Salo Wieruszowski

Verlegeort
Helmstedter Str. 24
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
13. Oktober 2009
Geboren
15. Dezember 1886 in Kempen (Posen) / Kępno
Beruf
Fabrikant
Deportation
am 27. Mai 1942 nach Sachsenhausen
Später deportiert
am 27. Oktober 1942 nach Auschwitz
Ermordet
1942 in Auschwitz

Salo Wieruszowski kam am 15. Dezember 1886 in Kempen in der Provinz Posen (heute Kepno/Polen) als Sohn des Fleischers Simon Wieruszowski (1852–1894) und dessen Ehefrau Friederike, geb. Zwirner (1862–1934) auf die Welt. Er hatte fünf Geschwister, geboren ebenfalls in oder bei Kempen: die älteren Schwestern Bertha (*1883) und Minna (*1885) sowie die jüngeren Geschwister Martha (*1888), Moritz (*1890) und Victor (*1891).

Als sein Vater 1894 starb, war Salo Wieruszowski noch ein Kind. Seine Mutter blieb mit ihm und den anderen Kindern in Kempen. Als junger Erwachsener muss Salo Wieruszowski seine Geburtsstadt verlassen haben, denn zum Zeitpunkt seiner Hochzeit lebte er in Greiffenberg, einer kleinen Stadt in Niederschlesien. Für die Hochzeit reiste er nach Oppeln in Oberschlesien, in die Heimatstadt seiner Braut, wo er am 3. November 1913 die 1885 geborene Tina Kutner heiratete. Sein Schwiegervater Vater Leopold Kutner (1851–1928) besaß in Oppeln einen Mehlhandel, seine Schwiegermutter Fanni (1854–1930) war – wie auch seine eigene Mutter – eine geborene Zwirner aus Boleslawice im Kreis Kempen. So hatte er wohl innerhalb der großen und weit verzweigten Verwandtschaft eine Cousine geheiratet.

In Greiffenberg sollte das Ehepaar noch wohnen, als Sohn Rudi Simon am 4. Juni 1919 geboren wurde. Ihr zweites Kind, der Sohn Ernst, kam am 19. Dezember 1923 in Breslau auf die Welt.

Salo Wieruszowski war anfangs Mitinhaber und dann Alleininhaber der Firma Salomon & Co. Nachf. Die Firma, ursprünglich eine Großhandlung für Kurz-, Weiss- und Wollwaren, fabrizierte nun auch Kopfbedeckungen. Salo Wieruszoski wohnte mit Ehefrau und Kindern viele Jahre in der ersten Etage eines prächtigen (noch immer existierenden) Mietshauses in der Sternstraße 114. – Seine Brüder Moritz und Victor (Viktor) lebten ebenfalls in Breslau. Sie besaßen in der Matthiasstraße einen Sanitärgroßhandel, die Metallwarenhandlung der Gebr. Wieruszowski.

Salo Wieruszowski ging zu Beginn der 1930er-Jahre ohne seine Familie nach Berlin. Seine Firma und er selbst sind zwar noch 1934 im Breslauer Adressbuch zu finden, aber nach dem Bericht seines Sohnes Rudi Wieruszowski war er zu dieser Zeit bereits in der deutschen Hauptstadt und hatte eine Hutfabrik erworben: die Hutfabrik „Grotehenn & Co GmbH, Hutfabrikation und Großhandel für Kopfbedeckungen“ in der Kommandantenstraße 20/21 in Berlin-Kreuzberg – eine große und bekannte Firma mit über 100 Beschäftigten, die auch ins Ausland exportierte.

1933/34 folgten ihm Ehefrau und Kinder nach Berlin, und die Familie zog gleich in die Wohnung in der Helmstedter Straße 24.

Die NS-Diktatur erzwang schon bald das Ende der Hutfabrik: 1939 wurde die Firma liquidiert. (In die Kommandantenstraße 20 zog die Zigarettenfabrik Muratti.) Salo Wieruszowski ist im Berliner Adressbuch 1940 noch ein letztes Mal als Prokurist in der Helmstedter Straße 24 notiert.

Sein älterer Sohn Rudi Simon konnte ins Ausland emigrieren, nannte sich Rudy S. Weir und lebte schließlich in den USA, der jüngere Sohn Ernst blieb bei den Eltern. Salo Wieruszowskis Bruder Viktor, der mit Ehefrau und zwei Kindern noch immer in Breslau lebte, wurde 1938 nach der Reichspogromnacht für kurze Zeit im KZ Buchenwald inhaftiert. 1939 floh er aus Deutschland. Er konnte sich und seine Familie retten und nahm ebenfalls den Namen Weir an.

Salo Wieruszowski wurde am 27. Mai 1942 verhaftet und in das KZ Sachsenhausen geschafft. An diesem Tag wurden in Berlin 404 jüdische Männer aus Rache für einen Brandanschlag auf die antisowjetische und rassistische Ausstellung „Das Sowjetparadies“ durch zwei kommunistische Widerstandsgruppen verhaftet – dass unter den Widerstandskämpfern auch Juden waren, hatte die Nationalsozialisten ganz besonders empört. Am 28. und 29. Mai 1942 erschoss man 154 dieser Geiseln und 96 bereits im Lager inhaftierte Juden. Die anderen Geiseln überlebten zwar den Massenmord dieser beiden Tage, starben aber in der folgenden Zeit:

Salo Wieruszowski wurde im Oktober 1942 aus Sachsenhausen nach Auschwitz transportiert. (Bis zum 22.10.1942 sollten die letzten jüdischen Häftlinge das KZ Sachsenhausen verlassen haben.)

Am 27. Oktober 1942 wurde Salo Wieruszowski in Auschwitz ermordet.

Die Familie wohnte zuletzt in der Knesebeckstraße 70/71. Das Haus war ein sogenanntes Judenhaus, das heißt (nach vorläufigem Verständnis): Es war in jüdischem Besitz gewesen und nach der Enteignung der Besitzer zwangsweise mit jüdischen Mietern belegt worden. Ehefrau Tina Wieruszowski und Sohn Ernst wurden am 3. März 1943 im Rahmen der „Fabrikaktion“ aus der Knesebeckstraße nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Der Bruder Moritz Wieruszowski wurde am 2. April 1943 aus Breslau nach Theresienstadt und von dort am 26. September 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo auch er getötet wurde.

Die drei Schwestern von Salo Wieruszowski hatten geheiratet: Bertha und Minna die beiden Brüder Bruno (1878–1958) und Georg Ehmann (1879–1942), Martha den Kaufmann Siegfried Translateur (1885-1944?). Bertha war bereits 1935 in Berlin gestorben, Minna kam 1943 nach der Deportation und Ermordung ihres Sohnes (1909–1941) und dem Tod des Ehemannes in Theresienstadt um. Allein Martha konnte sich und ihre vier Kinder retten, sie starb 1959 in Kolumbien.