Location
Bleibtreustr. 33
District
Charlottenburg
Stone was laid
24 September 2010
Born
06 April 1864 in Schubin (Posen) / Szubin
Deportation
on 03 October 1942
to
Theresienstadt
Murdered
31 October 1942 im Ghetto Theresienstadt
Joseph Wunsch wurde am 06. April 1864 in Schubin (polnisch Szubin) bei Bromberg in Posen geboren. Er war der Sohn von Louis und Hulda Wunsch und hatte mindestens noch zwei Brüder: Adolf und Georg. Da die Brüder über zehn Jahre jünger als Joseph waren, liegt die Vermutung nahe, dass Louis Wunsch ein zweites Mal heiratete. Louis Wunsch ist in Berliner Adressbüchern nicht zu finden, es ist also wahrscheinlich, dass Joseph in Schubin aufwuchs und vielleicht erst zum Studium nach Berlin kam. Er studierte Jura und ist im Adressbuch erstmals 1898 als Rechtsanwalt mit einer eigenen Wohnung in der Wilmersdorfer Straße 122/123 eingetragen. Im September 1899 heiratete er die 10 Jahre jüngere Gertrud Wolfheim und bezog eine Wohnung in der Kleiststraße 26. Die Kanzlei, die er kurz vorher in die Nr. 117 der Wilmersdorfer Straße verlegt hatte, blieb dort bestehen. Gertrud war am 23. April 1874 in Berlin geboren worden. Sie war die Tochter des sehr wohlhabenden Kaufmannes Abraham (auch Adolf) Wolfheim und seiner Frau Pauline geb. Goldberg. Adolf Wolfheim besaß eine „Alfenide- und Neusilberwaarenfabrik“. Alfenide, auch Alpacca, ist eine Kupfer-Nickel-Zink-Legierung, die, versilbert, z.B. für Hotelbesteck verwendet wurde. Die Firma hieß „P. Wolfheim“, wohl nach Adolfs Vater, da letzterer erst 1891 als Inhaber verzeichnet ist.
1903 verlegte Joseph Wunsch Kanzlei und Wohnung an den Tauentzien 13 a. Am 31. Dezember 1904 brachte Gertrud Wunsch ihren einzigen Sohn Louis Paul zur Welt. Einige Jahre später wurde Josef Notar und Rechtsanwalt beim Landgericht III, 1908 Justizrat. 1920 war er Justizrat an drei Landgerichten und am Amtsgericht Charlottenburg. Wenig zuvor war Abraham Wolfheim gestorben und Gertrud erbte neben einigem Geldvermögen mindestens sechs Immobilien, darunter die Bleibtreustraße 33, in der Abraham Wolfheim bis zuletzt gewohnt hatte. Familie Wunsch wohnte entsprechend dieser Vermögensverhältnissen recht gediegen, sammelten Kunst und ihre 9-Zimmer-Wohnung „kam einem Museum gleich“, so ein Neffe - auch ein Bechsteinflügel soll vorhanden gewesen sein. Sohn Louis studierte Geologie und Mineralogie in Berlin, Freiburg und Heidelberg. 1931 zog die Familie von dem Tauentzien 13a in die Bleibtreustraße 33.
Als Louis am 15. Mai 1933 in Heidelberg zum Dr. rer. nat. promovierte, war schon abzusehen, dass Juden es unter der neuen NS-Regierung nicht leicht haben würden. Der Boykott vom 1. April hatte sich auch gegen Rechtsanwälte gerichtet, das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April kam für viele jüdische Juristen einem Berufsverbot gleich. Joseph Wunsch betraf das noch nicht, da er schon vor dem 1. August 1914 Beamter gewesen war. Aber 1935 wurden alle jüdischen Beamte entlassen, Joseph Wunsch wurde das Notariat entzogen. Sein Sohn Louis hatte schnell erkannt, dass für ihn in Deutschland keine Zukunft bestünde: schon 1933 verließ er das Land um sich studienhalber zunächst zwei Jahre in Lausanne, dann in Rom aufzuhalten.
Joseph und Gertrud Wunsch hatten offenbar die Gefahr nicht so realistisch eingeschätzt, denn trotz ihrer finanziellen Mittel bemühten sie sich nicht rechtzeitig um eine Ausreise. 1935 und 1936 verkaufte Gertrud zwei der geerbten Immobilien. 1937 nahm sie eine Hypothek auf das Gebäude Rheinstraße 40 auf, um die „Reichsfluchtsteuer“ zu zahlen, eine Steuer, die man bei Auswanderung entrichten sollte, die man aber unter dem NS-Regime schon vorab auf ein Sperrkonto hinterlegen musste. Für Wunschs betrug sie 124 000 RM – offenbar betrieben sie nun doch die Emigration, leider ohne Erfolg. Joseph war weiter als Rechtsanwalt tätig, die wachsende antisemitische Diskriminierung dürfte aber die Zahl seiner Mandanten geschmälert haben. Im September 1938 wurde allen jüdischen Anwälten, auch ihm, die Zulassung entzogen, sie konnten unter Umständen weiter jüdische Mandanten beraten, durften sich aber nur noch „Konsulenten“ nennen. Ob Joseph Wunsch weiter als Konsulent tätig war, ist nicht bekannt.
Die ersten Immobilienverkäufe von Gertrud Wunsch geschahen noch bevor Zwangsmaßnahmen gegen jüdische Eigentümer erlassen wurden, obwohl man bezweifeln darf, dass sie einen fairen Preis erhielt. Nach den Pogromen vom November 1938 verschärfte sich die Lage drastisch. Zu schon bestehenden Einschränkungen des beruflichen und alltäglichen Lebens kam eine große Anzahl weiterer diskriminierender und erniedrigender Maßnahmen. Unter anderem konnten Juden nur noch eingeschränkt über ihr Vermögen verfügen und konnten zudem gezwungen werden, Grundstücke und Immobilien zu verkaufen. Bei diesen Verkäufen sahen die jüdischen Eigentümer meistens nichts oder nur einen Bruchteil vom Erlös, der dann sowieso auf ein „Sicherheitskonto“ eingezahlt wurde, über das sie nicht mehr bestimmen konnten. So sahen sich Wunschs gezwungen, das Haus Bleibtreustraße 33 am 16.10.39 zu verkaufen um die „Judenvermögensabgabe“ zahlen zu können, wobei das Geld direkt von der Bank an das Finanzamt überwiesen wurde. Die Judenvermögensabgabe war eine Sondersteuer, die Juden nach den Pogromen 1938 als „Sühneleistung“ auferlegt wurde: 20% des Vermögen mussten in vier Raten gezahlt werden. Für Joseph Wunsch betrug das 35 250 RM, für Gertrud 131 000 RM. 1939 mussten sie auch das Grundstück in der Rheinstraße verkaufen, weitere erzwungene Verkäufe folgten.
Ende September 1942 wurde Joseph und Gertrud Wunsch eröffnet, dass sie nach Theresienstadt „evakuiert“ würden. Noch einen Tag vor der Deportation, wohl schon in einem Sammellager, wurden sie zu einem „Heimeinkaufsvertrag“ gezwungen. 211 547,90 RM wurden in ihrem Namen an die Reichsvereinigung der Juden überwiesen, angeblich um ihnen einen würdigen Altersabend in Theresienstadt zu garantieren, mit Unterbringung, Verpflegung und Krankenversorgung bis an ihr Lebensende. Verschwiegen wurde natürlich, dass die Unterbringung in überfüllten, menschenunwürdigen Behausungen stattfinden und die Verpflegung ungenügend und ungesund sein würden, dass die Krankenversorgung diesen Namen nicht verdienen konnte angesichts der katastrophalen hygienischen Verhältnissen. Und dass das „Lebensende“, angeblich auf 85 Jahre kalkuliert, in der Regel wenige Wochen wenn nicht Tage nach Ankunft eintrat. Dies war der Fall für den mittlerweile 78-jährigen Joseph Wunsch. Am 3. Oktober 1942 wurde er mit Gertrud und über 1000 weiteren Leidensgenossen – unter ihnen auch Josephs Bruder Adolf - nach Theresienstadt deportiert und dort im Gebäude 808 Zimmer 117 eingewiesen. Noch im gleichen Monat, am 31. Oktober 1942, erlag er den desaströsen Lebensbedingungen, offiziell an Arterienverkalkung, was sicherlich einer Vertuschung der realen todbringenden Umstände gleichkommt. Gertrud hielt noch fast ein Jahr aus, am 10 August 1943 starb auch sie, angeblich an Darmkatarr und Miliartuberkulose, also eine TBC mit unzähligen Krankheitsherden in Lunge und anderen Organen. Diese Todesursache scheint der Realität näher zu sein, Durchfallerkrankungen und TBC wurden durch die miserablen gesundheitlichen Verhältnisse massenhaft hervorgerufen.
Adolf Wunsch kam in Theresienstadt am 7. November 1942 ums Leben, eine Woche nach Joseph. Josephs Cousin Leo Wunsch – ein Sohn seines Onkels Gerson Wunsch - und seine Frau Margarethe geb. Michaelis waren bereits am 24. Oktober 1941 nach Lodz verschleppt worden und kamen dort um. Walter Wunsch, ein Bruder Leos, wurde Opfer der sog. „Fabrikaktion“, bei der die noch in Deutschland verbliebenen jüdischen Zwangsarbeiter ungewarnt am Arbeitsplatz verhaftet wurden. Am 3. März 1943 wurde er auch nach Auschwitz deportiert und ermordet. Für ihn liegt ein Stolperstein vor der Alexandrinenstraße 31 in Kreuzberg (www.stolpersteine-berlin.de/de/bio…). Ein weiterer Cousin Josephs und Sohn von Gerson Wunsch, Max, war im Ersten Weltkrieg gefallen, seine Witwe Luise geb. Moses, wurde am 12. Januar 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Josephs und Gertruds Sohn Louis Paul, der auch nicht in Rom Fuß fassen konnte, wanderte 1936 nach Palästina aus, nachdem er in Rom eine andere deutsche Emigrantin geheiratet hatte. 1954 kehrte er nach Deutschland zurück, 1961 schließlich siedelte er nach Chile um.
1903 verlegte Joseph Wunsch Kanzlei und Wohnung an den Tauentzien 13 a. Am 31. Dezember 1904 brachte Gertrud Wunsch ihren einzigen Sohn Louis Paul zur Welt. Einige Jahre später wurde Josef Notar und Rechtsanwalt beim Landgericht III, 1908 Justizrat. 1920 war er Justizrat an drei Landgerichten und am Amtsgericht Charlottenburg. Wenig zuvor war Abraham Wolfheim gestorben und Gertrud erbte neben einigem Geldvermögen mindestens sechs Immobilien, darunter die Bleibtreustraße 33, in der Abraham Wolfheim bis zuletzt gewohnt hatte. Familie Wunsch wohnte entsprechend dieser Vermögensverhältnissen recht gediegen, sammelten Kunst und ihre 9-Zimmer-Wohnung „kam einem Museum gleich“, so ein Neffe - auch ein Bechsteinflügel soll vorhanden gewesen sein. Sohn Louis studierte Geologie und Mineralogie in Berlin, Freiburg und Heidelberg. 1931 zog die Familie von dem Tauentzien 13a in die Bleibtreustraße 33.
Als Louis am 15. Mai 1933 in Heidelberg zum Dr. rer. nat. promovierte, war schon abzusehen, dass Juden es unter der neuen NS-Regierung nicht leicht haben würden. Der Boykott vom 1. April hatte sich auch gegen Rechtsanwälte gerichtet, das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April kam für viele jüdische Juristen einem Berufsverbot gleich. Joseph Wunsch betraf das noch nicht, da er schon vor dem 1. August 1914 Beamter gewesen war. Aber 1935 wurden alle jüdischen Beamte entlassen, Joseph Wunsch wurde das Notariat entzogen. Sein Sohn Louis hatte schnell erkannt, dass für ihn in Deutschland keine Zukunft bestünde: schon 1933 verließ er das Land um sich studienhalber zunächst zwei Jahre in Lausanne, dann in Rom aufzuhalten.
Joseph und Gertrud Wunsch hatten offenbar die Gefahr nicht so realistisch eingeschätzt, denn trotz ihrer finanziellen Mittel bemühten sie sich nicht rechtzeitig um eine Ausreise. 1935 und 1936 verkaufte Gertrud zwei der geerbten Immobilien. 1937 nahm sie eine Hypothek auf das Gebäude Rheinstraße 40 auf, um die „Reichsfluchtsteuer“ zu zahlen, eine Steuer, die man bei Auswanderung entrichten sollte, die man aber unter dem NS-Regime schon vorab auf ein Sperrkonto hinterlegen musste. Für Wunschs betrug sie 124 000 RM – offenbar betrieben sie nun doch die Emigration, leider ohne Erfolg. Joseph war weiter als Rechtsanwalt tätig, die wachsende antisemitische Diskriminierung dürfte aber die Zahl seiner Mandanten geschmälert haben. Im September 1938 wurde allen jüdischen Anwälten, auch ihm, die Zulassung entzogen, sie konnten unter Umständen weiter jüdische Mandanten beraten, durften sich aber nur noch „Konsulenten“ nennen. Ob Joseph Wunsch weiter als Konsulent tätig war, ist nicht bekannt.
Die ersten Immobilienverkäufe von Gertrud Wunsch geschahen noch bevor Zwangsmaßnahmen gegen jüdische Eigentümer erlassen wurden, obwohl man bezweifeln darf, dass sie einen fairen Preis erhielt. Nach den Pogromen vom November 1938 verschärfte sich die Lage drastisch. Zu schon bestehenden Einschränkungen des beruflichen und alltäglichen Lebens kam eine große Anzahl weiterer diskriminierender und erniedrigender Maßnahmen. Unter anderem konnten Juden nur noch eingeschränkt über ihr Vermögen verfügen und konnten zudem gezwungen werden, Grundstücke und Immobilien zu verkaufen. Bei diesen Verkäufen sahen die jüdischen Eigentümer meistens nichts oder nur einen Bruchteil vom Erlös, der dann sowieso auf ein „Sicherheitskonto“ eingezahlt wurde, über das sie nicht mehr bestimmen konnten. So sahen sich Wunschs gezwungen, das Haus Bleibtreustraße 33 am 16.10.39 zu verkaufen um die „Judenvermögensabgabe“ zahlen zu können, wobei das Geld direkt von der Bank an das Finanzamt überwiesen wurde. Die Judenvermögensabgabe war eine Sondersteuer, die Juden nach den Pogromen 1938 als „Sühneleistung“ auferlegt wurde: 20% des Vermögen mussten in vier Raten gezahlt werden. Für Joseph Wunsch betrug das 35 250 RM, für Gertrud 131 000 RM. 1939 mussten sie auch das Grundstück in der Rheinstraße verkaufen, weitere erzwungene Verkäufe folgten.
Ende September 1942 wurde Joseph und Gertrud Wunsch eröffnet, dass sie nach Theresienstadt „evakuiert“ würden. Noch einen Tag vor der Deportation, wohl schon in einem Sammellager, wurden sie zu einem „Heimeinkaufsvertrag“ gezwungen. 211 547,90 RM wurden in ihrem Namen an die Reichsvereinigung der Juden überwiesen, angeblich um ihnen einen würdigen Altersabend in Theresienstadt zu garantieren, mit Unterbringung, Verpflegung und Krankenversorgung bis an ihr Lebensende. Verschwiegen wurde natürlich, dass die Unterbringung in überfüllten, menschenunwürdigen Behausungen stattfinden und die Verpflegung ungenügend und ungesund sein würden, dass die Krankenversorgung diesen Namen nicht verdienen konnte angesichts der katastrophalen hygienischen Verhältnissen. Und dass das „Lebensende“, angeblich auf 85 Jahre kalkuliert, in der Regel wenige Wochen wenn nicht Tage nach Ankunft eintrat. Dies war der Fall für den mittlerweile 78-jährigen Joseph Wunsch. Am 3. Oktober 1942 wurde er mit Gertrud und über 1000 weiteren Leidensgenossen – unter ihnen auch Josephs Bruder Adolf - nach Theresienstadt deportiert und dort im Gebäude 808 Zimmer 117 eingewiesen. Noch im gleichen Monat, am 31. Oktober 1942, erlag er den desaströsen Lebensbedingungen, offiziell an Arterienverkalkung, was sicherlich einer Vertuschung der realen todbringenden Umstände gleichkommt. Gertrud hielt noch fast ein Jahr aus, am 10 August 1943 starb auch sie, angeblich an Darmkatarr und Miliartuberkulose, also eine TBC mit unzähligen Krankheitsherden in Lunge und anderen Organen. Diese Todesursache scheint der Realität näher zu sein, Durchfallerkrankungen und TBC wurden durch die miserablen gesundheitlichen Verhältnisse massenhaft hervorgerufen.
Adolf Wunsch kam in Theresienstadt am 7. November 1942 ums Leben, eine Woche nach Joseph. Josephs Cousin Leo Wunsch – ein Sohn seines Onkels Gerson Wunsch - und seine Frau Margarethe geb. Michaelis waren bereits am 24. Oktober 1941 nach Lodz verschleppt worden und kamen dort um. Walter Wunsch, ein Bruder Leos, wurde Opfer der sog. „Fabrikaktion“, bei der die noch in Deutschland verbliebenen jüdischen Zwangsarbeiter ungewarnt am Arbeitsplatz verhaftet wurden. Am 3. März 1943 wurde er auch nach Auschwitz deportiert und ermordet. Für ihn liegt ein Stolperstein vor der Alexandrinenstraße 31 in Kreuzberg (www.stolpersteine-berlin.de/de/bio…). Ein weiterer Cousin Josephs und Sohn von Gerson Wunsch, Max, war im Ersten Weltkrieg gefallen, seine Witwe Luise geb. Moses, wurde am 12. Januar 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Josephs und Gertruds Sohn Louis Paul, der auch nicht in Rom Fuß fassen konnte, wanderte 1936 nach Palästina aus, nachdem er in Rom eine andere deutsche Emigrantin geheiratet hatte. 1954 kehrte er nach Deutschland zurück, 1961 schließlich siedelte er nach Chile um.
Joseph Wunsch wurde am 06. April 1864 in Schubin (polnisch Szubin) bei Bromberg in Posen geboren. Er war der Sohn von Louis und Hulda Wunsch und hatte mindestens noch zwei Brüder: Adolf und Georg. Da die Brüder über zehn Jahre jünger als Joseph waren, liegt die Vermutung nahe, dass Louis Wunsch ein zweites Mal heiratete. Louis Wunsch ist in Berliner Adressbüchern nicht zu finden, es ist also wahrscheinlich, dass Joseph in Schubin aufwuchs und vielleicht erst zum Studium nach Berlin kam. Er studierte Jura und ist im Adressbuch erstmals 1898 als Rechtsanwalt mit einer eigenen Wohnung in der Wilmersdorfer Straße 122/123 eingetragen. Im September 1899 heiratete er die 10 Jahre jüngere Gertrud Wolfheim und bezog eine Wohnung in der Kleiststraße 26. Die Kanzlei, die er kurz vorher in die Nr. 117 der Wilmersdorfer Straße verlegt hatte, blieb dort bestehen. Gertrud war am 23. April 1874 in Berlin geboren worden. Sie war die Tochter des sehr wohlhabenden Kaufmannes Abraham (auch Adolf) Wolfheim und seiner Frau Pauline geb. Goldberg. Adolf Wolfheim besaß eine „Alfenide- und Neusilberwaarenfabrik“. Alfenide, auch Alpacca, ist eine Kupfer-Nickel-Zink-Legierung, die, versilbert, z.B. für Hotelbesteck verwendet wurde. Die Firma hieß „P. Wolfheim“, wohl nach Adolfs Vater, da letzterer erst 1891 als Inhaber verzeichnet ist.
1903 verlegte Joseph Wunsch Kanzlei und Wohnung an den Tauentzien 13 a. Am 31. Dezember 1904 brachte Gertrud Wunsch ihren einzigen Sohn Louis Paul zur Welt. Einige Jahre später wurde Josef Notar und Rechtsanwalt beim Landgericht III, 1908 Justizrat. 1920 war er Justizrat an drei Landgerichten und am Amtsgericht Charlottenburg. Wenig zuvor war Abraham Wolfheim gestorben und Gertrud erbte neben einigem Geldvermögen mindestens sechs Immobilien, darunter die Bleibtreustraße 33, in der Abraham Wolfheim bis zuletzt gewohnt hatte. Familie Wunsch wohnte entsprechend dieser Vermögensverhältnissen recht gediegen, sammelten Kunst und ihre 9-Zimmer-Wohnung „kam einem Museum gleich“, so ein Neffe - auch ein Bechsteinflügel soll vorhanden gewesen sein. Sohn Louis studierte Geologie und Mineralogie in Berlin, Freiburg und Heidelberg. 1931 zog die Familie von dem Tauentzien 13a in die Bleibtreustraße 33.
Als Louis am 15. Mai 1933 in Heidelberg zum Dr. rer. nat. promovierte, war schon abzusehen, dass Juden es unter der neuen NS-Regierung nicht leicht haben würden. Der Boykott vom 1. April hatte sich auch gegen Rechtsanwälte gerichtet, das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April kam für viele jüdische Juristen einem Berufsverbot gleich. Joseph Wunsch betraf das noch nicht, da er schon vor dem 1. August 1914 Beamter gewesen war. Aber 1935 wurden alle jüdischen Beamte entlassen, Joseph Wunsch wurde das Notariat entzogen. Sein Sohn Louis hatte schnell erkannt, dass für ihn in Deutschland keine Zukunft bestünde: schon 1933 verließ er das Land um sich studienhalber zunächst zwei Jahre in Lausanne, dann in Rom aufzuhalten.
Joseph und Gertrud Wunsch hatten offenbar die Gefahr nicht so realistisch eingeschätzt, denn trotz ihrer finanziellen Mittel bemühten sie sich nicht rechtzeitig um eine Ausreise. 1935 und 1936 verkaufte Gertrud zwei der geerbten Immobilien. 1937 nahm sie eine Hypothek auf das Gebäude Rheinstraße 40 auf, um die „Reichsfluchtsteuer“ zu zahlen, eine Steuer, die man bei Auswanderung entrichten sollte, die man aber unter dem NS-Regime schon vorab auf ein Sperrkonto hinterlegen musste. Für Wunschs betrug sie 124 000 RM – offenbar betrieben sie nun doch die Emigration, leider ohne Erfolg. Joseph war weiter als Rechtsanwalt tätig, die wachsende antisemitische Diskriminierung dürfte aber die Zahl seiner Mandanten geschmälert haben. Im September 1938 wurde allen jüdischen Anwälten, auch ihm, die Zulassung entzogen, sie konnten unter Umständen weiter jüdische Mandanten beraten, durften sich aber nur noch „Konsulenten“ nennen. Ob Joseph Wunsch weiter als Konsulent tätig war, ist nicht bekannt.
Die ersten Immobilienverkäufe von Gertrud Wunsch geschahen noch bevor Zwangsmaßnahmen gegen jüdische Eigentümer erlassen wurden, obwohl man bezweifeln darf, dass sie einen fairen Preis erhielt. Nach den Pogromen vom November 1938 verschärfte sich die Lage drastisch. Zu schon bestehenden Einschränkungen des beruflichen und alltäglichen Lebens kam eine große Anzahl weiterer diskriminierender und erniedrigender Maßnahmen. Unter anderem konnten Juden nur noch eingeschränkt über ihr Vermögen verfügen und konnten zudem gezwungen werden, Grundstücke und Immobilien zu verkaufen. Bei diesen Verkäufen sahen die jüdischen Eigentümer meistens nichts oder nur einen Bruchteil vom Erlös, der dann sowieso auf ein „Sicherheitskonto“ eingezahlt wurde, über das sie nicht mehr bestimmen konnten. So sahen sich Wunschs gezwungen, das Haus Bleibtreustraße 33 am 16.10.39 zu verkaufen um die „Judenvermögensabgabe“ zahlen zu können, wobei das Geld direkt von der Bank an das Finanzamt überwiesen wurde. Die Judenvermögensabgabe war eine Sondersteuer, die Juden nach den Pogromen 1938 als „Sühneleistung“ auferlegt wurde: 20% des Vermögen mussten in vier Raten gezahlt werden. Für Joseph Wunsch betrug das 35 250 RM, für Gertrud 131 000 RM. 1939 mussten sie auch das Grundstück in der Rheinstraße verkaufen, weitere erzwungene Verkäufe folgten.
Ende September 1942 wurde Joseph und Gertrud Wunsch eröffnet, dass sie nach Theresienstadt „evakuiert“ würden. Noch einen Tag vor der Deportation, wohl schon in einem Sammellager, wurden sie zu einem „Heimeinkaufsvertrag“ gezwungen. 211 547,90 RM wurden in ihrem Namen an die Reichsvereinigung der Juden überwiesen, angeblich um ihnen einen würdigen Altersabend in Theresienstadt zu garantieren, mit Unterbringung, Verpflegung und Krankenversorgung bis an ihr Lebensende. Verschwiegen wurde natürlich, dass die Unterbringung in überfüllten, menschenunwürdigen Behausungen stattfinden und die Verpflegung ungenügend und ungesund sein würden, dass die Krankenversorgung diesen Namen nicht verdienen konnte angesichts der katastrophalen hygienischen Verhältnissen. Und dass das „Lebensende“, angeblich auf 85 Jahre kalkuliert, in der Regel wenige Wochen wenn nicht Tage nach Ankunft eintrat. Dies war der Fall für den mittlerweile 78-jährigen Joseph Wunsch. Am 3. Oktober 1942 wurde er mit Gertrud und über 1000 weiteren Leidensgenossen – unter ihnen auch Josephs Bruder Adolf - nach Theresienstadt deportiert und dort im Gebäude 808 Zimmer 117 eingewiesen. Noch im gleichen Monat, am 31. Oktober 1942, erlag er den desaströsen Lebensbedingungen, offiziell an Arterienverkalkung, was sicherlich einer Vertuschung der realen todbringenden Umstände gleichkommt. Gertrud hielt noch fast ein Jahr aus, am 10 August 1943 starb auch sie, angeblich an Darmkatarr und Miliartuberkulose, also eine TBC mit unzähligen Krankheitsherden in Lunge und anderen Organen. Diese Todesursache scheint der Realität näher zu sein, Durchfallerkrankungen und TBC wurden durch die miserablen gesundheitlichen Verhältnisse massenhaft hervorgerufen.
Adolf Wunsch kam in Theresienstadt am 7. November 1942 ums Leben, eine Woche nach Joseph. Josephs Cousin Leo Wunsch – ein Sohn seines Onkels Gerson Wunsch - und seine Frau Margarethe geb. Michaelis waren bereits am 24. Oktober 1941 nach Lodz verschleppt worden und kamen dort um. Walter Wunsch, ein Bruder Leos, wurde Opfer der sog. „Fabrikaktion“, bei der die noch in Deutschland verbliebenen jüdischen Zwangsarbeiter ungewarnt am Arbeitsplatz verhaftet wurden. Am 3. März 1943 wurde er auch nach Auschwitz deportiert und ermordet. Für ihn liegt ein Stolperstein vor der Alexandrinenstraße 31 in Kreuzberg (www.stolpersteine-berlin.de/de/bio…). Ein weiterer Cousin Josephs und Sohn von Gerson Wunsch, Max, war im Ersten Weltkrieg gefallen, seine Witwe Luise geb. Moses, wurde am 12. Januar 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Josephs und Gertruds Sohn Louis Paul, der auch nicht in Rom Fuß fassen konnte, wanderte 1936 nach Palästina aus, nachdem er in Rom eine andere deutsche Emigrantin geheiratet hatte. 1954 kehrte er nach Deutschland zurück, 1961 schließlich siedelte er nach Chile um.
1903 verlegte Joseph Wunsch Kanzlei und Wohnung an den Tauentzien 13 a. Am 31. Dezember 1904 brachte Gertrud Wunsch ihren einzigen Sohn Louis Paul zur Welt. Einige Jahre später wurde Josef Notar und Rechtsanwalt beim Landgericht III, 1908 Justizrat. 1920 war er Justizrat an drei Landgerichten und am Amtsgericht Charlottenburg. Wenig zuvor war Abraham Wolfheim gestorben und Gertrud erbte neben einigem Geldvermögen mindestens sechs Immobilien, darunter die Bleibtreustraße 33, in der Abraham Wolfheim bis zuletzt gewohnt hatte. Familie Wunsch wohnte entsprechend dieser Vermögensverhältnissen recht gediegen, sammelten Kunst und ihre 9-Zimmer-Wohnung „kam einem Museum gleich“, so ein Neffe - auch ein Bechsteinflügel soll vorhanden gewesen sein. Sohn Louis studierte Geologie und Mineralogie in Berlin, Freiburg und Heidelberg. 1931 zog die Familie von dem Tauentzien 13a in die Bleibtreustraße 33.
Als Louis am 15. Mai 1933 in Heidelberg zum Dr. rer. nat. promovierte, war schon abzusehen, dass Juden es unter der neuen NS-Regierung nicht leicht haben würden. Der Boykott vom 1. April hatte sich auch gegen Rechtsanwälte gerichtet, das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April kam für viele jüdische Juristen einem Berufsverbot gleich. Joseph Wunsch betraf das noch nicht, da er schon vor dem 1. August 1914 Beamter gewesen war. Aber 1935 wurden alle jüdischen Beamte entlassen, Joseph Wunsch wurde das Notariat entzogen. Sein Sohn Louis hatte schnell erkannt, dass für ihn in Deutschland keine Zukunft bestünde: schon 1933 verließ er das Land um sich studienhalber zunächst zwei Jahre in Lausanne, dann in Rom aufzuhalten.
Joseph und Gertrud Wunsch hatten offenbar die Gefahr nicht so realistisch eingeschätzt, denn trotz ihrer finanziellen Mittel bemühten sie sich nicht rechtzeitig um eine Ausreise. 1935 und 1936 verkaufte Gertrud zwei der geerbten Immobilien. 1937 nahm sie eine Hypothek auf das Gebäude Rheinstraße 40 auf, um die „Reichsfluchtsteuer“ zu zahlen, eine Steuer, die man bei Auswanderung entrichten sollte, die man aber unter dem NS-Regime schon vorab auf ein Sperrkonto hinterlegen musste. Für Wunschs betrug sie 124 000 RM – offenbar betrieben sie nun doch die Emigration, leider ohne Erfolg. Joseph war weiter als Rechtsanwalt tätig, die wachsende antisemitische Diskriminierung dürfte aber die Zahl seiner Mandanten geschmälert haben. Im September 1938 wurde allen jüdischen Anwälten, auch ihm, die Zulassung entzogen, sie konnten unter Umständen weiter jüdische Mandanten beraten, durften sich aber nur noch „Konsulenten“ nennen. Ob Joseph Wunsch weiter als Konsulent tätig war, ist nicht bekannt.
Die ersten Immobilienverkäufe von Gertrud Wunsch geschahen noch bevor Zwangsmaßnahmen gegen jüdische Eigentümer erlassen wurden, obwohl man bezweifeln darf, dass sie einen fairen Preis erhielt. Nach den Pogromen vom November 1938 verschärfte sich die Lage drastisch. Zu schon bestehenden Einschränkungen des beruflichen und alltäglichen Lebens kam eine große Anzahl weiterer diskriminierender und erniedrigender Maßnahmen. Unter anderem konnten Juden nur noch eingeschränkt über ihr Vermögen verfügen und konnten zudem gezwungen werden, Grundstücke und Immobilien zu verkaufen. Bei diesen Verkäufen sahen die jüdischen Eigentümer meistens nichts oder nur einen Bruchteil vom Erlös, der dann sowieso auf ein „Sicherheitskonto“ eingezahlt wurde, über das sie nicht mehr bestimmen konnten. So sahen sich Wunschs gezwungen, das Haus Bleibtreustraße 33 am 16.10.39 zu verkaufen um die „Judenvermögensabgabe“ zahlen zu können, wobei das Geld direkt von der Bank an das Finanzamt überwiesen wurde. Die Judenvermögensabgabe war eine Sondersteuer, die Juden nach den Pogromen 1938 als „Sühneleistung“ auferlegt wurde: 20% des Vermögen mussten in vier Raten gezahlt werden. Für Joseph Wunsch betrug das 35 250 RM, für Gertrud 131 000 RM. 1939 mussten sie auch das Grundstück in der Rheinstraße verkaufen, weitere erzwungene Verkäufe folgten.
Ende September 1942 wurde Joseph und Gertrud Wunsch eröffnet, dass sie nach Theresienstadt „evakuiert“ würden. Noch einen Tag vor der Deportation, wohl schon in einem Sammellager, wurden sie zu einem „Heimeinkaufsvertrag“ gezwungen. 211 547,90 RM wurden in ihrem Namen an die Reichsvereinigung der Juden überwiesen, angeblich um ihnen einen würdigen Altersabend in Theresienstadt zu garantieren, mit Unterbringung, Verpflegung und Krankenversorgung bis an ihr Lebensende. Verschwiegen wurde natürlich, dass die Unterbringung in überfüllten, menschenunwürdigen Behausungen stattfinden und die Verpflegung ungenügend und ungesund sein würden, dass die Krankenversorgung diesen Namen nicht verdienen konnte angesichts der katastrophalen hygienischen Verhältnissen. Und dass das „Lebensende“, angeblich auf 85 Jahre kalkuliert, in der Regel wenige Wochen wenn nicht Tage nach Ankunft eintrat. Dies war der Fall für den mittlerweile 78-jährigen Joseph Wunsch. Am 3. Oktober 1942 wurde er mit Gertrud und über 1000 weiteren Leidensgenossen – unter ihnen auch Josephs Bruder Adolf - nach Theresienstadt deportiert und dort im Gebäude 808 Zimmer 117 eingewiesen. Noch im gleichen Monat, am 31. Oktober 1942, erlag er den desaströsen Lebensbedingungen, offiziell an Arterienverkalkung, was sicherlich einer Vertuschung der realen todbringenden Umstände gleichkommt. Gertrud hielt noch fast ein Jahr aus, am 10 August 1943 starb auch sie, angeblich an Darmkatarr und Miliartuberkulose, also eine TBC mit unzähligen Krankheitsherden in Lunge und anderen Organen. Diese Todesursache scheint der Realität näher zu sein, Durchfallerkrankungen und TBC wurden durch die miserablen gesundheitlichen Verhältnisse massenhaft hervorgerufen.
Adolf Wunsch kam in Theresienstadt am 7. November 1942 ums Leben, eine Woche nach Joseph. Josephs Cousin Leo Wunsch – ein Sohn seines Onkels Gerson Wunsch - und seine Frau Margarethe geb. Michaelis waren bereits am 24. Oktober 1941 nach Lodz verschleppt worden und kamen dort um. Walter Wunsch, ein Bruder Leos, wurde Opfer der sog. „Fabrikaktion“, bei der die noch in Deutschland verbliebenen jüdischen Zwangsarbeiter ungewarnt am Arbeitsplatz verhaftet wurden. Am 3. März 1943 wurde er auch nach Auschwitz deportiert und ermordet. Für ihn liegt ein Stolperstein vor der Alexandrinenstraße 31 in Kreuzberg (www.stolpersteine-berlin.de/de/bio…). Ein weiterer Cousin Josephs und Sohn von Gerson Wunsch, Max, war im Ersten Weltkrieg gefallen, seine Witwe Luise geb. Moses, wurde am 12. Januar 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Josephs und Gertruds Sohn Louis Paul, der auch nicht in Rom Fuß fassen konnte, wanderte 1936 nach Palästina aus, nachdem er in Rom eine andere deutsche Emigrantin geheiratet hatte. 1954 kehrte er nach Deutschland zurück, 1961 schließlich siedelte er nach Chile um.