Rosa Freystadt née Brasch

Location 
Pauline-Staegemann-Straße 2
Historical name
Barnimstr. 32
District
Friedrichshain
Stone was laid
08 September 2022
Born
23 February 1871 in Santomischel (Posen) / Zaniemyśl
Deportation
on 19 August 1942 to Theresienstadt
Murdered
03 March 1943 in Theresienstadt

Rosa Brasch kam am 23. Februar 1871 in Santomischel in der preußischen Provinz Posen als Tochter des jüdischen Lehrers Michael Brasch und dessen Ehefrau Johanna, geb. Daus, zur Welt. Der Ort Santomischel (polnisch Zaniemyśl) liegt etwa 35 km südöstlich der Stadt Posen. Rosa hatte mindestens noch sechs Geschwister: Isidor (*1864), Caecilie (genannt Cilly, *1867), Joseph, Hermann, Albert (*1875) und Max. Zu einem unbekannten Zeitpunkt zog die Familie in die kleine Stadt Pinne (polnisch Pniewy), etwa 50 km westlich von Posen gelegen, Anfang der 1890er Jahre übersiedelten sie in die Reichshauptstadt.

Am 23. Januar 1897 heiratete Rosa Brasch, die keinen Beruf erlernt hatte, den Konfektionsschneider Max Freystadt, geb. am 6. Juli 1866 in Berlin. Auch er gehörte der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Das Ehepaar bekam drei Söhne: Dagobert (*23. Dezember 1897), Erich (*25. Februar 1899) und Herbert (*12. September 1900).

Die Familie wohnte zunächst in der Höchsten Straße. Max Freystadt war ca. von 1900 bis 1903 Mitinhaber der Firma „Leopold Cohn & Freystadt, Kurbelstickerei für Konfektion und Dekoration“. Um 1904 zogen die Freystadts in die Barnimstraße 39, etwa 1907 in die Georgenkirchstraße 6. Max Freystadt verdiente den Lebensunterhalt der Familie als Konfektionsschneider, Rosa war Hausfrau.

Seit April 1914 bewohnte die Familie eine Drei-Zimmer-Wohnung in der Barnimstraße 32. Das Haus existiert nicht mehr, es befand sich dort, wo heute die Nordostseite des Hauses Pauline-Staegemann-Straße 2 ist.

Alle drei Söhne des Ehepaars Freystadt nahmen als Soldaten am Ersten Weltkrieg teil. Der älteste Sohn Dagobert fiel kurz vor Kriegsende, am 27. September 1918, im Norden Frankreichs im Alter von 20 Jahren.

Max Freystadt betrieb in der Barnimstraße 32 eine Werkstatt für Damenkonfektion: Er erhielt Stoffe, die in der Werkstatt zugeschnitten und anschließend in Heimarbeit genäht wurden. Wenn die Heimarbeiterinnen die Fertigstücke in der Konfektionswerkstatt wieder ablieferten, wurden diese überprüft, gebügelt und Knöpfe angenäht, bevor die Kleidung an die Fabrikanten geliefert wurde. Sohn Erich arbeitete seit 1924 in der Werkstatt als Zuschneider mit, auch Rosa Freystadt war dort tätig.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Freystadt. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben.

Der jüngste Sohn Herbert schildert nach dem Krieg in den Wiedergutmachungsakten, dass die Familie dauernden Belästigungen von SA-Leuten aus der Nachbarschaft ausgesetzt war. Herbert Freystadt hatte sich gerade als Mantelfabrikant selbständig gemacht und bekam nun den Boykott jüdischer Geschäftsleute zu spüren. Er musste seinen Betrieb aufgeben und wanderte 1934 mit seiner Frau Natalie, geb. Jacoby, über Paris nach Barcelona aus. Dort blieb er bis 1937 und emigrierte dann nach Argentinien.

Aus Furcht vor Repressalien verließen bereits 1937 etliche langjährige nicht-jüdische Heimarbeiterinnen die Konfektionswerkstatt von Max Freystadt, 1938 wurde die Familie von der Polizei gezwungen, den Betrieb endgültig zu schließen. Sohn Erich emigrierte im Frühjahr 1939 nach St. Gallen in die Schweiz und hatte eigentlich vor, seine Eltern nachkommen zu lassen. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen.

Vom Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 wurden Max und Rosa Freystadt am 19. August 1942 mit dem 45. Alterstransport nach Theresienstadt deportiert. Rosa Freystadt starb am 3. März 1943. Laut ihrer Todesfallanzeige litt sie an Kachexie, war also stark abgemagert und körperlich geschwächt, und starb an Herzversagen. Max Freystadt kam ebenfalls im März 1943 in Theresienstadt ums Leben, das genaue Datum ist unbekannt.

Rosas Bruder Hermann war bereits als junger Mann in die USA emigriert. Joseph Brasch wanderte Mitte der 1930er Jahre wahrscheinlich ebenfalls aus. Rosas ältester Bruder, der Justizrat Dr. Isidor Brasch, starb 1936 in Koblenz.

Ihre Schwester Cilly, geschiedene Zamory, wurde am 26. Januar 1943 mit dem 82. Alterstransport nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 28. März 1943 ums Leben kam. Rosas Bruder Albert Brasch wurde, obwohl er mit einer sogenannten „Arierin“ verheiratet war, 1944 nach Auschwitz verschleppt. Er erlebte die Befreiung des Lagers durch die Rote Armee am 27. Januar 1945 und wurde anschließend in der Nähe von Kattowitz behandelt. Doch dort verliert sich seine Spur – wahrscheinlich war der 70-jährige Albert Brasch durch die unmenschlichen Lebensbedingungen in Auschwitz zu geschwächt und verstarb im Krankenhaus. Das Schicksal des Bruders Max Brasch ist unbekannt.

Herbert Freystadt wanderte 1955 von Argentinien in die USA aus, er verstarb 1979 in Los Angeles. Sein Bruder Erich blieb ledig, er starb 1990 in einem evangelischen Pflegeheim in St. Gallen.