Max Singer

Verlegeort
Wielandstr. 17
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
01. Juli 2010
Geboren
11. Januar 1882 in Augsburg
Deportation
am 19. April 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Max Singer wurde am 11. Januar 1882 in Augsburg geboren. Wann er nach Berlin kam, ist nicht klar. Anlass war wohl die 1905 erfolgte Gründung der Firma seines Bruders Leopold Singer, Futtermittel und Getreide, in die Max 1917 als Gesellschafter eintrat. Zu dem Zeitpunkt war er 35 Jahre alt und wohnte in der Kantstraße 34, das Eckhaus zur Wielandstraße 45. In der Wielandstraße 45 wohnte Leopold bereits seit 1911, dort war auch die Getreidegroßhandlung und „Speicherei“ angesiedelt. Beide Adressen des Eckhauses werden bis 1924 mal als Geschäft, mal als Wohnung oder beides angegeben. Auch der Kaufmann Otto Singer wohnte hier, möglicherweise ebenfalls ein Verwandter, da auch er später die gleichen Adressen wie Leopold und Max hatte. <br />
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Kurz nach Maxens Eintritt in die Firma schied Leopold aus, Max führte sie einige Jahre als alleiniger Inhaber. 1920 trat Leopold wieder ein und beide Brüder führten sie künftig gemeinsam. Die Inflationszeit scheint das Geschäft gut überstanden zu haben – Getreide braucht man immer. 1924 gründete Max ein zweite Firma, Leopold Singer & Co GmbH, Getreidehandel, Inhaber Max Singer und Erhard Sinasohn, Sitz am Tauentzien 7. Das Büro der Mutterfirma befand sich ein Jahr darauf in der Grolmanstraße 42/43, dies war in den folgenden Jahren laut Adressbuch auch die Wohnadresse von Leopold, Otto und/oder Max. Kein Wunder, denn wenig später, 1926, nannte das Adressbuch als Eigentümer des Wohngebäudes Grolmanstraße 42/43 L. Singer & Co. Offenbar liefen die Geschäfte so gut, dass die Brüder in mehrere Immobilien investierten, nicht nur die Grolmanstraße, auch die Fasanenstrasse 56 und ein Haus im Grunewald wurden ihr Eigentum, immer auf den Namen der Firma eingetragen.<br />
<br />
Wir wissen einiges über die Firma der beiden Brüder, wenig über ihr privates Leben. Max war mit der am 14. Juni 1892 geborenen Hamburgerin Elly Wiener verheiratet, ob sie Kinder hatten ist nicht bekannt. Vielleicht war Max Aktionär des Berliner Zoos wie sein Bruder Leopold. Dieser hatte sich 1905 bei der Eintragung seines Gewerbes mit der Aktionärskarte des Zoos ausgewiesen. Das Halten von Zoo-Aktien war im Berliner Bürgertum, und wie es scheint, besonders im jüdischen, sehr beliebt: eine Rendite gab es nicht, dafür freien Eintritt und Zugang zu gesellschaftlichen Ereignissen.<br />
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Im Februar 1932 starb Leopold und Max war als Erbe nun Alleininhaber des Betriebes. Dieser scheint nicht mehr so gut gelaufen zu sein, möglicherweise eine Folge der Weltwirtschaftskrise. Vom Haus in der Grolmanstraße wird berichtet, der Putz falle von der Fassade und mehrere Wohnungen hätten erhebliche Mängel. 1932 stand es unter Zwangsverwaltung, ein Zwangsversteigerungstermin war für Dezember angesetzt. Der wurde zwar wieder ausgesetzt, aber zwei Jahre später fand die Zwangsversteigerung doch statt, Käufer war ein Gläubiger, das Bankhaus Carl Cahn. Allerdings musste dieser im Zuge antijüdischer Verordnungen wenige Jahre später das Haus wieder verkaufen, sicherlich ein Fall von „Arisierung“. <br />
<br />
Max Singer verlegte Wohnung und Geschäft erst in die Schlüter-, dann in die Wielandstraße 33. Bis Ende 1937 betrieb er seinen Getreidehandel, so ein Schreiben von 1938 der Industrie -und Handelskammer an das Finanzamt, aber dann habe er, „da er als Jude Bedenken hatte, das Geschäft fortzuführen, zunächst weitere An- und Verkäufe nicht abgeschlossen, ohne daß für die Ausübung dieses Gewerbes ein Verbot bestand oder bisher erlassen worden ist“. Er hoffe aber, „daß er den Betrieb in absehbarer Zeit wird wieder aufnehmen können“ und bitte, „zunächst von der Firmenlöschung abzusehen, da die Firma noch als Eigentümerin der Grundstücke Fasanenstraße 56 und Grunewald, Teplitzer Straße 9 eingetragen ist und er bereits Verhandlungen hinsichtlich des Verkaufs dieser Grundstücke führt“. Und die IHK fügte hinzu: „Singer, der nicht beabsichtigt Deutschland zu verlassen, glaubt daß innerhalb eines Jahres die Grundstücke verkauft sind und dann auch Klarheit bestehen wird, ob er als Jude sein Getreidegroßhandelsgeschäft wird weiterführen können oder aufgeben müssen.“ <br />
<br />
Diese Hoffnung erfüllte sich nicht, im Gegenteil: 1940 sah er sich nun doch gezwungen, die Firmenlöschung zu beantragen. Er war inzwischen noch einmal umgezogen, zur Untermiete in die Wielandstraße 17, bei Loewenthal. Auch der Verkauf der Immobilien wird sich für Max Singer bitter gestaltet haben. Unter Druck sahen sich jüdische Eigentümer in der Regel genötigt, weit unter Preis zu verkaufen, und konnten dann, auf Grund antijüdischer Verordnungen, über den Erlös – so sie ihn überhaupt erhielten – nicht frei verfügen. Die Fasanenstraße 56 war noch 1942 als Eigentum der L. Singer GmbH im Adressbuch angegeben, 1943 hieß es dann: „Eigentümer ungenannt“. <br />
<br />
Es bleibt unklar, warum 1939, zum Zeitpunkt der Volkszählung, bei der alle jüdischen Mieter und Untermieter in einer getrennten „Ergänzungskartei“ erfasst wurden, nur Max, nicht aber Elly in der Wielandstraße 17 registriert wurde. Elly habe in der Xantener Straße 7 gewohnt. Jedenfalls mussten beide zwangsweise noch einmal – gemeinsam – in die Mommsenstraße 22 umziehen. Von dieser Wohnung wurden sie im April 1943 abgeholt, in ein Sammellager gebracht und bald darauf, am 19. April, nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Ihr Todestag ist nicht bekannt.<br />

Max Singer wurde am 11. Januar 1882 in Augsburg geboren. Wann er nach Berlin kam, ist nicht klar. Anlass war wohl die 1905 erfolgte Gründung der Firma seines Bruders Leopold Singer, Futtermittel und Getreide, in die Max 1917 als Gesellschafter eintrat. Zu dem Zeitpunkt war er 35 Jahre alt und wohnte in der Kantstraße 34, das Eckhaus zur Wielandstraße 45. In der Wielandstraße 45 wohnte Leopold bereits seit 1911, dort war auch die Getreidegroßhandlung und „Speicherei“ angesiedelt. Beide Adressen des Eckhauses werden bis 1924 mal als Geschäft, mal als Wohnung oder beides angegeben. Auch der Kaufmann Otto Singer wohnte hier, möglicherweise ebenfalls ein Verwandter, da auch er später die gleichen Adressen wie Leopold und Max hatte.

Kurz nach Maxens Eintritt in die Firma schied Leopold aus, Max führte sie einige Jahre als alleiniger Inhaber. 1920 trat Leopold wieder ein und beide Brüder führten sie künftig gemeinsam. Die Inflationszeit scheint das Geschäft gut überstanden zu haben – Getreide braucht man immer. 1924 gründete Max ein zweite Firma, Leopold Singer & Co GmbH, Getreidehandel, Inhaber Max Singer und Erhard Sinasohn, Sitz am Tauentzien 7. Das Büro der Mutterfirma befand sich ein Jahr darauf in der Grolmanstraße 42/43, dies war in den folgenden Jahren laut Adressbuch auch die Wohnadresse von Leopold, Otto und/oder Max. Kein Wunder, denn wenig später, 1926, nannte das Adressbuch als Eigentümer des Wohngebäudes Grolmanstraße 42/43 L. Singer & Co. Offenbar liefen die Geschäfte so gut, dass die Brüder in mehrere Immobilien investierten, nicht nur die Grolmanstraße, auch die Fasanenstrasse 56 und ein Haus im Grunewald wurden ihr Eigentum, immer auf den Namen der Firma eingetragen.

Wir wissen einiges über die Firma der beiden Brüder, wenig über ihr privates Leben. Max war mit der am 14. Juni 1892 geborenen Hamburgerin Elly Wiener verheiratet, ob sie Kinder hatten ist nicht bekannt. Vielleicht war Max Aktionär des Berliner Zoos wie sein Bruder Leopold. Dieser hatte sich 1905 bei der Eintragung seines Gewerbes mit der Aktionärskarte des Zoos ausgewiesen. Das Halten von Zoo-Aktien war im Berliner Bürgertum, und wie es scheint, besonders im jüdischen, sehr beliebt: eine Rendite gab es nicht, dafür freien Eintritt und Zugang zu gesellschaftlichen Ereignissen.

Im Februar 1932 starb Leopold und Max war als Erbe nun Alleininhaber des Betriebes. Dieser scheint nicht mehr so gut gelaufen zu sein, möglicherweise eine Folge der Weltwirtschaftskrise. Vom Haus in der Grolmanstraße wird berichtet, der Putz falle von der Fassade und mehrere Wohnungen hätten erhebliche Mängel. 1932 stand es unter Zwangsverwaltung, ein Zwangsversteigerungstermin war für Dezember angesetzt. Der wurde zwar wieder ausgesetzt, aber zwei Jahre später fand die Zwangsversteigerung doch statt, Käufer war ein Gläubiger, das Bankhaus Carl Cahn. Allerdings musste dieser im Zuge antijüdischer Verordnungen wenige Jahre später das Haus wieder verkaufen, sicherlich ein Fall von „Arisierung“.

Max Singer verlegte Wohnung und Geschäft erst in die Schlüter-, dann in die Wielandstraße 33. Bis Ende 1937 betrieb er seinen Getreidehandel, so ein Schreiben von 1938 der Industrie -und Handelskammer an das Finanzamt, aber dann habe er, „da er als Jude Bedenken hatte, das Geschäft fortzuführen, zunächst weitere An- und Verkäufe nicht abgeschlossen, ohne daß für die Ausübung dieses Gewerbes ein Verbot bestand oder bisher erlassen worden ist“. Er hoffe aber, „daß er den Betrieb in absehbarer Zeit wird wieder aufnehmen können“ und bitte, „zunächst von der Firmenlöschung abzusehen, da die Firma noch als Eigentümerin der Grundstücke Fasanenstraße 56 und Grunewald, Teplitzer Straße 9 eingetragen ist und er bereits Verhandlungen hinsichtlich des Verkaufs dieser Grundstücke führt“. Und die IHK fügte hinzu: „Singer, der nicht beabsichtigt Deutschland zu verlassen, glaubt daß innerhalb eines Jahres die Grundstücke verkauft sind und dann auch Klarheit bestehen wird, ob er als Jude sein Getreidegroßhandelsgeschäft wird weiterführen können oder aufgeben müssen.“

Diese Hoffnung erfüllte sich nicht, im Gegenteil: 1940 sah er sich nun doch gezwungen, die Firmenlöschung zu beantragen. Er war inzwischen noch einmal umgezogen, zur Untermiete in die Wielandstraße 17, bei Loewenthal. Auch der Verkauf der Immobilien wird sich für Max Singer bitter gestaltet haben. Unter Druck sahen sich jüdische Eigentümer in der Regel genötigt, weit unter Preis zu verkaufen, und konnten dann, auf Grund antijüdischer Verordnungen, über den Erlös – so sie ihn überhaupt erhielten – nicht frei verfügen. Die Fasanenstraße 56 war noch 1942 als Eigentum der L. Singer GmbH im Adressbuch angegeben, 1943 hieß es dann: „Eigentümer ungenannt“.

Es bleibt unklar, warum 1939, zum Zeitpunkt der Volkszählung, bei der alle jüdischen Mieter und Untermieter in einer getrennten „Ergänzungskartei“ erfasst wurden, nur Max, nicht aber Elly in der Wielandstraße 17 registriert wurde. Elly habe in der Xantener Straße 7 gewohnt. Jedenfalls mussten beide zwangsweise noch einmal – gemeinsam – in die Mommsenstraße 22 umziehen. Von dieser Wohnung wurden sie im April 1943 abgeholt, in ein Sammellager gebracht und bald darauf, am 19. April, nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Ihr Todestag ist nicht bekannt.