Käte Neumann geb. Liepmann

Verlegeort
Jagowstr. 16
Bezirk/Ortsteil
Moabit
Verlegedatum
August 2010
Geboren
04. Oktober 1887 in Eberswalde
Deportation
am 02. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Käthe (auch Käthchen) Liepmann wurde am 4. Oktober 1887 in Eberswalde geboren. Sie war die Tochter des Kaufmanns Gustav Liepmann (1858 –1934) und seiner Frau Jenny, geb. Steinert (1863–?). Ihr Vater stammte aus Eberswalde; ihre Mutter war in Hammerstein (dem heutigen Czarne) geboren worden. 1886 hatten beide in Eberswalde geheiratet. Zum Zeitpunkt der Geburt von Käthe lebten die Liepmanns in einer Wohnung in der Kreuzstraße 32, in einem Wohnhaus, dessen Eigentümer Gustav war. Käthes Vater war seit 1886 Inhaber des Unternehmens „Joseph Liepmann“, das von ihrem Großvater unter dessen Namen gegründet worden war. Käthe Liepmann wuchs im Kreis von mindestens zwei Geschwistern auf: Ihre jüngeren Brüder Kurt Alex und Hans Herbert Liepmann kamen 1888 und 1891 in Eberswalde zur Welt. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Käthe Liepmann und ihren Brüdern haben sich keine weiteren Quellen erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur relativ kleinen jüdischen Gemeinde der Stadt, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Käthe etwa 175 der rund 15.000 Einwohner zählten.<br />
<br />
Vor der Jahrhundertwende zog die Familie nach Berlin. In den Adressbüchern Berlins wird Gustav Liepmann erstmals in der Ausgabe des Jahres 1900 geführt. 1901 gründete er einen Großhandel für Besatzartikel (Posamente). Besatz ist in der Textilbranche ein Sammelbegriff für Borten, Bänder, Spitzen und Stickereien und dergleichen. Das Geschäft lag zuerst in der Lindenstraße 44 und ab 1914 in der Lessingstraße 24. Zwei Onkel von Käthe, Julius und Oskar Liepmann, waren in Berlin im gleichen Geschäftszweig tätig und führten ein Posamentengeschäft in der Neuen Friedrichstraße 4. Käthe Liepmann wohnte mit ihren Eltern und ihren Geschwistern in Berlin zuerst in einer Wohnung in der Schäferstraße 3 in Mitte (heute überbaut) und ab 1904 am Michaelkirchplatz 2. Es ist nicht bekannt, ob Käthe Neumann nach ihrem Schulabschluss eine Ausbildung machte oder ob sie in Berlin berufstätig war, bevor sie am 23. Dezember 1909 den gebürtigen Berliner Alfons Neumann heiratete. Der Sohn von Martin Michaelis und Emilie Neumann war zwei Jahre jünger als Käthe und in Berlin als Kaufmann tätig. In den 1920er-Jahren und Anfang der 1930er-Jahre führte er an der Adresse des Wohnsitzes der Familie eine Großhandlung für Schmuckwaren. Das Ehepaar nahm sich eine gemeinsame Wohnung in der Stromstraße 67 in Moabit. Am 1. Oktober 1910 bekamen sie einen Sohn, dem sie den Namen Gerhard gaben; am 4. Mai 1915 folgte ihre Tochter Irene Neumann. Leider haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der ausgehenden Kaiserzeit und der Weimarer Republik geben könnten.<br />
<br />
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Käthe Neumann und ihre Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität; Erlasse und Sondergesetze drängten Käthe Neumann und ihre Angehörigen zunehmend in die Position von Rechtlosen. 1935 verzogen Käthe und Alfons aus ihrer langjährigen Wohnung in der Stromstraße in eine neue Wohnung in der Jagowstraße 16 und Alfons gab seinen Großhandel für Schmuckwaren auf. In den folgenden Jahren wird er in den Berliner Adressbüchern als Kaufmann und zuletzt 1939 und 1940 als Vertreter geführt. In der Wohnung Jagowstraße lebte zum Zeitpunkt der Volkszählung im Mai 1939 neben dem Ehepaar Neumann und ihren Kindern Gerhard und Irene auch Alfons verwitwete Schwester Else Nelken. 1940 heiratete Käthes Tochter Irene den gleichaltrigen Theobald Löwenthal und zog mit ihm in die Wilhelm-Stolze-Straße 39 in Friedrichshain. Seit Anfang der 1940er-Jahre wurden die Kinder von Käthe Neumann zu Zwangsarbeit herangezogen: Gerhard Neumann musste im AcetA-Werk der IG Farben AG, Berlin-Lichtenberg, arbeiten; Irene Löwenthal war Zwangsarbeiterin im Werk der Metall- und Elektrofirma „Ehrich & Graetz“ im Bezirk Treptow. Das Leben war für die Familie zum Existenzkampf geworden: Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.<br />
<br />
Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 hatte die Gestapo die Jüdische Gemeinde Berlin informiert, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Käthe, Alfons und Gerhard Neumann wurden im Zuge der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, Ende Februar 1943 in Berlin verhaftet und im Sammellager in der ehemaligen Synagoge Levetzowstraße 7–8 interniert. Von dort wurde Käthe Neumann gemeinsam mit ihrem Sohn Gerhard am 2. März 1943 mit dem „32. Osttransport“, Alfons Neumann einen Tag später, am 3. März 1943, mit dem „33. Osttransport“ in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert; alle wurden dort ermordet. Zum Zeitpunkt der Deportation war Käthe Neumann 55 Jahre alt, ihr Ehemann 63 und ihr Sohn 32 Jahre alt.<br />
<br />
Wenige der Angehörigen von Käthe Neumann überlebten die NS-Verfolgung: Ihre Tochter Irene Löwenthal war mit ihrem Ehemann Theobald Löwenthal bereits im November 1941 aus ihrer Berliner Wohnung in das Ghetto Riga deportiert und ermordet worden. Käthes Schwägerin Else Nelken hatte sich am 18. November 1941 in Berlin das Leben genommen. Ihr Onkel Julius Liepmann war mit seiner Ehefrau im August 1941 nach Riga deportiert und ermordet worden. Käthes Bruder Kurt Alex Liepmann war am 19. Februar 1943 zusammen mit seiner Ehefrau Margarete, geb. Salz, und ihrer 1924 geborenen Tochter Ise aus ihrer letzten Berliner Wohnung in der Holzmarktstraße 50 nach Auschwitz deportiert und ermordet worden. Ihr Bruder Hans Herbert Liepmann überlebte die NS-Verfolgung in „privilegierter Mischehe“ mit Gertrud Liepmann, geb. Nitsche, sie starb kurz nach Kriegsende im August 1945 in Berlin.

Käthe (auch Käthchen) Liepmann wurde am 4. Oktober 1887 in Eberswalde geboren. Sie war die Tochter des Kaufmanns Gustav Liepmann (1858 –1934) und seiner Frau Jenny, geb. Steinert (1863–?). Ihr Vater stammte aus Eberswalde; ihre Mutter war in Hammerstein (dem heutigen Czarne) geboren worden. 1886 hatten beide in Eberswalde geheiratet. Zum Zeitpunkt der Geburt von Käthe lebten die Liepmanns in einer Wohnung in der Kreuzstraße 32, in einem Wohnhaus, dessen Eigentümer Gustav war. Käthes Vater war seit 1886 Inhaber des Unternehmens „Joseph Liepmann“, das von ihrem Großvater unter dessen Namen gegründet worden war. Käthe Liepmann wuchs im Kreis von mindestens zwei Geschwistern auf: Ihre jüngeren Brüder Kurt Alex und Hans Herbert Liepmann kamen 1888 und 1891 in Eberswalde zur Welt. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Käthe Liepmann und ihren Brüdern haben sich keine weiteren Quellen erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur relativ kleinen jüdischen Gemeinde der Stadt, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Käthe etwa 175 der rund 15.000 Einwohner zählten.

Vor der Jahrhundertwende zog die Familie nach Berlin. In den Adressbüchern Berlins wird Gustav Liepmann erstmals in der Ausgabe des Jahres 1900 geführt. 1901 gründete er einen Großhandel für Besatzartikel (Posamente). Besatz ist in der Textilbranche ein Sammelbegriff für Borten, Bänder, Spitzen und Stickereien und dergleichen. Das Geschäft lag zuerst in der Lindenstraße 44 und ab 1914 in der Lessingstraße 24. Zwei Onkel von Käthe, Julius und Oskar Liepmann, waren in Berlin im gleichen Geschäftszweig tätig und führten ein Posamentengeschäft in der Neuen Friedrichstraße 4. Käthe Liepmann wohnte mit ihren Eltern und ihren Geschwistern in Berlin zuerst in einer Wohnung in der Schäferstraße 3 in Mitte (heute überbaut) und ab 1904 am Michaelkirchplatz 2. Es ist nicht bekannt, ob Käthe Neumann nach ihrem Schulabschluss eine Ausbildung machte oder ob sie in Berlin berufstätig war, bevor sie am 23. Dezember 1909 den gebürtigen Berliner Alfons Neumann heiratete. Der Sohn von Martin Michaelis und Emilie Neumann war zwei Jahre jünger als Käthe und in Berlin als Kaufmann tätig. In den 1920er-Jahren und Anfang der 1930er-Jahre führte er an der Adresse des Wohnsitzes der Familie eine Großhandlung für Schmuckwaren. Das Ehepaar nahm sich eine gemeinsame Wohnung in der Stromstraße 67 in Moabit. Am 1. Oktober 1910 bekamen sie einen Sohn, dem sie den Namen Gerhard gaben; am 4. Mai 1915 folgte ihre Tochter Irene Neumann. Leider haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der ausgehenden Kaiserzeit und der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Käthe Neumann und ihre Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität; Erlasse und Sondergesetze drängten Käthe Neumann und ihre Angehörigen zunehmend in die Position von Rechtlosen. 1935 verzogen Käthe und Alfons aus ihrer langjährigen Wohnung in der Stromstraße in eine neue Wohnung in der Jagowstraße 16 und Alfons gab seinen Großhandel für Schmuckwaren auf. In den folgenden Jahren wird er in den Berliner Adressbüchern als Kaufmann und zuletzt 1939 und 1940 als Vertreter geführt. In der Wohnung Jagowstraße lebte zum Zeitpunkt der Volkszählung im Mai 1939 neben dem Ehepaar Neumann und ihren Kindern Gerhard und Irene auch Alfons verwitwete Schwester Else Nelken. 1940 heiratete Käthes Tochter Irene den gleichaltrigen Theobald Löwenthal und zog mit ihm in die Wilhelm-Stolze-Straße 39 in Friedrichshain. Seit Anfang der 1940er-Jahre wurden die Kinder von Käthe Neumann zu Zwangsarbeit herangezogen: Gerhard Neumann musste im AcetA-Werk der IG Farben AG, Berlin-Lichtenberg, arbeiten; Irene Löwenthal war Zwangsarbeiterin im Werk der Metall- und Elektrofirma „Ehrich & Graetz“ im Bezirk Treptow. Das Leben war für die Familie zum Existenzkampf geworden: Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 hatte die Gestapo die Jüdische Gemeinde Berlin informiert, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Käthe, Alfons und Gerhard Neumann wurden im Zuge der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, Ende Februar 1943 in Berlin verhaftet und im Sammellager in der ehemaligen Synagoge Levetzowstraße 7–8 interniert. Von dort wurde Käthe Neumann gemeinsam mit ihrem Sohn Gerhard am 2. März 1943 mit dem „32. Osttransport“, Alfons Neumann einen Tag später, am 3. März 1943, mit dem „33. Osttransport“ in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert; alle wurden dort ermordet. Zum Zeitpunkt der Deportation war Käthe Neumann 55 Jahre alt, ihr Ehemann 63 und ihr Sohn 32 Jahre alt.

Wenige der Angehörigen von Käthe Neumann überlebten die NS-Verfolgung: Ihre Tochter Irene Löwenthal war mit ihrem Ehemann Theobald Löwenthal bereits im November 1941 aus ihrer Berliner Wohnung in das Ghetto Riga deportiert und ermordet worden. Käthes Schwägerin Else Nelken hatte sich am 18. November 1941 in Berlin das Leben genommen. Ihr Onkel Julius Liepmann war mit seiner Ehefrau im August 1941 nach Riga deportiert und ermordet worden. Käthes Bruder Kurt Alex Liepmann war am 19. Februar 1943 zusammen mit seiner Ehefrau Margarete, geb. Salz, und ihrer 1924 geborenen Tochter Ise aus ihrer letzten Berliner Wohnung in der Holzmarktstraße 50 nach Auschwitz deportiert und ermordet worden. Ihr Bruder Hans Herbert Liepmann überlebte die NS-Verfolgung in „privilegierter Mischehe“ mit Gertrud Liepmann, geb. Nitsche, sie starb kurz nach Kriegsende im August 1945 in Berlin.