Sophie Wolff

Location 
Joachim-Friedrich-Straße 53
District
Halensee
Born
22 February 1871 in Berlin
Occupation
Künstlerin/Bildhauerin
Eingewiesen
1943 in Heilanstalten Wittenau
Dead
22 February 1944 in Heilanstalten Wittenau

Sophie Susanna Wolff wurde am 22. Februar 1871 in Berlin als zweite Tochter des Bankiers Hugo Wolff und seiner nicht-jüdischen Frau Auguste, geb. Seydel geboren. Sie wuchs mit neun Geschwistern auf. Von fünf Brüdern verstarben vier vor Beginn der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Zwei Schwestern überlebten. Ihre 1863 geborene Schwester Betty Feodore wurde eine bekannte Malerin. (Stolperstein in der Kurfürstenstr. 126).

Von Beginn an suchte Sophie eigenständige künstlerische Wege, die sich nicht auf vermeintlich weibliche Themen reduzieren ließen. Dennoch hatte sie, gerade im künstlerischen Medium der Skulptur, immer wieder mit Vorurteilen und tradierten Rollenmodellen zu kämpfen. Sie musste sich zudem aufgrund der schlechten Ausbildungssituation für Frauen, die keinen Zugang zu den Kunstakademien hatten, eigene Wege und Lebenslinien erarbeiten.

1904 ging Sophie als 33-jährige nach Paris, dem damaligen Mekka der Bildhauerei. Für Frauen, die sich in diesem Bereich behaupten wollten, war die „Académie Julian“ die beliebteste Adresse. Es wurden dort spezielle „Damen-Klassen” angeboten, die allerdings so zum Trend wurden, dass man sie bald als „nicht ausreichend qualitätsbewusst“ nach akademischen Kriterien einschätzte. Vielleicht war das der Grund, warum sich Sophie für die „Académie Colarossi“ entschied, eine Schule, die für ihre künstlerische Ernsthaftigkeit und Strenge bekannt war.

Fast zehn Jahre lebte, studierte und arbeitete Sophie in Paris. Mit der Freundin Käthe Kollwitz besuchte sie August Rodin in seinen Ateliers in Paris und in Meudon. Er war damals der einflussreichste Vertreter der modernen Skulptur. Vielleicht war der Besuch bei dem Künstler der entscheidende Moment für Sophie, sich der Skulptur zuzuwenden.

Bis heute sind die Schilderungen und Einschätzungen über Sophie Wolff, die Käthe Kollwitz in ihren Tagebüchern hinterlassen hat, eine wichtige kunsthistorische Quelle. Kollwitz äußerte sich darin voller Bewunderung über ihre vier Jahre jüngere Kollegin.

„Sie arbeitet gut, klug, sehr überlegt und doch mit Passion. - Sie hat wirklich ein starkes künstlerisches Gefühl und ihre Klugheit hilft ihr nur den richtigen Weg zu finden. Sie geht recht unbeirrt ihren Weg und glaubt an sich. – Solche Arbeiten wie ihre,“ schreibt Kollwitz, „könnt ich nicht machen.“

Als Sophie 1905 und 1906 in Paris ihre Gemälde ausstellte, zeigte sie zeitgleich in Berlin ihre ersten Plastiken.

Ein Berliner Kunstkritiker erwähnte speziell Sophies Skulpturen und bezeichnete sie als „originell.” Ein Kompliment zu einer Zeit, als die Werke der Bildhauerinnen, die in das von Männern dominierte Feld vorstießen, oft als mittelmäßig, fantasielos und unwesentlich abgewertet wurden.

Kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs kehrte Sophie, die mittlerweile ganz auf Bildhauerei umgesattelt hatte, nach Berlin zurück und nahm mit ihren Skulpturen an der juryfreien Kunstschau und an den Ausstellungen der Sezessionsbewegung teil. Sie selbst war Mitglied der „Berliner Sezession“, einer Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern, die sich vom konservativen „Verein der Berliner Künstler“ abwandte, um neue, unkonventionellere Wege für die Kunst zu finden. Max Liebermann war ihr erster Präsident, die Galerie Cassirer war der zentrale Ausstellungsort dafür.

Von 1929 bis 1934 war Sophie außerdem Mitglied im „Verein der Berliner Künstlerinnen“, dem „Deutschen Lyceum-Club“ und dem „Frauenkunstverband“.

Aus der Reichskammer der Bildenden Künste wurde sie nach 1933 als „Halbjüdin” ausgeschlossen. Die deutschen Jüdinnen und Juden mussten den Ausschluss aus beruflichen Verbänden erleben oder in die unfreiwillige Emigration gehen.

Sophie hatte eine Plastik für den Berliner Richter Hans Hamburger geschaffen. Es war besonders berührend für mich (Dr. Katharina S. Feil), von Hamburgers Enkelin eine Nachricht aus Sao Paulo zu erhalten, nachdem sie 2018 eine Ausstellung im Georg Kolbe Museum in Berlin besucht hatte, in der Sophie als eine der bahnbrechenden Berliner Bildhauerinnen erwähnt wurde. Im September 1936 war die Familie Hamburger aus Berlin nach Brasilien emigriert. Sophies schwere Bronzeplastik - sie wog fast 5 kg - war mit im Gepäck. Ein Stück Berliner Kunstszene wurde somit nach Sao Paolo mitverpflanzt.

Während ihre eigene Welt in Berlin immer enger und erdrückender wurde, nahm Sophie Wolff 1936 wieder Kontakt mit einem Pariser Kollegen auf. Sie schrieb an Aristide Maillol und bat ihn um seine fachmännische Meinung, nachdem sie ihm eine Fotografie ihres „Geigenspielers” zugeschickt hatte. Maillol antwortete aus Marly-Le-Roi 1937: „Ich habe ihren einzigartigen Geigenspieler erhalten.” (J’ai bien reçue la photo de votre curieux violinist) …. und fügte hinzu, dass er selbst als Franzose in seinen Werken immer nach der Harmonie strebe. („Un français cherche l’harmonie.") Maillol sah in Sophies Kunst, was er bereits in vielen deutschen Museen beobachtet hatte: einen Hang der deutschen Künstlerinnen und Künstler zu einer „heftigen Expressivität". Am Ende des Briefes ermunterte Maillol sie dazu „mit Mut weiterzuarbeiten” und endete mit den Worten: „Ich habe Sie deutlich im Gedächtnis und erinnere mich gerne an unser Zusammenkommen.”

1943 wurde Sophie Wolff in die heute als „Nervenanstalt Wittenau“ bekannte Klinik eingeliefert. Mit der Ambulanz aus dem Klinikum Berlin-Buch kommend, glaubte man, ihr in Wittenau die für sie notwendige Pflege geben zu können. Inmitten der Kriegsjahre waren die dortigen Umstände allerdings in den Worten von Dr. Thomas Beddies „apokalyptisch“. Es war nicht nur Nahrungsnot, die Klinik Wittenau und ihr Personal mussten außerdem fast dreimal so viel Patienten, wie eigentlich erlaubt waren, versorgen.

Sophies Tod an ihrem 73. Geburtstag, am 22. Februar 1944, gab zu meiner Vermutung Anlass, dass sie dem Euthanasieprogramm der Nazis zum Opfer gefallen war. Die Frage drängt sich auf: Wer hätte versucht, eine alleinstehende und laut der ärztlichen Dokumente geistig verwirrte „Halbjüdin“ 1944 in Deutschland am Leben zu erhalten?

Zusammen mit Christina Härtel und Dr. Thomas Beddies studierte ich Sophies Krankenakte, die erstaunlicherweise im Keller von Wittenau den Krieg überlebt hatte. Auf Grund der Wortwahl in ihrer Akte stellten wir fest, dass Sophie in Wittenau wahrscheinlich eines natürlichen Todes sterben konnte.

Sophies jüngste Schwester Dora sorgte dafür, dass sie in Stahnsdorf begraben wurde. Der Friedhof galt damals als eine Art Père Lachaise in Berlin: es konnten dort die Anhänger aller Konfessionen beigelegt werden. Sophies Grab ist heute (2022) nicht mehr auffindbar.
 

Sophie Susanna Wolff wurde am 22. Februar 1871 in Berlin als zweite Tochter des Bankiers Hugo Wolff und seiner nicht-jüdischen Ehefrau Auguste (geb. Seydel) geboren. Sie wuchs mit neun Geschwistern auf. Von fünf Brüdern verstarben vier vor Beginn der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Ihre 1863 geborene Schwester Betty Feodore wurde eine bekannte Malerin. (Stolperstein in der Kurfürstenstr. 126).

Sophie widmete sich der Malerei und Bildhauerei. Von Beginn an suchte sie eigenständige künstlerische Wege, die sich nicht auf vermeintlich rein „weibliche“ Themen reduzieren ließen. Dennoch hatte sie, gerade im Medium der Skulptur, immer wieder mit Vorurteilen und tradierten Rollenbildern zu kämpfen. Sie musste sich zudem aufgrund der schlechten Ausbildungssituation für Frauen, die keinen Zugang zu den Kunstakademien hatten, eigene Wege und Lebenslinien erarbeiten.

1904 ging Sophie als 33-jährige nach Paris, dem damaligen Zentrum der Bildhauerei. Für Frauen, die sich in diesem Bereich behaupten wollten, war die „Académie Julian“ die beliebteste Adresse. Es wurden dort spezielle „Damen-Klassen” angeboten, die allerdings so zum Trend wurden, dass man sie bald als „nicht ausreichend qualitätsbewusst“ nach akademischen Kriterien einstufte. Vielleicht war das der Grund, warum sich Sophie für die „Académie Colarossi“ entschied, eine Schule, die für ihre künstlerische Ernsthaftigkeit und Strenge bekannt war.

Fast zehn Jahre lebte, studierte und arbeitete Sophie in Paris. Mit der Freundin Käthe Kollwitz besuchte sie August Rodin in seinen Ateliers in Paris und in Meudon. Er war damals der einflussreichste Vertreter der modernen Skulptur.

Bis heute sind die Schilderungen und Einschätzungen über Sophie Wolff, die Käthe Kollwitz in ihren Tagebüchern hinterlassen hat, eine wichtige kunsthistorische Quelle. Kollwitz äußerte sich darin voller Bewunderung über ihre vier Jahre jüngere Kollegin.

„Sie arbeitet gut, klug, sehr überlegt und doch mit Passion. – Sie hat wirklich ein starkes künstlerisches Gefühl und ihre Klugheit hilft ihr nur den richtigen Weg zu finden. Sie geht recht unbeirrt ihren Weg und glaubt an sich. – Solche Arbeiten wie ihre,“ schreibt Kollwitz, „könnt ich nicht machen.“

Als Sophie 1905 und 1906 in Paris ihre Gemälde ausstellte, zeigte sie zeitgleich in Berlin ihre ersten Plastiken.

Ein Berliner Kunstkritiker erwähnte speziell Sophies Skulpturen und bezeichnete sie als „originell.” Ein Kompliment zu einer Zeit, als die Werke der Bildhauerinnen, die in das von Männern dominierte Feld vorstießen, oft als mittelmäßig, fantasielos und unwesentlich abgewertet wurden.

Kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs kehrte Sophie, die mittlerweile ganz auf Bildhauerei umgesattelt hatte, nach Berlin zurück und nahm mit ihren Skulpturen an der juryfreien Kunstschau und an den Ausstellungen der Sezessionsbewegung teil. Sie selbst war Mitglied der „Berliner Sezession“, einer Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern, die sich vom konservativen „Verein der Berliner Künstler“ abwandte, um neue, unkonventionellere Wege für die Kunst zu finden. Max Liebermann war ihr erster Präsident, die Galerie Cassirer war der zentrale Ausstellungsort dafür.

Von 1929 bis 1934 war Sophie außerdem Mitglied im „Verein der Berliner Künstlerinnen“, dem „Deutschen Lyceum-Club“ und dem „Frauenkunstverband“.

Aus der Reichskammer der Bildenden Künste wurde sie nach 1933 als „Halbjüdin” ausgeschlossen. Die deutschen Jüdinnen und Juden mussten den Ausschluss aus beruflichen Verbänden erleben oder in die unfreiwillige Emigration gehen.

Sophie hatte eine Plastik für den Berliner Richter Hans Hamburger geschaffen. Es war besonders berührend für die Verfasserin, von Hamburgers Enkelin eine Nachricht aus Sao Paulo zu erhalten, nachdem sie 2018 eine Ausstellung im Georg Kolbe Museum in Berlin besucht hatte, in der Sophie als eine der bahnbrechenden Berliner Bildhauerinnen erwähnt wurde. Im September 1936 war die Familie Hamburger aus Berlin nach Brasilien emigriert. Sophies schwere Bronzeplastik – sie wog fast 5 kg – war mit im Gepäck. Ein Stück Berliner Kunstgeschichte wurde somit nach Sao Paolo mitverpflanzt.

Während ihre eigene Welt in Berlin immer enger und erdrückender wurde, nahm Sophie Wolff 1936 wieder Kontakt mit einem Pariser Kollegen auf. Sie schrieb an Aristide Maillol und bat ihn um seine fachmännische Meinung, nachdem sie ihm eine Fotografie ihres „Geigenspielers” zugeschickt hatte. Maillol antwortete aus Marly-Le-Roi 1937: „Ich habe ihren einzigartigen Geigenspieler erhalten.” (J’ai bien reçue la photo de votre curieux violinist) …. und fügte hinzu, dass er selbst als Franzose in seinen Werken immer nach der Harmonie strebe. („Un français cherche l’harmonie.") Maillol sah in Sophies Kunst, was er bereits in vielen deutschen Museen beobachtet hatte: einen Hang der deutschen Künstlerinnen und Künstler zu einer „heftigen Expressivität". Am Ende des Briefes ermunterte Maillol sie dazu „mit Mut weiterzuarbeiten” und endete mit den Worten: „Ich habe Sie deutlich im Gedächtnis und erinnere mich gerne an unser Zusammenkommen.”

Für die längste Zeit des Nationalsozialismus verliert sich Sophies Spur. 1943 wurde sie in die heute als „Nervenanstalt Wittenau“ bekannte Klinik eingeliefert. Mit der Ambulanz aus dem Klinikum Berlin-Buch kommend, glaubte man, ihr in Wittenau die für sie notwendige Pflege geben zu können. Inmitten der Kriegsjahre waren die dortigen Umstände allerdings in den Worten von Dr. Thomas Beddies „apokalyptisch“. Die Klinik Wittenau musste fast dreimal so viel Patienten, wie eigentlich vorgesehen, versorgen.

Sophies Tod an ihrem 73. Geburtstag, am 22. Februar 1944, gab der Vermutung Anlass, dass sie dem Euthanasieprogramm der Nazis zum Opfer gefallen war. Die Frage drängt sich auf: Wer hätte versucht, eine alleinstehende und laut der ärztlichen Dokumente geistig verwirrte „Halbjüdin“ 1944 in Deutschland am Leben zu erhalten?

Zusammen mit Christina Härtel und Dr. Thomas Beddies studierte die Verfasserin Sophies Krankenakte, die erstaunlicherweise im Keller von Wittenau den Krieg überstanden hatte. Auf Grund der Wortwahl in ihrer Akte stellten wir fest, dass Sophie in Wittenau wahrscheinlich eines natürlichen Todes starb.

Sophies jüngste Schwester Dora sorgte dafür, dass sie in Stahnsdorf begraben wurde. Der Friedhof galt damals als eine Art Père Lachaise in Berlin: es konnten dort die Anhänger aller Konfessionen beigelegt werden. Sophies Grab ist Stand heute (2022) nicht mehr auffindbar.