Gertrud Peters née Schlochauer

Location 
Auerstraße 40
Historical name
Richthofenstraße 11
District
Friedrichshain
Stone was laid
11 May 2023
Born
31 January 1880 in Berlin
Deportation
on 13 January 1942 to Riga
Murdered

Gertrud Henriette Schlochauer kam am 31. Januar 1880 in Berlin als Tochter des jüdischen Kaufmanns Isidor Schlochauer und dessen Ehefrau Malwine Marianne, geb. Sternfeld, zur Welt. Gertrud hatte mindestens noch vier Geschwister: Jenny (*1869), Arthur Eugen (*1871), Paul Wilhelm Theodor (*1873) und Ella (*1875). Die drei ältesten Geschwister waren in Königsberg in Ostpreußen zur Welt gekommen, um 1874 muss die Familie nach Berlin gezogen sein. Gertruds Vater handelte mit Tee, Wein, Spirituosen und Konserven. Die Familie Schlochauer wohnte an verschiedenen Adressen in der Gegend um das Engelbecken.

Gertruds Vater Isidor Schlochauer starb 1904. Um 1914 zog Gertrud, die als Buchhalterin arbeitete, mit ihrer Mutter und vermutlich auch der ältesten Schwester Jenny in die Graefestraße 21 in Kreuzberg. Leider haben sich keine weiteren Quellen erhalten, die einen Einblick in die Lebensumstände der Familie Schlochauer in den letzten Jahren des Kaiserreichs und im Berlin der Weimarer Republik geben könnten. 

Gertrud Schlochauer heiratete am 28. April 1932 im Alter von 52 Jahren den Kaufmann August Hermann Peters, geb. 1868 in Göttingen. Ihr Ehemann war evangelisch. Zum Zeitpunkt der Hochzeit verdiente Gertrud ihren Lebensunterhalt als Prokuristin, ob sie auch danach weiterhin einer Arbeit nachging, ist unbekannt. Sie zog zu ihrem Mann in die Richthofenstraße 11 (heute Auerstraße 40) in Friedrichshain. Hermann Peters verstarb dort am 22. Oktober 1933, nur 1 ½ Jahre nach der Hochzeit.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Gertrud Peters. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. 

Gertrud lebte im dritten Stock des Vorderhauses der Richthofenstraße 11 zusammen mit ihrer Schwester Jenny Schlochauer, die dort am 22. Juni 1940 an einem Schlaganfall mit anschließender Schädelverletzung verstarb.

Als sich Gertrud Peters bei ihrer langjährigen Schneiderin ein schwarzes Kleid anfertigen lassen wollte, erfuhr sie von deren Ehemann, dem Postschaffner Paul Hippler, dass diese kurz zuvor verstorben war. Die beiden verwitweten Ehepartner gingen eine Beziehung ein, die nach den damaligen Gesetzen verboten war – der 1888 in Berlin geborene Paul Hippler war „Arier“. 

Durch das am 15. September 1935 erlassene Gesetz zum „Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ wurde die Eheschließung und der außereheliche Geschlechtsverkehr zwischen Juden und Nichtjuden verboten. Verstöße gegen das Gesetz wurden als „Rassenschande“ bezeichnet und mit Gefängnis oder Zuchthaus (ausschließlich für männliche Beteiligte) bedroht – egal, welcher Beteiligte Jude war. 

Paul Hippler wurde im April 1941 verhaftet und am 27. September 1941 vom Landgericht Berlin wegen „fortgesetzter Rassenschande“ zu einer Zuchthausstrafe von einem Jahr, unter Anrechnung der Untersuchungshaft, verurteilt. Diese saß er im Zuchthaus Luckau ab, bis er im April 1942 entlassen wurde.

Zu diesem Zeitpunkt war Gertrud Peters vermutlich schon nicht mehr am Leben: Die 62-Jährige wurde am 13. Januar 1942 mit dem 8. Osttransport vom Bahnhof Grunewald nach Riga deportiert und ermordet. 

Gertruds Schwester Ella, verheiratete Katz, war bereits 1928 in Berlin verstorben. Das Schicksal ihrer beiden Brüder ist unbekannt.