Pauline Frommholz née Vodt

Location 
Kreuzbergstr. 72
District
Kreuzberg
Born
30 May 1874 in
Murdered
03 December 1943 in Meseritz-Obrawalde

Pauline Frommholz wurde am 30. Mai 1874 in der Kreuzbergstraße als Pauline Vogt, zweites Kind von vier Geschwistern, geboren und hat in dieser Gegend ihr ganzes Leben verbracht. Im Jahr 1900 heiratete sie August Frommholz, der bei der Schultheiß-Brauerei am Kreuzberg beschäftigt war.<br />
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Pauline Frommholz wurde im Rahmen der Euthanasieverbrechen Opfer des Nazi-Regimes. Einen Einblick in ihr Schicksal erhielten wir durch ihre Krankenakte, die wir im Archiv der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik einsehen durften.<br />
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Am 11. Oktober 1943 wurde sie im Alter von 69 Jahren von der Polizei in die Wittenauer Klinik gebracht, wo sie mit der Diagnose „gemeingefährlich geisteskrank“ aufgenommen wurde. Vor ihrer Erkrankung sei sie immer kerngesund gewesen. Noch ein halbes Jahr vor ihrer Einweisung hat sie als Hausangestellte, als Näherin, zum Familienunterhalt beigetragen.<br />
<br />
Was konnte im fünften Kriegsjahr „allgemeingefährlich“ alles bedeuten? In der Akte wird hervorgehoben, dass die alte Dame den Verdunkelungsvorschriften nicht in der geforderten Weise nachkam, was generell als Gefahr für die Allgemeinheit eingestuft wurde; aus weiteren Krankenakten können wir schließen, dass allein dieser Tatbestand schon ausreichen konnte, um einen Menschen in eine Nervenanstalt zu bringen.<br />
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Im Fall der älteren Dame, Frau Frommholz, belegen verschiedene Akteneintragungen, dass sie tatsächlich psychisch krank war. Leider wurde sie nicht ihrer Hilfsbedürftigkeit entsprechend behandelt:<br />
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Solange sie noch „Hanf zupfen“ konnte, d.h. die übliche monotone Arbeit, die die Patienten zu verrichten hatten, wurde sie noch vor der „Verlegung“ in eine der Todesanstalten für behinderte Menschen verschont. Aber auch in dieser Zeit muss es Frau Frommholz sehr schlecht ergangen sein. Aus den täglichen Eintragungen des Pflegepersonals erfahren wir, dass sie immer wieder nach ihrem Zuhause verlangte und sehr gelitten hat. Sicher hat sie auch nach ihrem Mann August verlangt. Aus der Akte erfahren wir nichts von Krankenbesuchen. Sicher war ihr Mann auch alt und vielleicht auch gebrechlich und konnte ihr die Hilfe, die sie gebraucht hätte, deswegen nicht geben. Kinder hatten sie keine. Für die ältere Generation waren die harten Kriegszeiten mit allen Entbehrungen und Sorgen um die Angehörigen, die Ängste aufgrund der politischen Situation und der unmittelbaren Lebensbedrohung durch den Krieg, die Verunsicherung und wirtschaftliche Not besonders schwer. Anscheinend war auch Pauline Frommholz von der allgemeinen Situation überfordert; es wird berichtet, dass sie sich besonders auffallend rot geschminkt habe und auf Nachfragen erklärt habe: „rot ist besser als tot“.<br />
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Einen Monat nach ihrer Einweisung in die „Heilstätte“ wurde ihr Todesurteil gefällt: Verlegung nach Obrawalde am 12. November 1943. Pauline Frommholz starb drei Wochen nach ihrer „Verlegung“, am 3. Dezember 1943. Als Todesursache wird Altersschwäche angegeben.

Pauline Frommholz wurde am 30. Mai 1874 in der Kreuzbergstraße als Pauline Vogt, zweites Kind von vier Geschwistern, geboren und hat in dieser Gegend ihr ganzes Leben verbracht. Im Jahr 1900 heiratete sie August Frommholz, der bei der Schultheiß-Brauerei am Kreuzberg beschäftigt war.

Pauline Frommholz wurde im Rahmen der Euthanasieverbrechen Opfer des Nazi-Regimes. Einen Einblick in ihr Schicksal erhielten wir durch ihre Krankenakte, die wir im Archiv der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik einsehen durften.

Am 11. Oktober 1943 wurde sie im Alter von 69 Jahren von der Polizei in die Wittenauer Klinik gebracht, wo sie mit der Diagnose „gemeingefährlich geisteskrank“ aufgenommen wurde. Vor ihrer Erkrankung sei sie immer kerngesund gewesen. Noch ein halbes Jahr vor ihrer Einweisung hat sie als Hausangestellte, als Näherin, zum Familienunterhalt beigetragen.

Was konnte im fünften Kriegsjahr „allgemeingefährlich“ alles bedeuten? In der Akte wird hervorgehoben, dass die alte Dame den Verdunkelungsvorschriften nicht in der geforderten Weise nachkam, was generell als Gefahr für die Allgemeinheit eingestuft wurde; aus weiteren Krankenakten können wir schließen, dass allein dieser Tatbestand schon ausreichen konnte, um einen Menschen in eine Nervenanstalt zu bringen.

Im Fall der älteren Dame, Frau Frommholz, belegen verschiedene Akteneintragungen, dass sie tatsächlich psychisch krank war. Leider wurde sie nicht ihrer Hilfsbedürftigkeit entsprechend behandelt:

Solange sie noch „Hanf zupfen“ konnte, d.h. die übliche monotone Arbeit, die die Patienten zu verrichten hatten, wurde sie noch vor der „Verlegung“ in eine der Todesanstalten für behinderte Menschen verschont. Aber auch in dieser Zeit muss es Frau Frommholz sehr schlecht ergangen sein. Aus den täglichen Eintragungen des Pflegepersonals erfahren wir, dass sie immer wieder nach ihrem Zuhause verlangte und sehr gelitten hat. Sicher hat sie auch nach ihrem Mann August verlangt. Aus der Akte erfahren wir nichts von Krankenbesuchen. Sicher war ihr Mann auch alt und vielleicht auch gebrechlich und konnte ihr die Hilfe, die sie gebraucht hätte, deswegen nicht geben. Kinder hatten sie keine. Für die ältere Generation waren die harten Kriegszeiten mit allen Entbehrungen und Sorgen um die Angehörigen, die Ängste aufgrund der politischen Situation und der unmittelbaren Lebensbedrohung durch den Krieg, die Verunsicherung und wirtschaftliche Not besonders schwer. Anscheinend war auch Pauline Frommholz von der allgemeinen Situation überfordert; es wird berichtet, dass sie sich besonders auffallend rot geschminkt habe und auf Nachfragen erklärt habe: „rot ist besser als tot“.

Einen Monat nach ihrer Einweisung in die „Heilstätte“ wurde ihr Todesurteil gefällt: Verlegung nach Obrawalde am 12. November 1943. Pauline Frommholz starb drei Wochen nach ihrer „Verlegung“, am 3. Dezember 1943. Als Todesursache wird Altersschwäche angegeben.