Ernst Lewinsohn (Lee)

Location 
Lucy-Lameck-Straße 12
District
Neukölln
Stone was laid
16 November 2015
Born
24 April 1897 in Dresden
Occupation
Unterhaltungsmusiker, Pianist
Deportation
on 19 October 1942 to Riga
Murdered
in Riga

Ernst Lee (ursprünglich Lewinsohn) wurde am 24. Apr. 1897 als Sohn des Kaufmanns Karl Julius Lewinsohn und seiner Frau Leonore Lewinsohn, geb. Jakobi, im Dresdner Stadtteil Striesen geboren. Die meisten Informationen über sein Leben stammen aus einer Akte der Reichskulturkammer (BAB LeeE). Bereits im Jahr seiner Geburt zog die Familie Lewinsohn nach Berlin, wo Ernst Lee bis 1911 die 113. Gemeindeschule in Moabit besuchte. Anschließend begann er eine kaufmännische Lehre im Bekleidungsgeschäft A. C. Steinhardt Unter den Linden, brach diese jedoch ab, weil er Musiker werden wollte. 1911 bis 1915 nahm er Klavierunterricht bei Hugo Leonhardt. Im November 1916 wurde er zum Kriegsdienst einberufen. Bis Oktober 1918 war er Soldat im 152. und 148. Regiment und wurde u.a. an der Front eingesetzt.<br />
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs nahm er im Bereich der Unterhaltungs- und Tanzmusik eine Tätigkeit als Pianist auf und änderte mit Genehmigung des Polizeipräsidenten von Berlin im Dezember 1919 seinen Nachnahmen von Lewinsohn in Lee (StadtAD LeeE). In verschiedenen Lokalen in Berlin und anderswo trat er insbesondere mit Soloprogrammen auf: 1919 in der Prinzess Diele in der Kleiststraße 41, 1920 in Meyers Likörstube in Swinemünde (Świnoujście), 1920/1924 in der Rückforth Likörstube in Swinemünde, 1929 in Kühn’s Weinstuben in der Bülowstraße 85, 1929/1930 im Gruban Weinhaus in Berlin, 1931 im Broadway in der Kantstraße 8, ca. 1931 im Hotel Monopol in Kolberg an der Ostsee (Kołobrzeg), 1932 in Hahnen’s Conditorei am Nollendorfplatz, 1933 in der Schwedendiele am Kurfürstendamm und darüber hinaus in der Uhu Bar in der Kleiststraße, in der Chanteclair Bar (Hahnen) am Nollendorfplatz, im Alten Backhaus in der Joachimstraße, im Kaffee Königsfest in der Behrenstraße, Ecke Friedrichstraße sowie im Kaffee Altmarkt in Meerane (Sachsen). Diese Engagements wurden 1924 für einige Zeit unterbrochen, da er wegen Hehlerei zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, von der er schließlich 22 Monate absitzen musste. 1929 erfolgte zudem eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung.<br />
Zwischen Dezember 1933 und März 1934 war Ernst Lee erwerbslos. Anschließend erhielt er ein Engagement im Goldenen Anker in der Kirchstraße 11, bis er sich im Mai 1935 erneut erwerbslos melden musste und daraufhin eine wöchentliche Arbeitslosenunterstützung von 8,40 RM vom Arbeitsamt Nord (Berlin) erhielt. Im März 1934 musste er den ersten Fragebogen des Reichskartells der deutschen Musikerschaft e. V. für die dauerhafte Aufnahme in die Reichsmusikkammer ausfüllen und im Juli 1934 ergänzend dazu den Fragebogen der Reichsmusikkammer für die Aufnahme von „Nichtariern“. Mit den Auskünften, die er in diesem Zusammenhang zur jüdischen Herkunft seiner Mutter gemacht hatte, war für die Reichsmusikkammer die Grundlage gelegt, ihm am 19. Aug. 1935 im Zuge der Massenausschlüsse aufgrund von Paragraph 10 der „Ersten Durchführungsverordnung des Reichskulturkammergesetzes“ die Mitgliedschaft wieder zu entziehen. Er beantragte, um zumindest in den Besitz eines vorläufigen Ausweises zu gelangen, im Januar 1935 die Prüfung seiner Leistungen als Berufsmusiker für das Instrument Klavier (Alleinunterhalter). Um eine Befreiung von den Prüfungsgebühren zu bewirken, reichte er Mitte 1935 bei der Reichsmusikkammer eine Mittellosigkeitsbescheinigung ein. Für die Zeit von Ende Dezember 1935 bis Ende Februar 1936 erhielt er eine befristete Spielerlaubnis. Eine Beschwerde gegen das Berufsverbot, die er am 1. Febr. 1936 einreichte, wurde am 4. Juli 1936 endgültig zurückgewiesen.<br />
Ernst Lee setzte seine musikalische Tätigkeit auch nach dem Berufsverbot fort, da er einen Weg finden musste, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ab Januar 1936 spielte er an den Wochenenden in der Gastwirtschaft Kummerow in der Altonaerstraße 36. Hier wurde er 1937 von einem für die Überwachung der Berufsverbote zuständigen Kontrollbeamten der Reichsmusikkammer beim Musizieren erwischt und musste am 25. Juli 1937 in einem polizeilichen Protokoll zugeben, dass er bereits seit längerem gegen das Berufsverbot verstieß. Dabei gab er an, nicht gewusst zu haben, dass er sich strafbar gemacht habe. Der Kontrollbeamte Max Andress verfasste am 28. Juli 1937 eine gegen Ernst Lee gerichtete Anzeige, in der er eine Ordnungsstrafe in Höhe von 50 RM forderte. Am 24. Aug. 1937 verhängte die Reichsmusikkammer daraufhin eine Ordnungsstrafe in Höhe von 25 RM, die innerhalb von zehn Tagen gezahlt werden musste (BAB LeeE, Bild-Nr. 2114). Darüber hinaus wurde die Wirtin Anna Kummerow verwarnt, weil sie Lee unter Tarif bezahlt hatte und sie seine Spielerlaubnis hätte prüfen müssen. Am 25. Sept. 1937 teilte Ernst Lee schließlich mit, dass er die Ordnungsstrafe nicht zahlen könne, dass er aber ab dem nächsten Monat eine Beschäftigung als Kellner im Restaurant Gaser in der Kirchstraße 8 in Moabit antreten werde und dann die Strafe so bald wie möglich zahlen wolle.<br />
Anfang 1938 wurde Ernst Lee erneut von einem Kontrollbeamten der Reichsmusikkammer beim „unerlaubten“ Musizieren angetroffen. Diesmal hatte er nach Aufforderung durch einige Gäste verschiedene Stücke vorgetragen. Im Protokoll der Vorladung vom 24. Jan. 1938 gab er an, ohne Entgelt gespielt zu haben. Der Anzeige des Kontrollbeamten Erich Woschke, der eine Ordnungsstrafe in Höhe von 30 RM forderte, folgte schließlich am 29. Apr. 1938 die Verhängung einer Ordnungsstrafe in Höhe von 100 RM (BAB LeeE, Bild-Nr. 2024). Gegen die Höhe der Strafe legte Lee – allerdings erfolglos – Beschwerde ein. Da er den Betrag (die neue und die verbleibende alte Strafe) nicht sofort zahlen konnte, wurde ihm die Zahlung von Raten bewilligt. Der Wirt Gustav Gaser wurde in diesem Zusammenhang verpflichtet, bei der Beitreibung der Ordnungsstrafe mitzuwirken. Verschärfend kam hinzu, dass Lee krank wurde und aus seiner Stellung als Kellner entlassen wurde. Am 22. Juni 1938 übermittelte die Reichsmusikkammer deshalb einen Vollstreckungsauftrag an das Finanzamt mit dem Ziel der Beitreibung der zu diesem Zeitpunkt verbleibenden Ordnungsstrafe in Höhe von rund 100 RM. In einer Niederschrift über die „fruchtlose Pfändung“ vom 20. Sept. 1938 hieß es jedoch, dass man keine pfändbaren Sachen vorgefunden habe. Da Ernst Lee in der folgenden Zeit nur gelegentlich in der Lage war, kleine Beträge zu zahlen, leitete die Reichsmusikkammer im Dezember 1938 beim Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda die Verhängung einer Passsperre in die Wege. Damit sollte verhindert werden, dass er das Land verließ, ohne vorher die Strafe bezahlt zu haben. Mit Bezug auf den „Gnadenerlass des Führers und Reichskanzlers für die Zivilbevölkerung“ vom 9. Sept. 1939 hob die Reichsmusikkammer am 5. Dez. 1939 die Ordnungsstrafe ebenso wie die Passsperre wieder auf.<br />
Ernst Lee gelang es zu diesem Zeitpunkt nicht mehr, Deutschland zu verlassen. Er blieb in Berlin und wurde nach einer zeitweiligen Inhaftierung im Berliner Polizeigefängnis am 19. Okt. 1942 nach Riga deportiert. Er gilt als verschollen (Gedenkbuch Berlin 1995).<br />

Ernst Lee (ursprünglich Lewinsohn) wurde am 24. Apr. 1897 als Sohn des Kaufmanns Karl Julius Lewinsohn und seiner Frau Leonore Lewinsohn, geb. Jakobi, im Dresdner Stadtteil Striesen geboren. Die meisten Informationen über sein Leben stammen aus einer Akte der Reichskulturkammer (BAB LeeE). Bereits im Jahr seiner Geburt zog die Familie Lewinsohn nach Berlin, wo Ernst Lee bis 1911 die 113. Gemeindeschule in Moabit besuchte. Anschließend begann er eine kaufmännische Lehre im Bekleidungsgeschäft A. C. Steinhardt Unter den Linden, brach diese jedoch ab, weil er Musiker werden wollte. 1911 bis 1915 nahm er Klavierunterricht bei Hugo Leonhardt. Im November 1916 wurde er zum Kriegsdienst einberufen. Bis Oktober 1918 war er Soldat im 152. und 148. Regiment und wurde u.a. an der Front eingesetzt.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs nahm er im Bereich der Unterhaltungs- und Tanzmusik eine Tätigkeit als Pianist auf und änderte mit Genehmigung des Polizeipräsidenten von Berlin im Dezember 1919 seinen Nachnahmen von Lewinsohn in Lee (StadtAD LeeE). In verschiedenen Lokalen in Berlin und anderswo trat er insbesondere mit Soloprogrammen auf: 1919 in der Prinzess Diele in der Kleiststraße 41, 1920 in Meyers Likörstube in Swinemünde (Świnoujście), 1920/1924 in der Rückforth Likörstube in Swinemünde, 1929 in Kühn’s Weinstuben in der Bülowstraße 85, 1929/1930 im Gruban Weinhaus in Berlin, 1931 im Broadway in der Kantstraße 8, ca. 1931 im Hotel Monopol in Kolberg an der Ostsee (Kołobrzeg), 1932 in Hahnen’s Conditorei am Nollendorfplatz, 1933 in der Schwedendiele am Kurfürstendamm und darüber hinaus in der Uhu Bar in der Kleiststraße, in der Chanteclair Bar (Hahnen) am Nollendorfplatz, im Alten Backhaus in der Joachimstraße, im Kaffee Königsfest in der Behrenstraße, Ecke Friedrichstraße sowie im Kaffee Altmarkt in Meerane (Sachsen). Diese Engagements wurden 1924 für einige Zeit unterbrochen, da er wegen Hehlerei zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, von der er schließlich 22 Monate absitzen musste. 1929 erfolgte zudem eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung.
Zwischen Dezember 1933 und März 1934 war Ernst Lee erwerbslos. Anschließend erhielt er ein Engagement im Goldenen Anker in der Kirchstraße 11, bis er sich im Mai 1935 erneut erwerbslos melden musste und daraufhin eine wöchentliche Arbeitslosenunterstützung von 8,40 RM vom Arbeitsamt Nord (Berlin) erhielt. Im März 1934 musste er den ersten Fragebogen des Reichskartells der deutschen Musikerschaft e. V. für die dauerhafte Aufnahme in die Reichsmusikkammer ausfüllen und im Juli 1934 ergänzend dazu den Fragebogen der Reichsmusikkammer für die Aufnahme von „Nichtariern“. Mit den Auskünften, die er in diesem Zusammenhang zur jüdischen Herkunft seiner Mutter gemacht hatte, war für die Reichsmusikkammer die Grundlage gelegt, ihm am 19. Aug. 1935 im Zuge der Massenausschlüsse aufgrund von Paragraph 10 der „Ersten Durchführungsverordnung des Reichskulturkammergesetzes“ die Mitgliedschaft wieder zu entziehen. Er beantragte, um zumindest in den Besitz eines vorläufigen Ausweises zu gelangen, im Januar 1935 die Prüfung seiner Leistungen als Berufsmusiker für das Instrument Klavier (Alleinunterhalter). Um eine Befreiung von den Prüfungsgebühren zu bewirken, reichte er Mitte 1935 bei der Reichsmusikkammer eine Mittellosigkeitsbescheinigung ein. Für die Zeit von Ende Dezember 1935 bis Ende Februar 1936 erhielt er eine befristete Spielerlaubnis. Eine Beschwerde gegen das Berufsverbot, die er am 1. Febr. 1936 einreichte, wurde am 4. Juli 1936 endgültig zurückgewiesen.
Ernst Lee setzte seine musikalische Tätigkeit auch nach dem Berufsverbot fort, da er einen Weg finden musste, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ab Januar 1936 spielte er an den Wochenenden in der Gastwirtschaft Kummerow in der Altonaerstraße 36. Hier wurde er 1937 von einem für die Überwachung der Berufsverbote zuständigen Kontrollbeamten der Reichsmusikkammer beim Musizieren erwischt und musste am 25. Juli 1937 in einem polizeilichen Protokoll zugeben, dass er bereits seit längerem gegen das Berufsverbot verstieß. Dabei gab er an, nicht gewusst zu haben, dass er sich strafbar gemacht habe. Der Kontrollbeamte Max Andress verfasste am 28. Juli 1937 eine gegen Ernst Lee gerichtete Anzeige, in der er eine Ordnungsstrafe in Höhe von 50 RM forderte. Am 24. Aug. 1937 verhängte die Reichsmusikkammer daraufhin eine Ordnungsstrafe in Höhe von 25 RM, die innerhalb von zehn Tagen gezahlt werden musste (BAB LeeE, Bild-Nr. 2114). Darüber hinaus wurde die Wirtin Anna Kummerow verwarnt, weil sie Lee unter Tarif bezahlt hatte und sie seine Spielerlaubnis hätte prüfen müssen. Am 25. Sept. 1937 teilte Ernst Lee schließlich mit, dass er die Ordnungsstrafe nicht zahlen könne, dass er aber ab dem nächsten Monat eine Beschäftigung als Kellner im Restaurant Gaser in der Kirchstraße 8 in Moabit antreten werde und dann die Strafe so bald wie möglich zahlen wolle.
Anfang 1938 wurde Ernst Lee erneut von einem Kontrollbeamten der Reichsmusikkammer beim „unerlaubten“ Musizieren angetroffen. Diesmal hatte er nach Aufforderung durch einige Gäste verschiedene Stücke vorgetragen. Im Protokoll der Vorladung vom 24. Jan. 1938 gab er an, ohne Entgelt gespielt zu haben. Der Anzeige des Kontrollbeamten Erich Woschke, der eine Ordnungsstrafe in Höhe von 30 RM forderte, folgte schließlich am 29. Apr. 1938 die Verhängung einer Ordnungsstrafe in Höhe von 100 RM (BAB LeeE, Bild-Nr. 2024). Gegen die Höhe der Strafe legte Lee – allerdings erfolglos – Beschwerde ein. Da er den Betrag (die neue und die verbleibende alte Strafe) nicht sofort zahlen konnte, wurde ihm die Zahlung von Raten bewilligt. Der Wirt Gustav Gaser wurde in diesem Zusammenhang verpflichtet, bei der Beitreibung der Ordnungsstrafe mitzuwirken. Verschärfend kam hinzu, dass Lee krank wurde und aus seiner Stellung als Kellner entlassen wurde. Am 22. Juni 1938 übermittelte die Reichsmusikkammer deshalb einen Vollstreckungsauftrag an das Finanzamt mit dem Ziel der Beitreibung der zu diesem Zeitpunkt verbleibenden Ordnungsstrafe in Höhe von rund 100 RM. In einer Niederschrift über die „fruchtlose Pfändung“ vom 20. Sept. 1938 hieß es jedoch, dass man keine pfändbaren Sachen vorgefunden habe. Da Ernst Lee in der folgenden Zeit nur gelegentlich in der Lage war, kleine Beträge zu zahlen, leitete die Reichsmusikkammer im Dezember 1938 beim Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda die Verhängung einer Passsperre in die Wege. Damit sollte verhindert werden, dass er das Land verließ, ohne vorher die Strafe bezahlt zu haben. Mit Bezug auf den „Gnadenerlass des Führers und Reichskanzlers für die Zivilbevölkerung“ vom 9. Sept. 1939 hob die Reichsmusikkammer am 5. Dez. 1939 die Ordnungsstrafe ebenso wie die Passsperre wieder auf.
Ernst Lee gelang es zu diesem Zeitpunkt nicht mehr, Deutschland zu verlassen. Er blieb in Berlin und wurde nach einer zeitweiligen Inhaftierung im Berliner Polizeigefängnis am 19. Okt. 1942 nach Riga deportiert. Er gilt als verschollen (Gedenkbuch Berlin 1995).