Kraindla Schnaimann geb. Jankellewitz

Verlegeort
Wielandstr. 17
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
01. Juli 2010
Geboren
15. Mai 1866 in Plock / Płock
Deportation
am 01. September 1942 nach Theresienstadt
Später deportiert
am 29. September 1942 nach Treblinka
Ermordet
in Treblinka

Kraindla Schnaimanns Mädchennahme war Jankellewicz, manchmal auch Jankellewitz geschrieben. Sie wurde am 15. Mai 1866 in Plock, Russisch Polen, geboren. Über ihr Elternhaus wissen wir nichts. Sie heiratete den ein Jahr älteren Mendel Schnaimann, aus Warschau gebürtig. Im September 1897 wurde ihr Sohn David geboren, da lebten sie bereits in Berlin. Mendel Schnaimann betrieb eine Zigarettenhandlung, im Adressbuch ist er –mit „ei“ geschrieben – ab 1898 verzeichnet. Noch zwei Töchter wurden geboren, Regina und Paula, zwei weitere Kinder, Bernard und Berta, starben im Kindesalter.<br />
<br />
Der selbständige Handel mit Zigaretten in der Alten Schönhauser Straße lief für Mendel Schnaimann wohl nicht so gut, denn bald wurde er als „Cigarettenarbeiter“ im Adressbuch geführt. Schnaimanns mussten sehr häufig die Wohnung wechseln, oft lag sie im 2., 3. oder 4. Hinterhof, immer aber im gleichen Viertel um den Alexanderplatz herum. Ab 1917 scheint es wieder bergauf gegangen zu sein, Mendel Schnaimann (oder Schneimann) bezeichnete sich als Kaufmann, er zog in die Dresdener Straße 57, wo er bis 1932 eingetragen blieb – obwohl er bereits am 29. Dezember 1928 gestorben war. Danach hatte Kraindla, die Witwe, vielleicht mit ihren ledigen Töchtern, zur Untermiete gewohnt, im Adressbuch tauchte sie zunächst nicht mehr auf. In der Wielandstraße 17, wo sie ab 1937 wohnte, ist dann eine „Schreimann M., Frau“ verzeichnet, und es drängt sich der Verdacht auf, dass es sich hier um einen fehlerhaften Eintrag von „Schneimann K.“ handelt, vielleicht war die handschriftliche Meldung schlecht leserlich.<br />
<br />
1935, Hitler war schon zwei Jahre an der Macht, wurden Kraindla und ihre zwei Töchter ausgebürgert, wahrscheinlich auch David, sicherlich wegen der polnischen Herkunft. Regina, damals Buchhalterin in Lichterfelde, löste das Problem, indem sie einen Deutschen, Gustav Lücke, heiratete. Paula, auch Buchhalterin, verlor als Staatenlose nun die Arbeitserlaubnis, arbeitete noch einige Zeit zu Hause für eine jüdischen Firma, bis diese auch schließen musste. Es gelang ihr im August 1939 die Auswanderung über Rotterdam nach England, wo sie als Kellnerin arbeitete. In die USA, für die sie seit September 1939 auf der Warteliste stand, gelangte sie erst 1947. <br />
<br />
Bis zu ihrer Ausbürgerung wohnte Paula, die sich 1938 in Hannacha hatte umbenennen lassen, mit Kraindla in der Wielandstraße, Gartenhaus 3. Stock. Auch David wohnte zuletzt dort. Er wurde am 17. November 1941 nach Kowno (Kaunas) deportiert und ist eines der Opfer der grausamen Massenerschießungen im dortigen Fort IX am 25. November 1941, ausgeführt von dem Einsatzkommando 3 der Einsatzgruppe A unter Leitung des SS-Standartenführers Karl Jäger. Auch litauische Helfer und Mitglieder des deutschen Polizeibataillons 11 waren daran beteiligt.<br />
<br />
Kraindla konnte das nicht wissen, da die Deportierten über ihr Ziel getäuscht worden waren: sie glaubten in ein Ghetto bei Riga oder in ein Arbeitslager gebracht zu werden. Da auch Regina mit ihrem Mann inzwischen geflüchtet war, blieb Kraindla allein zurück. In ihre 3-Zimmer-Wohnung nahm sie einen Untermieter, William Posner, auf. Ende August wurde dann auch sie – zusammen mit anderen Bewohnerinnen des Hauses – festgenommen, in das zum Sammellager umfunktionierte jüdische Altersheim in der Großen Hamburger Straße 26 gebracht, und am 1. September nach Theresienstadt deportiert. Den dort dramatisch schlechten Lebensumständen war Kraindla zunächst nur wenige Wochen ausgesetzt: am 29. September 1942 wurde sie nach Treblinka weiter deportiert - und dort ermordet.<br />
<br />
Kraindlas 80-jähriger Untermieter William Posner, von dem es in der ihr abverlangten „Vermögenserklärung“ hieß „wandert nicht mit aus“, wurde wenige Wochen später, am 3. Oktober 1942, ebenfalls nach Theresienstadt deportiert. Die Wohnung wurde laut Portier von „dem Juden Niesmann“ bezogen, der seinerseits am 25. Januar 1943 „abgeholt“ wurde. Kraindlas Möbel und Hausrat, auf 143 RM geschätzt, wurden für 108,10 Mark von Frieda Bubath aus Spandau erstanden, der Erlös von der Oberfinanzdirektion einbehalten. Die Wohnung wurde endgültig am 15.Mai 1943 geräumt.<br />
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Kraindla Schnaimanns Mädchennahme war Jankellewicz, manchmal auch Jankellewitz geschrieben. Sie wurde am 15. Mai 1866 in Plock, Russisch Polen, geboren. Über ihr Elternhaus wissen wir nichts. Sie heiratete den ein Jahr älteren Mendel Schnaimann, aus Warschau gebürtig. Im September 1897 wurde ihr Sohn David geboren, da lebten sie bereits in Berlin. Mendel Schnaimann betrieb eine Zigarettenhandlung, im Adressbuch ist er –mit „ei“ geschrieben – ab 1898 verzeichnet. Noch zwei Töchter wurden geboren, Regina und Paula, zwei weitere Kinder, Bernard und Berta, starben im Kindesalter.

Der selbständige Handel mit Zigaretten in der Alten Schönhauser Straße lief für Mendel Schnaimann wohl nicht so gut, denn bald wurde er als „Cigarettenarbeiter“ im Adressbuch geführt. Schnaimanns mussten sehr häufig die Wohnung wechseln, oft lag sie im 2., 3. oder 4. Hinterhof, immer aber im gleichen Viertel um den Alexanderplatz herum. Ab 1917 scheint es wieder bergauf gegangen zu sein, Mendel Schnaimann (oder Schneimann) bezeichnete sich als Kaufmann, er zog in die Dresdener Straße 57, wo er bis 1932 eingetragen blieb – obwohl er bereits am 29. Dezember 1928 gestorben war. Danach hatte Kraindla, die Witwe, vielleicht mit ihren ledigen Töchtern, zur Untermiete gewohnt, im Adressbuch tauchte sie zunächst nicht mehr auf. In der Wielandstraße 17, wo sie ab 1937 wohnte, ist dann eine „Schreimann M., Frau“ verzeichnet, und es drängt sich der Verdacht auf, dass es sich hier um einen fehlerhaften Eintrag von „Schneimann K.“ handelt, vielleicht war die handschriftliche Meldung schlecht leserlich.

1935, Hitler war schon zwei Jahre an der Macht, wurden Kraindla und ihre zwei Töchter ausgebürgert, wahrscheinlich auch David, sicherlich wegen der polnischen Herkunft. Regina, damals Buchhalterin in Lichterfelde, löste das Problem, indem sie einen Deutschen, Gustav Lücke, heiratete. Paula, auch Buchhalterin, verlor als Staatenlose nun die Arbeitserlaubnis, arbeitete noch einige Zeit zu Hause für eine jüdischen Firma, bis diese auch schließen musste. Es gelang ihr im August 1939 die Auswanderung über Rotterdam nach England, wo sie als Kellnerin arbeitete. In die USA, für die sie seit September 1939 auf der Warteliste stand, gelangte sie erst 1947.

Bis zu ihrer Ausbürgerung wohnte Paula, die sich 1938 in Hannacha hatte umbenennen lassen, mit Kraindla in der Wielandstraße, Gartenhaus 3. Stock. Auch David wohnte zuletzt dort. Er wurde am 17. November 1941 nach Kowno (Kaunas) deportiert und ist eines der Opfer der grausamen Massenerschießungen im dortigen Fort IX am 25. November 1941, ausgeführt von dem Einsatzkommando 3 der Einsatzgruppe A unter Leitung des SS-Standartenführers Karl Jäger. Auch litauische Helfer und Mitglieder des deutschen Polizeibataillons 11 waren daran beteiligt.

Kraindla konnte das nicht wissen, da die Deportierten über ihr Ziel getäuscht worden waren: sie glaubten in ein Ghetto bei Riga oder in ein Arbeitslager gebracht zu werden. Da auch Regina mit ihrem Mann inzwischen geflüchtet war, blieb Kraindla allein zurück. In ihre 3-Zimmer-Wohnung nahm sie einen Untermieter, William Posner, auf. Ende August wurde dann auch sie – zusammen mit anderen Bewohnerinnen des Hauses – festgenommen, in das zum Sammellager umfunktionierte jüdische Altersheim in der Großen Hamburger Straße 26 gebracht, und am 1. September nach Theresienstadt deportiert. Den dort dramatisch schlechten Lebensumständen war Kraindla zunächst nur wenige Wochen ausgesetzt: am 29. September 1942 wurde sie nach Treblinka weiter deportiert - und dort ermordet.

Kraindlas 80-jähriger Untermieter William Posner, von dem es in der ihr abverlangten „Vermögenserklärung“ hieß „wandert nicht mit aus“, wurde wenige Wochen später, am 3. Oktober 1942, ebenfalls nach Theresienstadt deportiert. Die Wohnung wurde laut Portier von „dem Juden Niesmann“ bezogen, der seinerseits am 25. Januar 1943 „abgeholt“ wurde. Kraindlas Möbel und Hausrat, auf 143 RM geschätzt, wurden für 108,10 Mark von Frieda Bubath aus Spandau erstanden, der Erlös von der Oberfinanzdirektion einbehalten. Die Wohnung wurde endgültig am 15.Mai 1943 geräumt.