Maria Loebinger née Heller

Location 
Brandenburgische Straße 38
District
Wilmersdorf
Stone was laid
17 June 2022
Born
28 October 1907 in Łódź (Polen)
Occupation
Sekretärin
Deportation
on 01 July 1943 to Theresienstadt
Later deported
on 28 October 1944 to Auschwitz
Later deported
on 06 November 1944 to Bergen Belsen
Later deported
on 15 December 1944 to Salzwedel / Neuengamme
Survived

Maria Heller wird am 28. Oktober 1907 in Lodz /Polen geboren. Ihre Eltern sind Julius Heller (gestorben 1933) und Paula Heller geb. Muszkat (gestorben 1930). Sie ist das einzige Kind. Warum und wann ihre Eltern mit ihr nach Berlin gekommen sind, ist nicht bekannt. Beide Eltern gehören der jüdischen Gemeinde in Berlin an.

Maria wächst in Berlin auf. Nach der Reifeprüfung möchte sie gern Mode- und Reklamezeichnerin werden. Sie besucht die Reimannschule, eine private Kunst-und Kunstgewerbeschule in der Landshuter Str. 38 in Berlin - Schöneberg. Die Vermögensverluste ihres Vaters in der Inflationszeit zwingen sie jedoch dazu, eine Ausbildung zu machen, um auf eigenen Füßen zu stehen. Sie wird Sekretärin und Stenotypistin, lernt Fremdsprachen.

Sie findet eine Anstellung als Sekretärin und Statistikerin im „Fachausschuss für Fleischversorgung e.V.“ (eine Interessenvertretung der Fett-und Gefrierfleisch-Importeure). Im September 1930 verstirbt ganz plötzlich ihre Mutter, im Januar 1933 ihr Vater.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verliert sie ihre Arbeit: Sie ist als Jüdin nicht mehr tragbar.

1931 lernt sie ihren zukünftigen Ehemann Dr. Günther Loebinger kennen. Sie heiraten am 19. August 1937.

Dr. Günther Loebinger ist zu diesem Zeitpunkt in der renommierten Anwaltskanzlei von Dr. Hans-Fritz Abraham in der Friedrichstraße tätig - eine auf Hypotheken-und Aufwertungswesen spezialisierte Kanzlei. In der Folge der reichsweiten Boykotte jüdischer Geschäfte, Ärzte und Rechtsanwälte muss er aus der Kanzlei ausscheiden. Als ehemaliger Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg „darf“ er noch als Rechtsanwalt zugelassen bleiben und eröffnet eine eigene Kanzlei. Maria hilft ihm und unterstützt ihn dabei, Juden rechtlich zu vertreten und ihnen zu ihrem Recht zu verhelfen - obwohl es – wie sie schreibt - ein aussichtsloses Unterfangen ist.

Als ihr Mann während des Novemberpogroms am 9. November 1938 verhaftet und ins KZ Sachsenhausen verschleppt wird, bangt sie um sein Leben. Am 2. Dezember 1938 wird ihr Mann aus der Haft entlassen. Er befindet sich in einem furchtbaren Zustand. Sie suchen verzweifelt nach Fluchtwegen. Ihre Not wird von skrupellosen Menschen ausgenutzt, die sich Vorauszahlungen geben lassen und sich nie wieder melden. Endlich gibt es eine Hoffnung: Im Sommer 1939 erreicht ihr Onkel Paul – der Bruder ihres Vaters, der in England lebt -, dass sie ein Permit von dort erhalten. Doch dann macht der Ausbruch des Krieges mit dem Überfall der Nazis auf Polen auch diese Hoffnung zunichte.

Nach verzweifelten Jahren vergeblicher Fluchtversuche, ständiger Angst vor Verhaftung und Deportation beschließen sie unterzutauchen. Am Tag vor der geplanten Flucht in die Illegalität - sie hatten in einem südlichen Vorort Berlins ein Versteck gefunden - werden sie am 18. Juni 1943 (Maria datiert die Verhaftung auf den 17. Juni) von einer „Horde“ von Abholern – wie Maria schreibt - verhaftet und in das Sammellager Große Hamburger Straße gebracht. Dass sie in dieser aussichtslosen Lage versuchen, in den Tod zu flüchten, deutet Maria nur an; ihre Versuche werden vereitelt.

Am 1. Juli 1943 werden sie mit dem 94. Alterstransport (Welle 57) nach Theresienstadt deportiert – eine „Bevorzugung“ wegen der besonderen Kriegsauszeichnung ihres Mannes, wie Maria schreibt.

Nach mehr als einem Jahr werden sie von dort aus am 28.10.1944 mit dem letzten „Herbsttransport“ nach Auschwitz deportiert (Bezeichnung „Ev -“ ; Ankunft 30.10.1944, Günther Loebinger hat die Transportnummer 1332, Maria die Transportnummer 1333).

An der Rampe von Auschwitz sieht Maria ihren Mann zum letzten Mal.

Sie bleibt ca. 6 Tage in Auschwitz - Tage in denen sie drei Mal Selektionen erlebt. „Einmal stand ich 16 Stunden Appell ohne Strümpfe oder Unterwäsche im eisigen Wind.“ Auschwitz war damals – so Maria - bereits in Auflösung begriffen. Die Kriegsfront rückte näher. „Diejenigen von uns, die nicht in den rauchenden Krematorien endeten, wurden nach 6 Tagen weiterverfrachtet. Mein Transport in dem schon bekannten Viehwagen ging nach Bergen-Belsen.“ Am 6. November 1944 geht ein Transport mit Frauen nach Bergen-Belsen.

Dort sind sie mitten im Winter in Zelten untergebracht, „zusammengepfercht auf verfaultem Stroh“. Die Zelte können nicht einmal den nötigsten Schutz vor Regen, Sturm und Kälte bieten und stürzen sofort ein. Es herrschen katastrophale Zustände.

Am 15. Dezember 1944 geht ein Transport von 200 Frauen von Bergen-Belsen nach Salzwedel ab, einem Lager, das dem Lager Neuengamme bei Hamburg unterstand. Dort muss Maria in langen Schichten in einer Munitionsfabrik Zwangsarbeit leisten - bei zwei Scheiben Brot und einer Wassersuppe am Tag. Die Frauen sind abgemagert bis auf die Knochen, zeigen Hungerödeme; sind auch hier immer wieder von Selektionen bedroht. „Jeder abschätzende Blick der SS-Aufseherinnen war eine Todesdrohung. Zweimal wurden Transporte mit den Arbeitsunfähigsten zusammengestellt und mit uns unbekanntem Ziel fortgeschickt.“
Am 14. April 1945 wird sie von der US-Armee befreit.

Lange hofft sie darauf, ihren Mann wiederzufinden - vergeblich. Bis auf den Onkel in England hat sie keine Angehörigen mehr. Ihre Cousine Edith Muszkat, die auch in Berlin lebte, flüchtete im Jahre 1943, als ihre Deportation bevorstand, in den Tod.
„Die ganze Zeit hatte mich nur die Hoffnung, meinen Mann wiederzusehen, aufrechterhalten. Auch noch die ersten Monate in Berlin, als ich die Wahrheit in ihrem ganzen grausigen Ausmaß erfuhr, ....wollte und wollte ich die Hoffnung nicht aufgeben. Ich fand niemanden von meinen Verwandten am Leben vor. Ich hatte keinen, der mir nahestand. Erst nach drei Jahren wurde mir die Erlaubnis zuteil, meinen einzigen überlebenden Verwandten, meinen alten Onkel Paul“ in London aufzusuchen.

Am 30. August 1948 kann sie endlich nach England auswandern. Ihr Onkel stirbt im Februar 1950. Sie übernimmt Gelegenheitsarbeiten, arbeitet als Hausangestellte, als Übersetzerin, Korrespondentin, ist aber durch die fruchtbaren Erlebnisse körperlich und seelisch so gezeichnet, dass sie nicht mehr arbeiten kann.

In den Entschädigungsakten befindet sich ein Lebenslauf vom Januar 1952 von Maria Loebinger. Die folgenden Passagen sprechen für sich:
„ Ich habe durch die nazistische Barbarei alles verloren: meinen geliebten Mann, meine Gesundheit, meinen Verwandten- und Freundeskreis, mein Heim, meine soziale Stellung, mein Vermögen und gesichertes Einkommen, meinen Schmuck und Bücher, all die unersetzlichen Erinnerungswerte, wie Bilder, Fotos, Briefe, meinen Glauben an die Menschheit und 18 Jahre meines Lebens. Ich habe kein Bild meiner Eltern zurückbehalten (ein, das letzte, das ich in Auschwitz in meiner Hand zu verstecken versuchte, wurde von einer Aufseherin zerrissen und fortgeworfen), und nur durch Zufall eine Momentaufnahme meines Mannes gefunden. ( ) Es gibt keine Summe, die mich für das entschädigen könnte, was ich durchlebt habe, für die Hölle, durch die ich gegangen bin, für den Verlust meines Mannes. Die Bilder, die sich meinem Gedächtnis für immer eingeprägt haben, können nie vergessen werden.“

 

Maria Heller wurde am 28. Oktober 1907 in Lodz /Polen geboren. Ihre Eltern waren Julius Heller (gestorben 1933) und Paula Heller (geb. Muszkat, verstorben 1930). Sie war das einzige Kind. Warum und wann ihre Eltern mit ihr nach Berlin gekommen sind, ist nicht bekannt. Beide Eltern gehörten der jüdischen Gemeinde in Berlin an.

Maria wuchs in Berlin auf. Nach dem Abitur wollte sie gern Mode- und Reklamezeichnerin werden. Sie besuchte die Reimannschule, eine private Kunst-und Kunstgewerbeschule in der Landshuter Str. 38 in Berlin-Schöneberg. Die Vermögensverluste ihres Vaters in der Inflationszeit zwangen sie jedoch dazu, sich eine Ausbildung zu suchen, um auf eigenen Füßen zu stehen. Sie wurde Sekretärin und Stenotypistin; lernte Fremdsprachen.

Sie fand eine Anstellung als Sekretärin und Statistikerin im „Fachausschuss für Fleischversorgung e.V.“ (eine Interessenvertretung der Fett-und Gefrierfleisch-Importeure). Im September 1930 verstirbt ganz plötzlich ihre Mutter, im Januar 1933 ihr Vater.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verlor sie ihre Arbeit: Sie war – aus Sicht ihrer Arbeitgeber – als Jüdin nicht mehr tragbar.

Bereits 1931 hatte sie ihren zukünftigen Ehemann, Dr. Günther Loebinger, kennengelernt. Sie heirateten am 19. August 1937.

Dr. Günther Loebinger ist zu diesem Zeitpunkt in der renommierten Anwaltskanzlei von Dr. Hans-Fritz Abraham in der Friedrichstraße tätig – eine auf Hypotheken-und Aufwertungswesen spezialisierte Kanzlei. In Folge der reichsweiten Boykotte jüdischer Geschäfte, Ärzte und Rechtsanwälte, musste er aus der Kanzlei ausscheiden. Als ehemaliger Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg „durfte“ er jedoch als Rechtsanwalt zugelassen bleiben und eröffnete eine eigene Kanzlei. Maria unterstützte ihn dabei, Jüdinnen und Juden rechtlich zu vertreten, obwohl dies meist – wie sie später angab – zu jener Zeit der fortgeschrittenen Entrechtung jüdischer Menschen, ein nahezu aussichtsloses Unterfangen blieb.

Als ihr Mann während des Novemberpogroms am 9. November 1938 verhaftet und ins KZ Sachsenhausen verschleppt wurde, bangte Maria um sein Leben. Am 2. Dezember 1938 wurde Günther in einem furchtbaren Zustand aus der Haft entlassen. Sie suchten verzweifelt nach Fluchtwegen. Ihre Not wurde von skrupellosen Menschen ausgenutzt, die sich Vorauszahlungen geben ließen, um sich darauf nie wieder zu melden. Endlich gab es eine Hoffnung: Im Sommer 1939 erreichte Marias Onkel Paul – der Bruder ihres Vaters, der in England lebte –, dass sie eine Aufenthaltserlaubnis für das Land erhielten. Doch der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs machte auch diese Hoffnung zunichte.

Nach verzweifelten Jahren vergeblicher Fluchtversuche, ständiger Angst vor Verhaftung und Deportation beschlossen die Loebingers unterzutauchen. In einem südlichen Vorort Berlins hatten sie ein Versteck gefunden. Einen Tag vor der geplanten Flucht in die Illegalität, wurden sie am 17. oder 18. Juni 1943 – die Quellen weichen hier etwas voneinander ab – von einer „Horde“ von Abholern verhaftet und in das Sammellager Große Hamburger Straße gebracht. Dass sie in dieser aussichtslosen Lage erflolglos versuchen, in den Tod zu flüchten, deutet Maria nur an.

Am 1. Juli 1943 werden sie mit dem 94. Alterstransport nach Theresienstadt deportiert – eine „Bevorzugung“ wegen der besonderen Kriegsauszeichnung ihres Mannes, wie Maria später schreiben wird.

Nach mehr als einem Jahr werden sie von dort aus am 28.10.1944 mit dem letzten „Herbsttransport“ nach Auschwitz deportiert (Bezeichnung „Ev -“ ; Ankunft 30.10.1944, Günther Loebinger hat die Transportnummer 1332, Maria die Transportnummer 1333). An der Rampe von Auschwitz sieht Maria ihren Mann zum letzten Mal.

Sie blieb ca. 6 Tage in Auschwitz. Tage in denen sie drei Mal Selektionen erlebte. „Einmal stand ich 16 Stunden Appell ohne Strümpfe oder Unterwäsche im eisigen Wind.“ Auschwitz war damals bereits in Auflösung begriffen. Die Kriegsfront rückte näher. „Diejenigen von uns, die nicht in den rauchenden Krematorien endeten, wurden nach 6 Tagen weiterverfrachtet. Mein Transport in dem schon bekannten Viehwagen ging nach Bergen-Belsen.“ Am 6. November 1944 ging ein Transport mit Frauen nach Bergen-Belsen.

Dort waren die Menschen mitten im Winter in einfachen Zelten untergebracht, „zusammengepfercht auf verfaultem Stroh“. Die Zelte boten nicht einmal den nötigsten Schutz vor Regen, Sturm und Kälte und stürzten sofort ein. Es herrschten katastrophale Zustände.

Am 15. Dezember 1944 ging ein Transport von 200 Frauen von Bergen-Belsen nach Salzwedel ab, einem Lager, das dem KZ Neuengamme bei Hamburg unterstand. Dort musste Maria in langen Schichten in einer Munitionsfabrik Zwangsarbeit leisten - bei zwei Scheiben Brot und einer Wassersuppe am Tag. Die Frauen waren abgemagert bis auf die Knochen, zeigten Hungerödeme und waren auch hier immer wieder von Selektionen bedroht. „Jeder abschätzende Blick der SS-Aufseherinnen war eine Todesdrohung. Zweimal wurden Transporte mit den Arbeitsunfähigsten zusammengestellt und mit uns unbekanntem Ziel fortgeschickt.“
Am 14. April 1945 wurde das Außenlager Salzwedel von der US-Armee befreit. Maria kehrte nach Berlin zurück.

Lange hofft sie darauf, ihren Mann wiederzufinden - vergeblich. Bis auf den Onkel in England hatte sie keine Angehörigen mehr. Ihre Cousine Edith Muszkat, die auch in Berlin lebte, flüchtete im Jahre 1943, als ihre Deportation bevorstand, in den Tod.
„Die ganze Zeit hatte mich nur die Hoffnung, meinen Mann wiederzusehen, aufrechterhalten. Auch noch die ersten Monate in Berlin, als ich die Wahrheit in ihrem ganzen grausigen Ausmaß erfuhr, ....wollte und wollte ich die Hoffnung nicht aufgeben. Ich fand niemanden von meinen Verwandten am Leben vor. Ich hatte keinen, der mir nahestand. Erst nach drei Jahren wurde mir die Erlaubnis zuteil, meinen einzigen überlebenden Verwandten, meinen alten Onkel Paul in London aufzusuchen.“

Am 30. August 1948 konnte sie endlich nach England auswandern. Ihr Onkel starb bereits im Februar 1950. Maria übernahm Gelegenheitsarbeiten als Hausangestellte, Übersetzerin und Korrespondentin. Durch die fruchtbaren Erlebnisse war sie jedoch körperlich und seelisch so gezeichnet, dass sie nicht mehr arbeiten konnte

In den Entschädigungsakten befindet sich ein Lebenslauf Marias datiert auf den Januar 1952. Die folgenden Passagen sprechen für sich:
„Ich habe durch die nazistische Barbarei alles verloren: meinen geliebten Mann, meine Gesundheit, meinen Verwandten- und Freundeskreis, mein Heim, meine soziale Stellung, mein Vermögen und gesichertes Einkommen, meinen Schmuck und Bücher, all die unersetzlichen Erinnerungswerte, wie Bilder, Fotos, Briefe, meinen Glauben an die Menschheit und 18 Jahre meines Lebens. Ich habe kein Bild meiner Eltern zurückbehalten (das letzte, das ich in Auschwitz in meiner Hand zu verstecken versuchte, wurde von einer Aufseherin zerrissen und fortgeworfen), und nur durch Zufall eine Momentaufnahme meines Mannes gefunden. (...) Es gibt keine Summe, die mich für das entschädigen könnte, was ich durchlebt habe, für die Hölle, durch die ich gegangen bin, für den Verlust meines Mannes. Die Bilder, die sich meinem Gedächtnis für immer eingeprägt haben, können nie vergessen werden.“