Gisela Adler

Location 
Große Hamburger Straße 40
District
Mitte
Stone was laid
17 March 2018
Born
05 May 1926 in Berlin
Deportation
in March 1943 to Auschwitz
Murdered
06 July 1943 in Auschwitz

Gisela Adler stammte aus einer weitverzweigten Familie deutscher Sinti, deren Angehörige im Nationalsozialismus verfolgt und fast ausnahmslos ermordet wurden. Sie war die Tochter des Musikers Oskar Adler und seiner Frau Auguste, geborene Spindler, und wurde am 5. Mai 1926 in Berlin geboren. Ihre Eltern hatten in den 1920er- bis 1940er-Jahren insgesamt zehn Kinder bekommen. Die Geschwister von Gisela hießen Max, Waldemar, Sandor, Rudi, Helga, Angelika, Selma, Weibi und Soni.<br />
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In der Familie Adler spielte die Musik eine bedeutende Rolle. Viele der Familienmitglieder waren musikalisch, beherrschten Instrumente und einige von ihnen verdienten mit der Musik ihren Lebensunterhalt. So bestritt ihr Vater Oskar, ebenso wie ihr Großvater Julius Adler, der ursprünglich aus Dreidorf (dem heutigen Dźwierszno Wielkie) stammte und mit seiner Familie um 1914/1915 nach Berlin gezogen war, seinen Lebensunterhalt als Berufsmusiker. Der Großvater Julius hatte sich auf das Harfenspiel spezialisiert, Vater Oskar war in Berlin als Musiker und Kapellmeister tätig.<br />
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Neben ihrem Großvater und ihrer Großmutter Klara Adler, geborene Franz, lebten noch weitere Verwandte Giselas in der Hauptstadt. Ihre Tante Selma Adler hatte in den 1910er-Jahren den Kaufmann Kajetan Weinich geheiratet, mit ihm 1915 eine Tochter namens Elisabeth und zwei weitere Kinder bekommen, deren Namen nicht überliefert sind, und führte mit ihm einen Hausstand in Berlin. Ihre Tante Agnes Adler verstarb mit nur 36 Jahren am 16. August 1933 in Berlin, da war Gisela gerade sieben Jahre alt. Ihr 1914 geborener Onkel Max Adler, der in Berlin als Maschinist arbeitete, heiratete in den 1930er-Jahren Magdalena Saller und bekam mit ihr einen Sohn. Ein zweiter Onkel namens Rudolf Adler, der 1918 in Berlin geboren worden war, blieb kinderlos. Über das Leben von Gisela Adler und ihren Verwandten im Berlin der Weimarer Republik haben sich kaum Informationen erhalten. Die Familie war katholisch und vermutlich wurde auch Gisela Adler katholisch getauft. Sicher besuchte sie in den frühen 1930er-Jahren einer der Berliner Schulen, war aber vermutlich gezwungen, die Ausbildung Mitte bis Ende der 1930er-Jahre abzubrechen.<br />
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Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Roma und Sinti seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Adler. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Es ist nicht bekannt, inwieweit die Zugehörigkeit zur Minderheit der deutschen Sinti für die Identitätsbildung der Familienangehörigen und für das tägliche Leben der Familie vor der NS-Zeit eine Rolle gespielt hat. Dass einige der Familienmitglieder später mit ihrem familiären Beinamen – in der NS-Terminologie handelte es sich um „Zigeunernamen“ – erfasst wurden und zum Teil Ehen in traditioneller Weise (Mangavipen und Bijav) geschlossen haben, ist sicher nur ein Aspekt kultureller Identität einer Familie, die sich ansonsten ganz selbstverständlich als Teil der deutschen Gesellschaft verstand. Wir wissen nicht, welche Ausgrenzungserfahrungen Gisela in ihren frühen Jahren selbst durchleben musste. Sicher nahm sie aber die zunehmend auf ihren Eltern und ihrer Familie lastende Bedrohung wahr.<br />
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Auch vor der NS-Zeit gab es eine lange Tradition antiziganistischer Maßnahmen, mit der die Familie in Berührung gekommen sein konnte. 1906 führte die preußische „Anweisung zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ zu einer Vereinheitlichung der Verfolgungsmaßnahmen, die 1924 erneuert und von anderen deutschen Staaten übernommen wurde. In Berlin wurde seit 1927 vom Innenministerium die Anweisung an die Polizei gegeben, Fingerabdrücke von Roma und Sinti zu nehmen und zu katalogisieren, womit der Grundstock einer systematischen Personenerfassung gelegt war, die bei der späteren Verfolgung eine entscheidende Rolle spielte. Unter den rassenideologischen Vorgaben des NS-Regimes verschärften seit 1933 vor allem lokale polizeiliche und administrative Instanzen die Verfolgung von „Zigeunern, Landfahrern und Arbeitsscheuen“. In Berlin wurde auf Initiative der Wohlfahrtsämter anlässlich der Olympischen Spiele 1936 eines der größten Zwangslager für Roma und Sinti in Marzahn errichtet, mit der die Stadt „zigeunerfrei“ werden sollte.<br />
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Die Adlers wurden zu diesem Zeitpunkt noch nicht in das Lager gezwungen. Sie lebten Mitte der 1930er-Jahre in zwei nicht weit voneinander gelegenen Wohnungen in der Großen Hamburger Straße 34 und 40 in Mitte. In den 1930er-Jahren konnten sie ihrer Berufstätigkeit nicht mehr ungehindert nachgehen. Giselas Onkel Rudolf und Max wurden zu Zwangsarbeit herangezogen, aber wahrscheinlich waren auch andere Familienmitglieder betroffen. Seit 1936 lag das Schicksal der Familie neben den Berliner Wohlfahrtsämtern und lokalen Polizeistellen in den Händen der „Rassenhygienischen Forschungsstelle“ (RHF) mit Sitz in Berlin-Dahlem. Die Behörde war mit der systematischen Erfassung der in Deutschland lebenden Sinti und Roma betraut sowie medizinischen Versuchsreihen an ihnen. Von den Adlers wurden unter anderem biometrische Daten wie Fingerabdrücke genommen und in das „Zigeunersippenarchiv“ aufgenommen.<br />
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1938 wurde Giselas Onkel Max unter dem Verfolgungsvorwand „arbeitsscheu“ – wahrscheinlich im Zuge der zweiten großen Verhaftungswelle der „Aktion Arbeitsscheu Reich“ – im brandenburgischen Zehdenick verhaftet, am 18. Juni in das Konzentrationslager Sachsenhausen überführt und für sechs Monate bis zum 2. Dezember 1938 interniert. Mit dem „Festschreibungserlass“ im Oktober 1939 wurde allen Sinti und Roma unter Androhung von KZ-Haft verboten, ihre Heimatorte zu verlassen. Im selben Jahr entzogen die Behörden Giselas Tante Selma Weinich die Staatsangehörigkeit, da sie widersprüchliche Angaben zu ihrer Herkunft gemacht hatte. Gegen das folgende Aufenthaltsverbot für das Reichsgebiet konnte sie noch bei der Kriminalpolizei und der 1939 in das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) aufgegangenen RHF erfolgreich Einspruch einlegen. Allerdings musste sie mit ihrem Mann spätesten 1941 ihre Wohnung in der Großen Hamburger Straße verlassen und wurde im Zwangslager Marzahn interniert. In einem der Barackenwagen Marzahns waren Anfang der 1940er-Jahre auch Giselas Vater Oskar, ihre Mutter und ihre Geschwister zwangseinquartiert worden. Aus den Quellen geht nicht hervor, warum die damals 14- bis 15-jährige Gisela Adler nicht das Schicksal ihrer Eltern und Geschwister teilte, aber sie blieb in der Großen Hamburger Straße bei ihren Großeltern wohnen.<br />
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Der Entrechtung folgte die Deportation: Bereits seit Anfang 1940 wurden aus dem Reichsgebiet Sinti und Roma in die besetzten Gebiete im Osten deportiert. Mit dem „Auschwitz-Erlass“ vom 16. Dezember 1942 wurde im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau der „Zigeunerlager“ genannte Lagerabschnitt B II e eingerichtet. Im März 1943 wurden die meisten der in Berlin lebenden Familienmitglieder der Adlers verhaftet und in das Polizeipräsidium am Alexanderplatz gebracht: Zuerst vermutlich Max Adler, seine Ehefrau Magdalena Adler, geborene Saller, und ihr minderjähriger Sohn. Am 23. März 1943 folgten Gisela Adler mit ihren Großeltern Julius und Klara Adler und am 27./28. März 1943 Rudolf Adler. Sie alle wurden Ende März 1943 aus Berlin in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert.<br />
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Nach der Deportation aus Berlin wurde der Eingang von Gisela Adler in das „Zigeunerlager“ in Auschwitz mit der Häftlingsnummer „Z-6258“ am 31. März 1943 dokumentiert. Am gleichen Tag finden sich ebenfalls Einträge für ihre Großmutter Klara (Z-6257), ihren Großvater Julius (Z-5637) sowie ihre Onkel Max (Z-5639) und Rudolf (Z-5638). Gisela Adler wurde am 6. Juli 1943 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet – entweder durch direkte Gewalteinwirkung oder durch die Folgen der „Vernichtung durch Arbeit“ mittels planvoller Mangelernährung und körperlicher Misshandlung. Sie ist 17 Jahre alt geworden.<br />
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Bereits zuvor waren am 24. Mai 1943 ihr Großvater in Auschwitz und ihre Großmutter am 13. August 1943 in Auschwitz-Birkenau ermordet worden. Im August 1943 unternahm ihr Onkel Rudolf Adler zusammen mit dem deutschen Sinto Robert Böhmer einen Fluchtversuch. Die beiden wurden am 7. August festgenommen, in Auschwitz unter Bunkerarrest gestellt und am 20. August 1943 erschossen. Im Zuge der Räumung des „Zigeunerlagers“ wurde ihr Onkel Max Adler am 12. März 1944 in Auschwitz ermordet. Seine Ehefrau und sein Sohn waren vermutlich bereits vorher in Auschwitz ermordet worden. Sie gehörten in jedem Fall nicht zu den wenigen Überlebenden.<br />
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Giselas Vater Oskar Adler, ihre Mutter Auguste und ihre Geschwister sollten in den 1940er-Jahren im Lager Marzahn zwangssterilisiert werden. Nachdem der Eingriff bei einem der Kinder vorgenommen worden war und der Familie die Deportation nach Auschwitz drohte, flohen sie mit finanzieller Hilfe des Taufpfarrers von Auguste Adler, Pfarrer Pirmin, aus dem Lager über Eppishofen, Bayreuth, Augsburg und Mannheim nach München, wo sie versteckt das Kriegsende erlebten. Giselas Tante Selma überlebte mit ihrem Ehemann in Berlin. Sie lebten nach 1945 in Stuttgart und später in München.

Gisela Adler stammte aus einer weitverzweigten Familie deutscher Sinti, deren Angehörige im Nationalsozialismus verfolgt und fast ausnahmslos ermordet wurden. Sie war die Tochter des Musikers Oskar Adler und seiner Frau Auguste, geborene Spindler, und wurde am 5. Mai 1926 in Berlin geboren. Ihre Eltern hatten in den 1920er- bis 1940er-Jahren insgesamt zehn Kinder bekommen. Die Geschwister von Gisela hießen Max, Waldemar, Sandor, Rudi, Helga, Angelika, Selma, Weibi und Soni.

In der Familie Adler spielte die Musik eine bedeutende Rolle. Viele der Familienmitglieder waren musikalisch, beherrschten Instrumente und einige von ihnen verdienten mit der Musik ihren Lebensunterhalt. So bestritt ihr Vater Oskar, ebenso wie ihr Großvater Julius Adler, der ursprünglich aus Dreidorf (dem heutigen Dźwierszno Wielkie) stammte und mit seiner Familie um 1914/1915 nach Berlin gezogen war, seinen Lebensunterhalt als Berufsmusiker. Der Großvater Julius hatte sich auf das Harfenspiel spezialisiert, Vater Oskar war in Berlin als Musiker und Kapellmeister tätig.

Neben ihrem Großvater und ihrer Großmutter Klara Adler, geborene Franz, lebten noch weitere Verwandte Giselas in der Hauptstadt. Ihre Tante Selma Adler hatte in den 1910er-Jahren den Kaufmann Kajetan Weinich geheiratet, mit ihm 1915 eine Tochter namens Elisabeth und zwei weitere Kinder bekommen, deren Namen nicht überliefert sind, und führte mit ihm einen Hausstand in Berlin. Ihre Tante Agnes Adler verstarb mit nur 36 Jahren am 16. August 1933 in Berlin, da war Gisela gerade sieben Jahre alt. Ihr 1914 geborener Onkel Max Adler, der in Berlin als Maschinist arbeitete, heiratete in den 1930er-Jahren Magdalena Saller und bekam mit ihr einen Sohn. Ein zweiter Onkel namens Rudolf Adler, der 1918 in Berlin geboren worden war, blieb kinderlos. Über das Leben von Gisela Adler und ihren Verwandten im Berlin der Weimarer Republik haben sich kaum Informationen erhalten. Die Familie war katholisch und vermutlich wurde auch Gisela Adler katholisch getauft. Sicher besuchte sie in den frühen 1930er-Jahren einer der Berliner Schulen, war aber vermutlich gezwungen, die Ausbildung Mitte bis Ende der 1930er-Jahre abzubrechen.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Roma und Sinti seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Adler. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Es ist nicht bekannt, inwieweit die Zugehörigkeit zur Minderheit der deutschen Sinti für die Identitätsbildung der Familienangehörigen und für das tägliche Leben der Familie vor der NS-Zeit eine Rolle gespielt hat. Dass einige der Familienmitglieder später mit ihrem familiären Beinamen – in der NS-Terminologie handelte es sich um „Zigeunernamen“ – erfasst wurden und zum Teil Ehen in traditioneller Weise (Mangavipen und Bijav) geschlossen haben, ist sicher nur ein Aspekt kultureller Identität einer Familie, die sich ansonsten ganz selbstverständlich als Teil der deutschen Gesellschaft verstand. Wir wissen nicht, welche Ausgrenzungserfahrungen Gisela in ihren frühen Jahren selbst durchleben musste. Sicher nahm sie aber die zunehmend auf ihren Eltern und ihrer Familie lastende Bedrohung wahr.

Auch vor der NS-Zeit gab es eine lange Tradition antiziganistischer Maßnahmen, mit der die Familie in Berührung gekommen sein konnte. 1906 führte die preußische „Anweisung zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ zu einer Vereinheitlichung der Verfolgungsmaßnahmen, die 1924 erneuert und von anderen deutschen Staaten übernommen wurde. In Berlin wurde seit 1927 vom Innenministerium die Anweisung an die Polizei gegeben, Fingerabdrücke von Roma und Sinti zu nehmen und zu katalogisieren, womit der Grundstock einer systematischen Personenerfassung gelegt war, die bei der späteren Verfolgung eine entscheidende Rolle spielte. Unter den rassenideologischen Vorgaben des NS-Regimes verschärften seit 1933 vor allem lokale polizeiliche und administrative Instanzen die Verfolgung von „Zigeunern, Landfahrern und Arbeitsscheuen“. In Berlin wurde auf Initiative der Wohlfahrtsämter anlässlich der Olympischen Spiele 1936 eines der größten Zwangslager für Roma und Sinti in Marzahn errichtet, mit der die Stadt „zigeunerfrei“ werden sollte.

Die Adlers wurden zu diesem Zeitpunkt noch nicht in das Lager gezwungen. Sie lebten Mitte der 1930er-Jahre in zwei nicht weit voneinander gelegenen Wohnungen in der Großen Hamburger Straße 34 und 40 in Mitte. In den 1930er-Jahren konnten sie ihrer Berufstätigkeit nicht mehr ungehindert nachgehen. Giselas Onkel Rudolf und Max wurden zu Zwangsarbeit herangezogen, aber wahrscheinlich waren auch andere Familienmitglieder betroffen. Seit 1936 lag das Schicksal der Familie neben den Berliner Wohlfahrtsämtern und lokalen Polizeistellen in den Händen der „Rassenhygienischen Forschungsstelle“ (RHF) mit Sitz in Berlin-Dahlem. Die Behörde war mit der systematischen Erfassung der in Deutschland lebenden Sinti und Roma betraut sowie medizinischen Versuchsreihen an ihnen. Von den Adlers wurden unter anderem biometrische Daten wie Fingerabdrücke genommen und in das „Zigeunersippenarchiv“ aufgenommen.

1938 wurde Giselas Onkel Max unter dem Verfolgungsvorwand „arbeitsscheu“ – wahrscheinlich im Zuge der zweiten großen Verhaftungswelle der „Aktion Arbeitsscheu Reich“ – im brandenburgischen Zehdenick verhaftet, am 18. Juni in das Konzentrationslager Sachsenhausen überführt und für sechs Monate bis zum 2. Dezember 1938 interniert. Mit dem „Festschreibungserlass“ im Oktober 1939 wurde allen Sinti und Roma unter Androhung von KZ-Haft verboten, ihre Heimatorte zu verlassen. Im selben Jahr entzogen die Behörden Giselas Tante Selma Weinich die Staatsangehörigkeit, da sie widersprüchliche Angaben zu ihrer Herkunft gemacht hatte. Gegen das folgende Aufenthaltsverbot für das Reichsgebiet konnte sie noch bei der Kriminalpolizei und der 1939 in das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) aufgegangenen RHF erfolgreich Einspruch einlegen. Allerdings musste sie mit ihrem Mann spätesten 1941 ihre Wohnung in der Großen Hamburger Straße verlassen und wurde im Zwangslager Marzahn interniert. In einem der Barackenwagen Marzahns waren Anfang der 1940er-Jahre auch Giselas Vater Oskar, ihre Mutter und ihre Geschwister zwangseinquartiert worden. Aus den Quellen geht nicht hervor, warum die damals 14- bis 15-jährige Gisela Adler nicht das Schicksal ihrer Eltern und Geschwister teilte, aber sie blieb in der Großen Hamburger Straße bei ihren Großeltern wohnen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Bereits seit Anfang 1940 wurden aus dem Reichsgebiet Sinti und Roma in die besetzten Gebiete im Osten deportiert. Mit dem „Auschwitz-Erlass“ vom 16. Dezember 1942 wurde im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau der „Zigeunerlager“ genannte Lagerabschnitt B II e eingerichtet. Im März 1943 wurden die meisten der in Berlin lebenden Familienmitglieder der Adlers verhaftet und in das Polizeipräsidium am Alexanderplatz gebracht: Zuerst vermutlich Max Adler, seine Ehefrau Magdalena Adler, geborene Saller, und ihr minderjähriger Sohn. Am 23. März 1943 folgten Gisela Adler mit ihren Großeltern Julius und Klara Adler und am 27./28. März 1943 Rudolf Adler. Sie alle wurden Ende März 1943 aus Berlin in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert.

Nach der Deportation aus Berlin wurde der Eingang von Gisela Adler in das „Zigeunerlager“ in Auschwitz mit der Häftlingsnummer „Z-6258“ am 31. März 1943 dokumentiert. Am gleichen Tag finden sich ebenfalls Einträge für ihre Großmutter Klara (Z-6257), ihren Großvater Julius (Z-5637) sowie ihre Onkel Max (Z-5639) und Rudolf (Z-5638). Gisela Adler wurde am 6. Juli 1943 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet – entweder durch direkte Gewalteinwirkung oder durch die Folgen der „Vernichtung durch Arbeit“ mittels planvoller Mangelernährung und körperlicher Misshandlung. Sie ist 17 Jahre alt geworden.

Bereits zuvor waren am 24. Mai 1943 ihr Großvater in Auschwitz und ihre Großmutter am 13. August 1943 in Auschwitz-Birkenau ermordet worden. Im August 1943 unternahm ihr Onkel Rudolf Adler zusammen mit dem deutschen Sinto Robert Böhmer einen Fluchtversuch. Die beiden wurden am 7. August festgenommen, in Auschwitz unter Bunkerarrest gestellt und am 20. August 1943 erschossen. Im Zuge der Räumung des „Zigeunerlagers“ wurde ihr Onkel Max Adler am 12. März 1944 in Auschwitz ermordet. Seine Ehefrau und sein Sohn waren vermutlich bereits vorher in Auschwitz ermordet worden. Sie gehörten in jedem Fall nicht zu den wenigen Überlebenden.

Giselas Vater Oskar Adler, ihre Mutter Auguste und ihre Geschwister sollten in den 1940er-Jahren im Lager Marzahn zwangssterilisiert werden. Nachdem der Eingriff bei einem der Kinder vorgenommen worden war und der Familie die Deportation nach Auschwitz drohte, flohen sie mit finanzieller Hilfe des Taufpfarrers von Auguste Adler, Pfarrer Pirmin, aus dem Lager über Eppishofen, Bayreuth, Augsburg und Mannheim nach München, wo sie versteckt das Kriegsende erlebten. Giselas Tante Selma überlebte mit ihrem Ehemann in Berlin. Sie lebten nach 1945 in Stuttgart und später in München.