Alexander (genannt Alex) Jastrow wurde am 8. Februar 1893 in Berlin geboren. Er war der Sohn des Schneiders Meyer (auch Mayer) Max Jastrow (*1864) und der Rosalie Schüler, verh. Jastrow (1852–1911). Sein Vater stammte aus dem damals noch eigenständigen Fordon nahe Bromberg (heute Bydgoszcz, Polen), dass 1973 ins Stadtgebiet von Bydgoszcz eingemeindet wurde. Seine Mutter kam aus dem pommerschen Bütow (Bytów). Im Oktober 1890 hatten sie geheiratet und sich alsbald in Berlin niedergelassen, wo Meyer zunächst als Schneider tätig war und später in verschiedenen Branchen den Unterhalt der Familie verdiente. Er führte eine Handlung für Brennmaterial und war als Kohlenhändler, Handelsvertreter und ab den 1910er-Jahren als Fuhrherr tätig.
Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Alexander Jastrow im Berlin der Kaiserzeit haben sich nur wenige Informationen erhalten. Auf der späteren Standesbuchseite, die den Tod seiner Mutter 1911 dokumentierte, findet sich eine handschriftliche Notiz, in der es heißt, Rosalie Jastrow hätte zwei Kinder gehabt. Es gibt jedoch keine weiteren Quellen, die Namen, Geburtsdaten oder das Schicksal eines möglichen Geschwisters von Alexander beleuchten könnten. Aller Wahrscheinlichkeit nach gehörten Alexanders Eltern zur jüdischen Gemeinde Berlins, was allerdings in seinem Leben eine untergeordnete Rolle gespielt haben dürfte. In späteren Unterlagen aus der Verfolgungszeit gibt er als Konfession „glaubenslos“ an.
Nach seinem Schulabschluss ergriff Alexander den Beruf eines Gürtlers und war als solcher in Berlin tätig. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs meldete er sich freiwillig zum Kriegsdienst oder wurde rekrutiert und an verschiedenen Orten des europäischen Kriegsschauplatzes eingesetzt. Kurz vor Kriegsende im Juli 1918 wurde er bei Gefechten seiner Einheit leicht verwundet. Während eines Fronturlaubs hatte er am 26. April 1917 in Berlin die Verkäuferin Martha Bertha Siche geheiratet. Seine Ehefrau, zwei Jahre jünger als Alexander, war 1895 in Berlin als Tochter des Tischlers Franz Julius Siche und von Johanna Auguste Emma Weiß, verh. Siche, zur Welt gekommen. Nachdem Alexander nach der Demobilisierung aus dem Felde zurückkehrte, nahm sich das Ehepaar eine gemeinsame Wohnung in der Keibelstraße 3 im Scheunenviertel in Berlin-Mitte. Am 26. April 1924 kam ihre gemeinsame Tochter Hildegard zur Welt. 1925 zogen die Jastrows in eine neue Wohnung im Erdgeschoss der Linienstraße 239 (heute überbaut) und 1928 in die Pankgrafenstraße 23 in Karow, wo Alexander Anfang der 1930er-Jahre ein Kolonialwarengeschäft eröffnete. Leider haben sich keine weiteren Quellen erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familienmitglieder im Berlin der Weimarer Republik geben könnten.
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Jüd*innen ab 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Alexander und seine Angehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden, Anfang der 1930er-Jahre nahm die sichtbare Brutalität in Form von Straßenkämpfen, Saalschlachten und SA-Aufmärschen in den Straßen massiv zu. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität. Gesetze und Sondererlasse drängten Alexander Jastrow zunehmend in die Position eines Rechtlosen im eigenen Land. Aus den vorliegenden Quellen geht nicht hervor, ob die Jastrows den Versuch unternahmen, Deutschland in den 1930er-Jahren zu verlassen. Sollten sie konkrete Schritte unternommen haben, so scheiterten diese.
Im Dezember 1938 wurde die Ehe zwischen Alexander und Martha Jastrow geschieden. Damit verlor Alexander den prekären, temporären Schutz durch die nach NS-Terminologie „privilegierte Mischehe“ mit Martha. Seine geschiedene Frau und die evangelisch erzogene Tochter verblieben in der Pankgrafenstraße, wo Martha das Ladengeschäft weiterführte. Alexander zog aus und lebte in den folgenden Jahren zur Untermiete in einem Zimmer im ersten Geschoss des Vorderhauses Alt-Moabit 85 bei Israel Tockus. Spätestens Anfang der 1940er-Jahre wurde das Leben für ihn in Berlin zum reinen Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnte er sich gemäß der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Vermutlich ab Anfang der 1940er-Jahren wurde er außerdem zu Zwangsarbeit herangezogen, zuletzt als Arbeiter bei der Firma Georg Herrmann in der Siegfriedstraße 2 in Lichtenberg, die als kriegswichtig eingestufter Betrieb Verbandsstoffe herstellte.
Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 informierte die Gestapo die jüdische Gemeinde Berlins, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Alexander Jastrow wurde im Rahmen der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, im Frühjahr 1943 von der Gestapo verhaftet und in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 verschleppt. Von dort aus wurde er am 2. März 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und – vermutlich unmittelbar nach der Ankunft des Transports – ermordet. Zum Zeitpunkt der Deportation war er 50 Jahre alt. Seine Tochter Hildegard sowie Martha entgingen der NS-Verfolgung und überlebten in Berlin.