Hans Schlesinger

Location 
Mommsenstr. 12
District
Charlottenburg
Stone was laid
17 June 2022
Born
27 February 1888 in Oppeln (Schlesien) / Opole
Occupation
Rechtsanwalt und Notar
Deportation
on 03 October 1942 to Theresienstadt
Later deported
on 06 October 1944 to Auschwitz
Murdered
1945 in Auschwitz

Hans Schlesinger wurde am 27. Februar 1888 in Oppeln/Opole im heutigen Polen geboren. Seine Eltern waren der Arzt Dr. Ismar Schlesinger und Hedwig Schlesinger, geb. Lohnstein, seine Geschwister hießen Margarete und Fanny. Er besuchte in Oppeln das Gymnasium und studierte Jura in München und Breslau. 1914 bis 1918 war er Soldat im Ersten Weltkrieg und wurde verwundet. Ab 1919 arbeitete er in Berlin als Rechtsanwalt und Notar.

Seine Frau Charlotte Schlesinger, geb. Segall (an anderen Stellen: Segal), wurde am 23. Oktober 1893 in Kulm (Chulm, Westpreußen, im heutigen Polen) geboren. Ihre Eltern hießen Gabriel Segall (1849–1905) und Amalie Segall, geb. Kurtzig (1861–1942). Charlotte war offenbar Einzelkind.
Wann Charlotte nach Berlin kam und Hans Schlesinger kennenlernte, ist nicht bekannt. Wir wissen aber, dass am 19. Oktober 1923 der gemeinsame Sohn Franz Günther in Berlin zur Welt kam.

Die Familie lebte in einer großzügigen Sechs-Zimmer-Wohnung in der Charlottenburger Mommsenstraße an der Ecke zur Wielandstraße (das Haus wurde 1945 ausgebombt). Bis zum Alter von fünfzehn Jahren besuchte Franz Günther das Kaiser-Friedrich-Gymnasium (heute Joan-Miró-Grundschule) in der Bleibtreustraße. 1938 – im Alter von 15 oder 16 Jahren – verließ er direkt nach dem Schulabschluss Berlin in Richtung Niederlande. Im selben Jahr wurde Hans‘ Anwaltskanzlei von den Nazis liquidiert (an anderer Stelle wird das Jahr 1935 genannt). Im November 1938 wurde Hans als sogenannter „Aktionsjude“ in das Konzentrationslager Buchenwald eingeliefert. So bezeichnete man die Juden, die nach der „Reichspogromnacht“ verhaftet wurden, um sie zu erpressen und ihr Vermögen zu „arisieren“. Im Dezember wurde er wieder freigelassen. Bis 1942 war er laut seinem Sohn noch als „Konsulent" (Rechtsberater) für Jüdinnen und Juden tätig.

Hans und Charlotte lebten also alleine in der Mommsenstraße, als sie am 3. Oktober 1942 mit dem „3. großen Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert wurden. Noch 80 Jahre später erinnerte sich eine damalige Nachbarin des Hauses bei der Verlegung der Stolpersteine an diesen Moment, den sie als Neunjährige in der Dunkelheit durch das Fenster beobachtet hatte. Zwei Jahre später, am 6. Oktober 1944, wurden Hans und Charlotte von Theresienstadt nach Auschwitz deportiert. Ihr Todesdatum ist unbekannt und wurde mit 1945 festgesetzt. Auch Hans‘ Schwester Fanny, ihr Mann und ihre Kinder überlebten nicht.

Ihr Sohn Franz Günther lebte nach seiner Auswanderung in die Niederlande einige Jahre in Dordrecht in Südholland und bewohnte dort ein Zimmer bei einer Familie Frits Blau, die jedoch im August 1942 deportiert wurde. Franz Günther tauchte spätestens zu diesem Zeitpunkt mit einigen jüdischen Freunden in Utrecht unter, wo er – so ein Forschungsartikel – vermutlich Kontakt zur jüdischen Widerstandskämpferin Truus van Lier hatte. 

Im Oktober 1943 wurde Franz Günther verhaftet, kam zunächst ins Übergangslager Westerbork und im Januar 1944 ins Konzentrationslager Theresienstadt. Dort sah er seine Eltern ein letztes Mal wieder - in der Zentralen Datenbank von Yad Vashem finden sich in Gedenkblättern zu Hans und Charlotte die Worte „last seen by his [her] son in Theresienstadt 1944, fate unknown.“ Anders als seine Eltern blieb Franz Günther am Leben, vermutlich weil er sich als Metallarbeiter ausgab. Im September 1944 wurde er nach Auschwitz deportiert, wo er zwei Monate lang überlebte – bis zum nächsten Transport.

Er schreibt in seinem Entschädigungsantrag 1952: „Von Auschwitz wurde ich als Zwangsarbeiter nach dem Arbeitslager Meuselwitz (b. Leipzig) überführt. Während Abtransportes nach dem K.Z. Dachau gelang mir die Flucht (April 1945) und durch Bemittlung der Amerikanischen (sic!) Behörden konnte ich im Sommer 1945 nach Holland zurückkehren. Ich habe dort mein medizinisches Studium angefangen und beendet und bin jetzt als Arzt zu Utrecht tätig. Seit 1949 besitze ich die holländische Staatsangehörigkeit.“

Franz Günther Schlesinger führte offenbar ein glückliches Leben mit seiner Frau Betteke, mit der er seine Leidenschaft für Musik teilte. Erst starb am 24. Januar 2013 im Alter von 89 Jahren.
Von Hans Schlesingers Geschwistern überlebte allein Margarete die Nazizeit. Als Margarete Hofstein-Schmerl starb sie 1984 in Tel Aviv.