurde nach der Ankunft in den Gaskammern von Treblinka ermordet.