Ellen Orgler

Location 
Schieritzstr. 38
Historical name
Zeebrüggestr. 38
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
06 April 2022
Born
11 February 1938 in Berlin
Deportation
on 06 March 1943 from Berlin to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Ellen Orgler wurde am 11. Februar 1938 in Berlin geboren.

Sie war das jüngste von drei Kindern des Bücherrevisors Herbert Orgler und dessen Ehefrau Cella geborene Jacoby.  

Die Eltern hatten im Juli 1930 in Berlin-Weißensee geheiratet und waren dann in den Prenzlauer Berg – zunächst in den Döblinweg 4 (heute Schieritzstr. 4) gezogen.

Im November 1932 starb die im gleichen Jahr geborene erste Tochter im Jüdischen Krankenhaus Wedding.

Vielleicht war dies der Grund ihres Umzugs in die Meyerheimstr. 12 a. Herbert wird hier als Bücherrevisor im Berliner Adressbuch der Jahre 1933 bis 1935 verzeichnet.

Im November 1933 wurde Ellens Bruder Klaus im Jüdischen Krankenhaus Wedding geboren.

Mit dem sogenannten „Reichsbürgergesetz“ von September 1935 wurde jüdischen Bürgern die Existenz in Deutschland mehr und mehr erschwert, da sie nun rechtlich nicht mehr mit nicht-jüdischen Deutschen gleichgestellt waren. Diese kodifizierte Diskriminierung brachte für viele gewerbetreibende Jüdinnen und Juden wirtschaftliche Existenzprobleme mit sich. Davon war auch Ediths Vater Herbert betroffen. Er musste sich fortan mit Gelegenheitsarbeiten durchschlagen und verlor damit die wirtschaftliche Grundlage, um die Miete für eine eigene Wohnung aufzubringen. In den Jahren 1936 und 1937 ist Herbert nicht mehr im Berliner Adressbuch zu finden. Die Familie Orgler zog zur Untermiete bei den Großeltern Jacoby in die Schieritzstr. 38 ein.

Am 1. April 1940 wurde der Bruder Klaus in die Knabenvolksschule d. Jüdischen Gemeinde in Berlin-Mitte, Kaiserstr. 29/30 eingeschult. Er durfte sie nur bis zur 2. Klasse besuchen, denn Ende Juni 1942 wurden alle jüdischen Schulen geschlossen.

Aus etwa dieser Zeit müssen die Erinnerungen der Rita Hinkelmann (* 1935) aus dem Nachbarhaus – Schieritzstr. 34 – an die befreundeten Orgler-Kinder stammen. Auch sie besuchte die Jüdische Schule in der Kaiserstraße. Was bedeutete, dass die Kinder einen täglichen Schulweg vom oberen Ende der Greifswalder Straße diese entlang bis über den Alexanderplatz zu Fuß gehen mussten, da sie öffentliche Verkehrsmittel als „Sternträger“ nicht benutzen durften.

Rita hat ihre Erinnerungen an diese Zeit als Aufzeichnung an ihre Familie weitergegeben und damit auch die Familie Orgler dem allgemeinen Vergessen entrissen und ein Stolperstein-Gedenken erst möglich gemacht.

Die Eltern Cella und Herbert Orgler mussten sehr wahrscheinlich während des Zweiten Weltkrieges Zwangsarbeit leisten. Herbert war nach eigenen Angaben ab 1939 bei der Firma „Gebr. Hertling“ im Westend als Transportarbeiter „dienstverpflichtet“.  Wo Cella arbeiten musste, ist nicht bekannt.

Anfang August 1942 erhielten die Großeltern Martha und Meyer Jacoby ihre Aufforderung zur „Umsiedlung in den Osten“ – wie die planmäßigen Deportationen verschleiernd von den Nazis bezeichnet wurden. Sie wurden am 31. August 1942 mit dem 53. Alterstransport ins Ghetto Theresienstadt deportiert, wo ihre Sterbedaten mit dem 20. April und 7. Juni 1943 dokumentiert wurden.  

Herbert und Cella blieben mit den Kindern in der Wohnung und mussten weiter ihren „Dienstverpflichtungen“ nachkommen. Wie sie die Kinderbetreuung regelten, ist nicht überliefert.

Am 28. Februar 1943 (6 Monate nach der Deportation ihrer Eltern) wurde die Mutter Cella im Rahmen der sogenannten „Fabrikaktion“ an ihrem Arbeitsplatz verhaftet und am 1. März 1943 mit dem 31. Osttransport nach Auschwitz deportiert. Auf der Transportliste stehen fast nur weibliche Namen – vermutlich viele Mütter.

Auch der Vater Herbert wurde am selben Tag inhaftiert und am 6. März 1943 gemeinsam mit beiden Kindern mit dem 35. Osttransport nach Auschwitz deportiert. Die fünfjährige Schwester Ellen und ihr noch nicht einmal zehnjähriger Bruder Klaus wurden direkt nach ihrer Ankunft in Auschwitz ermordet – wie nur wenige Tage zuvor auch ihre Mutter Cella.

Auf der Rampe von Auschwitz wurde der Vater Herbert als „arbeitsfähig“ selektiert. Er überlebte mehrere KZ`s und wurde 1945 von den Amerikanern in Mühldorf am Inn befreit.