Helga Herz

Location 
Akazienallee 4
District
Mahlsdorf
Stone was laid
06 October 2023
Born
09 August 1912 in Güstrow
Occupation
Bibliothekarin
Escape
1933 Frankreich, 1942 USA
Interniert
1940 in Gurs
Survived

Helga Herz wurde als erstes Kind von Alice und Paul Herz am 9. August 1912 in Güstrow/Mecklenburg geboren. Da ihre Eltern bereits vor ihrer Geburt aus der jüdischen Gemeinde ausgetreten waren, wuchs sie nach eigenen Worten zwar religiös, jedoch nicht nach jüdisch religiöser Tradition auf. 1915 bekam Helga einen kleinen Bruder Konrad, welcher blind geboren wurde und Zeit seines Lebens keine Schule besuchen konnte.

Der Vater Paul Herz wurde bereits im August 1914 eingezogen und durch die vier Jahre des Ersten Weltkriegs pazifistisch geprägt. Noch zu Beginn des Krieges waren Mutter und Vater Befürworter des Krieges und glaubten wie so viele, dass dieser nur von kurzer Dauer sei. Durch ihre Familie, nicht zuletzt ihre Tante Margarete und ihre Mutter Alice kam Helga bereits von frühester Kindheit an mit Fragen von Frauenrechten in Kontakt. 

1920 siedelte die Familie Herz nach Berlin-Mahlsdorf über und erwarb in der Akazienallee 4 ein Einfamilienhaus. In Berlin besuchte Helga zusammen mit ihrer Cousine Eva das Gymnasium bis zum Abitur. Mit 16 Jahren erlitt sie ihre ersten großen Schicksalsschläge, als am 31. Dezember 1928 ihr Vater und kurze Zeit später am 2. Februar 1929 ihr Bruder verstarben. Mutter und Tochter waren nun auf sich alleingestellt, was das Band zwischen ihnen noch enger werden ließ. Nach dem Abitur 1931 ging Helga zunächst als Au-pair nach Grenoble (Frankreich), ihre Mutter folgte wenig später. Beide zog es jedoch bereits 1932 nach Berlin zurück, wo Helga zunächst ein Jurastudium begann. 

Nach der Machtübernahme durch die NSDAP wurde ihre Lage jedoch immer bedrohlicher. Beide Frauen waren zu diesem Zeitpunkt sowohl in der Friedensbewegung als auch der Liga für Menschenrechte aktiv und zudem durch ihre jüdische Abstammung in ihrem Leben bedroht. In der Konsequenz flüchteten Mutter und Tochter mit sehr wenigen Besitztümern über Tschechien, Österreich und die Schweiz zurück nach Grenoble. Da Helga hier ihr Jurastudium nicht wie erhofft vollenden konnte, begann sie an der Sorbonne in Paris zu studieren. Sie erwarb dort 1937 die Licence de lettres, wodurch es ihr ermöglicht wurde, in Frankreich zu unterrichten. So kam sie zusammen mit ihrer Mutter finanziell über die Runden.

Als jüdische Emigranten wurden auch Helga und Alice Herz im Sommer 1938 Opfer der „Reichsfluchtsteuer“, durch welche sie ihr Haus und Grundstück in Berlin-Mahlsdorf verloren. Beide setzten sich in den Nachkriegsjahren für eine Rückforderung ihres Besitzes ein, aber erst nach der Wende gelang es Helga dies zu erreichen.

Nach dem Einmarsch Deutschlands nach Frankreich 1940 wurden beide Frauen für einige Monate in das französische Lager Gurs interniert, kamen jedoch nach wenigen Monaten wieder frei. Die nächsten zwei Jahre waren geprägt von der Planung einer Flucht nach Amerika. In dieser Zeit fanden sie Unterkunft auf dem Land bei einem katholischen Pfarrer. Mit Hilfe von u.a. der Quäker-Organisation American Friends Service Committee (AFSC) und einem Neffen ihres Vaters gelangten Helga und ihre Mutter schließlich 1942 über Casablanca und Kuba in die USA. Hier kamen sie zunächst in Kansas-City unter, fanden aber kurz darauf ihren Weg nach Detroit/Michigan.

Über einen Verwandten ihres Vaters erhielt Helga hier zunächst eine Anstellung in der Stadtbibliothek. Sie entschied sich für ein Studium an der University of Michigan und schloss dieses 1944 mit dem Bibliothekarexamen ab. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie als Bibliothekarin u.a. der sozialwissenschaftlichen Abteilung und später Leiterin einer Spezialabteilung.

Zusammen mit ihrer Mutter fand sie in Detroit schnell Anschluss an diverse Friedensgruppen, darunter der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF / WILPF). Beide traten zudem der pazifistischen Unitarian Universalist Church (Quäker) bei. Aus Protest gegen die Bombardierungen während des Vietnamkriegs wählte ihre Mutter Alice schließlich am 16. März 1965 den Freitod durch Selbstverbrennung. 

Helga blieb weiterhin und auch nach ihrer Pensionierung 1978 der Friedensarbeit treu und engagierte sich in der Kirche, verschiedenen Friedensorganisationen wie der IFFF und im Center for Peace and Conflict Studies in Detroit.

Nachdem es ihr nach der Wende gelang ihre Rückforderungen durchzusetzen, vermachte sie einen Teil des Vermögens der deutschen Sektion der IFFF.

Helga Herz verstarb am 27. Februar 2010 in Silver Springs, Md., USA im Alter von 97 Jahren.