Emil Gutmann

Location 
Mommsenstr. 47
District
Charlottenburg
Stone was laid
22 February 2019
Born
05 September 1870 in Merchingen, Baden
Occupation
Fondsmakler
Deportation
on 14 September 1942 to Theresienstadt
Murdered
25 January 1943 in Theresienstadt
Emil Gutmann wurde am 5. September 1870 in Merchingen, Baden, als Sohn von Abraham Gutmann und Sara geb. Staadecker geboren. Er hatte einen älteren Halbbruder, Nathan, und drei weitere Brüder: Israel, ein Jahr älter als Emil, Moses und Adolph, 1872 und 1874 geboren. Nesthäkchen war die einzige Schwester, Elsa, Jahrgang 1888, später verheiratete Danziger. Da der Vater 1894 in Merchingen verstarb, kann man annehmen, dass die Familie den Ort nicht verließ und Emil seine Kindheit und Jugend dort verbrachte. Er machte wohl eine Kaufmannslehre, da er später Fondsmakler wurde. Seine Brüder Israel und Adolph wanderten schon früh in die USA aus, Israel starb 1897 in Baltimore, Adolph 1943 ebenda. Moses blieb in Deutschland und studierte Medizin.
Emils verwitwete Mutter Sara zog nach Berlin, im Adressbuch ist sie ab 1910 mit einer eigenen Wohnung vermerkt. Die Schwester Elsa und ihr Mann Bernhard lebten bereits in Berlin, vielleicht auch Moses, der sich inzwischen Max nannte. 1914 lebte Sara Gutmann in der Dahlmannstraße 31. Unklar bleibt, wann Emil heiratete. Von seiner Frau ist nur der Familienname, Burchard, bekannt. Vermutlich hatten sie keine Kinder. Auch wann er nach Berlin kam, wissen wir nicht. Es ist gut möglich, dass Emil – vielleicht noch Junggeselle, vielleicht schon verwitwet – mit seiner Mutter in der Dahlmannstraße 31 wohnte. Denn nachdem Sara um 1924 starb, wohnte Emil – weiter? – dort: ab 1925 ist er unter dieser Adresse im Adressbuch vertreten.
Zehn Jahre später war Emil Gutmann ein paar Häuser weiter in die Dahlmannstraße 26 gezogen. Vielleicht musste er eine bescheidenere Wohnung beziehen, weil seine Geschäfte infolge der Judendiskriminierung nicht mehr gut liefen. Denn seit 1933 war Antisemitismus Staatsräson. Judenboykott, Berufsverbote, Sondersteuern, allerlei Einschränkungen im Alltag machten Juden das Leben zunehmend schwer. Ein Höhepunkt der Diskriminierung und Verfolgung von Juden wurde die Zeit nach den Pogromen vom November 1938. In kurzer Folge wurden Verordnungen erlassen, die Juden zur Auswanderung treiben oder sie vollständig aus dem wirtschaftlichen und öffentlichen Leben ausschalten sollten. Besuch von öffentlichen Veranstaltungen wie Theater, Kino u.Ä. war ihnen verboten, Verkehrsmittel konnten sie nur beschränkt benutzen, sie durften zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Bannbezirken nicht auf die Straße, nur von 4 bis 5 Uhr nachmittags war ihnen erlaubt einzukaufen. Sie mussten Wertgegenstände abliefern, Rundfunkgeräte wurden beschlagnahmt, Telefonanschlüsse gekündigt. Ab 19. September 1941 hatten sie den Judenstern zu tragen.
Juden mussten auch zusammenrücken, um Wohnraum für Nichtjuden frei zu machen. Gaben sie nicht freiwillig ihre Wohnungen auf, wurden sie bei anderen Juden zur Untermiete eingewiesen. Emil Gutmann kam dem zuvor, indem er vermutlich schon 1936 zu seiner Schwester Elsa Danziger in die Mommsenstraße 47 zog. Elsa war seit vielen Jahren von ihrem Mann getrennt oder geschieden, hatte eine „Fabrik für elegante Blusen“ übernommen und sich als Kauffrau bewährt. Sie hatte länger in der Kuno-Fischer-Straße 15 gewohnt, im gleichen Haus wie der Jurist Erich Danziger, wahrscheinlich ihr Schwager. Als dieser 1933 Berlin verließ, bezog sie die Wohnung in der Mommsenstraße 47. Bei der Volkszählung vom 17. Mai 1939, bei der Juden in eine besondere Kartei eingetragen werden mussten, wurden Elsa und Emil dort registriert.
1940 gelang Elsa – obwohl es inzwischen äußerst schwierig geworden war – noch die Auswanderung nach Mexiko. Emil blieb in Berlin zurück und musste wieder umziehen, diesmal in die Mommsenstraße 44, bei Max Lewy. Nach den Angaben, die er in der obligatorischen „Vermögenserklärung“ machte, war er Untermieter der Untermieterin Lina Weber, geb. Zwick, und teilte sich die Miete, möglicherweise auch das Zimmer, mit einem Herrn Zwick, einem Verwandten von Lina Weber.
Besagte Vermögenserklärung, die Vorbereitung zur Deportation, füllte er am 1. September 1942 aus. In ihr war nicht nur Vermögen anzugeben, sondern sämtlicher Besitz, bis zum letzten Wäschestück. Emil Gutmann hatte nicht mehr viel in seinem Besitz, einige Angaben zeugen jedoch davon, dass er früher wohlhabend war. So gab er unter anderem an, 11 Servietten zu besitzen, 3 Paar Stiefel, eine Hutschachtel, und – ganz ungewöhnlich – 20 Hemden.
Emil Gutmann war zur Deportation nach Theresienstadt vorgesehen, das angebliche „Altersghetto“, wo, wie es hieß, Juden in Ruhe den Lebensabend verbringen würden. Dazu sollte er zunächst ins Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 eingewiesen werden, ein umfunktioniertes jüdisches Altersheim. Dieses war aber überfüllt, da die Gestapo vorhatte, statt wie üblich 100 Menschen 1000 auf ein Mal zu deportieren. Vermutlich brachte man Emil in das Lager in der Artilleriestraße (heute Tucholskystraße), auch ein ehemaliges Altersheim.
Am 14. September 1942 wurde er mit diesem „2. großen Altersransport“ vom Güterbahnhof Moabit aus nach Theresienstadt deportiert. Dort konnte von einem ruhigen Lebensabend nicht im Entferntesten die Rede sein. Räumliche Enge, Hunger, Kälte und Krankheiten infolge katastrophaler hygienischer Verhältnisse rafften die bereits geschwächten Menschen schnell dahin. Auch Emil Gutmann überlebte den Winter nicht, er starb am 25. Januar 1943 im Zimmer O.17 des Gebäudes L.306, offiziell an Darmkatarr und Enteritis, eine verschleiernde Formulierung für den Tod infolge der menschenverachtenden Lebensumstände dort.
Emil Gutmanns Schwester Elsa Danziger starb 1973 in Flushing, N.Y. Ihr vermutlicher Schwager Erich Danziger war 1933 nach Frankreich geflohen, wurde jedoch von den Nazis 1943 eingeholt und von Drancy aus nach Auschwitz und Majdanek deportiert und dort ermordet. Für ihn und seine Familie liegen Stolpersteine vor der Kuno-Fischer-Straße 15 (https://www.berlin.de/ba-charlotte…).
Emil Gutmann wurde am 5. September 1870 in Merchingen, Baden, als Sohn von Abraham Gutmann und Sara geb. Staadecker geboren. Er hatte einen älteren Halbbruder, Nathan, und drei weitere Brüder: Israel, ein Jahr älter als Emil, Moses und Adolph, 1872 und 1874 geboren. Nesthäkchen war die einzige Schwester, Elsa, Jahrgang 1888, später verheiratete Danziger. Da der Vater 1894 in Merchingen verstarb, kann man annehmen, dass die Familie den Ort nicht verließ und Emil seine Kindheit und Jugend dort verbrachte. Er machte wohl eine Kaufmannslehre, da er später Fondsmakler wurde. Seine Brüder Israel und Adolph wanderten schon früh in die USA aus, Israel starb 1897 in Baltimore, Adolph 1943 ebenda. Moses blieb in Deutschland und studierte Medizin.
Emils verwitwete Mutter Sara zog nach Berlin, im Adressbuch ist sie ab 1910 mit einer eigenen Wohnung vermerkt. Die Schwester Elsa und ihr Mann Bernhard lebten bereits in Berlin, vielleicht auch Moses, der sich inzwischen Max nannte. 1914 lebte Sara Gutmann in der Dahlmannstraße 31. Unklar bleibt, wann Emil heiratete. Von seiner Frau ist nur der Familienname, Burchard, bekannt. Vermutlich hatten sie keine Kinder. Auch wann er nach Berlin kam, wissen wir nicht. Es ist gut möglich, dass Emil – vielleicht noch Junggeselle, vielleicht schon verwitwet – mit seiner Mutter in der Dahlmannstraße 31 wohnte. Denn nachdem Sara um 1924 starb, wohnte Emil – weiter? – dort: ab 1925 ist er unter dieser Adresse im Adressbuch vertreten.
Zehn Jahre später war Emil Gutmann ein paar Häuser weiter in die Dahlmannstraße 26 gezogen. Vielleicht musste er eine bescheidenere Wohnung beziehen, weil seine Geschäfte infolge der Judendiskriminierung nicht mehr gut liefen. Denn seit 1933 war Antisemitismus Staatsräson. Judenboykott, Berufsverbote, Sondersteuern, allerlei Einschränkungen im Alltag machten Juden das Leben zunehmend schwer. Ein Höhepunkt der Diskriminierung und Verfolgung von Juden wurde die Zeit nach den Pogromen vom November 1938. In kurzer Folge wurden Verordnungen erlassen, die Juden zur Auswanderung treiben oder sie vollständig aus dem wirtschaftlichen und öffentlichen Leben ausschalten sollten. Besuch von öffentlichen Veranstaltungen wie Theater, Kino u.Ä. war ihnen verboten, Verkehrsmittel konnten sie nur beschränkt benutzen, sie durften zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Bannbezirken nicht auf die Straße, nur von 4 bis 5 Uhr nachmittags war ihnen erlaubt einzukaufen. Sie mussten Wertgegenstände abliefern, Rundfunkgeräte wurden beschlagnahmt, Telefonanschlüsse gekündigt. Ab 19. September 1941 hatten sie den Judenstern zu tragen.
Juden mussten auch zusammenrücken, um Wohnraum für Nichtjuden frei zu machen. Gaben sie nicht freiwillig ihre Wohnungen auf, wurden sie bei anderen Juden zur Untermiete eingewiesen. Emil Gutmann kam dem zuvor, indem er vermutlich schon 1936 zu seiner Schwester Elsa Danziger in die Mommsenstraße 47 zog. Elsa war seit vielen Jahren von ihrem Mann getrennt oder geschieden, hatte eine „Fabrik für elegante Blusen“ übernommen und sich als Kauffrau bewährt. Sie hatte länger in der Kuno-Fischer-Straße 15 gewohnt, im gleichen Haus wie der Jurist Erich Danziger, wahrscheinlich ihr Schwager. Als dieser 1933 Berlin verließ, bezog sie die Wohnung in der Mommsenstraße 47. Bei der Volkszählung vom 17. Mai 1939, bei der Juden in eine besondere Kartei eingetragen werden mussten, wurden Elsa und Emil dort registriert.
1940 gelang Elsa – obwohl es inzwischen äußerst schwierig geworden war – noch die Auswanderung nach Mexiko. Emil blieb in Berlin zurück und musste wieder umziehen, diesmal in die Mommsenstraße 44, bei Max Lewy. Nach den Angaben, die er in der obligatorischen „Vermögenserklärung“ machte, war er Untermieter der Untermieterin Lina Weber, geb. Zwick, und teilte sich die Miete, möglicherweise auch das Zimmer, mit einem Herrn Zwick, einem Verwandten von Lina Weber.
Besagte Vermögenserklärung, die Vorbereitung zur Deportation, füllte er am 1. September 1942 aus. In ihr war nicht nur Vermögen anzugeben, sondern sämtlicher Besitz, bis zum letzten Wäschestück. Emil Gutmann hatte nicht mehr viel in seinem Besitz, einige Angaben zeugen jedoch davon, dass er früher wohlhabend war. So gab er unter anderem an, 11 Servietten zu besitzen, 3 Paar Stiefel, eine Hutschachtel, und – ganz ungewöhnlich – 20 Hemden.
Emil Gutmann war zur Deportation nach Theresienstadt vorgesehen, das angebliche „Altersghetto“, wo, wie es hieß, Juden in Ruhe den Lebensabend verbringen würden. Dazu sollte er zunächst ins Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 eingewiesen werden, ein umfunktioniertes jüdisches Altersheim. Dieses war aber überfüllt, da die Gestapo vorhatte, statt wie üblich 100 Menschen 1000 auf ein Mal zu deportieren. Vermutlich brachte man Emil in das Lager in der Artilleriestraße (heute Tucholskystraße), auch ein ehemaliges Altersheim.
Am 14. September 1942 wurde er mit diesem „2. großen Altersransport“ vom Güterbahnhof Moabit aus nach Theresienstadt deportiert. Dort konnte von einem ruhigen Lebensabend nicht im Entferntesten die Rede sein. Räumliche Enge, Hunger, Kälte und Krankheiten infolge katastrophaler hygienischer Verhältnisse rafften die bereits geschwächten Menschen schnell dahin. Auch Emil Gutmann überlebte den Winter nicht, er starb am 25. Januar 1943 im Zimmer O.17 des Gebäudes L.306, offiziell an Darmkatarr und Enteritis, eine verschleiernde Formulierung für den Tod infolge der menschenverachtenden Lebensumstände dort.
Emil Gutmanns Schwester Elsa Danziger starb 1973 in Flushing, N.Y. Ihr vermutlicher Schwager Erich Danziger war 1933 nach Frankreich geflohen, wurde jedoch von den Nazis 1943 eingeholt und von Drancy aus nach Auschwitz und Majdanek deportiert und dort ermordet. Für ihn und seine Familie liegen Stolpersteine vor der Kuno-Fischer-Straße 15 (https://www.berlin.de/ba-charlotte…).