Albert Buchsbaum

Verlegeort
Kaiserdamm 105
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
07. Oktober 2022
Geboren
01. Juli 1876 in Naumburg (Saale)
Beruf
Textilkaufmann
Überlebt
18. März 1948 in Berlin

Albert Buchsbaum wurde am 1. Juli 1876 in Naumburg an der Saale geboren. Seine Eltern waren Salomon und Ida Buchsbaum, geb. Rosenthal.

Aus dem Erbschein seiner Ehefrau Emilie Buchsbaum, geb. Weirauch, geht hervor, dass er drei Brüder hatte, die ebenfalls in Naumburg geboren wurden: Max, Heinrich und Bruno. Etwa 1884/85 zog die Familie nach Berlin. Im Berliner Adressbuch von 1886 ist Salomon Buchsbaum in der Flensburger Str. 15 zu finden.

Albert war von Beruf Kaufmann. Etwa 1894 erhielt er bei der renommierten Textilhandelsfirma Gebrüder Simon in der Klosterstraße 80/81 eine Anstellung. Juniorchef dieser Firma war Henry James Simon, der berühmte Mäzen und Kunstsammler, der Gelder zum Erwerb der Büste der Nofretete gestiftet hatte. James Simon übernahm 1890 die Textilhandelsfirma Gebrüder Simon in der Klosterstraße 80/81 von seinem Vater. 1929 war er Seniorchef des Textilgroßhandels und gehörte dem Aufsichtsrat der Gebrüder Simon - Vereinigte Textilwerke AG an.

Die Familie lebte ab 1905 in der Neuen Königstr. 76. Salomon Buchsbaum starb vermutlich im Jahr 1905 – in den Folgejahren ist nicht er, sondern Ida im Adressbuch eingetragen; ab 1911 gemeinsam mit ihren Söhnen Albert und Heinrich.

1911 heiratete Albert Buchsbaum Emilie Weirauch, geboren am 21. Mai 1883 in Wilkau, Schlesien. Emilie war evangelisch. Die Ehe blieb kinderlos. Die Wohngemeinschaft der Brüder mit der Mutter löste sich auf: Heinrich wohnte fortan in der Esmarchstr. 22, wo er bis 1915 gemeldet war. Albert und Emilie Buchsbaum hatten ihre Wohnung in der Allensteiner Str. 39 im 2. Stock.  Ab 1917 wohnten die Brüder Albert und Heinrich wieder nah beieinander: Heinrich zog in der Allensteiner Str. 39 in das Gartenhaus und Heinrich 1919 ins Vorderhaus in den 4. Stock.

Albert war beruflich erfolgreich und verdiente gut: In der Textilhandelsfirma Gebrüder Simon stieg er im Laufe der Jahre zum Abteilungsleiter auf. 1926 mieteten die Brüder Albert und Heinrich gemeinsam in der Wittelsbacher Str. 25 in Wilmersdorf eine großzügige 5-Zimmer-Wohnung im vierten Stock an. Ab 1927 waren sie im Adressbuch eingetragen. 1932 sollte die Miete radikal erhöht werden, weshalb die Buchsbaums die Wohnung kündigten und 1933 in eine ebenso große Wohnung am Kaiserdamm 105 umzogen.

Nachdem am 1. April 1933 der staatliche Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte mit massiven Übergriffen gegen Juden und ihre wirtschaftliche Existenz einherging, emigrierte Heinrichs Geschäftspartner Georg Leyser. Heinrich nutzte daher spätestens ab 1934 einen Raum in der Wohnung, um seine Herrenbekleidungsfirma fortzuführen;  allerdings gab es immer weniger Kunden, und Heinrich lebte schließlich von seinen Ersparnissen.

Auch Albert verlor seine Anstellung: 1935 wurde ihm aus rassistischen Gründen gekündigt, arbeitete jedoch als Selbständiger noch ein bis zwei Jahre für die Gebrüder Simon weiter. 1937 wurde die jüdische Textilhandelsfirma Gebrüder Simon, seit 1929 eine Aktiengesellschaft, arisiert. Albert verfügte nun über keine regelmäßigen Einkünfte mehr. Die Rente wurde durch Zimmervermietung aufgebessert:  Ende 1938 oder im Frühjahr 1939 wurde Jenny Janower, geb. Stenschewski, Untermieterin von zwei Zimmern bei Familie Buchsbaum. Am 12. Juli 1941 fertigten die Eheleute Buchsbaum ein gemeinsames Testament an, in dem sich Albert und Emilie gegenseitig zum Alleinerben bestimmten. Auch Heinrich machte im Oktober 1941 sein Testament, in dem er seinen Bruder Albert zum Alleinerben ernannte.

Im November 1941 erlebten Buchsbaums die Deportation ihrer Untermieterin Jenny Janower: Jenny musste sich im Sammellager Levetzowstr. einfinden. Von dort wurde Jenny Janower am 14. November nach Minsk deportiert. 1942 wurden Buchsbaums gezwungen, die Wohnung am Kaiserdamm 105 zu räumen. Ein SS-Obersturmbannführer beanspruchte die Räume. Albert und Emilie wurde eine kleine Wohnung in der Grolmannstr. 51 zugewiesen. Auch der Bruder Heinrich zog mit um.

Albert war durch seine „privilegierte Ehe“ mit der Protestantin Emilie vor der Deportation zwar geschützt, nicht jedoch vor Drangsalierungen und Demütigungen. Er musste den gelben Judenstern tragen, wurde mehrfach von der Gestapo abgeholt, es gab Hausdurchsuchungen. Seine Ehefrau Emilie lebte in ständiger Angst, auch sie wurde von Nachbarn beleidigt und beschimpft. Besonders schlimm war die Ernährungssituation: Albert und Heinrich erhielten lediglich „Judenlebensmittelkarten“ mit deutlich geringeren Bezugsmengen für viele Grundnahrungsmittel. Ab 1942 verschärfte sich die Situation kriegsbedingt durch die zunehmende Rationierung der Lebensmittel auch für die „arische“ Bevölkerung. Emilie teilte ihre Rationen mit Ehemann und Schwager.

Am 14. Dezember 1942 – nur wenige Monate nach der "Umquartierung" in die Grolmannstr. 51 – wurde Heinrich nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Albert Buchsbaum überlebte den Faschismus. Er verstarb am 18. März 1948. Seine Ehefrau Emilie beantragte Wiedergutmachungs- und Entschädigungsleistungen. Sie wurde von den Berliner Behörden als Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung anerkannt.
Emilie Buchsbaum starb 1961.

 

Zum weiteren Bruder Max Buchsbaum gibt es nur wenig Information. Dass er überhaupt zur Familie gehörte, ist lediglich den Entschädigungsakten von Emilie Buchsbaum von 1953 zu entnehmen. Darin geht es um ihren Anspruch als Alleinerbin nach dem Tod ihres Ehemannes Albert. In diesem Zusammenhang hatte sie angegeben, dass Max
„...lange vor dem Erblasser (Albert) gestorben war. Er war verheiratet und hat einen Sohn hinterlassen. Dieser Sohn heißt Forster Buchsbaum und lebt seit Jahrzehnten in Amerika, wo er auch geboren ist. Die Anschrift von ihm ist mir nicht bekannt.“

Angaben der Datenbank Myheritage zufolge wurde Max 1874 geboren und wanderte schon früh in die USA aus. 1903 heiratete er in New York seine Verlobte Antonie. In der Volkszählung der USA von 1920 wurde erfasst, dass das Ehepaar in New York wohnte und ein Kind mit Namen Forster (Buckner) Buchsbaum hatte. Bei der Volkszählung 1930 lebte Max in Kalifornien.

Bruno, geboren am 04. Dezember 1880, war der jüngste Bruder. Auch er war Kaufmann.  Er lebte ab 1920 mit seiner Familie in der Pasteurstr. 38 im Prenzlauer Berg, wo er ein Wäschegeschäft führte. Er heiratete die nichtjüdische Berlinerin Martha Schulze (*1886) und bekam mit ihr 1920 einen Sohn, Heinz. Die Familie emigrierte 1939 in die USA.