Samuel Marcus Mathias

Location 
Gasteiner Straße 13
District
Wilmersdorf
Stone was laid
08 April 2022
Born
02 January 1861 in Koschmin (Posen) / Kozmin Wielkopolski
Occupation
Kaufmann
Deportation
on 18 June 1942 to Theresienstadt
Murdered
28 August 1942 in Theresienstadt

Am 2. Januar 1861wurde in Koschmin (poln. Kozmin)/Posen Samuel Mathias geboren. Sein Vater war der Kaufmann Meyer Mathias, die Mutter hieß Therese geb. Fuchs. Ob Samuel weitere Geschwister hatte, ist nicht bekannt.


Samuel wurde ebenfalls Kaufmann und war in der Damen - Konfektionsbranche tätig. Schon 1876 ging er 15-jährig nach Berlin in die Lehre von Moritz Levin, der am Hausvogteiplatz ein „Konfektionsgeschäft en gros“ hatte. Nach Abschluss der Lehre nahm Samuel weitere Stellungen an und machte sich schließlich mit einem Konfektionsgeschäft in der Brunnenstraße selbstständig.

Am 12. Februar 1890 heiratete er Marie Fraenkel. Marie war am 7. Oktober 1862 in Dobrzyca/Krotoschin/Posen als Tochter von Julius Fraenkel und Dorothea geb. Fuchs geboren worden.

Samuel und Marie bekamen drei Söhne. Am 8. Dezember 1890 kam Kurt Max auf die Welt, ein Jahr darauf, am 28.Oktober 1891, Hans Leo. 10 Jahre später, am 24.September 1900 wurde Erich Manfred geboren. Die Familie wohnte zuerst in der Invalidenstraße 2, zog dann um an den Zionskirchplatz und schließlich in die Brunnenstraße 186, wo sich auch Samuels Geschäft befand.

Samuel verkaufte 1905 sein Konfektionsgeschäft und trat in die Firma seines Schwagers „Fraenkel und Roer“, Weißwaren Konfektion, als Chefeinkäufer ein.

1932 setzte sich Samuel Mathias zur Ruhe und lebte mit seiner Familie von seinen Ersparnissen.

Seit April 1934 wohnten Samuel und Marie Mathias in der Gasteiner Straße 13. Ihre 3-Zimmer Wohnung befand sich im Gartenhaus, 2. Treppe rechts. Die Wohnung war recht komfortabel ausgestattet mit einer zusätzlichen Mädchenkammer, Fahrstuhl, Balkon, fließend Warmwasser, einer Dampfheizung und einem Badezimmer. 
Das Ehepaar Mathias bekam – nachdem der Mieterschutz für Juden 1939 aufgehoben wurde – zwei Untermieter zugewiesen. Es handelte sich um Siegfried Kraft und Johanna Heimann. Johanna Heimann wurde am 12. Januar 1943 nach Auschwitz deportiert und Siegfried Kraft nahm sich am 4. März 1943 angesichts der bevorstehenden Deportation das Leben. Sie wurden vermutlich nach der Verschleppung ihrer Vermieter noch einmal in andere Wohnungen eingewiesen.

Wenige Tage vor ihrer Deportation mussten Samuel und Marie Mathias gegenüber der Oberfinanzbehörde eine Vermögenserklärung abgeben. Sie listeten in diesem Formular akribisch auf, was ihnen 1942 noch verblieben war. Anscheinend war ihnen bis zu diesem Zeitpunkt noch ihr kompletter Hausrat erhalten geblieben. Neben einem kleineren Sparguthaben und der auf 900 RM geschätzten Wohnungseinrichtung wurde ein in Koschmin liegendes Grundstück, das Samuel Mathias zu einem Drittel gehörte, „zugunsten des Dt. Reiches“ eingezogen. Eine beglaubigte Abschrift dieser Verfügung wurde Samuel Mathias am 17. Juni 1942 „im Hause Gr. Hamburgerstr. 26 übergeben“. Das ehemalige Altenheim der Jüdischen Gemeinde in der Großen Hamburger Straße diente als Sammelstelle für die Menschen, die alsbald abtransportiert werden sollten.

Am 18. Juni 1942 wurden Marie und Samuel von diesem Ort aus mit dem 7. Alterstransport, einem sogenannten kleinen Transport, der 50 Personen umfasste, in das böhmische Ghetto Theresienstadt deportiert.

Samuel Mathias überlebte im Ghetto nur etwa 2 Monate, er wurde am 28. August ums Leben gebracht, Marie Mathias erlag den unmenschlichen Verhältnissen am 20. September 1942. In den Todesfallanzeigen der Ghettoärzte war als Todesursache „Enteritis, Darmkatarrh“ bzw. „Enterocolitis, Darmentzündung“ angegeben, eine übliche Umschreibung der wahren Todesursache. Im überfüllten Ghetto herrschten zu allen Zeiten Hunger, Seuchen und katastrophale hygienische Verhältnisse, denen die ohnehin geschwächten Menschen oft rasch zum Opfer fielen.

Von den drei Söhnen des Ehepaares überlebten zwei den nationalsozialistischen Terror.

1923 hatte der älteste Sohn Kurt - ebenfalls Kaufmann wie der Vater und der Großvater – in Berlin Berta Eberlein geheiratet. Er verstarb 1934 – ein schwerer Schicksalsschlag für die gesamte Familie.


Hans Mathias heiratete am 4. Dezember 1929 die 1907 in St. Gallen/Schweiz geborene Marie Christine Weber. Er ließ sich bei der Hochzeit evangelisch taufen. Mit ihr und den Kindern Gerda (*1930) und Kurt (*1936) zog er nach Stuttgart. Nachdem die Familie in Stuttgart ausgebombt worden war, übersiedelte sie nach Rottenacker/Oberschwaben. Nach Kriegsende – im April 1945 – wurde Hans Mathias schwer krank, am 12. Juli 1945 starb er im Friedrich-List-Heim in Stuttgart-Cannstatt. Eine Behandlung seiner Krankheit in einer Tübinger Klinik konnte nicht durchgeführt werden, da sämtliches medizinisches Gerät zuvor durch die französischen Truppen abtransportiert worden war. Er hatte, obwohl Kaufmann, zuletzt als Hausmeister arbeiten müssen. Marie Christine ernährte von da an ihre Kinder durch Austragen von Zeitungen.


Erich Mathias gelang es, über England in die USA auszuwandern, er ließ sich in San Francisco nieder, heiratete dort und bekam zwei Kinder.


 

Am 2. Januar 1861 wurde in Koschmin (poln. Kozmin)/Posen Samuel Mathias geboren. Sein Vater war der Kaufmann Meyer Mathias, die Mutter hieß Therese (geb. Fuchs). Ob Samuel weitere Geschwister hatte, ist nicht bekannt.


Samuel wurde ebenfalls Kaufmann und war in der Damen-Konfektionsbranche tätig. Schon 1876 ging er 15-jährig nach Berlin, um eine Lehre bei Moritz Levin zu absolvieren, der am Hausvogteiplatz ein „Konfektionsgeschäft en gros“ hatte. Nach Abschluss der Lehre nahm Samuel weitere Stellungen an und machte sich schließlich mit einem Konfektionsgeschäft in der Brunnenstraße selbstständig.

Am 12. Februar 1890 heiratete er Marie Fraenkel. Marie war am 7. Oktober 1862 in Dobrzyca/Krotoschin/Posen als Tochter von Julius Fraenkel und Dorothea (geb. Fuchs) geboren worden.

Samuel und Marie bekamen drei Söhne. Am 8. Dezember 1890 kam Kurt Max auf die Welt, ein Jahr darauf, am 28.Oktober 1891, Hans Leo. 10 Jahre später, am 24.September 1900, wurde Erich Manfred geboren. Die Familie wohnte zuerst in der Invalidenstraße 2, zog dann um an den Zionskirchplatz und schließlich in die Brunnenstraße 186, wo sich auch Samuels Geschäft befand.

Samuel verkaufte 1905 sein Konfektionsgeschäft und trat in die Firma seines Schwagers „Fraenkel und Roer - Weißwaren Konfektion“, als Chefeinkäufer ein.

1932 setzte sich Samuel Mathias zur Ruhe und lebte mit seiner Familie von seinen Ersparnissen.

Seit April 1934 wohnten Samuel und Marie Mathias in der Gasteiner Straße 13. Ihre 3-Zimmer Wohnung befand sich im Gartenhaus, zweite Treppe rechts. Die Wohnung war recht komfortabel ausgestattet mit einer zusätzlichen Mädchenkammer, Fahrstuhl, Balkon, fließend Warmwasser, einer Dampfheizung und einem Badezimmer. 
Das Ehepaar Mathias bekam – nachdem der Mieterschutz für Juden Ende April 1939 aufgehoben wurde – zwei Untermieter zugewiesen. Es handelte sich um Siegfried Kraft und Johanna Heimann. Johanna Heimann wurde am 12. Januar 1943 nach Auschwitz deportiert. Siegfried Kraft nahm sich am 4. März 1943 angesichts der bevorstehenden Deportation das Leben. Sie wurden vermutlich nach der Verschleppung ihrer Vermieter noch einmal in andere Wohnungen eingewiesen.

Wenige Tage vor ihrer Deportation mussten Samuel und Marie Mathias gegenüber der Oberfinanzbehörde eine Vermögenserklärung abgeben. Sie listeten in diesem Formular akribisch auf, was ihnen 1942 noch verblieben war. Anscheinend war ihnen bis zu diesem Zeitpunkt noch ihr kompletter Hausrat erhalten geblieben. Neben einem kleineren Sparguthaben und der auf 900 RM geschätzten Wohnungseinrichtung wurde ein in Koschmin liegendes Grundstück, das Samuel Mathias zu einem Drittel gehörte, „zugunsten des Dt. Reiches“ eingezogen. Eine beglaubigte Abschrift dieser Verfügung wurde Samuel Mathias am 17. Juni 1942 „im Hause Gr. Hamburgerstr. 26 übergeben“. Das ehemalige Altenheim der Jüdischen Gemeinde in der Großen Hamburger Straße diente den Nazis als Sammelstelle für bevorstehende Deportationen.

Am 18. Juni 1942 wurden Marie und Samuel von diesem Ort aus mit dem 7. Alterstransport, einem sogenannten kleinen Transport, der 50 Personen umfasste, in das Ghetto Theresienstadt deportiert.

Samuel Mathias überlebte im Ghetto nur etwa 2 Monate. Er verstarb dort am 28. August. Marie Mathias erlag den unmenschlichen Verhältnissen keinen Monat nach dem Tod ihres Mannes, am 20. September 1942. In den Todesfallanzeigen der Ghettoärzte war als Todesursache „Enteritis, Darmkatarrh“ bzw. „Enterocolitis, Darmentzündung“ angegeben, eine übliche Umschreibung der wahren Todesursache. Im überfüllten Ghetto herrschten zu allen Zeiten Hunger, Seuchen und katastrophale hygienische Verhältnisse, denen die ohnehin geschwächten Menschen oft rasch nach ihrer Ankunft zum Opfer fielen.

Von den drei Söhnen des Ehepaares überlebten zwei den nationalsozialistischen Terror.

1923 hatte der älteste Sohn Kurt - ebenfalls Kaufmann wie der Vater und der Großvater – in Berlin Berta Eberlein geheiratet. Er verstarb 1934 – ein schwerer Schicksalsschlag für die gesamte Familie.


Hans Mathias heiratete am 4. Dezember 1929 die 1907 in St. Gallen/Schweiz geborene Marie Christine Weber. Er ließ sich bei der Hochzeit evangelisch taufen. Mit ihr und den Kindern Gerda (*1930) und Kurt (*1936) zog er nach Stuttgart. Nachdem die Familie in Stuttgart ausgebombt worden war, übersiedelte sie nach Rottenacker/Oberschwaben. Nach Kriegsende – im April 1945 – wurde Hans Mathias schwer krank. Am 12. Juli 1945 starb er im Friedrich-List-Heim in Stuttgart-Cannstatt. Eine Behandlung seiner Krankheit in einer Tübinger Klinik konnte nicht durchgeführt werden, da sämtliches medizinisches Gerät zuvor durch die französischen Truppen abtransportiert worden war. Er hatte, obwohl Kaufmann, zuletzt als Hausmeister arbeiten müssen. Marie Christine ernährte von da an ihre Kinder durch Austragen von Zeitungen.


Erich Mathias gelang es, über England in die USA auszuwandern, er ließ sich in San Francisco nieder, heiratete dort und bekam zwei Kinder.