Aribert Zwick

Location 
Albrechtstraße 83a
District
Steglitz
Stone was laid
09 November 2023
Born
06 January 1903 in Gnesen (Posen) / Gniezno
Occupation
Kaufmann
Deportation
on 12 January 1943 to Auschwitz
Murdered
08 February 1943 in Auschwitz

Aribert Zwicks Name findet sich im Gedenkbuch Berlins, das als seinen letzten Wohnsitz die Albrechtstrasse 83a in Steglitz angibt. Er wurde am 6. Januar 1903 als zweites Kind des Ehepaars Julia und Isidor Zwick in Gnesen geboren.[1] Gnesen, heute Gniezno, liegt ca. 50 km nordöstlich von Posen und zählt zu den ältesten Städten Polens. In Ariberts Kindheit gehörte es zur Preußischen Provinz Posen, mit dem Versailler Vertrag ab 1920 zu Polen und nach dem Überfall auf Polen 1939 wurde es als Teil des Reichsgaus Posen in das Deutsche Reich eingegliedert. 

Aribert Zwick hatte zwei Schwestern, die ältere Schwester Edith kam 1899, die jüngere Schwester Alicia 1908 in Gnesen zur Welt.[2] Die Familie wohnte in einem Haus in der Bromberger Straße, wo der Vater als Bierverleger tätig war. Das Gnesener Adressbuch von 1903/1904 führt Isidor Zwick zudem als Bierbrauer[3], es ist jedoch zu vermuten, dass er, wie viele Bierverleger seiner Zeit, in der Bromberger Straße lediglich eine Abfüllanlage jedoch keine eigene Brauerei betrieb.

Während Gnesen zu Beginn des letz­ten Jahr­hunderts noch rund 1.100 jüdische Einwohner:innen hatte, wander­ten Anfang der 1920er Jahre auf­grund des pol­nischen Antisemitis­mus viele von ihnen in größere deut­sche Städte ab oder emigrierten nach Nordamerika. Auch Familie Zwick verlies zu dieser Zeit Gnesen. Sie zog nach Berlin. Hier führte Isidor Zwick in der Pe­tersburger Straße im Friedrichs­hain zunächst eine Kolonial­warenhand­lung, später dann ein Geschäft für Schürzen. Wie sein Vater wurde auch Aribert Zwick Kauf­mann und stieg in das Geschäft des Vaters ein.[4]

1934 lernte Aribert Zwick bei Freunden die zwanzigjährige Eva Wertheimer aus Wiesbaden kennen. Im Februar 1935 heirateten sie in Berlin.[5] Die jüdische Hochzeit fand wenige Monate später in Wiesbaden statt. Gemeinsam wohnten sie einige Jahre in der Danziger Straße im Prenzlauer Berg. Hier führte Aribert Zwick ein zweites Geschäft seines Vaters, das unter dem Namen Zwick I. & Sohn Schürzen firmierte. 

Das Ehepaar Zwick hatte, so erinnert sich Eva Zwick später, noch „für ein paar Jahre ein sehr schönes Leben gehabt, [sie] seien ins Theater und in die Oper und – was sie am meisten geliebt habe – oft zum Tanzen ausgegangen“.[6] Dies fand jedoch mit der Reichspogromnacht im November 1938 ein jähes Ende. Die Ladengeschäfte der Familie wurden geplündert und zerstört. Mit Hilfe der Schwester Aribert Zwicks fanden sie in der Steglitzer Albrechtstraße 83a ein kleines möbliertes Zimmer. Ob ihr Vermieter das Ehepaar Heimann war, das Anfang des Jahrhunderts selbst eine Zeit in Gnesen wohnte, oder ob sich ihre Lebensläufe hier zum ersten Mal kreuzten, ist nicht bekannt. Inzwischen aber lag Ariberts Geburtsort auf polnischem Staatsgebiet. Er galt damit als Pole und ihm war es nahezu unmöglich, ein für die Emigration erforderliches Visum zu erhalten.

Da Wiesbaden ihnen sicherer schien zogen Eva und Aribert Zwick Ende 1938 zu Evas Eltern.. Bereits Anfang 1939 kehrte Aribert Zwick jedoch allein in die Albrechtstraße zurück. Die Ehe der Beiden stand vor dem Aus und wurde schließlich im Februar 1942 geschieden.[7] Kurz nach seiner Rückkehr aus Wiesbaden wurde Aribert Zwick zur Zwangsarbeit in einem Bautrupp der Deutschen Reichsbahn verpflichtet.

Wann Aribert Zwick in den darauffolgenden Jahren Steglitz verließ und als Untermieter des Ehepaars May nach Schöneberg in die Courbierestraße zog, ist nicht bekannt. Am 6. Januar 1943 feierte er dort seinen vierzigsten Geburtstag. Bereits am darauffolgenden Tag musste er die einer Deportation vorausgehende Vermögenserklärung ausfüllen und wurde in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße überführt. Gemeinsam mit seinen Vermietern und einer weiteren Untermieterin wurde er am 12. Januar 1943 mit dem 26. Osttransport nach Auschwitz deportiert und dort nur wenige Wochen nach der Ankunft am 8. Februar 1943 ermordet.[8]

Eva Zwick war bereits im September 1942 mit ihren Eltern aus Wiesbaden nach Theresienstadt deportiert worden.[9] Sie wurde am 15. Mai 1944 von Theresienstadt nach Auschwitz und wenige Wochen spätere in das Konzentrationslager Stutthof bei Danzig deportiert. In den Wirren der letzten Kriegsmonate gelang ihr bei der Auflösung des Lagers die Flucht, sie wurden jedoch erneut verhaftet und konnten nur knapp der Erschießung entgehen. Im Mai 1945 kehrte Eva Zwick über Berlin, wo sie von ihrer Schwägerin Edith Lenius vom Tod Aribert Zwicks erfuhr, nach Wiesbaden zurück und emigrierte 1947 nach New York.[10]

 

 

 Fußnoten

[1] Eintrag im Heiratsregister des Standesamtes Berlin Xc von 1935, Nr. 60.

[2] Vgl. Klaus Flick: Judenhäuser in Wiesbaden 1939 - 1942. Hier findet sich ein ausführlicher Lebenslauf Eva Zwicks, der Ehefrau von Aribert Zwick, in dem auch Aribert und seine Schwestern Erwähnung finden, sowie die Übersetzung aus dem Englischen einiger Ausschnitte eines Interviews mit Eva Zwick 1992, das im United States Holocaust Memorial Museum (USHMM) archiviert ist.
URL: https://moebus-flick.de/die-judenh… und URL: https://collections.ushmm.org/sear…;

[3] Adressbuch der Stadt Gnesen 1903 - 1904, S. 206 und S. 207.
URL: https://www.wbc.poznan.pl/dlibra/p…

[4] Vgl. Berliner Adressbuch 1923. Berlin: August Scherl Verlag, 1923, S. 3662. 
und Berliner Adressbuch 1937. 2. Band. Branchen-Verzeichnis. Berlin: August Scherl Verlag, 1937, S. 527.

[5]Eintrag im Heiratsregister des Standesamtes Berlin Xc von 1935, Nr. 60.

[6] Flick, Klaus: Judenhäuser in Wiesbaden.

[7] Im Eintrag des Heiratsregisters aus dem Jahr 1935 findet sich ein entsprechender Nachtrag vom 17. März 1942.

[8] Yad Vashem Archiv: Eintrag für Aribert Zwick in der Zentralen Datenbank der Namen der Holocaustopfer, ID 5512212.
URL: https://yvng.yadvashem.org/nameDet…

[9] Vgl. Thomas Freier: Statistik und Deportation der jüdischen Bevölkerung aus dem Deutschen Reich. Listen des Transports von Frankfurt/Main und Wiesbaden nach Theresienstadt am 1.9.1942. 
URL: https://www.statistik-des-holocaust.de/TT420901-Wiesbaden10.jpg 

[10] Flick, Klaus: Judenhäuser in Wiesbaden.