Anna Ewenstein geb. Starsky

Verlegeort
Wielandstr. 17
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
01. Juli 2010
Geboren
01. Februar 1864 in Wyschtyten / Vištytis
Deportation
am 17. August 1942 nach Theresienstadt
Später deportiert
am 19. September 1942 nach Treblinka
Ermordet
in Treblinka

Josef Ewenstein wurde am 7. Mai 1865 in Wystiten geboren, heute Vištytis, ein litauischer Grenzort zu Kaliningrad (damals Königsberg). Das Städtchen mit über 3000 Einwohnern florierte Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Grenzhandel und das Handwerk, etliche Handwerker waren auf die Bürstenherstellung spezialisiert, vielleicht auch Josephs Eltern. Sehr wahrscheinlich wuchs er in dem Ort auf, denn seine Braut Anna Starsky, die er 1887 heiratete, stammte auch aus Wystiten, sie war dort am 1. Februar 1864 geboren worden. Das junge Paar zog bald nach Ihlauszen, Kreis Ragnit (ebenfalls bei Königsberg), dort wurden ihre 3 älteren Töchter geboren, Jenny 1892, Grete 1894 und Ida 1897. Als 1900 die vierte Tochter, Gertrud, zur Welt kam, waren Ewensteins in Krebschen, heute Pokrowskoje im russischen Kaliningrad, einige Jahre später lebten sie in Berschkallen, auch das bei Königsberg (heute russisch Gremjatschje).<br />
<br />
Josef widmete sich dem Handel mit Pferden und mit landwirtschaftlichen Produkten. Vielleicht betrieb er auch selber zeitweise Landwirtschaft. In Berschkallen, wo er offenbar länger lebte, hatte er auch eine Gastwirtschaft und einen Gemischtwarenladen. Laut späterer Zeugen soll er recht gut verdient haben. 1929 – die Töchter waren längst alle verheiratet – zogen Josef und Anna in das Städtchen Wehlau, auch im Bezirk Königsberg gelegen. Wehlau (heute nur noch eine Siedlung namens Snamensk) war damals durch die immer im Juli stattfindenden großen Pferdemärkte bekannt. Dies war vielleicht der Grund für den Umzug, Josef Ewenstein lebte dort auch vom Pferde- und „Rohproduktenhandel“. Aber seine Einkünfte sollen bescheidener gewesen sein, den Pferdehandel habe er nur noch als Zwischenhändler betrieben. 1937/38 spitzte sich der Rückgang des Geschäftes mit dem Judenboykott zu und Josef sah sich gezwungen, sein Grundstück – wohl unter Wert – zu verkaufen und nach Berlin zu seiner Tochter Gertrud in die Wielandstraße 17 umzuziehen. <br />
<br />
In Berlin mussten Josef und Anna Ewenstein auf ihre alten Tage noch die verschiedenen diskriminierenden und das Alltagsleben einschränkende antisemitischen Maßnahmen der nationalsozialistischen Regierung erleben, bis sie schließlich im August 1942 von der Gestapo „abgeholt“ und zunächst in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 gebracht wurden. Dort wurde die von ihnen verlangte „Vermögenserklärung“ wohl für sie am 11. August ausgefüllt, nur mühsam gelang ihnen die Unterschrift. Sie zeigt, dass sie völlig verarmt waren, für Josef, der sich als „früher Landwirt“ bezeichnet, ist lediglich „defekte Leibwäsche, ein Straßenanzug, sonst nichts“ eingetragen, für Anna: „Damenkleidung: keine“.<br />
Der Gerichtsvollzieher kann nur „Schätzungswert: ./.“ melden und 2 RM in Rechnung stellen, 1 für Gebühren, 1 für Fahrtkosten.<br />
<br />
Am 17. August 1942 wurden Josef und Anna Ewenstein mit weiteren knapp eintausend Opfern nach Theresienstadt deportiert. Während die Deportationen nach Theresienstadt in der Regel 50-100 Menschen umfassten, die in geschlossene, an Regelzüge angehängte Einzelwaggons gesteckt wurden, waren Josef und Anna Ewenstein in dem ersten von vier Berliner „Massentransporten“, bei denen um die 1000 Menschen in einen „geschlossenen Sonderzug“ gepfercht wurden. In Theresienstadt angekommen mussten sie erkennen, dass es sich mitnichten um, wie vorgegeben, eine altersgemäße Unterbringung handelte, sondern um ein völlig überfülltes, unterversorgtes, hygienisch katastrophales, menschenunwürdiges Lager. Es kam für sie aber noch schlimmer: nach nur vier Wochen, am 19. September 1942, wurden sie weiter deportiert, diesmal mit doppelt soviel Menschen, in das Vernichtungslager Treblinka und dort kurz nach Ankunft durch Gas ermordet.<br />
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Von Josef und Annas Töchtern überlebte nur eine. Ida war bereits 1929 an Grippe verstorben, Gertrud wurde im Januar 1943 nach Auschwitz deportiert, Jenny floh mit Gabriel Schwartz, ihrem Mann, nach Belgien, sie wurden dort aber festgenommen und vom Lager Mechelen aus am 15. Januar 1943 ebenfalls nach Auschwitz deportiert, nur Grete gelang mit ihrem Mann Siegfried Bernhard und ihren zwei Kindern die Flucht über Portugal in die USA.<br />

Josef Ewenstein wurde am 7. Mai 1865 in Wystiten geboren, heute Vištytis, ein litauischer Grenzort zu Kaliningrad (damals Königsberg). Das Städtchen mit über 3000 Einwohnern florierte Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Grenzhandel und das Handwerk, etliche Handwerker waren auf die Bürstenherstellung spezialisiert, vielleicht auch Josephs Eltern. Sehr wahrscheinlich wuchs er in dem Ort auf, denn seine Braut Anna Starsky, die er 1887 heiratete, stammte auch aus Wystiten, sie war dort am 1. Februar 1864 geboren worden. Das junge Paar zog bald nach Ihlauszen, Kreis Ragnit (ebenfalls bei Königsberg), dort wurden ihre 3 älteren Töchter geboren, Jenny 1892, Grete 1894 und Ida 1897. Als 1900 die vierte Tochter, Gertrud, zur Welt kam, waren Ewensteins in Krebschen, heute Pokrowskoje im russischen Kaliningrad, einige Jahre später lebten sie in Berschkallen, auch das bei Königsberg (heute russisch Gremjatschje).

Josef widmete sich dem Handel mit Pferden und mit landwirtschaftlichen Produkten. Vielleicht betrieb er auch selber zeitweise Landwirtschaft. In Berschkallen, wo er offenbar länger lebte, hatte er auch eine Gastwirtschaft und einen Gemischtwarenladen. Laut späterer Zeugen soll er recht gut verdient haben. 1929 – die Töchter waren längst alle verheiratet – zogen Josef und Anna in das Städtchen Wehlau, auch im Bezirk Königsberg gelegen. Wehlau (heute nur noch eine Siedlung namens Snamensk) war damals durch die immer im Juli stattfindenden großen Pferdemärkte bekannt. Dies war vielleicht der Grund für den Umzug, Josef Ewenstein lebte dort auch vom Pferde- und „Rohproduktenhandel“. Aber seine Einkünfte sollen bescheidener gewesen sein, den Pferdehandel habe er nur noch als Zwischenhändler betrieben. 1937/38 spitzte sich der Rückgang des Geschäftes mit dem Judenboykott zu und Josef sah sich gezwungen, sein Grundstück – wohl unter Wert – zu verkaufen und nach Berlin zu seiner Tochter Gertrud in die Wielandstraße 17 umzuziehen.

In Berlin mussten Josef und Anna Ewenstein auf ihre alten Tage noch die verschiedenen diskriminierenden und das Alltagsleben einschränkende antisemitischen Maßnahmen der nationalsozialistischen Regierung erleben, bis sie schließlich im August 1942 von der Gestapo „abgeholt“ und zunächst in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 gebracht wurden. Dort wurde die von ihnen verlangte „Vermögenserklärung“ wohl für sie am 11. August ausgefüllt, nur mühsam gelang ihnen die Unterschrift. Sie zeigt, dass sie völlig verarmt waren, für Josef, der sich als „früher Landwirt“ bezeichnet, ist lediglich „defekte Leibwäsche, ein Straßenanzug, sonst nichts“ eingetragen, für Anna: „Damenkleidung: keine“.
Der Gerichtsvollzieher kann nur „Schätzungswert: ./.“ melden und 2 RM in Rechnung stellen, 1 für Gebühren, 1 für Fahrtkosten.

Am 17. August 1942 wurden Josef und Anna Ewenstein mit weiteren knapp eintausend Opfern nach Theresienstadt deportiert. Während die Deportationen nach Theresienstadt in der Regel 50-100 Menschen umfassten, die in geschlossene, an Regelzüge angehängte Einzelwaggons gesteckt wurden, waren Josef und Anna Ewenstein in dem ersten von vier Berliner „Massentransporten“, bei denen um die 1000 Menschen in einen „geschlossenen Sonderzug“ gepfercht wurden. In Theresienstadt angekommen mussten sie erkennen, dass es sich mitnichten um, wie vorgegeben, eine altersgemäße Unterbringung handelte, sondern um ein völlig überfülltes, unterversorgtes, hygienisch katastrophales, menschenunwürdiges Lager. Es kam für sie aber noch schlimmer: nach nur vier Wochen, am 19. September 1942, wurden sie weiter deportiert, diesmal mit doppelt soviel Menschen, in das Vernichtungslager Treblinka und dort kurz nach Ankunft durch Gas ermordet.

Von Josef und Annas Töchtern überlebte nur eine. Ida war bereits 1929 an Grippe verstorben, Gertrud wurde im Januar 1943 nach Auschwitz deportiert, Jenny floh mit Gabriel Schwartz, ihrem Mann, nach Belgien, sie wurden dort aber festgenommen und vom Lager Mechelen aus am 15. Januar 1943 ebenfalls nach Auschwitz deportiert, nur Grete gelang mit ihrem Mann Siegfried Bernhard und ihren zwei Kindern die Flucht über Portugal in die USA.