Adolf Zadek

Location 
Marienstraße 15
District
Mitte
Stone was laid
20 October 2014
Born
07 April 1889 in Hohensalza / Inowrocław
Deportation
on 12 March 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Adolf Zadek wurde am 7. April 1889 in Inowrazlaw – das 1904 in Hohensalza umbenannte, heute polnische Inowrocław – in der damals preußischen Provinz Posen geboren. Er war der Sohn des Kaufmanns Julius Zadek und der Franziska Zadek, geborene Lehwald. Adolf wuchs im Kreis von mehreren Geschwistern auf: 1887 war seine ältere Schwester Gertrud zur Welt gekommen, in den Jahren 1893, 1894 und 1901 wurden seine jüngeren Geschwister Grete, Selma und Theodor geboren. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Adolf Zadek und seinen Geschwistern in Inowrazlaw haben sich so gut wie keine Informationen erhalten. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde der Stadt, zu der zur Jahrhundertwende etwa 1400 der rund 26.000 Einwohner zählten. Adolfs Vater führte in Inowrazlaw ein Geschäft und lebte mit seiner Familie um die Jahrhundertwende in einer Wohnung an der Adresse Sigismundstraße 3 (heutige ul. Solankowa) in der Altstadt. Adolf besuchte in Inowrazlaw die Grundschule und anschließend das Gymnasium bis zum „Einjährigen“ (Abschluss der Untersekunda). Nach seinem Militärdienst begann er eine Lehre als Kaufmann, blieb aber nicht in diesem Beruf, sondern ließ sich in Berlin als Bauchredner ausbilden.

Adolf Zadek begann eine Karriere als Varietékünstler mit Auftritten als Bauchredner und Zauberkünstler. Im Berlin der Weimarer Republik wurde er unter dem Künstlernamen „Dolf Dolfini“ bekannt, spielte bald Programme in den führenden Häusern der Hauptstadt – unter anderem der Berliner Scala und dem Wintergarten – und wurde zu einem gefragten Künstler im In- und Ausland. In den zwanziger Jahren war er mit seiner Handpuppe Karlchen nicht nur einer der gefragtesten Künstler seines Genres in Deutschland, sondern ging auch europaweit auf Tour und spielte unter anderem in Theatern und Varietés in den Niederlanden und der Schweiz. Viele Kolleginnen und Kollegen erinnerten sich später an die Auftritte: So hatte sich etwa durch gemeinsame Touren eine kollegiale Freundschaft mit dem damaligen Direktor des Paritätischen Engagementsnachweises für Artisten, Dr. Karl Leonhard, entwickelt. Dr. Leonhard schrieb später, im Rahmen des Entschädigungsverfahrens, an die Berliner Behörden: „Dolf Dolfini war ein prominenter Vertreter seines Faches […]. Er gehörte in den ganzen Jahren zu den gefragtesten Darbietungen dieses Genres, da es nur sehr wenige Bauchredner gab.“ Er sei das ganze Jahre über, bis auf selbstbestimmte Ferienzeiten, in großen Varietés engagiert gewesen. Die Internationale Artistenloge bestätigte, dass „der Kollege Adolf Zadek ‚Dolf Dolfini’ ein erstklassiger Varietékünstler war“, und auch der dänische Schauspieler Henry Lorenzen (1899–1961), der jahrzehntelang in Berlin am Theater und später in NS-Propagandafilmen mitgespielt hatte, erinnerte sich an den Kollegen, den er persönlich gekannt habe.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Jüdinnen und Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Adolf Zadek und seine Angehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. 1933 wurde die künstlerische Laufbahn Adolf Zadeks unfreiwillig beendet. Der Varietékünstler erhielt Auftritts- und Berufsverbot: Er durfte sich weder als Bauchredner oder Zauberkünstler gewerblich betätigen, noch durfte er von deutschen Bühnen engagiert werden. Von den NS-Behörden wurde ihm darüber hinaus der Pass entzogen. Nach dem Berufsverbot nahm Adolf Zadek eine Stelle als Hauswart im Jüdischen Krankenhaus in Berlin-Mitte in der Iranischen Straße 2 an, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er blieb in diesem Beschäftigungsverhältnis bis in die 1940er-Jahre hinein. In den 1930er-Jahren wohnte er in einer Wohnung in der Marienstraße 15, nahe des Karlplatzes in Mitte. Anfang August 1940 bezog er zur Untermiete ein möbliertes Zimmer im zweiten Stock der Ostenderstraße 2a in Berlin-Wedding. Aus den erhaltenen Zeugnissen geht nicht hervor, ob er sich darum bemühte, aus Deutschland zu entkommen. Sollte er konkrete Schritte unternommen haben, so scheiterten diese. Spätestens Anfang der 1940er-Jahre war das Leben für Adolf Zadek in Berlin zum reinen Existenzkampf geworden. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnte er sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 hatte die Gestapo die Jüdische Gemeinde Berlins informiert, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Jüdinnnen und Juden beginnen würde. Adolf Zadek wurde im Rahmen der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, Ende Februar oder Anfang März 1943 von der Gestapo verhaftet und in eines der für diese Zwecke provisorisch hergerichteten Sammellager verschleppt. Von dort aus wurde der 53-Jährige am 12. März 1943 nach Auschwitz deportiert und dort – vermutlich unmittelbar nach der Ankunft des Transports – ermordet. In jedem Fall gehörte er nicht zu den wenigen Überlebenden des Vernichtungslagers.

Von Adolf ZadeksGeschwistern überlebten Theodor und Selma, verheiratete Rudolph, die NS-Verfolgung. Theodor im Exil in Palästina; Selma mit ihrem nichtjüdischen Ehemann Dr. Lothar Rudolph und ihren Kindern Ingeborg (*1921), Horst (*1922) und Hans Joachim (*1923) in Belgard (dem heutigen Białogard in Polen). Arturs Schwester Grete, verheiratete Krakowiak, befand sich nach Familienangaben zuletzt in Warschau (Warszawa), bevor sie im Rahmen der NS-Verfolgung ermordet wurde. Die ebenfalls ermordete Gertrud Zadek, verheiratete Krakowiak, befand sich zuletzt in Wapienne im heutigen Polen. Gertruds Ehemann, David Krakowiak, war bereitsim August 1940 im Konzentrationslager Dachau ermordet worden. Das Schicksal ihres Sohnes Martin (*1910 in Wapienne) ist unklar. Ihre Tochter Klara, verheiratete Magner (*1911 in Wapienne), wurde aus Petrikow (Petrykau in Belarus) in die NS-Haftstätte Wongrowitz (Wągrowiec) deportiert und dort ermordet. Ihr Ehemann, Herbert, wurde im April 1943 in Berlin-Plötzensee ermordet.