Rosa Bohm née Zachart

Location 
Trautenaustr. 14
District
Wilmersdorf
Stone was laid
28 June 2011
Born
23 September 1870 in Berlin
Deportation
on 14 September 1942 to Theresienstadt
Murdered
25 September 1942 in Theresienstadt

Rosa Bohm, geb. Zachart, ist am 23. September 1870 geboren. Als die jüdische Berlinerin, die Rosi genannt wurde, 1942 im Alter von fast 72 Jahren ins Ghetto Theresienstadt deportiert wurde, war sie verwitwet. Wegen einer schweren Erkrankung hatte sie ihre Wohnung in der Trautenaustraße 14, wo sie am Stichtag der Volkszählung, dem 17. Mai 1939, als Untermieterin bei Kasche gemeldet war, verlassen müssen und zog in die Sybelstraße 68 zu einer Frau Bromberg, die sie pflegte.

Am 11. September 1942 musste sie wie alle Juden den 16seitigen Vordruck einer „Vermögenserklärung“ abgeben. Mit Bleistift ist auf der ersten Seite dieses Formulars der Vermerk eingetragen: „Angaben der Frau Bohm ungenau, da krank.“ Rosa Bohm war bereits so schwach, dass sie auch nicht mehr selbst unterschreiben konnte, dies tat an ihrer Stelle ein Mann namens Fritz Israel Tichauer, dessen Wohnort ebensowenig bekannt ist wie das Datum seiner Deportation, der am 4. Dezember 1942 im polnischen Vernichtungslager Auschwitz ermordet worden ist. Tichauer notierte neben seinem Namen: „Unterschrift kann nicht gegeben werden, da krank.“

Unter den im Brandenburgischen Landeshauptarchiv abgehefteten Unterlagen über Rosa Bohm befindet sich auch ein „Schätzungsblatt“ zur Bewertung ihrer Habe, worauf vermerkt ist: „Kein Inventar vorhanden“, was vom Beauftragten der „“Wirtschaftsgruppe Einzelhandel“ Erich Lübke mit Unterschrift bestätigt wurde. Obwohl die raffgierigen Nazis bei der einsamen, alten, armen und kranken Rosa Bohm also nichts holen konnten, fertigte der Gerichtsvollzieher Dewitz aus Weißensee am 17.2.1943 eine „Kostenrechnung“ aus, mit der er für einen „Schätzungswert ./.“, also null, „Gebühren, Schreibgebühr und Fahrkosten“ in Höhe von 2,50 Reichsmark erhob, die er bei der Behörde des Finanzpräsidenten Berlin-Brandenburg geltend machte. Hiermit war für die nationalsozialistischen Mörder die Akte Rosa Bohm abgeschlossen.

Mehr über ihr Leben ist aus den spärlichen Überbleibseln nicht zu entnehmen. Es endete mit dem Transport in den sicheren Tod am 14. September 1942. Etwa tausend Menschen, nach der Erinnerung einer Überlebenden „das ganze Altersheim Iranische Straße 3, das Taubstummen- und Blindenheim Weißensee und hunderte von Einzelpersonen“, saßen in eng gedrängt in diesem Zug, der vom Güterbahnhof Berlin-Moabit an der Putlitzstraße in das böhmische Ghetto Theresienstadt startete und dort am nächsten Tag ankam. Die Nazis nannten ihn „2. Großer Alterstransport“. Nach der qualvollen Fahrt hat Rosa Bohm ihren 72. Geburtstag wohl noch im Ghetto erlebt. Ihr Todestag war der 25. September 1942.

Rosa (auch Rosi) Bohm geb. Zachart, wurde am 23. September 1870 als jüngste Tochter in eine jüdische Familie in Berlin geboren. Ihre Eltern waren der Steinmetz Martin Zachart (1823–1916) und seine Frau Sara, geb. Kirstein (1838–1913). Die Familie lebte in der Neuen Friedrichstraße 30 im historischen Stadtzentrum Berlins, unweit des Bahnhofs Alexanderplatz und der Marienkirche. Martin Zachart betrieb eine „Fabrik“ für Grabdenkmäler aus Marmor, Sandstein und Granit und ist noch heute für viele Grabsteine bekannt, die er für die jüdischen Friedhöfe in der Schönhauser Allee und in Weißensee hergestellt hat. Um die Jahrhundertwende wohnte die Familie in der Neuen Königstraße 8 (heute Otto-Braun-Straße). Rosa Zachart ließ sich an der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin als Porträtmalerin ausbilden. Anfang Dezember 1898 heiratete sie den Kaufmann Jacob Bohm (1862–1934) und zog zu ihm in das westpreußische Graudenz (heute Grudziądz, Polen). Am 18. Januar 1900 wurde sie Mutter einer Tochter, Margot, und am 24. Juni 1903 eines Sohnes, Ewald. Die Familie Bohm galt als wohlhabend, und in ihr wurden in besonderem Maße geistige und künstlerische Interessen gepflegt.

Die Tochter Margot Bohm heiratete am 6. Oktober 1920 den Wiener Bankier Richard Pappenheim (1879–1954). Zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit wohnte sie vermutlich zusammen mit ihren Eltern in Schneidemühl (heute Piła, Polen) in der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen. Sie starb 1940 in Österreich. Ihr Bruder Ewald Bohm studierte nach 1922 Rechts- und Staatswissenschaft mit verschiedenen Nebenfächern an den Universitäten in Freiburg im Breisgau und in Berlin. Er beabsichtigte zunächst, als Diplomat in den Dienst des Auswärtigen Amts zu treten, doch machte er später vor allem auf dem Gebiet der Psychiatrie und Tiefenpsychologie von sich reden. 1930 veröffentlichte er zusammen mit dem Berliner Arzt und Gründer des Instituts für Sexualwissenschaft Magnus Hirschfeld (1868–1935) unter dem Titel „Sexualerziehung“ sein erstes Buch. Ewald Bohm leitete in Berlin auch eine Abteilung der sozialdemokratischen Organisation „Kinderfreude“ und engagierte sich für den Pazifismus. Nach dem Zweiten Weltkrieg trug er maßgeblich zur Verbreitung der Rohrschach-Psychodiagnostik im deutschsprachigen Raum bei. Er starb 1980 im schweizerischen Wädenswil.

Nach der Machtübertragung an die Nazis war Ewald Bohm nahegelegt worden, Deutschland so schnell wie möglich zu verlassen, und über den Umweg ins norwegische Oslo erreichte er am 1. April 1933 die dänische Hauptstadt Kopenhagen. Hier wurde er als Flüchtling anerkannt, erhielt aber nur eine sehr geringe finanzielle Unterstützung und war auf Hilfsleistungen eines Vetters in den USA sowie der Jüdischen Gemeinde in Kopenhagen angewiesen. Der Vater Jakob Bohm starb 1934 während eines Besuches bei seinem Sohn in Dänemark. Die Mutter Rosa Bohm war auch mehrfach bei ihm zu Besuch, wollte aber selbst nach dem Tod ihres Mannes Deutschland nicht verlassen. Auch sie wurde finanziell von dem Vetter in den USA unterstützt. Als sich die gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland zuspitzten und insbesondere für Juden und Jüdinnen unerträglich wurden, beantragte Rosa Bohm 1938 eine Aufenthaltsgenehmigung für Dänemark. Doch das Kopenhagener Justizministerium lehnte den Antrag am 16. November 1938 – fünf Tage nach der Reichspogromnacht in Deutschland – ab. Die Entscheidung fiel, obwohl sich Ewald Bohm und seine dänische Frau Kirsten Mørch (1909–1986) bereit erklärt hatten, finanziell für Rosa Bohm zu sorgen, sodass sie dem dänischen Staat nicht zur Last fallen werde. Auch der amerikanische Vetter wollte weiterhin finanzielle Unterstützung leisten. Rosa Bohm, die zu diesem Zeitpunkt 68 Jahre alt war, hatte keine Möglichkeit mehr, der antijüdischen Hetze und Verfolgung in Deutschland zu entkommen.

Zum Zeitpunkt der Volkszählung von 1939, am 17. Mai 1939, war Rosa Bohm als Untermieterin bei der verwitweten Bertha Kasche in der Trautenaustraße 14 gemeldet. Sie musste die Wohnung jedoch wenig später wegen Krankheit verlassen und zog in die Sybelstraße 68 zu der ebenfalls verwitweten Bera Bromberg, die sie pflegte.

Am 11. September 1942 musste Rosa Bohm wie alle verbliebenen Juden und Jüdinnen in Deutschland den 16-seitigen Vordruck einer „Vermögenserklärung“ abgeben. Mit Bleistift ist auf der ersten Seite des Formulars der Vermerk eingetragen: „Angaben der Frau Bohm ungenau, da krank.“ Rosa Bohm war bereits so schwach, dass sie auch nicht mehr selbst unterschreiben konnte. Dies tat an ihrer Stelle Fritz Tichauer (1881–1942) aus Schöneberg. Tichauer, der als Jude wenige Wochen später, am 4. Dezember 1942, im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurde, notierte handschriftlich neben seinem Namen: „Unterschrift kann nicht gegeben werden, da krank.“

Unter den im Brandenburgischen Landeshauptarchiv abgehefteten Unterlagen zu Rosa Bohm befindet sich ein „Schätzungsblatt“ zur Bewertung ihrer Habe, auf dem vermerkt ist: „Kein Inventar vorhanden“, was vom Beauftragten der „Wirtschaftsgruppe Einzelhandel“ Erich Lübke mit Unterschrift bestätigt wurde. Obwohl die Nazis bei der alten, verarmten und kranken Rosa Bohm nichts holen konnten, stellte der Gerichtsvollzieher Franz Dewitz aus Weißensee am 17. Februar 1943 eine „Kostenrechnung“ aus, mit der er für einen Schätzungswert von „./.“ – also null – Gebühren und Fahrtkosten in Höhe von 2,50 Reichsmark geltend machte. Den Betrag forderte er bei der Behörde des Finanzpräsidenten Berlin-Brandenburg ein. Hiermit wurde für die nationalsozialistischen Mörder die Akte Rosa Bohm geschlossen.

Rosa Bohm wurde am 14. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Etwa eintausend Menschen – nach der Erinnerung einer Überlebenden „das ganze Altersheim Iranische Straße 3, das Taubstummen- und Blindenheim Weißensee und hunderte von Einzelpersonen“ – saßen eng gedrängt in einem Zug, der vom Güterbahnhof Berlin-Moabit an der Putlitzstraße in südliche Richtung startete und am nächsten Tag in Theresienstadt (Terezín) im besetzten Gebiet der Tschechoslowakei, heute Tschechien, eintraf. Die Nazis nannten ihn „2. Großer Alterstransport“. Nach der qualvollen Fahrt hat Rosa Bohm ihren 72. Geburtstag offenbar noch im Ghetto erlebt. Ihr Todestag war der 25. September 1942.