Fritz Meyer

Location 
Giesebrechtstr. 19
District
Charlottenburg
Stone was laid
08 May 2011
Born
16 February 1896 in Berlin
Occupation
Privatlehrer
Deportation
on 26 September 1942 to Raasiku (b. Reval)
Murdered
in Raasiku (b. Reval)

Fritz Meyer kam am 16. Februar 1896 in Berlin zur Welt. Sein Vater war der Kaufmann Ludwig Meyer, die Mutter Elsa Meyer geb. Bendix. Ludwig Meyer war Mitinhaber der Firma „H. Meyer Schuhwaaren Agentur und Commission“ zusammen mit Hermann und Carl Meyer, vermutlich sein Vater (Hermann) und ein Bruder. Fritz hatte mindestens noch eine Schwester, Lotte, 1897 geboren.

Über seine Kindheit und Jugend fanden sich keine Dokumente. Als Fritz im Dezember 1930 heiratete, wohnte er bei seiner Mutter in der Wilmersdorfer Straße 78. Dort war Elsa Meyer nachweislich seit 1918 angemeldet, vermutlich war sie kurz vorher verwitwet. In seiner Heiratsurkunde hatte Fritz als Beruf „Privatlehrer“ angegeben, also musste er eine entsprechende Ausbildung gemacht haben. Die Braut war Edith Irene Zimmermann, ihr Vater der Oberleutnant a.D. Karl Zimmermann. Die Ehe wurde allerdings im April 1932 schon wieder geschieden. 

Fritz Meyers Spur findet sich erst wieder 1939 mit der Volkszählung vom 17. Mai. Er wurde in der Giesebrechtstraße 19 registriert, obwohl er nach eigenen Angaben erst ab 1. Juni dort wohnte. Seine Mutter, Elsa Meyer, hatte sich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten genötigt gesehen, ihre langjährige Wohnung in der Wilmersdorfer Straße aufzugeben und zur Untermiete bei bei Moritz und Rosa Aschheim in die Leibnizstraße 62 zu ziehen. Dort wohnte sie auch zum Zeitpunkt der Volkszählung. Am 1. September 1941 zog sie dann zu Fritz in die Giesebrechtstraße. Da Fritz nur ein Zimmer hatte, das er sich auch noch mit jemand teilen musste, bleibt unklar, ob Elsa in der selben Wohnung unterkommen konnte oder bei jemand anderem im Haus. 

In Anbetracht der inzwischen drastischen Einschränkungen des Berufs- und Alltagslebens von Juden und der staatlich geförderten Diskriminierung, mag es für Fritz und Elsa tröstlich gewesen sein, im selben Haus zu leben. Lange durfte Elsa jedoch nicht in der Giesebrechtstraße bleiben. Noch im Laufe des auf ihren Einzug folgenden Jahres musste sie abermals umziehen, sie wurde  weit weg, in Prenzlauer Berg zur Untermiete in die Winsstraße 7 eingewiesen.

Fritz konnte in der Giesebrechtstraße bleiben. Er wurde möglicherweise nicht zur Zwangsarbeit herangezogen, in der „Vermögenserklärung“, die alle zur Deportation Bestimmten auszufüllen hatten, nannte er als Beruf weiterhin „Privatlehrer“ und erwähnte keine aktuelle Arbeitsstelle. Er gab auch an, dass er evangelischer Konfession – also getauft - sei und dass sein „Vermögen“ lediglich 165 RM in bar betrage. Unterschrieben hat er die Erklärung am 14. September 1942 – genau der Tag, an dem Elsa nach Theresienstadt deportiert wurde. Sicherlich wusste Fritz das. Wenige Tage darauf musste er selbst in die Levetzowstraße 7-8, eine von der Gestapo als Sammellager für die Deportationen missbrauchte Synagoge.

Am 26. September warteten Fritz Meyer und weitere 811 Juden in Güterwaggons auf dem Verladebahnhof Moabit darauf, dass aus Frankfurt/Main kommende Wagen mit weiteren 237 Juden an ihren Zug angekoppelt wurden. Die Fahrt ging anschließend über Riga nach Raasiku in Estland und dauerte fünf Tage. Dort wurden nur wenige Menschen zur Zwangsarbeit ausgesondert (60-80 Männer und 100-150 Frauen), vornehmlich für die Ölschiefergewinnung. Alle anderen wurden mit bereitstehenden Bussen in die Dünen von Kalevi-Liiva, nördlich des Dorfes Jägala gebracht. Dort wurden sie sämtlich von estnischen Polizisten unter deutscher Leitung erschossen und die Leichen mit Sand bedeckt. 1944 mussten jüdische Sonderkommandos - die anschließend selbst erschossen wurden - die Gruben wieder öffnen und die Leichen verbrennen.

Ob Fritz Meyer unter den zunächst „Selektierten“ war, wissen wir nicht. Nur 7 Frankfurter und 19 Berliner überlebten, nicht aber Fritz Meyer. Auch seine Mutter Elsa Meyer kam nicht aus Theresienstadt zurück. Fritz‘ Schwester Lotte, verheiratete Kauffmann, konnte nach London fliehen, vermutlich nachdem sich ihr Mann Fritz Kauffmann am 5. September 1940 das Leben genommen hatte.

Die Massengräber in Kalevi-Liiva wurden erst 1961 wiederentdeckt. Ein erster Gedenkstein wurde unter der Sowjetunion in den 60er- Jahren aufgestellt. 1995/96 wurde hier von der Estnischen Jüdischen Gemeinde eine neue Gedenkstätte errichtet. 2007 folgte ein zweites Denkmal für die hier ebenfalls ermordeten Sinti und Roma.