Alfred Zitrin kam am 26. September 1905 in Berlin zur Welt. Seine Mutter war die unverheiratete Lageristin Charlotte Gusti Zitrin, die aus Galizien stammte und der jüdischen Religionsgemeinschaft angehörte. Über Alfreds Vater ist nichts bekannt.
1907 wurde seine Schwester Helene Amalie Zitrin geboren. Da Gusti Zitrin erwerbstätig war, gab sie ihre Kinder in Pflege zu Bertha Dehmel. Diese wohnte in Friedrichshain in der Memeler Straße 52 (heute Marchlewskistraße). Ihre eigenen vier Kinder waren bereits junge Erwachsene und Bertha verdiente sich mit der Übernahme der Pflegschaft ihren Lebensunterhalt. Um 1916 zog sie mit ihren Pflegekindern in das Haus Libauer Straße 2, in welchem sie die Portiersstelle übernahm.
Alfred Zitrin absolvierte eine kaufmännische Ausbildung und blieb auch als erwachsener Mann in seiner Pflegefamilie integriert.
Am 17. August 1932 heiratete er die Hausangestellte Martha Müller, geb. am 21. März 1907 in Rathenow. Sie war evangelisch und die beste Freundin der Schwiegertochter seiner Pflegemutter. Alfred Zitrin wohnte zum Zeitpunkt der Eheschließung bei seiner Mutter Gusti Zitrin im Gartenhaus in der Giesebrechtstraße 19 in Charlottenburg. An diesem Wohnort des gehobenen Bürgertums verdiente Gusti Zitrin ihren Lebensunterhalt als Modistin, stellte also Hüte und Kopfbedeckungen für Damen her.
Wo Alfred und Martha Zitrin in den folgenden Jahren wohnten, ist nicht bekannt. Um 1938 lebte das Ehepaar in der Dirschauer Straße 8, 1939 dann in der Kopernikusstraße 5 in Friedrichshain.
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Jüdinnen und Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Alfred Zitrin. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben.
Alfred Zitrin verlor seine Anstellung. Nach drei Jahren Arbeitslosigkeit wurde er 1939 als Gleisarbeiter bei der Reichsbahn zwangsverpflichtet.
Er wurde am 27. Februar 1943 Opfer der sogenannten „Fabrikaktion“, bei der die bis dahin von der Deportation verschonten letzten Berliner Jüdinnen und Juden, die in kriegswichtigen Betrieben zwangsbeschäftigt waren, verhaftet und deportiert wurden. Unter den mehr als 8000 Verhafteten befanden sich zahlreiche jüdische Partner aus „Mischehen“. Diese etwa 2000 Personen sollten „vorerst“ nicht deportiert werden. Sie wurden aussortiert und in das Gebäude der ehemaligen Behörde für Wohlfahrtswesen und Jugendfürsorge der Jüdischen Gemeinde verbracht, das sich in der Rosenstraße 2-4 nahe des Alexanderplatzes befand. Zu ihnen gehörte auch Alfred Zitrin.
Bereits am Abend des 27. Februar bildete sich vor dem Gebäude eine Menschenmenge, die sich vorwiegend aus Frauen und anderen Angehörigen der Inhaftierten zusammensetzte und die deren Freilassung forderte. Ob Martha Zitrin unter den Protestierenden war, ist nicht bekannt.
Am 6. März 1943 wurde Alfred Zitrin mit 24 weiteren Inhaftierten aus der Rosenstraße mit dem 35. Osttransport nach Auschwitz deportiert. Dort musste er im KZ Auschwitz III Monowitz auf der Baustelle des Buna-Werks der I.G. Farben Zwangsarbeit leisten. Offenbar hatten übereifrige Gestapobeamte die Vorgaben des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) nicht eingehalten, nach denen bestimmte Gruppen von der Deportation verschont bleiben sollten. Auf Befehl „höchster Stellen“ wurden die 25 Männer am 21. März 1943 nach Berlin zurückgeschickt. Bevor man sie entließ, hatte man ihnen gedroht, dass sie bald wieder in Auschwitz sein würden, wenn sie nur ein Wort darüber erzählten, was sie dort gesehen und erlebt hatten.
In Berlin wurden die Männer am Bahnhof Friedrichstraße von der SS in Empfang genommen, auf Lastwagen verladen und in die Burgstraße 28 gebracht. In diesem Gebäude in der Nähe des Hackeschen Marktes befand sich das „Judenreferat“ der Gestapo, in dem Alfred Zitrin und seine Mitgefangenen in den Zellen im Souterrain die Nacht verbrachten. Die Gestapo wagte es nicht, diese Männer, die mit eigenen Augen gesehen hatten, was in Auschwitz vor sich ging, wieder mit anderen Menschen zusammenkommen zu lassen. Man isolierte sie daher, indem man sie willkürlich eines Kapitalverbrechens anklagte, sie in Schutzhaft nahm und in das südlich von Berlin gelegene „Arbeitserziehungslager“ Großbeeren verschleppte.
„Arbeitserziehungslager“ (AEL) waren in der Zeit des Nationalsozialismus Straflager, die der Disziplinierung und Umerziehung von Andersdenkenden, politischen Gegnern und ausländischen Zwangsarbeitern dienten. Das von der Gestapo im September 1942 errichtete Lager in Großbeeren durchliefen bis April 1945 etwa 45.000 Häftlinge. Wegen mangelhafter Ernährung, durch Misshandlung, Erschöpfung oder infolge unmenschlicher Zwangsarbeit fanden hier mindestens 1.197 Gefangene den Tod. Unter ihnen war auch Alfred Zitrin: Er kam dort am 9. April 1943 im Alter von 37 Jahren ums Leben.
Alfred Zitrin wurde in Großbeeren bestattet, nach dem Krieg aber auf Antrag seiner Witwe exhumiert und im April 1947 auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beigesetzt. Martha Zitrin lebte nach dem Krieg in Ost-Berlin und später in Potsdam, wo sie 1988 verstarb. Sie hat nicht mehr geheiratet.
Alfreds Mutter Gusti Zitrin war von Berlin am 18. Oktober 1941 mit dem I. Osttransport in das Ghetto Lodz deportiert worden. Von dort wurde sie am 4. Mai 1942 in das Vernichtungslager Kulmhof verschleppt und ermordet.
Alfreds Schwester Helene hatte 1931 den nicht-jüdischen Fleischer Helmut Rademacher geheiratet und blieb durch diese „Mischehe“ vor einer Deportation bewahrt.