Martha Baum née Cohn

Location 
Meraner Str. 8
District
Schöneberg
Stone was laid
23 May 2014
Born
13 December 1880 in Berlin
Occupation
Fotografin
Deportation
on 19 January 1942 to Riga
Murdered
in Riga

Martha Cohn wurde am 13. Dezember 1880 als Tochter des Fleischwarenhändlers Moritz (Mendel) Cohn und dessen Ehefrau Therese (* 2.9.1843 - + 9.4.1883), geborene Cohn, in Berlin geboren. Die Familie Cohn lebte bis 1879 oder 1880 in Stolzenhagen bei Wandlitz, zog anschließend nach Berlin um und wohnte hier in der Oranienburger Straße 53. In Stolzenhagen war am 10. April 1879 noch kurz vor dem Umzug Marthas Schwester Hedwig (Sass; s. dort) zur Welt gekommen. Martha Cohn hatte noch zwei weitere ältere Schwestern: Clara (* 2.7.1872 in Stolzenhagen – + 12.1.1944 in Theresienstadt) und Jenny (* 21.1.1874 in Stolzenhagen – + 30.12.1943 in Auschwitz) sowie einen älteren Bruder namens Alfred (* 8.5.1877 in Stolzenhagen – + 11.2.1942 in Berlin). 1883 verstarb ihre Mutter im Verlauf einer weiteren Geburt. Martha Cohn erlernte den Beruf einer Photographin. Von 1909 bis vermutlich 1910 besaß sie ein photographisches Atelier in der Frankfurter Allee 160. Im Jahre 1910 heiratete sie den Knopfgroßhändler Wolf Felix Baum, genannt Wilhelm. Er führte in der Klosterstraße 4, später in der Spandauer Straße 29 und schließlich in der Heiligegeiststraße 13-14 sowie Leipziger Straße 94 eine Knopfhandlung en gros. Vermutlich gab Martha Baum nach ihrer Heirat ihren Beruf auf, denn am 20. Dezember 1911 kamen die Tochter Mia Mirjam und am 22. Dezember 1913 die Tochter Gerda zur Welt. Die Familie lebte in wohlhabenden Verhältnissen. Marthas Mann besaß Häuser in der Friedrichshainer Samariter Straße 29 und in der Bennigsenstraße 16 in Friedenau. Für beide Häuser hatte ihr Mann seine Frau als Eigentümerin eintragen lassen. Die Familie zog im Laufe der Zeit häufig um und wohnte zunächst in Friedrichshain, dann in Mitte und schließlich in Wilmersdorf. Ab 1931/32 wohnten die Baums in der Bozener Straße 13-14 und ab 1936 oder 1937 in der Meraner Straße 8. Die Wohnungen verfügten jeweils über eine große Anzahl an Zimmern. Marthas Mann Wolf Felix galt in der Familie als der "reiche Onkel", der große Feiern veranstaltete und die Verwandten an jüdischen Festen jeweils großzügig bewirtete. Beide Töchter erhielten eine gute Ausbildung. Sie lernten Fremdsprachen, spielten Klavier und gingen in die Oper. 1936 emigrierte die Tochter Mia Mirjam, die als Krankengymnastin ausgebildet worden war, nach Palästina. Ab 1939 lebte in der Wohnung der Baums auch Marthas Schwester Hedwig Sass sowie die Tochter Gerda mit ihrem Mann Martin Viktor. Gerda arbeitete als Buchhalterin, zuletzt noch für ihren Vater. 1938 wurde die Knopfgroßhandlung von Wolf Felix Baum aber liquidiert. Nach Ausbruch des Krieges gelang es dem jungen Ehepaar im allerletzten Moment, noch nach Chile zu emigrieren. Sie lebten zunächst in Valparaiso, später in Santiago. Martha Baum galt im Gegensatz zu ihrem Mann, der als humorvoll und gesellig beschrieben wurde, als sehr streng und nicht sehr umgänglich. Im September 1941 schließlich wurden die Baums und Hedwig Sass gezwungen, die Wohnung in der Meraner Straße 8 aufzugeben und zur Untermiete in eine Wohnung in der Nymphenburger Straße 4 bei Pauline Borchardt einzuziehen. Dort bewohnten sie zwei Zimmer und zahlten 103,-- RM Miete. Am 20. Dezember 1941 füllte Martha Baum ihre Vermögenserklärung aus. <br />
Am 19. Januar 1942 wurde Martha Baum zusammen mit ihrem Mann und ihrer Schwester abgeholt und mit dem 9. Transport nach Riga transportiert. Auch wenn sie den Transport trotz der tiefen nächtlichen Temperaturen zwischen -20° und -35° C überstanden haben sollten, wurden sie dort vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet. <br />
Martha Baums Tochter Gerda Viktor hatte eine Tochter und in zweiter Ehe noch einen Sohn. Ihre Familien leben in Chile. <br />
Die Tochter Gerda Viktor, später verheiratete Cogan, stellte am 29. Oktober 1955 einen Rückerstattungsantrag. Bei dem beanspruchten Vermögens handelte es sich um ein 6-Röhren-Radio der Marke "Blaupunkt Super" im Wert von 200,-- DM. Aus einem Schreiben eines Rechtsanwalts aus Chile ist ersichtlich, dass Gerda Viktor am 18. Mai 1946 bereits einen Anspruch auf das Radio gestellt hatte. Am 29. August 1956 wurde ein Zeuge benannt, der bestätigte, dass die Geschädigten das Radio bei der Städtischen Pfandleihanstalt zwangsweise abliefern mussten. Eine weitere Zeugenaussage wurde am 21. September 1956 eingereicht. Am 31. Oktober 1956 widersprach die prüfende Behörde dem Anspruch auf Erstattung des Wertes des Radios. Am 5. November 1956 schrieb der beauftragte Rechtsanwalt: "Mir ist aus anderen gleichliegenden Fällen bekannt, daß Gestapobeamte im September 1939, an dem größten jüdischen Feiertage (Versöhnungsfest), in allen jüdischen Wohnungen erschienen u. die Abgabe der Radios bei dem zuständigen Polizeirevier binnen Frist von 1 Stunde forderten." Am 31. Juli 1958 erklärte sich das Entschädigungsamt bereit, den Anspruch auf den Wert des Radios mit 200,-- DM abzugelten. Am 6. Oktober 1958 lehnte der Rechtswalt den angebotenen Vergleich ab, da das Radio einen wesentlich höheren Wert hatte. Der Sachbearbeiter im Finanzsenat weigerte sich aber am 1. November 1958, mehr als 200,-- DM zu bezahlen. Der Rechtsanwalt der Erben erklärte sich am 22. Dezember 1958 schließlich mit der Entschädigungssumme einverstanden. Am 17. November 1959 wurde der Beschluss rechtswirksam. In einem weiteren Verfahren stellten die Erben einen Antrag auf Rückerstattung von Wertpapieren in Höhe von 8.900,-- RM. In dem Beschluss vom 3. Oktober 1960 wurde der Antrag zurückgewiesen. Am 19. April 1956 stellten die Erben noch einen Antrag auf Wiedergutmachung für Überschüsse aus dem Grundstück in der Samariter Straße 29. Am 28. Januar 1957 wurde auch dieser Antrag abgelehnt. Als Begründung wurde angeführt, dass "nach der ständigen Rechtsprechung der Berliner Wiedergutmachungsgerichte der Geltungsbereich der Rückerstattungsanordnung nur auf die 3 Westsektoren Berlins beschränkt [sei und] das Grundstück Samariterstr. 29 .. aber im heutigen Ostsektor von Berlin" läge. Damit fühlte man sich für die Weiterbearbeitung des Antrages nicht mehr zuständig. <br />
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Martha Cohn wurde am 13. Dezember 1880 als Tochter des Fleischwarenhändlers Moritz (Mendel) Cohn und dessen Ehefrau Therese (* 2.9.1843 - + 9.4.1883), geborene Cohn, in Berlin geboren. Die Familie Cohn lebte bis 1879 oder 1880 in Stolzenhagen bei Wandlitz, zog anschließend nach Berlin um und wohnte hier in der Oranienburger Straße 53. In Stolzenhagen war am 10. April 1879 noch kurz vor dem Umzug Marthas Schwester Hedwig (Sass; s. dort) zur Welt gekommen. Martha Cohn hatte noch zwei weitere ältere Schwestern: Clara (* 2.7.1872 in Stolzenhagen – + 12.1.1944 in Theresienstadt) und Jenny (* 21.1.1874 in Stolzenhagen – + 30.12.1943 in Auschwitz) sowie einen älteren Bruder namens Alfred (* 8.5.1877 in Stolzenhagen – + 11.2.1942 in Berlin). 1883 verstarb ihre Mutter im Verlauf einer weiteren Geburt. Martha Cohn erlernte den Beruf einer Photographin. Von 1909 bis vermutlich 1910 besaß sie ein photographisches Atelier in der Frankfurter Allee 160. Im Jahre 1910 heiratete sie den Knopfgroßhändler Wolf Felix Baum, genannt Wilhelm. Er führte in der Klosterstraße 4, später in der Spandauer Straße 29 und schließlich in der Heiligegeiststraße 13-14 sowie Leipziger Straße 94 eine Knopfhandlung en gros. Vermutlich gab Martha Baum nach ihrer Heirat ihren Beruf auf, denn am 20. Dezember 1911 kamen die Tochter Mia Mirjam und am 22. Dezember 1913 die Tochter Gerda zur Welt. Die Familie lebte in wohlhabenden Verhältnissen. Marthas Mann besaß Häuser in der Friedrichshainer Samariter Straße 29 und in der Bennigsenstraße 16 in Friedenau. Für beide Häuser hatte ihr Mann seine Frau als Eigentümerin eintragen lassen. Die Familie zog im Laufe der Zeit häufig um und wohnte zunächst in Friedrichshain, dann in Mitte und schließlich in Wilmersdorf. Ab 1931/32 wohnten die Baums in der Bozener Straße 13-14 und ab 1936 oder 1937 in der Meraner Straße 8. Die Wohnungen verfügten jeweils über eine große Anzahl an Zimmern. Marthas Mann Wolf Felix galt in der Familie als der "reiche Onkel", der große Feiern veranstaltete und die Verwandten an jüdischen Festen jeweils großzügig bewirtete. Beide Töchter erhielten eine gute Ausbildung. Sie lernten Fremdsprachen, spielten Klavier und gingen in die Oper. 1936 emigrierte die Tochter Mia Mirjam, die als Krankengymnastin ausgebildet worden war, nach Palästina. Ab 1939 lebte in der Wohnung der Baums auch Marthas Schwester Hedwig Sass sowie die Tochter Gerda mit ihrem Mann Martin Viktor. Gerda arbeitete als Buchhalterin, zuletzt noch für ihren Vater. 1938 wurde die Knopfgroßhandlung von Wolf Felix Baum aber liquidiert. Nach Ausbruch des Krieges gelang es dem jungen Ehepaar im allerletzten Moment, noch nach Chile zu emigrieren. Sie lebten zunächst in Valparaiso, später in Santiago. Martha Baum galt im Gegensatz zu ihrem Mann, der als humorvoll und gesellig beschrieben wurde, als sehr streng und nicht sehr umgänglich. Im September 1941 schließlich wurden die Baums und Hedwig Sass gezwungen, die Wohnung in der Meraner Straße 8 aufzugeben und zur Untermiete in eine Wohnung in der Nymphenburger Straße 4 bei Pauline Borchardt einzuziehen. Dort bewohnten sie zwei Zimmer und zahlten 103,-- RM Miete. Am 20. Dezember 1941 füllte Martha Baum ihre Vermögenserklärung aus.
Am 19. Januar 1942 wurde Martha Baum zusammen mit ihrem Mann und ihrer Schwester abgeholt und mit dem 9. Transport nach Riga transportiert. Auch wenn sie den Transport trotz der tiefen nächtlichen Temperaturen zwischen -20° und -35° C überstanden haben sollten, wurden sie dort vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet.
Martha Baums Tochter Gerda Viktor hatte eine Tochter und in zweiter Ehe noch einen Sohn. Ihre Familien leben in Chile.
Die Tochter Gerda Viktor, später verheiratete Cogan, stellte am 29. Oktober 1955 einen Rückerstattungsantrag. Bei dem beanspruchten Vermögens handelte es sich um ein 6-Röhren-Radio der Marke "Blaupunkt Super" im Wert von 200,-- DM. Aus einem Schreiben eines Rechtsanwalts aus Chile ist ersichtlich, dass Gerda Viktor am 18. Mai 1946 bereits einen Anspruch auf das Radio gestellt hatte. Am 29. August 1956 wurde ein Zeuge benannt, der bestätigte, dass die Geschädigten das Radio bei der Städtischen Pfandleihanstalt zwangsweise abliefern mussten. Eine weitere Zeugenaussage wurde am 21. September 1956 eingereicht. Am 31. Oktober 1956 widersprach die prüfende Behörde dem Anspruch auf Erstattung des Wertes des Radios. Am 5. November 1956 schrieb der beauftragte Rechtsanwalt: "Mir ist aus anderen gleichliegenden Fällen bekannt, daß Gestapobeamte im September 1939, an dem größten jüdischen Feiertage (Versöhnungsfest), in allen jüdischen Wohnungen erschienen u. die Abgabe der Radios bei dem zuständigen Polizeirevier binnen Frist von 1 Stunde forderten." Am 31. Juli 1958 erklärte sich das Entschädigungsamt bereit, den Anspruch auf den Wert des Radios mit 200,-- DM abzugelten. Am 6. Oktober 1958 lehnte der Rechtswalt den angebotenen Vergleich ab, da das Radio einen wesentlich höheren Wert hatte. Der Sachbearbeiter im Finanzsenat weigerte sich aber am 1. November 1958, mehr als 200,-- DM zu bezahlen. Der Rechtsanwalt der Erben erklärte sich am 22. Dezember 1958 schließlich mit der Entschädigungssumme einverstanden. Am 17. November 1959 wurde der Beschluss rechtswirksam. In einem weiteren Verfahren stellten die Erben einen Antrag auf Rückerstattung von Wertpapieren in Höhe von 8.900,-- RM. In dem Beschluss vom 3. Oktober 1960 wurde der Antrag zurückgewiesen. Am 19. April 1956 stellten die Erben noch einen Antrag auf Wiedergutmachung für Überschüsse aus dem Grundstück in der Samariter Straße 29. Am 28. Januar 1957 wurde auch dieser Antrag abgelehnt. Als Begründung wurde angeführt, dass "nach der ständigen Rechtsprechung der Berliner Wiedergutmachungsgerichte der Geltungsbereich der Rückerstattungsanordnung nur auf die 3 Westsektoren Berlins beschränkt [sei und] das Grundstück Samariterstr. 29 .. aber im heutigen Ostsektor von Berlin" läge. Damit fühlte man sich für die Weiterbearbeitung des Antrages nicht mehr zuständig.