Richard Jacobson

Location 
Lindenstr. 83
Historical name
Lindenstr. 84
District
Kreuzberg
Stone was laid
18 July 2007
Born
17 July 1874 in Crivitz (Mecklenburg)
Deportation
on 03 August 1942 to Theresienstadt
Dead
01 March 1943 in Theresienstadt

Richard Jacobson wurde am 17. Juli 1874 in der mecklenburgischen Landstadt Crivitz, die etwa 20 Kilometer östlich von Schwerin liegt, geboren. Sein Vater, der Kaufmann Eduard Jacobson, war 1834 als Sohn von Levi Jacobson und Henriette Jacobson, geborene Labreich, ebenfalls in Crivitz zur Welt gekommen. Er hatte eine kaufmännische Laufbahn eingeschlagen und 1870 das von seinem Vater gegründete Kaufhaus in der Parchimer Straße in der Crivitzer Innenstadt übernommen. Im selben Jahr heiratete er Richards Mutter Pauline Adler, die als Tochter von Adolph Adler und Henriette Adler, geborene Hirsch, aus der benachbarten Kreisstadt Parchim stammte. Die Familie Jacobson gehörte zur Mittelschicht von Crivitz und zu ihrer relativ kleinen Jüdischen Gemeinde, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Richard etwa 80 der rund 3200 Einwohner zählten.

Richard wuchs im Kreis von mehreren Geschwistern auf: Seine älteren Brüder Louis und Martin waren 1871 und 1872 geboren worden, seine jüngere Schwester Ella kam im Jahr 1876 zur Welt und 1878 folgten die Zwillinge Alfred und Henni. Richards Mutter Pauline starb im Februar 1879 mit 32 Jahren– Richard war zu diesem Zeitpunkt erst vier Jahre alt. Sein Vater heiratete 1884 in zweiter Ehe Bertha Seelig; 1885 und 1887 wurden Richards Halbbrüder Paul und Franz geboren. Über die Kindheit und Jugend von Richard und seinen Geschwistern haben sich sonst keine Informationen erhalten. Nach seinem Schulabschluss orientierte sich Richard wie sein Vater und seine Brüder in den Bereich kaufmännischer Tätigkeit. Sein jüngerer Brüder Alfred übernahm 1903 das Geschäft in der Parchimer Straße.

Richard Jacobson zog um die Jahrhundertwende nach Berlin. In den Adressbüchern der Stadt wurde er erstmals in der Ausgabe von 1906 geführt – mit einer Wohnung sowie einem „Import und Export“-Geschäft in der Charlottenstraße 32a in Mitte. 1908/1909 zog er in die Schellingstraße 2 im Tiergarten und sein Geschäft firmierte jetzt unter der Bezeichnung Landesprodukte. Im Jahr 1911 heiratete Richard Jacobson die 1888 geborene Berlinerin Margarete Lewinski. Sie war die Tochter des Kaufmanns Adolf Lewinski und der Betty Lewinski, geborene Aronheim. Als Trauzeige reiste sein 76-jähriger Vater Eduard aus Crivitz nach Berlin. Das Brautpaar nahm sich nach der Trauung eine gemeinsame Wohnung in der Genthiner Straße 5 und zog 1915 in die Schlüterstraße 40 in Charlottenburg.

Es haben sich keine Zeugnisse zu Richard Jacobson in der Zeit des Ersten Weltkriegs erhalten. Sein jüngerer Bruder Alfred fiel als Soldat bei der Schlacht von Courcelette an der Somme am 12. März 1918. Dessen Ehefrau Ida, geborene Loewi, übernahm die Leitung des Kaufhauses der Familie in Crivitz und heiratete 1920 den aus Krakow stammenden Kaufmann Hugo Loewenstein.

In Berlin wurde die Ehe zwischen Richard und Margarete Jacobson nach dem Ende des Ersten Weltkriegs am 4. Januar 1921 geschieden. Richard sollte sich nicht wiederverheiraten und blieb kinderlos. Aus der Ehe seiner Schwester Ella mit dem Eberswalder Sägewerkbesitzer Siegfried Lipschütz waren drei Kinder hervorgegangen, die 1902, 1904 und 1906 in Prenzlau geborenen Fritz, Heinz und Paula. Aus der Ehe seines verstorbenen Bruders Alfred stammten die 1905, 1906 und 1909 geborenen Heinrich, Otto und Ulrich Jacobson. Um die Mitte der 1920er-Jahre herum zog Richard Jacobson in die Lindenstraße 84 in Berlin-Kreuzberg. Im März 1927 verstarb sein Vater Eduard mit 92 Jahren in Crivitz. Leider haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten, die einen Einblick in das Leben von Richard Jacobson im Berliner der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Richard Jacobson und seine Verwandten. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Möglicherweise versuchte Richard bereits kurz nach 1933 das Land zu verlassen. Sein Name erscheint auf der Passagierliste der Yacht „Moana“, die im Mai 1934 von Kuba aus mit dem Ziel des New Yorker Hafens in See stach und am 25. Mai 1934 Oyster Bay erreichte. Offenbar kehrte Richard Jacobson aber nach Deutschland zurück, wo er zunehmend in die Position der Rechtlosigkeit gedrängt wurde. Spätestens nach den Pogromen im Mai und November 1938 nahm das Leben für Richard in Berlin den Charakter eines täglichen Existenzkampfes an. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnte er sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 teilte die Gestapo der Jüdischen Gemeinde Berlins mit, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Richard Jacobson erhielt den Deportationsbescheid im Sommer 1942. Er musste seine letzte Berliner Wohnung in der Lindenstraße 84 räumen und wurde in einem der Berliner Sammellager interniert. Von dort aus wurde der 68-Jährige mit dem „35. Alterstransport“ am 3. August 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Richard Jacobson überlebte die unmenschlichen Bedingungen im Ghetto bis zum 1. März 1943, bevor er in Theresienstadt ermordet wurde – entweder durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung mittels planvoller Mangelernährung, versagter Medikamente, Kälte und körperlichen Misshandlungen. Kaum verlässlich ist die auf seinem Totenschein angegebene Todesursache „Lungenentzündung“, da die NS-Ärzte die tatsächlichen Todesursachen mit kaschierenden Sammelbegriffen verschleierten.

Von seinen Verwandten überlebten seine Neffen Heinrich, Otto und Ulrich Jacobson sowie die Kinder seiner Schwester Ella Lipschütz, Paula, Fritz und Heinz, die NS-Verfolgung im Exil. Ella Lipschütz selbst wurde im August 1942 aus Berlin nach Theresienstadt deportiert und dort am 24. Januar 1943 ermordet. Ihr Ehemann Siegfried Lipschütz war 1936 in Eberswalde verstorben. Richards Bruder Louis konnte sich mit seiner Ehefrau Bianca, geborene Jablonski, in das britische Mandatsgebiet Palästina retten; genauso wie sein Bruder Martin, der später mit seiner Frau Marta, geborene Joseph, in den USA lebte. Ida Loewenstein, verwitwete Jacobson, war mit ihrem Ehemann Hugo am 8. November 1941 in das Ghetto Minsk deportiert und ermordet worden. Richards geschiedene Ehefrau Margarete wurde mit ihrem zweiten Ehemann Sally Hirschberg und ihrem Sohn Hans Ludwig am 9. Dezember 1942 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet. Richards Halbbruder Franz Jacobson überlebte die NS-Verfolgung im Exil in den USA. Das Schicksal von Henni Jacobson und Paul Jacobson ist ungeklärt.

Richard Jacobson wurde am 17. Juli 1874 in der mecklenburgischen Landstadt Crivitz, die etwa 20 Kilometer östlich von Schwerin liegt, geboren. Sein Vater, der Kaufmann Eduard Jacobson, war 1834 als Sohn von Levi Jacobson und Henriette Jacobson, geborene Labreich, ebenfalls in Crivitz zur Welt gekommen. Er hatte eine kaufmännische Laufbahn eingeschlagen und 1870 das von seinem Vater gegründete Kaufhaus in der Parchimer Straße in der Crivitzer Innenstadt übernommen. Im selben Jahr heiratete er Richards Mutter Pauline Adler, die als Tochter von Adolph Adler und Henriette Adler, geborene Hirsch, aus der benachbarten Kreisstadt Parchim stammte. Die Familie Jacobson gehörte zur Mittelschicht von Crivitz und zu ihrer relativ kleinen Jüdischen Gemeinde, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Richard etwa 80 der rund 3200 Einwohner zählten.

Richard wuchs im Kreis von mehreren Geschwistern auf: Seine älteren Brüder Louis und Martin waren 1871 und 1872 geboren worden, seine jüngere Schwester Ella kam im Jahr 1876 zur Welt und 1878 folgten die Zwillinge Alfred und Henni. Richards Mutter Pauline starb im Februar 1879 mit 32 Jahren– Richard war zu diesem Zeitpunkt erst vier Jahre alt. Sein Vater heiratete 1884 in zweiter Ehe Bertha Seelig; 1885 und 1887 wurden Richards Halbbrüder Paul und Franz geboren. Über die Kindheit und Jugend von Richard und seinen Geschwistern haben sich sonst keine Informationen erhalten. Nach seinem Schulabschluss orientierte sich Richard wie sein Vater und seine Brüder in den Bereich kaufmännischer Tätigkeit. Sein jüngerer Brüder Alfred übernahm 1903 das Geschäft in der Parchimer Straße.

Richard Jacobson zog um die Jahrhundertwende nach Berlin. In den Adressbüchern der Stadt wurde er erstmals in der Ausgabe von 1906 geführt – mit einer Wohnung sowie einem „Import und Export“-Geschäft in der Charlottenstraße 32a in Mitte. 1908/1909 zog er in die Schellingstraße 2 im Tiergarten und sein Geschäft firmierte jetzt unter der Bezeichnung Landesprodukte. Im Jahr 1911 heiratete Richard Jacobson die 1888 geborene Berlinerin Margarete Lewinski. Sie war die Tochter des Kaufmanns Adolf Lewinski und der Betty Lewinski, geborene Aronheim. Als Trauzeige reiste sein 76-jähriger Vater Eduard aus Crivitz nach Berlin. Das Brautpaar nahm sich nach der Trauung eine gemeinsame Wohnung in der Genthiner Straße 5 und zog 1915 in die Schlüterstraße 40 in Charlottenburg.

Es haben sich keine Zeugnisse zu Richard Jacobson in der Zeit des Ersten Weltkriegs erhalten. Sein jüngerer Bruder Alfred fiel als Soldat bei der Schlacht von Courcelette an der Somme am 12. März 1918. Dessen Ehefrau Ida, geborene Loewi, übernahm die Leitung des Kaufhauses der Familie in Crivitz und heiratete 1920 den aus Krakow stammenden Kaufmann Hugo Loewenstein.

In Berlin wurde die Ehe zwischen Richard und Margarete Jacobson nach dem Ende des Ersten Weltkriegs am 4. Januar 1921 geschieden. Richard sollte sich nicht wiederverheiraten und blieb kinderlos. Aus der Ehe seiner Schwester Ella mit dem Eberswalder Sägewerkbesitzer Siegfried Lipschütz waren drei Kinder hervorgegangen, die 1902, 1904 und 1906 in Prenzlau geborenen Fritz, Heinz und Paula. Aus der Ehe seines verstorbenen Bruders Alfred stammten die 1905, 1906 und 1909 geborenen Heinrich, Otto und Ulrich Jacobson. Um die Mitte der 1920er-Jahre herum zog Richard Jacobson in die Lindenstraße 84 in Berlin-Kreuzberg. Im März 1927 verstarb sein Vater Eduard mit 92 Jahren in Crivitz. Leider haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten, die einen Einblick in das Leben von Richard Jacobson im Berliner der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Richard Jacobson und seine Verwandten. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Möglicherweise versuchte Richard bereits kurz nach 1933 das Land zu verlassen. Sein Name erscheint auf der Passagierliste der Yacht „Moana“, die im Mai 1934 von Kuba aus mit dem Ziel des New Yorker Hafens in See stach und am 25. Mai 1934 Oyster Bay erreichte. Offenbar kehrte Richard Jacobson aber nach Deutschland zurück, wo er zunehmend in die Position der Rechtlosigkeit gedrängt wurde. Spätestens nach den Pogromen im Juni und November 1938 nahm das Leben für Richard in Berlin den Charakter eines täglichen Existenzkampfes an. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnte er sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 teilte die Gestapo der Jüdischen Gemeinde Berlins mit, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Richard Jacobson erhielt den Deportationsbescheid im Sommer 1942. Er musste seine letzte Berliner Wohnung in der Lindenstraße 84 räumen und wurde in einem der Berliner Sammellager interniert. Von dort aus wurde der 68-Jährige mit dem „35. Alterstransport“ am 3. August 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Richard Jacobson überlebte die unmenschlichen Bedingungen im Ghetto bis zum 1. März 1943, bevor er in Theresienstadt ermordet wurde – entweder durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung mittels planvoller Mangelernährung, versagter Medikamente, Kälte und körperlichen Misshandlungen. Kaum verlässlich ist die auf seinem Totenschein angegebene Todesursache „Lungenentzündung“, da die NS-Ärzte die tatsächlichen Todesursachen mit kaschierenden Sammelbegriffen verschleierten.

Von seinen Verwandten überlebten seine Neffen Heinrich, Otto und Ulrich Jacobson sowie die Kinder seiner Schwester Ella Lipschütz, Paula, Fritz und Heinz, die NS-Verfolgung im Exil. Ella Lipschütz selbst wurde im August 1942 aus Berlin nach Theresienstadt deportiert und dort am 24. Januar 1943 ermordet. Ihr Ehemann Siegfried Lipschütz war 1936 in Eberswalde verstorben. Richards Bruder Louis konnte sich mit seiner Ehefrau Bianca, geborene Jablonski, in das britische Mandatsgebiet Palästina retten; genauso wie sein Bruder Martin, der später mit seiner Frau Marta, geborene Joseph, in den USA lebte. Ida Loewenstein, verwitwete Jacobson, war mit ihrem Ehemann Hugo am 8. November 1941 in das Ghetto Minsk deportiert und ermordet worden. Richards geschiedene Ehefrau Margarete wurde mit ihrem zweiten Ehemann Sally Hirschberg und ihrem Sohn Hans Ludwig am 9. Dezember 1942 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet. Richards Halbbruder Franz Jacobson überlebte die NS-Verfolgung im Exil in den USA. Das Schicksal von Henni Jacobson und Paul Jacobson ist ungeklärt.