Jenny Janower geb. Stenschewski

Verlegeort
Kaiserdamm 105
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
07. Oktober 2022
Geboren
18. März 1886 in Rogasen / Rogoźno
Deportation
am 14. November 1941 nach Minsk
Ermordet
1941 in Minsk

Jenny Stenschewski wurde am 18. März 1886 in Rogasen geboren.
Ihre Eltern waren Gustav Stenschewski (* 08.02.1858 – ca. 1930) und Cerline, geborene Moses (* 01.12.1854 – 20.01.1936). Die Familie lebte in Lauenburg (heute in Polen), Stolperstr. 4.
Jenny hatte einen vier Jahre älteren Bruder Max, der am 20.12.1882 in Lauenburg geboren wurde.

Der Beruf des Vaters Gustav, der im Ersten Weltkrieg 1917 „schwer verwundet“ worden war, wird im Adressverzeichnis von Lauenburg aus dem Jahr 1929 als Gastwirt angegeben, ihre Mutter Cerline als Hebamme geführt.

Jenny heiratete Julius Janower, geboren 1884, aus Berlin, wo das Paar fortan lebte. Die Ehe blieb kinderlos.
Vielleicht kam die Ehe über geschäftliche Beziehungen zwischen Jennys Bruder Max Stenschewski und Familie Janower zustande. Julius Janower war gemeinsam mit seinem Vater Bernhard Mitinhaber einer Herrenkleiderfabrik, die ihren Sitz in der Neuen Friedrichstr. 35 hatte. Für Bernhard (*1847- ca 1920) und Fanny Janower, geborene Spiro (* 1853 – 30.12.1923) war der Firmensitz in der Neuen Friedrichstr. 35 auch der Wohnsitz. Dort lebten außerdem ihre Tochter Hedwig (*22.9.1886) und deren Ehemann, der Schwiegersohn Hermann Eisner (*1884 – 1934).

Max Stenschewski führte seit 1913 in Lauenburg, Stolperstr. 4 ein Manufakturwaren-Geschäft für Herrenausstattungen.
Max starb am 13.05.1925 mit 42 Jahren in Lauenburg. Sein Geschäft wurde von den Brüdern Hugo und Alexander Prinz mit dem Zusatz „i.Fa. Stenschewski“ weiter betrieben. So wurde es noch 1934 im Adressbuch von Lauenburg ausgezeichnet. Hugo Prinz emigrierte Mitte der 1930ger Jahre und lebte 1976 nachweislich in Montevideo. Sein Bruder Alexander Prinz wurde zum 30.06.1943 für tot erklärt.

Julius Janower führte eine Dependance des Geschäfts seines Schwagers Max Stenschewski in Berlin Tiergarten (heute Mitte) in der damaligen Kaiser-Wilhelm-Str. 57. Im Berliner Adressbuch von 1928 ist es als „Herrenkleiderfabrik“ ausgewiesen.

Das Ehepaar Jenny und Julius Janower hatte seinen Wohnsitz ab 1923 bis 1927 in Berlin-Waidmannslust, wo Julius Janower als Eigentümer einer Immobilie in der Kurhausstr. 6 im Adressbuch eingetragen war.

Am 19.05.1928 starb Julius Janower mit 44 Jahren im Krankenhaus der jüdischen Gemeinde. Auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin Weißensee wurde er in einem Erbbegräbnis 3843, Gräberfeld E beigesetzt.
Bernhard Janower übertrug 1928 seinem Schwiegersohn Hermann Eisner die Inhaberschaft für die Herrenkleiderfabrik.
Die Witwe Jenny verließ die Wohnung in Waidmannslust und zog wieder nach Berlin-Mitte in die Kaiser-Wilhelm-Str. 57; im Jüdischen Adressbuch von 1929/30 war Jenny Janower unter dieser Anschrift verzeichnet.

Nachdem Jenny Janowers Mutter Cerline Stenschewski verwitwet war, verliess sie Lauenburg und ging zu ihrer verwitweten Tochter Jenny nach Berlin.
Mutter und Tochter erwarben 1933 als gemeinsame Eigentümerinnen ein Haus in Frohnau, Barbarossakorso 10a. Das Grundstück war von dem langjährigen Besitzer E. Keller offenbar geteilt worden, der weiterhin Eigentümer des Grundstückes Barbarossakorso 10 blieb. 1938 wurde die Straße in „Welfenallee“ umbenannt, wobei sich auch die Nummerierung änderte. Das Janower-Grundstück wurde nunmehr unter Welfenallee 30 geführt.

Mutter und Tochter lebten dort bis zum Tod von Cerline Stenschewski am 20.01.1936. Cerline Stenschewski wurde neben ihrem Schwiegersohn Julius Janower aif dem jüdischen Friedhof Weisssensee beigesetzt. Jenny Janower ließ auch die sterblichen Überreste ihres Bruders Max  am 24.03.1936 aus Lauenburg in das Erbbegräbnis nach Weißensee überführen.

Nach dem Tod ihrer Mutter Cerline versuchte Jenny Janower bereits 1936, das Haus Barbarossakorso 10a (Welfenallee 30) zu verkaufen. Aus den Wiedergutmachungs- und Entschädigungsakten geht hervor, dass mit Landgerichtsdirektor Dr. Spillner entsprechende Verhandlungen geführt wurden. Da Jenny jedoch fürchtete, die Kaufsumme nicht sicher anlegen zu können, kam der Verkauf nicht zustande. Stattdessen wurde am 10. Juni 1936 ein Mietvertrag mit Dr. Spillner abgeschlossen.

Jenny Janower war zu diesem Zeitpunkt nach Charlottenburg umgezogen und wohnte Kaiserdamm 100. Für das Grundstück Barbarossakorso 10a war sie noch 1937 im Berliner Adressbuch als Eigentümerin des eingetragen. Dr. Otto Spillner war als Mieter ausgewiesen. Obwohl er dies – nachweislich der Akten – stets geblieben war, wurde Dr. Spillner dennoch ab 1938 als Eigentümer im Adressbuch geführt.
Im Mai 1939 - zum Zeitpunkt der Volkzählung – hatte Jenny Janower ihre Wohnung Kaiserdamm 100 aufgegeben und war Untermieterin bei Ehepaar Buchsbaum, Kaiserdamm 105. Dort bewohnte sie zwei Zimmer der fünfeinhalb Zimmer großen Wohnung im vierten Stock.

Am 15. Oktober 1941 wurde das Vermögen von Jenny Janower durch Verfügung der Geheimen Staatspolizei zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen. Dies betraf insbesondere das Grundstück in Frohnau, Welfenallee 30.
Am 7. November 1941 musste Jenny Janower die Vermögenserklärung ausfüllen. Darin gab sie an, das Haus in der Welfenallee 30 zu einem „Einheitswert“ von 33.800 Reichsmark zu besitzen, das „unverschuldet“ – also nicht von Hypotheken belastet – sei, sowie über ein Sicherungskonto bei der Deutschen Bank und Reichsschatzanweisungen zu verfügen. Da befand sie sich bereits in der Sammelstelle in der Levetzowstr. 8.

Am 13. November wurde ihr der Deportationsbescheid in der Sammelstelle Levetzowstr. 8 „persönlich übergeben“.
Am 14. November 1941 wurde Jenny vom Bahnhof Grunewald nach Minsk deportiert und ermordet. Mit ihr fuhren weitere 1000 Menschen in den Tod.

In die von ihr bewohnten Zimmer wurde bereits am 12. November 1941 Franziska Marcks, geb. Grünwald (* 20.03.1882) eingewiesen, die ebenfalls jüdischer Herkunft war. Franziska Marcks war 1939 bei der Volkszählung in der Güntzelstr. 17/18 registriert worden. Als die Hauptmieter Albert Buchsbaum, seine Ehefrau Emilie und sein Bruder Heinrich die Wohnung am Kaiserdamm 105 im Jahr 1942 für einen Oberstrumbannführer räumen und in die Grolmannstr. 51 umziehen mussten, wurde Franziska Marcks auch dort bei Buchsbaums einquartiert. Von dort wurde sie - nachweislich der im Bestand des Arolsen Archivs befindlichen Karteikarte -  am 29.1.1943 mit dem 27. Ostransport nach Auschwitz deportiert und ermordet.