Joachim Hugo Tworoger

Location 
Zehdenicker Str. 2
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
05 December 2017
Born
19 August 1922 in Berlin
Verhaftet
1940 in Arbeitslager Wuhlheide
Verhaftet
28 February 1945 to March 1945 in Gefängnis Moabit
Survived

Joachim Hugo Tworoger, geboren am 19.August 1922 in Berlin

Joachim Hugo Tworoger war das zweite gemeinsame Kind von Salo Tworoger, einem Juden aus Wieszowa, Schlesien, und seiner evangelischen Ehefrau Erna, geborene Scherbart. Er wurde nach dem Willen der Mutter evangelisch getauft. Salo Tworoger starb kurz nach der ehemals zynisch „Reichskristall-nacht“ genannten Pogromnacht im November 1938 an einem Herzschlag. Die Familie führt dies auf die Bedrohung durch die Nazis und die damit verbundene existenzielle Not zurück.

Für seine Mutter verschärfte sich die Lage, auch in finanzieller Hinsicht. Sie war nun allein mit ihm (er war zu der Zeit 16 Jahre alt) und seinem älteren Bruder Lothar Kurt (damals 18 Jahre). Lothar konnte noch eine Elektrikerlehre abschließen, durfte aber -als Halbjude- nicht in seinem Beruf arbeiten.

Joachim Hugo schrieb nach dem Krieg: „Mein Vater lebte mit seiner Familie in kümmerlichen Verhältnissen. Als das Hitler-Regime begann und damit die Aufwiegelung des Volkes gegen die Juden, begann für uns eine schwere Zeit. Denn wir sind Mischlinge I. Grades, ich und mein Bruder. Mein Vater ist Jude, meine Mutter Deutsche, wir beiden Kinder sind christlich getauft. In der Schule hab ich viele Pöbeleien von Seiten der Schüler und Lehrer erdulden müssen. Wenn ich auch evangelisch bin, so haben wir, ich und mein Bruder, nur Schikane und Bespitzelung und Denunziation kennengelernt. Wir hatten auch dann, als der jüdische Elternteil tot war, keine Ruhe.

Man schikanierte uns, indem man uns Dienstverpflichtungen in Rüstungsbetrieben gab, die unserem Wesen widersprachen. Bei irgendeiner Kleinigkeit drohte man mir und meinem Bruder mit der Gestapo. Gehässige nazistisch eingestellte Menschen haben uns dann wiederholte Male angezeigt. Daraufhin wurden wir wiederholte Male von der Gestapo verhaftet und in das bekannte Arbeitslager Wuhlheide ...  gesteckt.“

Die Brüder fühlten sich nicht jüdisch und deshalb zutiefst ungerecht behandelt. Lothar wollte ein normales Leben führen und verliebte sich in eine „Arierin“. Aber wegen „wiederholter Arbeitsverweigerung“ sowie „Arbeitsuntreue“ wurde er am 14.10.1944 in Schutzhaft genommen. In der Schutzhaftkartei war er als „mosaischer Mischling I. Grades“ geführt. Zwei Tage vor Weihnachten 1944 wurde er ins KZ Weimar-Buchenwald eingewiesen. Auf seiner Häftlings-Personal-Karte wird er als Häftling No.: 75.323 und mit dem roten Winkel der „Politischen“ geführt.

Lothar Kurt Tworoger wurde nur 24 Jahre alt. Schon nach knapp drei Wochen richtete man aus dem KZ Buchenwald an seine Mutter ein scheinbar sachliches Beileidsschreiben, das aber an Zynismus kaum zu überbieten war, da es aus einem KZ kam:

„Sehr geehrte Frau Tworoger! Am 10.1.1945 verstarb Ihr Sohn Tworoger, Lothar im hiesigen Krankenhaus. Ich spreche Ihnen zu diesem Verlust mein Beileid aus und versichere Ihnen, daß er hier in guter Pflege war. Trotz Anwendung bester Medikamente und ausgezeichneter ärztlicher Hilfe war es nicht möglich, der Krankheit Herr zu werden. Irgendwelche letzten Wünsche hat Ihr Sohn nicht geäußert. SS-Standartenführer“

Die Tworoger-Brüder hassten die Nazis, sollten aber gezwungen werden für sie zu arbeiten. Also leisteten sie Widerstand (wobei schon kleine Verfehlungen als Sabotage gewertet wurden), das kostete Lothar Tworoger letztendlich das Leben.

Auch Joachim Hugo Tworoger wollte lieben dürfen wen er wollte und so verlobte er sich mit einem „arischen“ Mädchen. Dies bezeichnete das Nazi-Regime als „Rassenschande“. Er wurde von Nachbarn denunziert und am 28. Februar 1945 von der Gestapo verhaftet, und überlebte seine Einkerkerung im Gefängnis Moabit nur durch den Einmarsch der Roten Armee.

Joachim Hugo Tworoger verstarb am 17.Januar 2000 in Berlin