Mark Alfred Sadunischker

Location 
Bochumer Str. 10
Historical name
Bochumer Str. 9
District
Moabit
Stone was laid
July 2007
Born
08 June 1927 in Berlin
Occupation
Arbeiter
Deportation
on 03 February 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Mark Alfred Sadunischker wurde am 8. Juni 1927 in Berlin geboren. Er war der Sohn des Zigarettenfabrikanten Martin Meier Sadunischker (1884–1943) und von dessen Ehefrau Gertrud Sadunischker, geborene Lewy (1893–1943). Sein Vater stammte aus Wilna (dem heutigen Vilnius in Litauen) und war in jungen Jahren mit seiner Familie nach Berlin gekommen, wo er eine kaufmännische Ausbildung absolvierte und 1918 Mitinhaber einer von seinem Vater, Jakob Rubin Sadunischker (1857–1935), gegründeten Tabak- und Zigarettenfabrik am Weinbergsweg 6 in Berlin-Mitte geworden war. Mark Alfreds Mutter war die Tochter des in Memel (dem heutigen Klaipėda in Litauen) ansässigen Kaufmanns Israel Lewy (1859–1925) und von dessen Ehefrau Lina Lewy, geborene Hirschfeld (1863–1941). Die Lewys unterhielten in Memel eine Flachshandlung in der Großen Wasserstraße 21. Im selben Gebäude befand sich ihre Privatwohnung und wenigstens seit den 1910er-Jahren waren sie auch Eigentümer des Wohnhauses. Am 12. Dezember 1919 hatten Mark Alfreds Eltern in Berlin geheiratet und sich eine gemeinsame Wohnung am Wikingerufer 2 am Spreebogen in Moabit genommen. 1926 zogen sie in die nahegelegene Krefelder Straße 4 im Westfälischen Viertel um. Im Geburtsjahr von Mark Alfred gründete sein Vater die „Maschalla Cigarettenfabrik“ in der Alexanderstraße 22, die er bis 1929/1930 betrieb. Es ist anzunehmen, dass er auch später noch kaufmännisch in der Tabakindustrie tätig war, aber er tritt in den vorliegenden Dokumenten nicht mehr als Unternehmensinhaber auf. In den Berliner Adressbüchern dieser Zeit wurde er als Kaufmann geführt. 1928 zogen die Sadunischkers in eine Wohnung in der Bochumer Straße 9. Leider haben sich keine weiteren Quellen erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Jüdinnen und Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Mark Alfred Sadunischker und seine Angehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Mark Alfred erfuhr als Kind jüdischer Eltern Antisemitismus und antijüdische Gesetze unmittelbar in der NS-Bildungspolitik: Bereits mit dem „Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen“ im April 1933 war dem Fünfjährigen die Möglichkeit des künftigen Zugangs zu einer höheren Schulbildung versperrt worden. 1935 sah ein Erlass eine „möglichst vollständige Rassentrennung“ durch die „Einrichtung gesonderter jüdischer Schulen“ vor und nach den Pogromen im November 1938 – da war Mark Alfred elf Jahre alt – wurde jüdischen Schülern der Besuch von öffentlichen Schulen grundsätzlich verboten.

In den 1930er-Jahren war es mehreren Verwandten väterlicherseits gelungen, Deutschland zu verlassen und in die USA auszureisen. So konnte etwa Mark Alfreds Onkel Dr. Hermann Sadunischker, der 1933 seine Stellung als Wohlfahrtsarzt in Berlin verlor, 1936 in die USA emigrieren. Bereits seit den 1910er-Jahren lebte dort Mark Alfreds Tante Rosa, später verheiratete Meyer, mit ihrem Sohn Arthur (*1916). Auch zwei weiteren Tanten – Helena Sadunischker, verheiratete Löwenstein, und Elise Leah Sadunischker, verheiratete Garbuny – gelang 1934 und 1939 mit ihren Ehemännern die Flucht in die USA. Ob auch die Eltern von Mark Alfred planten, mit ihrem Sohn aus Deutschland zu entkommen, geht aus den vorliegenden Quellen nicht hervor. Sollten sie konkrete Schritte unternommen haben, so scheiterten diese. Vermutlich Ende der 1930er-Jahre hatten die Sadunischkers Mark Alfreds Großmutter mütterlicherseits mit in ihre Wohnung in der Bochumer Straße mit aufgenommen. Sie starb im Alter von 77 Jahren im April 1941.

Anfang der 1940er-Jahre war das Leben für die Sadunischkers in Berlin zum reinen Existenzkampf geworden. So konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ ab dem 19. September nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Im Oktober 1941 mussten sie ihre langjährige Wohnung in der Bochumer Straße 9 räumen und zogen in eine Dreizimmerwohnung in der Klopstockstraße 30 im Hansaviertel, die sie sich mit zwei jüdischen Untermietern teilten. Seit Ende der 1930er- oder Anfang der 1940er-Jahre wurde Mark Alfred außerdem zu Zwangsarbeit herangezogen – zuletzt bei der Fahrbereitschaft der Stadt Berlin. Sein Vater war zuletzt Zwangsarbeiter beim Bezirksamt Wilmersdorf, wo er unter schwerer physischer Belastung bei der Trümmerbeseitigung eingesetzt wurde.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 hatte die Gestapo die Jüdische Gemeinde Berlins informiert, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Jüdinnen und Juden beginnen würde. Mark Alfred und seine Eltern erhielten den Deportationsbescheid im Frühjahr 1943. Sie wurden im Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 interniert und dort voneinander getrennt. Der fünfzehnjährige Mark Alfred wurde am 3. Februar 1943 mit dem „28. Osttransport“ in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort – vermutlich unmittelbar nach seiner Ankunft – ermordet. Sollte er noch als Häftling in das Lager selektiert worden sein, so gehörte er in jedem Fall nicht zu den wenigen Überlebenden des Vernichtungslagers. Auch seine Eltern, die am 19. Februar 1943 nach Auschwitz deportiert wurden, überlebten die Shoah nicht.