Else Oppler née Cohn

Location 
Krefelder Straße 7
District
Moabit
Stone was laid
30 November 2013
Born
02 February 1907 in
Deportation
on 01 March 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Else Cahn (auch Kahn, und selten Cohn) wurde am 2. Februar 1907 im damals noch eigenständigen Hüttersdorf-Buprich in der preußischen Rheinprovinz (heutiges Saarland) geboren. Die Ortschaft liegt auf der rechten Seite des Primstales und ist seit ihrer Eingemeindung 1974 ein Ortsteil von Schmelz. Else war die Tochter des Glasermeisters Ludwig Cahn (1857–1934) aus dessen zweiter Ehe mit Hedwig, geborene Berlowitz (1875–1942). Ihre Mutter stammte ursprünglich aus Koschmin (dem heutigen Koźmin Wielkopolski in Polen), hatte eine Zeitlang mit ihrer Familie in Berlin gelebt und war nach der Heirat mit Ludwig nach Hüttersdorf gezogen, wo das Ehepaar bei Familie Weber in der heutigen Primsstraße lebte, bis sie 1924 ein Haus an der Krämerstraße bezogen. Hedwig Cahn war die Tochter eines Lehrers und hatte ihren Mann per Annoncen kennengelernt. Die Familie von Elses Vater war seit langer Zeit in der kleinen Ortschaft Hüttersdorf-Buprich ansässig, gut angesehen und sehr engagiert im Gemeinschaftsleben. So war beispielsweise Elses Onkel, der Kaufmann Nathan Cahn, Leutnant der Hüttersdorfer Feuerwehr und seit 1900 in deren Vorstand tätig. Else Cahn hatte einen älteren Bruder namens Kurt, der 1904 in Hüttersdorf-Buprich zur Welt gekommen war. Aus der ersten Ehe ihres Vaters mit Ida Cahn, geborene Seibt, hatte sie außerdem fünf Halbgeschwister: Elfrieda (1874–1954), Fritz Richard (1876–1949), Eduard Gustav (*1880), Anna Helene (*1881) und Agnes Elsa Cahn (*1882).

Die Familie Cahn dürfte im Hüttersdorf der Kaiserzeit zur gutbürgerlichen Mittelschicht gezählt haben. Elses Vater Ludwig bestritt den Lebensunterhalt der Familie als Glasermeister. Die Cahns gehörten zudem zur kleinen israelitischen Gemeinde von Hüttersdorf, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Else etwa 25 der rund 2500 Einwohner zählten und die mit den umliegenden Ortschaften Buprich, Bettingen und Lebach eine Synagogengemeinde bildete. Seit 1855 befand sich in der Lindenstraße (heutige Pater-Werny-Straße 1) die Hüttersdorfer Synagoge. Die jüdischen Kinder besuchten den normalen Volksschulunterricht im Ort. Von Else Cahn existiert noch ein Klassenbild, das sie in den 1910er-Jahren als Schülerin der Volksschule Hüttersdorf im Kreis von Mitschülern zeigt. Religionsunterricht erhielten die jüdischen Schüler einmal in der Woche, abwechselnd in Hüttersdorf oder Bettingen in den Schulräumen eines jüdischen Privatlehrers. In den Sommermonaten verbrachten die Jugendlichen des Ortes ihre Freizeit häufig an den nahegelegenen Badestellen an der Prims. Nach dem Schulabschluss absolvierte Kurt Cahn eine kaufmännische Ausbildung; Else sollte später als Köchin arbeiten. Leider haben sich keine weiteren Quellen erhalten, die einen Einblick in ihr Leben in der Zeit der Weimarer Republik in Hüttersdorf geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Jüdinnen und Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Else Cahn und ihre Angehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung sowie des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte. Zwar stand das Saarland bis 1935 unter der Verwaltung des Völkerbundes, doch die Entwicklungen der 1930er-Jahre waren nicht spurlos an der Region vorbeigegangen. Schon seit 1933 operierte die Gestapo im Saargebiet, legte Listen oppositioneller Kräfte an und bezog einen Tag vor der Rückgliederung demonstrativ ihr Quartier an der Saarbrücker Brückenstraße. Gleich nach Bekanntgabe der Abstimmung am 13. Januar 1935 setzte eine Massenflucht gefährdeter Personen aus der Region ein. Die Cahns waren zu diesem Zeitpunkt bereits in Berlin. 1934 war Elses Vater im Alter von 77 Jahren gestorben und auf dem jüdischen Friedhof in Diefflen bestattet worden. Hedwig Cahn hatte daraufhin das Haus an der Krämerstraße verkauft und war mit Kurt und Else Cahn zurück nach Berlin gegangen – vermutlich, weil sie sich von der Anonymität der Großstadt einen besseren Schutz versprach. Möglicherweise hatte Hedwig Cahn noch Familie in der Hauptstadt. 1936 heiratete Kurt Cahn die Putzmacherin Resi Keil und Else im Jahr 1938 den kaufmännischen Vertreter Moritz Erich Oppler. Moritz, der Erich gerufen wurde, war als Sohn des Zahnarztes Dr. Pinkus Heymann Oppler und der Dr. Margarethe Oppler, geborene Schiffer, 1901 in Berlin geboren worden. Nach der Hochzeit nahmen sich die Opplers eine Wohnung in der Nassauischen Straße 6 in Wilmersdorf.

Spätestens Anfang der 1940er-Jahre wurde das Leben für Else und Erich zum reinen Existenzkampf. So konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ vom 19. des Monats an nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Beide Ehepartner wurden außerdem zur Zwangsarbeit herangezogen: Else als Arbeiterin im Kabelwerk von „Siemens & Halske“ in Gartenfeld; Erich als Arbeiter im Hakenfelder Dampfsägewerk des Holzbearbeitungs- und Bestattungsunternehmens „A. Bauschke & Co“. Im März 1941 mussten Erich und Else ihre Wohnung in Wilmersdorf verlassen und zogen in den zweiten Stock der Krefelder Straße 7. Sie teilten sich die Dreizimmerwohnung mit zwei Untermietparteien, so dass ihnen nur ein Zimmer zum Leben blieb.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 hatte die Gestapo die Jüdische Gemeinde Berlins informiert, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Jüdinnen und Juden beginnen würde. Else und Erich Oppler wurden im Rahmen der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Jüdinnen und Juden deportiert werden sollten, Ende Februar 1943 von der Gestapo am Arbeitsplatz verhaftet, in das Sammellager an der Großen Hamburger Straße 26 verschleppt und voneinander getrennt: Else Oppler wurde am 1. März 1943 mit dem „31. Osttransport“ in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort – vermutlich unmittelbar nach der Ankunft – ermordet. Sie war zum Zeitpunkt der Deportation 36 Jahre alt. Ihr Ehemann wurde einen Tag später, am 2. März, ebenfalls nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Nur wenige von Elses Verwandten überlebten die NS-Verfolgung: Ihre Mutter Hedwig war bereits im Januar 1942 nach Riga deportiert und dort ermordet worden. Ihr Bruder Kurt war mit seiner Ehefrau Resi Cahn Ende der 1930er-Jahre nach Belgien geflohen, wo sie später verhaftet, nach Auschwitz deportiert und dort ermordet worden: Resi im August 1942 aus dem SS-Sammellager Mecheln (Malines) und Kurt aus dem Sammel- und Durchgangslager Drancy im September 1942. Elses Schwägerin Ruth Oppler (*1899) wurde im Juni 1943 in das Ghetto Theresienstadt deportiert und dort am 3. August 1943 ermordet – entweder infolge direkter oder indirekter Gewalteinwirkung mittels planvoller Mangelernährung, versagter Medikamente, Kälte und körperlichen Misshandlungen. Ihre Tochter Ingeborg Oppler (*1923) wurde im Januar 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Elses Schwiegervater Dr. Paul Oppler überlebte die Besatzungszeit in Belgien und lebte später in Brüssel. Ihr Onkel Nathan Cahn war 1938 im französischen Exil verstorben. Seine Ehefrau Helena Cahn, geborene Löb, überlebte die NS-Verfolgung in Frankreich und kehrte später nach Deutschland zurück. Von Elses Halbgeschwistern überlebten Elfrieda und Fritz Richard Cahn. Das Schicksal ihrer weiteren Halbgeschwister ist unbekannt.