Samuel Schlama Blumenstein (auch Blumensztain) kam am 15. August 1896 in Sławków, das damals zum Russischen Reich gehörte, zur Welt. Die kleine Stadt Sławków liegt 27 km östlich von Katowice und 48 km nordwestlich von Krakau. Über die Kindheit und Jugend von Samuel Blumenstein haben sich keine Informationen erhalten. Sicher ist, dass er einer jüdischen Familie entstammte und den Beruf des Schneiders erlernte.
Er übersiedelte nach dem Ersten Weltkrieg nach Berlin und heiratete dort am 22. Dezember 1925 die Kontoristin Jenny van der Rhoer, geb. Brinewitsch, geb. am 15. Juni 1898 in Berlin. Sie gehörte ebenfalls der jüdischen Religionsgemeinschaft an und war seit 1922 verwitwet. Das Ehepaar bekam zwei Töchter: Dorothea (*1926) und Inge (*1928). Um 1931 zog die Familie Blumenstein in die Barnimstraße 12 (das Haus existiert nicht mehr).
Samuel Blumenstein war Inhaber einer Betriebswerkstatt zur Anfertigung von Herrenkonfektion. Er produzierte als Zwischenmeister für Herrenkleiderfabriken, wie S. Tichauer & Co., Georg Schönland, Hermann Ringel & Co., Max Bloch & Co. sowie Weihl & Feld. Samuel Blumenstein beschäftigte sechs bis acht Angestellte und auch seine Ehefrau war im Betrieb tätig: Sie erledigte sämtliche Büroarbeiten. Die Familie lebte in gutsituierten Verhältnissen.
Da Juden seit 1933 zunehmend entrechtet und verfolgt wurden, versuchte das Ehepaar Blumenstein Ende der 1930er Jahre fieberhaft, ein Visum für irgendein Land – die USA, Uruguay, Paraguay, Bolivien, Palästina – zu bekommen, um Deutschland verlassen zu können.
Ende Mai 1939 wurde Samuel Blumenstein aufgrund seiner polnischen Staatsangehörigkeit verhaftet. Er war zunächst im Polizeigefängnis am Alexanderplatz inhaftiert, wurde vom Gericht abgeurteilt und kam dann ins Gefängnis Lichtenberg. In einem Schreiben des Berliner Polizeipräsidenten an Samuel Blumenstein vom 5. Juni 1939 heißt es: „Ich fordere Sie hiermit auf, dem gegen Sie erlassenen Aufenthaltsverbot vom 25.10.1938 dadurch nachzukommen, dass Sie bis zum 23.06.1939 das Reichsgebiet verlassen. Bei Nichtbefolgung dieser Aufforderung werde ich weitere Zwangsmaßnahmen anwenden.“ Das hätte KZ-Haft bedeutet.
Es gelang seiner Ehefrau schließlich, Auswanderungspapiere für Shanghai zu beschaffen und damit seine Freilassung zu erwirken. Die Familie verließ Berlin am 20. Juni 1939. Da die Auswanderung überstürzt erfolgte, mussten sie den größten Teil ihres Besitzes zurücklassen. Sie reisten über Paris nach Marseille, wo sie das Schiff „Marechal Joffre“ nach Shanghai bestiegen.
Ende Juli 1939 kamen sie in Shanghai an, das für mehr als 20.000 europäische Juden zur letzten Zuflucht wurde. Der Großteil der Emigranten wohnte im Stadtteil Hongkew in Massenunterkünften. Die Blumensteins kamen im Flüchtlingsheim in der Chaoufoong Road 680 unter, wo Eltern und Kinder getrennt in überfüllten Schlafsälen schliefen. Sie lebten unter engen, primitiven und schlechten hygienischen Bedingungen, zudem litten sie unter dem feucht-schwülen Klima. Die Familie war auf die Unterstützung des Joint Distribution Committee, einer jüdisch-amerikanischen Hilfsorganisation, angewiesen. Die Versorgung mit Lebensmitteln war unzureichend, Medikamente waren knapp. Alle Familienmitglieder litten häufig an Ruhr und anderen Krankheiten, sie verloren aufgrund der Mangelernährung ihre Zähne. Samuel und Jenny Blumenstein waren die meiste Zeit zu krank, um einer Arbeit nachzugehen.
Die Lebensbedingungen verschlechterten sich nochmals, als die Japaner in Hongkew das Shanghaier Ghetto einrichteten, das vom 18. Mai 1943 bis 15. August 1945 bestand. Diese „designated area“ war zwar nicht hermetisch abgeriegelt, aber zum Verlassen des Ghettos war ein Passierschein notwendig. Nach Kriegsende blieb die Lage in China kritisch, weil sich die Auseinandersetzungen zwischen den chinesischen Nationalisten und Kommunisten wieder verstärkten.
Die Tochter Dorothea heiratete 1946 in Shanghai, emigrierte mit ihrem Ehemann ein Jahr später in die USA und ließ sich in New York nieder. Auch Tochter Inge erhielt ein Visum und konnte ihrer Schwester Anfang 1948 folgen.
Samuel und Jenny Blumenstein konnten aufgrund ihrer polnischen Staatsangehörigkeit erst im Mai 1950 in die USA auswandern. Sie zogen zu ihren Töchtern nach New York. Anfangs waren sie auch hier auf Unterstützung angewiesen. Die Angst und Aufregung während der Nazi-Zeit in Deutschland und die schlechten Lebensbedingungen in Shanghai hatten ihre physische und psychische Gesundheit dauerhaft beeinträchtigt, so dass sie nicht durchgehend arbeiten konnten. Samuel Blumenstein fand bald eine Anstellung in einer Schneiderei, seine Frau arbeitete zunächst als Krankenpflegehelferin, später als Packerin und Lageristin in einer Fabrik. Sie lebten unter prekären Verhältnissen in Long Island City im New Yorker Stadtteil Queens. In den 1960er Jahren folgten sie ihrer jüngeren Tochter nach Los Angeles.
Samuel Blumenstein starb am 21. August 1973, seine Frau 1976 in Los Angeles.