Dr. Theodor Friedrichs

Verlegeort
Segitzdamm 10
Historischer Name
Luisenufer 34
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Verlegedatum
26. April 2014
Geboren
28. Januar 1894 in Berlin
Beruf
Arzt
Flucht
1939 Flucht nach Shanghai
Überlebt
03. Juni 1980 in Montclair, New Jersey, USA

Dr. Theodor Friedrichs wurde am 28. Januar 1894 in Berlin geboren. Er war Sohn des Schriftstellers und Buchdruckereibesitzers Ernst Friedrichs. Er studierte in seiner Heimatstadt Medizin und nahm ab Juni 1915 am Ersten Weltkrieg teil. Im Januar 1922 erhielt er seine Approbation als Dr. med. von der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin und war seitdem als Allgemeinpraktiker und Geburtshelfer in Kreuzberg tätig: zunächst in der Mariannenstraße 33, dann in der Britzer Straße 32 (heute Kohlfurter Straße) und zuletzt am Luisenufer 34 (heute Segitzdamm).<br />
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Im März 1922 heiratete Dr. Theodor Friedrichs die aus Gollub (Westpreußen) stammende Apothekerin Ilse Kadisch. 1924 kam der Sohn Heinz Gert, genannt Gertl, und 1926 Rolf Günther, später Frederick Rolf, zur Welt.<br />
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Frederick Rolf erinnert sich an eine glückliche Zeit in der schönen Wohnung am Luisenufer 34 und an die gut gehende Praxis seines Vaters, bis die Nürnberger Rassengesetze die Lebensbedingungen für Juden so schwierig wie möglich machten.<br />
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Im Dezember 1937 wurde Dr. Theodor Friedrichs wegen angeblicher illegaler Abtreibung verhaftet, nach ein paar Tagen aber wieder frei gelassen. Ende 1938 wurde ihm - wie allen jüdischen Ärzten - die Kassenzulassung entzogen.<br />
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Die Familie musste die Wohnung am Luisenufer aufgeben und als Untermieter zu einer Familie in die Stenzelstraße (heute Blissestraße) in Wilmersdorf ziehen. Familie Friedrichs entschied sich, Deutschland zu verlassen.<br />
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Zunächst wurde Rolf Günther im Mai 1939 mit einem Kindertransport nach England geschickt, wo er in Bath bei einer sehr verständigen Dame Unterkunft fand. Zwei Wochen später trat Dr. Friedrichs mit seiner Frau und dem älteren Sohn Gert die monatlange Zug- und Seefahrt ins Exil nach Shanghai an. Dort machte ihnen nicht nur das ungewohnte, schwer zu ertragende Klima und die vollkommen fremde Mentalität der Shanghaier zu schaffen, sondern auch die japanische Besatzung, die den jüdischen Emigranten das Leben noch schwerer machte als es ohnehin schon war. Aber es gelang Dr. Friedrichs seinem Beruf nachzugehen, eine Praxis zu eröffnen und einen bescheidenen Unterhalt für seine Familie zu besorgen. Trotz aller Schwierigkeiten war er in Shanghai sehr engagiert: Er war Schriftleiter des Shanghai Medical Journal, Vorsitzender des Shanghaier Ärztevereins, Presiding Officer of the Hongkew Physicians’ Association und nebenbei spielte er Klarinette in einem Orchester. Er half hunderten von Emigranten die tropischen Krankheiten, mit denen die meisten europäischen Ärzte nicht vertraut waren, zu überwinden. Sohn Gert wurde Elektriker, reparierte Haushaltsgeräte und hatte noch eine Nebenbeschäftigung als Pressefotograf für eine Shanghaier Zeitung. Seine Frau Ilse versorgte den Haushalt, half ihrem Mann in der Praxis und ermöglichte der Familie in ihrer liebevollen Weise die Nöte der Emigration erträglich zu machen.<br />
<br />
Nach Kriegsende war Familie Friedrichs klar, dass sie nicht in Shanghai bleiben konnte, aber es gelang ihnen erst im Juni 1947 Visa für die USA zu bekommen. Auch Rolf Günther, der sich nun Frederick Rolf nannte und in Großbritannien eine Schauspielausbildung absolviert hatte, gelang es, in die USA zu emigrieren. Nach neun Jahren konnte die Familie im Februar 1948 ein Wiedersehen in New York feiern. Doch diese Familienzusammenführung war nur ein Happy End für kurze Zeit: Gertl starb 1952 bei einem Autounfall. Er hatte acht Monate zuvor geheiratet. Seine Frau brachte ein halbes Jahr später ein Mädchen zur Welt.<br />
<br />
1948 gelang es Dr. Theodor Friedrichs nach hartem Studium seine amerikanische Lizenz zu bekommen, er wurde Mitglied der American Medical Association und praktizierte weitere 20 Jahre in New York.<br />
<br />
Dr. Theodor Friedrichs starb am 3. Juni 1980 in Montclair, New Jersey - sieben Wochen nach dem Tod seiner Frau Ilse.<br />
<br />
Sohn Frederick Rolf, der in Amerika erfolgreich als Schauspieler und Regisseur tätig ist, hat die Memoiren seines Vaters, in denen die einzelnen Etappen der demütigenden Vorbereitung zur Zwangsemigration und das Schicksal seiner Familie in Shanghai minutiös nachzulesen sind, ins Englische übersetzt. Das Buch wurde 2007 unter dem Titel “Berlin – Shanghai – New York. My Family’s Flight from Hitler” veröffentlicht.

Dr. Theodor Friedrichs wurde am 28. Januar 1894 in Berlin geboren. Er war Sohn des Schriftstellers und Buchdruckereibesitzers Ernst Friedrichs. Er studierte in seiner Heimatstadt Medizin und nahm ab Juni 1915 am Ersten Weltkrieg teil. Im Januar 1922 erhielt er seine Approbation als Dr. med. von der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin und war seitdem als Allgemeinpraktiker und Geburtshelfer in Kreuzberg tätig: zunächst in der Mariannenstraße 33, dann in der Britzer Straße 32 (heute Kohlfurter Straße) und zuletzt am Luisenufer 34 (heute Segitzdamm).

Im März 1922 heiratete Dr. Theodor Friedrichs die aus Gollub (Westpreußen) stammende Apothekerin Ilse Kadisch. 1924 kam der Sohn Heinz Gert, genannt Gertl, und 1926 Rolf Günther, später Frederick Rolf, zur Welt.

Frederick Rolf erinnert sich an eine glückliche Zeit in der schönen Wohnung am Luisenufer 34 und an die gut gehende Praxis seines Vaters, bis die Nürnberger Rassengesetze die Lebensbedingungen für Juden so schwierig wie möglich machten.

Im Dezember 1937 wurde Dr. Theodor Friedrichs wegen angeblicher illegaler Abtreibung verhaftet, nach ein paar Tagen aber wieder frei gelassen. Ende 1938 wurde ihm - wie allen jüdischen Ärzten - die Kassenzulassung entzogen.

Die Familie musste die Wohnung am Luisenufer aufgeben und als Untermieter zu einer Familie in die Stenzelstraße (heute Blissestraße) in Wilmersdorf ziehen. Familie Friedrichs entschied sich, Deutschland zu verlassen.

Zunächst wurde Rolf Günther im Mai 1939 mit einem Kindertransport nach England geschickt, wo er in Bath bei einer sehr verständigen Dame Unterkunft fand. Zwei Wochen später trat Dr. Friedrichs mit seiner Frau und dem älteren Sohn Gert die monatlange Zug- und Seefahrt ins Exil nach Shanghai an. Dort machte ihnen nicht nur das ungewohnte, schwer zu ertragende Klima und die vollkommen fremde Mentalität der Shanghaier zu schaffen, sondern auch die japanische Besatzung, die den jüdischen Emigranten das Leben noch schwerer machte als es ohnehin schon war. Aber es gelang Dr. Friedrichs seinem Beruf nachzugehen, eine Praxis zu eröffnen und einen bescheidenen Unterhalt für seine Familie zu besorgen. Trotz aller Schwierigkeiten war er in Shanghai sehr engagiert: Er war Schriftleiter des Shanghai Medical Journal, Vorsitzender des Shanghaier Ärztevereins, Presiding Officer of the Hongkew Physicians’ Association und nebenbei spielte er Klarinette in einem Orchester. Er half hunderten von Emigranten die tropischen Krankheiten, mit denen die meisten europäischen Ärzte nicht vertraut waren, zu überwinden. Sohn Gert wurde Elektriker, reparierte Haushaltsgeräte und hatte noch eine Nebenbeschäftigung als Pressefotograf für eine Shanghaier Zeitung. Seine Frau Ilse versorgte den Haushalt, half ihrem Mann in der Praxis und ermöglichte der Familie in ihrer liebevollen Weise die Nöte der Emigration erträglich zu machen.

Nach Kriegsende war Familie Friedrichs klar, dass sie nicht in Shanghai bleiben konnte, aber es gelang ihnen erst im Juni 1947 Visa für die USA zu bekommen. Auch Rolf Günther, der sich nun Frederick Rolf nannte und in Großbritannien eine Schauspielausbildung absolviert hatte, gelang es, in die USA zu emigrieren. Nach neun Jahren konnte die Familie im Februar 1948 ein Wiedersehen in New York feiern. Doch diese Familienzusammenführung war nur ein Happy End für kurze Zeit: Gertl starb 1952 bei einem Autounfall. Er hatte acht Monate zuvor geheiratet. Seine Frau brachte ein halbes Jahr später ein Mädchen zur Welt.

1948 gelang es Dr. Theodor Friedrichs nach hartem Studium seine amerikanische Lizenz zu bekommen, er wurde Mitglied der American Medical Association und praktizierte weitere 20 Jahre in New York.

Dr. Theodor Friedrichs starb am 3. Juni 1980 in Montclair, New Jersey - sieben Wochen nach dem Tod seiner Frau Ilse.

Sohn Frederick Rolf, der in Amerika erfolgreich als Schauspieler und Regisseur tätig ist, hat die Memoiren seines Vaters, in denen die einzelnen Etappen der demütigenden Vorbereitung zur Zwangsemigration und das Schicksal seiner Familie in Shanghai minutiös nachzulesen sind, ins Englische übersetzt. Das Buch wurde 2007 unter dem Titel “Berlin – Shanghai – New York. My Family’s Flight from Hitler” veröffentlicht.