Alfons Neumann

Verlegeort
Jagowstr. 16
Bezirk/Ortsteil
Moabit
Verlegedatum
August 2010
Geboren
18. Dezember 1879 in Berlin
Deportation
am 03. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Alfons (auch Alphons) Neumann wurde am 18. Dezember 1879 in Berlin geboren. Er war der Sohn des Kaufmanns und Fabrikanten Martin Michaelis Neumann (1850–1918) und dessen Frau Emilie, geb. Jablonsky (1852–1913). Seine Eltern stammten aus der Stadt Grätz (dem heutigen Grodzisk Wielkopolski) südwestlich von Posen (Poznań) und hatten im Dezember 1875 in Berlin geheiratet. Alfons hatte zwei jüngere Geschwister: Seine Schwester Else wurde 1885 geboren, sein Bruder Georg im Jahr 1886. Zum Zeitpunkt der Geburt von Alfons lebte die Familie in einer Wohnung in der Alexanderstraße 52 (heute überbaut) in Mitte nahe dem Alexanderplatz. Später wohnten die Eltern, bis zu ihrem Tod in den 1910er-Jahren, in der Rosinenstraße 12c (heutige Loschmidtstraße) in Charlottenburg. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Alfons und seinen Geschwistern haben sich keine weiteren Quellen erhalten. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde Berlins.<br />
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Nach seinem Schulabschluss absolvierte Alfons Neumann eine kaufmännische Ausbildung und war als Kaufmann in Berlin tätig. In den 1920er-Jahren und Anfang der 1930er-Jahre führte er eine Großhandlung für Schmuckwaren, die an der Adresse seines Wohnsitzes in der Stromstraße 67 in Moabit firmierte. In Berlin lernte er die aus Eberswalde stammende Käthe (auch Käthchen) Liepmann kennen und heiratete sie am 23. Dezember 1909. Zu diesem Zeitpunkt lebte er noch in der elterlichen Wohnung in der Charlottenburger Rosinenstraße 12c. Nach der Hochzeit nahmen sich die Eheleute eine gemeinsame Wohnung in der Stromstraße 67. Am 1. Oktober 1910 bekamen sie einen Sohn, dem sie den Namen Gerhard gaben; am 4. Mai 1915 folgte ihre Tochter Irene. Leider haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der ausgehenden Kaiserzeit und der Weimarer Republik geben könnten.<br />
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Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Alfons Neumann und seine Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden und Anfang der 1930er-Jahre hatte die sichtbare Brutalität in Form von Straßenkämpfen, Saalschlachten und SA-Aufmärschen in den Straßen massiv zugenommen. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität; Erlasse und Sondergesetze drängten Alfons Neumann zunehmend in die Position eines Rechtlosen. Am 28. April 1935 verstarb sein Bruder Georg Neumann im Alter von 48 Jahren in Berlin. Im selben Jahr verzogen Alfons und Käthe Neumann aus ihrer langjährigen Wohnung in der Stromstraße in eine neue Wohnung in der Jagowstraße 16 in Moabit und Alfons gab seinen Großhandel für Schmuckwaren auf. In den folgenden Jahren wird er in den Berliner Adressbüchern als Kaufmann und zuletzt 1939 und 1940 als Vertreter geführt. In der Wohnung Jagowstraße lebte zum Zeitpunkt der Volkszählung im Mai 1939 neben dem Ehepaar Neumann und ihren Kindern Gerhard und Irene auch Alfons’ verwitwete Schwester Else Nelken. 1940 heiratete Alfons’ Tochter Irene den gleichaltrigen Theobald Löwenthal und zog mit ihm in die Wilhelm-Stolze-Straße 39 in Friedrichshain. Seit Anfang der 1940er-Jahre musste Sohn Gerhard Zwangsarbeit im AcetA-Werk der IG Farben AG, Berlin-Lichtenberg, leisten. Tochter Irene Löwenthal war Zwangsarbeiterin im Werk der Metall- und Elektrofirma „Ehrich & Graetz“ im Bezirk Treptow. Das Leben war für die Familie zum Existenzkampf geworden: Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.<br />
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Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 hatte die Gestapo die Jüdische Gemeinde Berlin informiert, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Alfons, Käthe und Gerhard Neumann wurden im Zuge der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, Ende Februar 1943 in Berlin verhaftet und im Sammellager in der ehemaligen Synagoge Levetzowstraße 7–8 interniert. Von dort wurden Käthe Neumann und ihr Sohn Gerhard am 2. März 1943 mit dem „32. Osttransport“, Alfons Neumann einen Tag später, am 3. März 1943, mit dem „33. Osttransport“ in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo sie ermordet wurden. Zum Zeitpunkt der Deportation war Alfons 63 Jahre alt, seine Ehefrau 55 Jahre und sein Sohn 32 Jahre alt.<br />
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Alfons’ Tochter Irene Löwenthal war mit ihrem Ehemann Theobald Löwenthal bereits im November 1941 aus ihrer Berliner Wohnung in das Ghetto Riga deportiert und ermordet worden. Seine Schwester Else Nelken hatte sich am 18. November 1941 in Berlin angesichts der drohenden Deportation das Leben genommen. Ihre Kinder Gerda Pauline Nelken, verheiratete Goldmann (*1909) und Henry James Nelken (*1910) konnten sich Ende der 1930er-Jahre ins Exil in dies USA retten.

Alfons (auch Alphons) Neumann wurde am 18. Dezember 1879 in Berlin geboren. Er war der Sohn des Kaufmanns und Fabrikanten Martin Michaelis Neumann (1850–1918) und dessen Frau Emilie, geb. Jablonsky (1852–1913). Seine Eltern stammten aus der Stadt Grätz (dem heutigen Grodzisk Wielkopolski) südwestlich von Posen (Poznań) und hatten im Dezember 1875 in Berlin geheiratet. Alfons hatte zwei jüngere Geschwister: Seine Schwester Else wurde 1885 geboren, sein Bruder Georg im Jahr 1886. Zum Zeitpunkt der Geburt von Alfons lebte die Familie in einer Wohnung in der Alexanderstraße 52 (heute überbaut) in Mitte nahe dem Alexanderplatz. Später wohnten die Eltern, bis zu ihrem Tod in den 1910er-Jahren, in der Rosinenstraße 12c (heutige Loschmidtstraße) in Charlottenburg. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Alfons und seinen Geschwistern haben sich keine weiteren Quellen erhalten. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde Berlins.

Nach seinem Schulabschluss absolvierte Alfons Neumann eine kaufmännische Ausbildung und war als Kaufmann in Berlin tätig. In den 1920er-Jahren und Anfang der 1930er-Jahre führte er eine Großhandlung für Schmuckwaren, die an der Adresse seines Wohnsitzes in der Stromstraße 67 in Moabit firmierte. In Berlin lernte er die aus Eberswalde stammende Käthe (auch Käthchen) Liepmann kennen und heiratete sie am 23. Dezember 1909. Zu diesem Zeitpunkt lebte er noch in der elterlichen Wohnung in der Charlottenburger Rosinenstraße 12c. Nach der Hochzeit nahmen sich die Eheleute eine gemeinsame Wohnung in der Stromstraße 67. Am 1. Oktober 1910 bekamen sie einen Sohn, dem sie den Namen Gerhard gaben; am 4. Mai 1915 folgte ihre Tochter Irene. Leider haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der ausgehenden Kaiserzeit und der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Alfons Neumann und seine Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden und Anfang der 1930er-Jahre hatte die sichtbare Brutalität in Form von Straßenkämpfen, Saalschlachten und SA-Aufmärschen in den Straßen massiv zugenommen. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität; Erlasse und Sondergesetze drängten Alfons Neumann zunehmend in die Position eines Rechtlosen. Am 28. April 1935 verstarb sein Bruder Georg Neumann im Alter von 48 Jahren in Berlin. Im selben Jahr verzogen Alfons und Käthe Neumann aus ihrer langjährigen Wohnung in der Stromstraße in eine neue Wohnung in der Jagowstraße 16 in Moabit und Alfons gab seinen Großhandel für Schmuckwaren auf. In den folgenden Jahren wird er in den Berliner Adressbüchern als Kaufmann und zuletzt 1939 und 1940 als Vertreter geführt. In der Wohnung Jagowstraße lebte zum Zeitpunkt der Volkszählung im Mai 1939 neben dem Ehepaar Neumann und ihren Kindern Gerhard und Irene auch Alfons’ verwitwete Schwester Else Nelken. 1940 heiratete Alfons’ Tochter Irene den gleichaltrigen Theobald Löwenthal und zog mit ihm in die Wilhelm-Stolze-Straße 39 in Friedrichshain. Seit Anfang der 1940er-Jahre musste Sohn Gerhard Zwangsarbeit im AcetA-Werk der IG Farben AG, Berlin-Lichtenberg, leisten. Tochter Irene Löwenthal war Zwangsarbeiterin im Werk der Metall- und Elektrofirma „Ehrich & Graetz“ im Bezirk Treptow. Das Leben war für die Familie zum Existenzkampf geworden: Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 hatte die Gestapo die Jüdische Gemeinde Berlin informiert, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Alfons, Käthe und Gerhard Neumann wurden im Zuge der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, Ende Februar 1943 in Berlin verhaftet und im Sammellager in der ehemaligen Synagoge Levetzowstraße 7–8 interniert. Von dort wurden Käthe Neumann und ihr Sohn Gerhard am 2. März 1943 mit dem „32. Osttransport“, Alfons Neumann einen Tag später, am 3. März 1943, mit dem „33. Osttransport“ in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo sie ermordet wurden. Zum Zeitpunkt der Deportation war Alfons 63 Jahre alt, seine Ehefrau 55 Jahre und sein Sohn 32 Jahre alt.

Alfons’ Tochter Irene Löwenthal war mit ihrem Ehemann Theobald Löwenthal bereits im November 1941 aus ihrer Berliner Wohnung in das Ghetto Riga deportiert und ermordet worden. Seine Schwester Else Nelken hatte sich am 18. November 1941 in Berlin angesichts der drohenden Deportation das Leben genommen. Ihre Kinder Gerda Pauline Nelken, verheiratete Goldmann (*1909) und Henry James Nelken (*1910) konnten sich Ende der 1930er-Jahre ins Exil in dies USA retten.