Gertrud Hirschmann née Hirschmann

Location 
Leibnizstr. 34
District
Charlottenburg
Stone was laid
09 June 2009
Born
18 November 1893 in Tarnowitz (Oberschlesien) / Tarnowskie Góry
Deportation
on 14 December 1942 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Gertrud Hirschmann kam am 18. November 1893 im oberschlesischen Tarnowitz (heute Tarnowskie Góry/Polen) als Tochter des Kaufmanns Adolf Ascher Hirschmann (1862–1905) und seiner Ehefrau Ernestine, geb. Herzberg (1867–1942) auf die Welt. Ihre Eltern hatten 1899 in Alt-Zabrze (seit 1915 Hindenburg), dem Geburtsort ihrer Mutter, geheiratet, und der Vater hatte eine eigene Firma gegründet. Gertruds ältere Schwester Johanna war am 22. Juli 1890 geboren worden und am 27. April 1904 kam ihr Bruder Salo auf die Welt. <br />
Tarnowitz, nördlich von Kattowitz und Beuthen gelegen und die „Wiege des schlesischen Bergbaus“ genannt, gehörte zur Provinz Schlesien des Deutschen Reiches. Ungefähr sieben Prozent der Bevölkerung waren Juden, die jüdische Gemeinde besaß seit 1864 eine eigene Synagoge. <br />
Die Verwandten wohnten meist in der Umgebung. Der 1918 gestorbene Großvater Fedor Hirschmann war Schneidermeister, der Großvater Salomon Herzberg (1840– 1903) ein wohlhabender Kaufmann in Zabrze/Hindenburg – dort zeugt die Ruine des repräsentativen Grabmals der Familie von seinem Reichtum. Es gab eine ganze Reihe von Onkeln und Tanten. Gertruds Mutter Ernestine war eins von neun Kindern. Ihr Vater hatte vier Geschwister, von denen die Brüder Jakob (*?) und Eugen (*1868) während der Kindheit und Jugend von Gertrud in Tarnowitz lebten.<br />
Gertrud Hirschmann war noch ein Kind, als Anfang September 1905 ihr Vater starb und ihre Mutter mit drei Kindern zurückblieb. Im digitalisierten Adressbuch von Tarnowitz aus dem Jahr 1911 ist zu sehen (und zu ahnen), wie die Witwe Ernestine Hirschmann weiterlebte: Sie wohnte mit ihren Schwiegereltern und ihrem Schwager Jakob Hirschmann (dessen Ehefrau 1906 gestorben war und der drei Kinder hatte) in einem Haus. Jakob Hirschmann besaß dort einen Bierverlag. Eugen Hirschmann, der andere Schwager, war einer der wenigen niedergelassen Ärzte in der Bergbaustadt geworden. <br />
Diesen Onkel heiratete Gertrud Hirschmann am 23. Dezember 1919 in Berlin: Beide wohnten zum Zeitpunkt der Hochzeit in der Kantstraße 46 in Charlottenburg. Trauzeugen waren ihr Onkel Jakob Hirschmann aus Tarnowitz und Salo Adler aus Breslau, der Ehemann ihrer Tante Olga, geb. Hirschmann. – 1922 wurde Tarnowitz polnisch. Jakob Hirschmann blieb in seiner Heimat und lebte dort noch Ende der 1920er-Jahre. <br />
<br />
Gertrud Hirschmann und ihr Ehemann wohnten weiterhin im 3. Stock des Hauses Kantstraße 46, fast an der Ecke zur Weimarer Straße. Sanitätsrat Dr. Eugen Hirschmann führte bis zu seinem Tod am 16. Januar 1924 dort auch seine Praxis. (Dort gibt es noch immer Arztpraxen, und vor dem Haus liegen Stolpersteine für andere, die hier ihre letzte frei gewählte Wohnung hatten.)<br />
Als Witwe blieb Gertrud Hirschmann noch bis ungefähr 1930 in der gemeinsamen Wohnung. Im Berliner Adressbuch von 1931 finden sich ihre Mutter Ernestine Hirschmann und der Bruder Salo in der Pestalozzistraße 92a in Charlottenburg. Salo Hirschmann war Drogist geworden, und in dem Haus an der Ecke Leibnizstraße befand sich eine Drogerie. 1933 ist auch Gertrud Hirschmann mit einem Chemisch-Pharmazeutischen Laboratorium notiert. In den folgenden Jahren lebten Ernestine, Salo und die verwitwete Gertrud in diesem Haus. Johanna Hirschmann, die ledige Tochter und Schwester, wurde nicht genannt, hat also keinen eigenen Haushalt gehabt. <br />
Anfang August 1933 hatte Gertruds Bruder Salo Hirschmann die 1907 in Thorn geborene Margot Olga Fischer geheiratet, die dort auch gewohnt haben muss. Salo Hirschmann und seine Ehefrau gingen 1938/1939 fort – das gemeinsame Leben (und die gemeinsame Arbeit) der Familie war beendet. <br />
Im Mai 1939 lebten die Schwestern Gertrud und Johanna bereits mit ihrer Mutter Ernestine Hirschmann im Gartenhaus der Leibnizstraße 34. Dort starb die Mutter am 31. August 1942 eines „natürlichen Todes“. Gertrud war Zwangsarbeiterin, Johanna wohl auch. <br />
Am 14. Dezember 1942 wurden die Schwestern nach Auschwitz deportiert. Es war der letzte Transport aus Berlin vor dem Jahreswechsel 1942/1943. Über 800 Menschen wurden nach Auschwitz verschleppt, die meisten wurden sofort ermordet, im Januar 1943 waren auch die als „arbeitsfähig“ Selektierten tot. <br />
<br />
Der Bruder Salo Yekutiel Hirschmann und seine Ehefrau hatten sich retten können. Sie lebten in Israel, bekamen Kinder und Enkel. Salo Hirschmann starb 1988 in Haifa, seine Ehefrau Olga 1997. <br />

Gertrud Hirschmann kam am 18. November 1893 im oberschlesischen Tarnowitz (heute Tarnowskie Góry/Polen) als Tochter des Kaufmanns Adolf Ascher Hirschmann (1862–1905) und seiner Ehefrau Ernestine, geb. Herzberg (1867–1942) auf die Welt. Ihre Eltern hatten 1899 in Alt-Zabrze (seit 1915 Hindenburg), dem Geburtsort ihrer Mutter, geheiratet, und der Vater hatte eine eigene Firma gegründet. Gertruds ältere Schwester Johanna war am 22. Juli 1890 geboren worden und am 27. April 1904 kam ihr Bruder Salo auf die Welt.
Tarnowitz, nördlich von Kattowitz und Beuthen gelegen und die „Wiege des schlesischen Bergbaus“ genannt, gehörte zur Provinz Schlesien des Deutschen Reiches. Ungefähr sieben Prozent der Bevölkerung waren Juden, die jüdische Gemeinde besaß seit 1864 eine eigene Synagoge.
Die Verwandten wohnten meist in der Umgebung. Der 1918 gestorbene Großvater Fedor Hirschmann war Schneidermeister, der Großvater Salomon Herzberg (1840– 1903) ein wohlhabender Kaufmann in Zabrze/Hindenburg – dort zeugt die Ruine des repräsentativen Grabmals der Familie von seinem Reichtum. Es gab eine ganze Reihe von Onkeln und Tanten. Gertruds Mutter Ernestine war eins von neun Kindern. Ihr Vater hatte vier Geschwister, von denen die Brüder Jakob (*?) und Eugen (*1868) während der Kindheit und Jugend von Gertrud in Tarnowitz lebten.
Gertrud Hirschmann war noch ein Kind, als Anfang September 1905 ihr Vater starb und ihre Mutter mit drei Kindern zurückblieb. Im digitalisierten Adressbuch von Tarnowitz aus dem Jahr 1911 ist zu sehen (und zu ahnen), wie die Witwe Ernestine Hirschmann weiterlebte: Sie wohnte mit ihren Schwiegereltern und ihrem Schwager Jakob Hirschmann (dessen Ehefrau 1906 gestorben war und der drei Kinder hatte) in einem Haus. Jakob Hirschmann besaß dort einen Bierverlag. Eugen Hirschmann, der andere Schwager, war einer der wenigen niedergelassen Ärzte in der Bergbaustadt geworden.
Diesen Onkel heiratete Gertrud Hirschmann am 23. Dezember 1919 in Berlin: Beide wohnten zum Zeitpunkt der Hochzeit in der Kantstraße 46 in Charlottenburg. Trauzeugen waren ihr Onkel Jakob Hirschmann aus Tarnowitz und Salo Adler aus Breslau, der Ehemann ihrer Tante Olga, geb. Hirschmann. – 1922 wurde Tarnowitz polnisch. Jakob Hirschmann blieb in seiner Heimat und lebte dort noch Ende der 1920er-Jahre.

Gertrud Hirschmann und ihr Ehemann wohnten weiterhin im 3. Stock des Hauses Kantstraße 46, fast an der Ecke zur Weimarer Straße. Sanitätsrat Dr. Eugen Hirschmann führte bis zu seinem Tod am 16. Januar 1924 dort auch seine Praxis. (Dort gibt es noch immer Arztpraxen, und vor dem Haus liegen Stolpersteine für andere, die hier ihre letzte frei gewählte Wohnung hatten.)
Als Witwe blieb Gertrud Hirschmann noch bis ungefähr 1930 in der gemeinsamen Wohnung. Im Berliner Adressbuch von 1931 finden sich ihre Mutter Ernestine Hirschmann und der Bruder Salo in der Pestalozzistraße 92a in Charlottenburg. Salo Hirschmann war Drogist geworden, und in dem Haus an der Ecke Leibnizstraße befand sich eine Drogerie. 1933 ist auch Gertrud Hirschmann mit einem Chemisch-Pharmazeutischen Laboratorium notiert. In den folgenden Jahren lebten Ernestine, Salo und die verwitwete Gertrud in diesem Haus. Johanna Hirschmann, die ledige Tochter und Schwester, wurde nicht genannt, hat also keinen eigenen Haushalt gehabt.
Anfang August 1933 hatte Gertruds Bruder Salo Hirschmann die 1907 in Thorn geborene Margot Olga Fischer geheiratet, die dort auch gewohnt haben muss. Salo Hirschmann und seine Ehefrau gingen 1938/1939 fort – das gemeinsame Leben (und die gemeinsame Arbeit) der Familie war beendet.
Im Mai 1939 lebten die Schwestern Gertrud und Johanna bereits mit ihrer Mutter Ernestine Hirschmann im Gartenhaus der Leibnizstraße 34. Dort starb die Mutter am 31. August 1942 eines „natürlichen Todes“. Gertrud war Zwangsarbeiterin, Johanna wohl auch.
Am 14. Dezember 1942 wurden die Schwestern nach Auschwitz deportiert. Es war der letzte Transport aus Berlin vor dem Jahreswechsel 1942/1943. Über 800 Menschen wurden nach Auschwitz verschleppt, die meisten wurden sofort ermordet, im Januar 1943 waren auch die als „arbeitsfähig“ Selektierten tot.

Der Bruder Salo Yekutiel Hirschmann und seine Ehefrau hatten sich retten können. Sie lebten in Israel, bekamen Kinder und Enkel. Salo Hirschmann starb 1988 in Haifa, seine Ehefrau Olga 1997.