Die am 26. März 1873 in Hersfeld/Hessen geborene, immer ledig gebliebene Ida Katzenstein war die älteste Tochter des Ehepaares Joseph Julius und Julie Katzenstein. Joseph Katzenstein war Kaufmann und stammte ebenso wie seine Frau Julie, geb. Glück aus dem Raum des heutigen Bad Hersfeld. Leider ist nicht bekannt, in welcher Branche Joseph tätig war, vermutlich wäre das der Schlüssel für den häufigen Wohnortwechsel der Katzensteins.
Idas Mutter brachte insgesamt 11 Kinder zur Welt, von denen drei in sehr jungen Jahren starben. Nach Ida kamen Anna, Klara und Karl in Hersfeld zur Welt. Das Baby Karl war wenige Monate alt als die Familie 1877 nach Erfurt zog, der Junge starb dort im Dezember desselben Jahres.
In Erfurt wurden Paul, Otto, Fritz, Toni, Franz, Emil und Willy in sehr kurzen Abständen geboren. Fritz starb im Alter von einem Jahr, Emil mit sieben Jahren. Zwischenzeitlich wohnte die Familie in Kassel, danach in Osnabrück, wo die Eltern Katzenstein verstarben. In Osnabrück trennten sich die Wege der acht Geschwister.
Otto, Paul und Willy zogen nach Hannover, Ida, Anna, Klara, Toni und Franz nach Berlin. Klara, von Beruf Buchhalterin, hatte 1909 den Berliner Kaufmann und Großhändler für Futterstoffe Louis Ruben geheiratet, sie starb 1918; Louis Ruben heiratete dann 1920 Klaras Schwester Toni. Sie bekamen 1922 einen Sohn, den sie Rudolf nannten. Die Familie Ruben wohnte bis zu Tonis Tod infolge eines Schlaganfalls im Jahr 1938 in Charlottenburg in der Joachim – Friedrich – Straße 20. Franz zog nach Wilmersdorf in die Spichernstraße 19 und die ebenfalls ledig gebliebene Anna, die lt. Adressbuch von Beruf Strickerin war, lebte in der Schöneberger Goebenstraße 11.
Allein Ida zog es in den Berliner Außenbezirk Oberschöneweide. Ihre Adresse ist erstmalig 1920 unter Wilhelmshofstraße 27/28 zu finden. Ida übte den Beruf einer Putzmacherin aus. Vermutlich betrieb sie ihr eigenes Geschäft im Erdgeschoss desselben Hauses. Ab 1934 wohnte sie einige Straßenzüge entfernt in der Siemensstraße 28. Auch dort war sie noch mit der Berufsbezeichnung Putzmacherin verzeichnet. Ab 1939 lebte Ida in einer spärlich möblierten 2-Zimmerwohnung im 1. Stock des Gartenhauses Trautenaustraße 20. Die Wohnung in dem überwiegend von jüdischen Mietern bewohnten Haus verfügte über Zentralheizung, Warmwasser, WC, Küche und Kellerraum. Ida wurden alsbald Untermieter zugewiesen, sodass es in den beiden Räumen eng wurde. Bei den Untermietern handelte sich um das Ehepaar Ben und Bella Spanier, die aus ihrer Wohnung in der Prager Straße 14 vertrieben worden waren. Sie bewohnten eines der beiden Zimmer, für das sie 60 RM Miete zahlen mussten.
Als Ida am 4. August 1942 wenige Tage vor ihrer Deportation die obligatorische Vermögenserklärung unterschrieb, gab sie an, ein Barvermögen von 20 RM, 50 RM auf einem Konto bei der Deutschen Bank und 2 Aktien der Hackethal Draht- und Kabelwerke im Wert von 200 RM besessen zu haben. An Mobiliar wurden die von ihr aufgeführten 2 Wäscheschränke, 2 Korbstühle, 1 Spiegel, 1 Tisch, 1 Schrank und 1 Nachttisch auf einen Wert von 60 RM taxiert, beschlagnahmt und zugunsten des Deutschen Reiches verkauft. Der Beamte der Reichsfinanzverwaltung fügte auf der Bewertungsliste die Bemerkung hinzu: „Verkauf erfolglos wegen Geringfügigkeit an Ort und Stelle.“ Allerdings zahlte einen Tag später ein Händler Brandes doch die veranschlagten 60 RM für Idas Möbel.
Als Ida am 11. August die Urkunde zur Einziehung ihres Vermögens zugestellt wurde, saß sie schon mit ihren Nachbarinnen Elise Hiller und Agathe Lippmann in dem ehemaligen jüdischen Altersheim in der Großen Hamburger Straße 26. Von dort wurden die 3 Frauen zusammen mit 97 anderen Jüdinnen und Juden in das sogenannte Altersghetto Theresienstadt verschleppt. Am 14. Mai 1943 starb die 70- jährige Ida Katzenstein infolge der lebensfeindlichen Bedingungen des Ghettos wie Hunger, Seuchen, überfüllte Unterkünfte, Ungeziefer und fehlende medizinische Versorgung. Ihr Leichnam wurde noch am Todestag im Krematorium eingeäschert.
Das Schicksal der Geschwister Ida Katzensteins ist im angefügten PDF Dokument dargestellt.
Für Louis und Erna Ruben wurden 2010 und 2021 vor dem Haus Joachim – Friedrich – Straße 20 Stolpersteine verlegt.