Hella Flörsheim

Verlegeort
Nassauische Str. 61
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
15. April 2010
Geboren
02. April 1921 in Berlin
Deportation
am 12. Januar 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Hella Flörsheim wurde am 2. April 1921 als Tochter des Kaufmanns Jacob Theodor Flörsheim und seiner Ehefrau Lydia Ruben in Berlin geboren. Die Eheschließung der Eltern erfolgte am 12. Oktober 1920 in Berlin – Steglitz, Arndtstraße 39, wo die Familie bis zur Scheidung von Hellas Eltern im Jahr 1926 wohnte. Am 31. März 1923 kam ihre Schwester Gerda – später verheiratete Nossek – auf die Welt.


Kurz nach der Scheidung von Theodor Flörsheim heiratete ihre Mutter im Dezember 1926 den 1885 geborenen Max Borchardt und zog mit ihm und beiden Töchtern in die Nassauische Straße 61, Vorderhaus 4. Etage. Max Borchardt war Mitinhaber einer Mützenfabrik in Berlin-Mitte.


Hella ging von ihrem 6. Lebensjahr an in die nahe der Wohnung gelegene Cecilien - Schule am Nikolsburger Platz. Ab 1936 wurde ihr als jüdischem Mädchen versagt, weiterhin eine staatliche Schule zu besuchen. Sie konnte noch einen Schulabschluss an der „Privatschule Dr. Erna Landsberg“ in der Wichmannstraße 6 machen, die sie am 20. März 1937 mit der „Obersekundareife U II“ verließ. In der allgemeinen Beurteilung hieß es: „Hella ist strebsam und arbeitet sehr zielbewußt.“ Mit „sehr gut“ benotet wurden ihre Leistungen im Zeichen- und Kunstunterricht und der Musiklehre. Ihr hervorragendes zeichnerisches Talent sollte in einer Ausbildung als Modezeichnerin Ausdruck finden. Sie besuchte daher eine damals bekannte Kunstschule am Kurfürstendamm.

Hella durfte nie in ihrem gewünschten Beruf arbeiten. Das 16-jährige Mädchen wurde zur Zwangsarbeit herangezogen, zunächst in der Firma Knorr-Bremse in Friedrichshain, die für die Rüstungsproduktion tätig war und bis zu ihrer Deportation für einen Hungerlohn von 18 Reichsmark monatlich bei Siemens und Halske in der Jungfernheide.

Nach der „Arisierung“ der Fabrik ihres Stiefvaters Max Borchardt – er musste später Zwangsarbeit in einer Schlachterei leisten - und ihrer eigenen abgebrochenen Berufslaufbahn versuchte ihre Mutter Lydia in Amerika Affidavits für sich, ihren Ehemann und die beiden Töchter zu beschaffen. Sie war erfolgreich, die Quotennummer war jedoch so hoch, dass eine rechtzeitige Auswanderung nicht möglich war. Sie ging dann nach England, um ihre Bemühungen dort fortzusetzen.

Während Lydia Borchardts Aufenthalt in England, von dem sie nie zurückkehren sollte, wurde ihre Familie deportiert und ermordet. Max und Hella wurden am 12. Januar 1943 zusammen mit weiteren sechs Menschen aus der Nassauischen Straße 61 abgeholt und mit dem 26. Osttransport in das Vernichtungslager Auschwitz verschleppt.

In der elterlichen Wohnung lebte auch Hellas Schwester Gerda mit ihrem Ehemann Egon Nossek. Dieser hatte - wohl gezwungenermaßen - nach der Aufhebung des Mieterschutzes für Juden im Mai 1939 seine Wohnung in der Mommsenstraße 44 verlassen müssen und war zu den Borchardts in die Nassauische Straße gezogen. Am 25. September 1941 heirateten Gerda und Egon. Drei Tage vor der Deportation von Hella Flörsheim und Max Borchardt brachte die 19-jährige Gerda ein Mädchen zur Welt. Jedidja Nossek wurde am 9. Januar 1943 geboren. Am 26. Februar 1943 wurden Gerda und Egon Nossek mit ihrem 1 1/2 Monate alten Säugling nach Auschwitz deportiert und ermordet. Der Tod von Egon Nossek und der seiner kleinen Tochter wurde vom Sonderstandesamt Arolsen auf den 22. Juli 1943 datiert. Vermutlich wurde auch Gerda an diesem Tag ermordet.

Lydia Borchardt heiratete 1947 erneut und hieß fortan Fromberg. Sie lebte bis zu ihrem Tod in London.
Hellas leiblicher Vater Theodor Flörsheim starb am 17. März 1941 im Jüdischen Krankenhaus Berlin an Lungenkrebs.

 

Aus der Familie Flörsheim wurden folgende Personen im Holocaust ums Leben gebracht:
aus Frankfurt

Betty Flörsheim verh. Goldschmidt *27. März 1858 (Freitod)
Rosa Flörsheim verh. Sachs *18. Februar 1875 (Theresienstadt)
Ida Flörsheim geb. May *14. November 1874 (Theresienstadt)
Isidor Flörsheim *8.Juni 1870 (Theresienstadt)

aus Berlin
Edith Flörsheim geb. Koppel *13. Juni 1894 (Riga)
Fritz Flörsheim *19. Februar 1874 (Riga)
Gerda Flörsheim verh. Nossek *31. März 1923 (Auschwitz)
Hella Flörsheim *2. April 1921 (Auschwitz)
Jenny Flörsheim geb. Salomon *4. Dezember 1860 (Theresienstadt)

aus Lyon
Adrienne Rosalie Flörsheim verh. Levy *12. Juni 1880 (Auschwitz)