Ida Wollheim née Frankenstein

Location 
Schlüterstr. 54
District
Charlottenburg
Stone was laid
23 September 2010
Born
31 December 1858 in Heepen
Deportation
on 17 August 1942 to Theresienstadt
Murdered
13 November 1942 in Theresienstadt

Ida Mollheims Familienname wurde schon zu ihren Lebzeiten öfter fälschlich als „Wollheim“ geschrieben, daher hat sich vermutlich der Fehler auch in das Gedenkbuch des Bundesarchivs und somit auf den Stolperstein eingeschlichen. Da nach neueren Recherchen eindeutig geklärt ist, dass der korrekte Name Mollheim war, wird er in diesem Lebenslauf abweichend von der Inschrift des Stolpersteins verwendet. <br />
<br />
Idas Mädchenname war Frankenstein, sie wurde am letzten Tag des Jahres 1858, dem 31. Dezember, in Heepen bei Bielefeld geboren. Ihr Vater war Levi Frankenstein, der in Heepen eine Gaststätte betrieb. 1854 wurde er in den Vorstand der Synagogengemeinde Bielefeld gewählt und 1861 – Ida war zwei Jahre alt - verließ er Heepen, möglicherweise nach Varenholz/Lippe.<br />
<br />
Stimmt diese Vermutung, hat Ida dort ihre Kindheit verbracht. Um 1879 heiratete sie dann den Kaufmann Max Mollheim aus Magdeburg und zog mit ihm nach Köthen/Anhalt. Dort brachte sie zwei Töchter zur Welt, 1880 Hedwig und 1883 Elsbeth. Um 1885 siedelte die Familie nach Berlin um. Max Mollheim unterhielt mit seinem Bruder Carl eine Vertretung für Textilfabriken aus Krefeld, Hannover und auch aus Manchester. Im Berliner Adressbuch finden die Gebrüder Mollheim erstmals 1886 Erwähnung. Später betrieben sie getrennte Agenturen, Max spezialisierte sich auf Möbelstoffe. Carl wird im Adressbuch Mitte der 20er Jahre nicht mehr aufgeführt. Max und Ida zogen mit ihren Kindern mehrfach um, 1903 wohnten sie in der Klopstockstraße, später in der Gervinusstraße 12a, ab 1920 in der Dahlmannstraße 1.<br />
<br />
1903 heiratete Tochter Hedwig den Kaufmann Martin Simon, ein Jahr später trat dieser als Mitinhaber in Max Mollheims Firma ein. 1905 Bekam Hedwig einen Sohn, den sie Hans Leopold nannte, schon vier Jahre später starb die junge Mutter. Idas zweite Tochter Else heiratete 1911 Julius Bernstein, auch er war in der Textilbranche tätig. Sie wohnten auch in der Gervinusstraße 12a. <br />
<br />
Am 2. Dezember 1934 starb Max Mollheim und wurde am 5. Dezember in Weißensee bestattet. Ida zog zunächst mit Tochter Else und Schwiegersohn Julius Bernstein in die Heiligegeiststraße 15. Am Tag der Volkszählung vom 17. Mai 1939 sind alle drei als Untermieter jüdischer Abstammung in der Schlüterstraße 54 erfasst. Ida wohnte dort, wie einige andere jüdische Witwen, in der Pension Schlesinger. Auch Else und Julius wohnten bis zu ihrer Auswanderung 1941 dort.<br />
<br />
1942 hatte Ida Mollheim bereits eine neue Adresse, vermutlich nicht ganz freiwillig: Lietzenburger Straße 34, bei Daffis. Bei Landgerichtsdirektor i.R. Eduard Daffis bewohnte sie ein teilmöbliertes Zimmer, für das sie keine Miete zahlen musste – nur die Umlage für Strom und Gas und einen Zuschlag wegen Untermiete, zusammen 9.- RM im Monat. <br />
<br />
All das trug Ida Mollheim in die „Vermögenserklärung“ ein, die sie ausfüllen musste, nachdem man ihr Anfang August 1942 eröffnete, sie sei zur „Abwanderung“ in das „Altersghetto“ Theresienstadt bestimmt. In das Erklärungsformular sollten Besitz und Vermögen kleinteilig aufgeführt werden. Ida Mollheim gab überhaupt keine Gegenstände an und über die paar tausend Reichsmark auf ihrem Konto bemerkte sie, verfügungsberechtigt sei ein Fräulein Elisabeth Horn. Offenbar war der Zugang der 83-jährigen an ihr Geld noch weiter eingeschränkt als bei Juden ohnehin nach der Verordnung vom November 1938 „zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“. Am 5. August 1942 unterschrieb Ida Mollheim die Vermögenserklärung. Danach sollte sie eigentlich in dem zum Sammellager umfunktionierten Altersheim Große Hamburger Straße 26 interniert werden. Da die Gestapo aber diesmal vorhatte, an Stelle der bei „Transporten“ nach Theresienstadt üblichen 100 Menschen das Zehnfache davon in einen Sonderzug zu stopfen, mussten noch andere jüdische Einrichtungen vorübergehend als Sammellager herhalten. Ida wurde in die Brunnenstrasse 41 gebracht, dort erhielt sie die ursprünglich auf Große Hamburger Straße adressierte Verfügung zugestellt, nach der ihr gesamter Besitz dem Reich „verfalle“. Zuzüglich zu dem Bankguthaben sollte bei einer späteren Versteigerung von Ida Mollheims Habseligkeiten das Deutsche Reich noch mal 288,40 RM einstecken.<br />
<br />
Am 17. August 1942 wurde Ida Mollheim also mit 1001 weiteren Leidensgenossen vom Bahnhof Putlitzstraße aus nach Theresienstadt deportiert und dort in das Zimmer Nr. 58 eines Gebäudes mit der Bezeichnung E a III eingewiesen. Die Bezeichnung „Altersghetto“ sollte suggerieren, dass man hier in aller Abgeschiedenheit, aber angemessen betreut, seinen Lebensabend verbringen könne. Wer noch genug Mittel hatte, wurde sogar zu einem „Heimeinkauf“ gezwungen, womit Unterkunft und Verpflegung garantiert sein sollten. Tatsächlich unterschied sich Theresienstadt aber nur wenig von anderen Konzentrationslagern: Wohnraum und Verpflegung waren absolut unzureichend, Heizmaterial knapp und vor allem die Hygienebedingungen entsetzlich. Die Folge waren Schwächung, Krankheiten und Seuchen, denen viele der bereits geschwächten Menschen nicht standhalten konnten. Entsprechend häufig waren Durchfallerkrankungen, wie sie auch die 83-jährige Ida Mollheim erlitt. Am 13. November 1942, knapp drei Monate nach ihrer Ankunft, erlag sie den unerträglichen Lebensumständen in ihrem Zimmer 58, die offizielle Todesursache: „Darmkatarrh“.<br />
<br />
Idas Tochter Else und ihrem Mann Julius Bernstein war noch im Oktober 1941 die Auswanderung nach Ecuador gelungen. Ida Mollheims letzter Wirt, Dr. jur. Eduard Daffis, wurde keine zehn Tage nach ihr, am 26. August 1942, nach Theresienstadt deportiert, seine Frau Johanna war schon am 2. April 1942 in das Warschauer Ghetto verschleppt worden. Keiner von beiden überlebte.<br />

Ida Mollheims Familienname wurde schon zu ihren Lebzeiten öfter fälschlich als „Wollheim“ geschrieben, daher hat sich vermutlich der Fehler auch in das Gedenkbuch des Bundesarchivs und somit auf den Stolperstein eingeschlichen. Da nach neueren Recherchen eindeutig geklärt ist, dass der korrekte Name Mollheim war, wird er in diesem Lebenslauf abweichend von der Inschrift des Stolpersteins verwendet.

Idas Mädchenname war Frankenstein, sie wurde am letzten Tag des Jahres 1858, dem 31. Dezember, in Heepen bei Bielefeld geboren. Ihr Vater war Levi Frankenstein, der in Heepen eine Gaststätte betrieb. 1854 wurde er in den Vorstand der Synagogengemeinde Bielefeld gewählt und 1861 – Ida war zwei Jahre alt - verließ er Heepen, möglicherweise nach Varenholz/Lippe.

Stimmt diese Vermutung, hat Ida dort ihre Kindheit verbracht. Um 1879 heiratete sie dann den Kaufmann Max Mollheim aus Magdeburg und zog mit ihm nach Köthen/Anhalt. Dort brachte sie zwei Töchter zur Welt, 1880 Hedwig und 1883 Elsbeth. Um 1885 siedelte die Familie nach Berlin um. Max Mollheim unterhielt mit seinem Bruder Carl eine Vertretung für Textilfabriken aus Krefeld, Hannover und auch aus Manchester. Im Berliner Adressbuch finden die Gebrüder Mollheim erstmals 1886 Erwähnung. Später betrieben sie getrennte Agenturen, Max spezialisierte sich auf Möbelstoffe. Carl wird im Adressbuch Mitte der 20er Jahre nicht mehr aufgeführt. Max und Ida zogen mit ihren Kindern mehrfach um, 1903 wohnten sie in der Klopstockstraße, später in der Gervinusstraße 12a, ab 1920 in der Dahlmannstraße 1.

1903 heiratete Tochter Hedwig den Kaufmann Martin Simon, ein Jahr später trat dieser als Mitinhaber in Max Mollheims Firma ein. 1905 Bekam Hedwig einen Sohn, den sie Hans Leopold nannte, schon vier Jahre später starb die junge Mutter. Idas zweite Tochter Else heiratete 1911 Julius Bernstein, auch er war in der Textilbranche tätig. Sie wohnten auch in der Gervinusstraße 12a.

Am 2. Dezember 1934 starb Max Mollheim und wurde am 5. Dezember in Weißensee bestattet. Ida zog zunächst mit Tochter Else und Schwiegersohn Julius Bernstein in die Heiligegeiststraße 15. Am Tag der Volkszählung vom 17. Mai 1939 sind alle drei als Untermieter jüdischer Abstammung in der Schlüterstraße 54 erfasst. Ida wohnte dort, wie einige andere jüdische Witwen, in der Pension Schlesinger. Auch Else und Julius wohnten bis zu ihrer Auswanderung 1941 dort.

1942 hatte Ida Mollheim bereits eine neue Adresse, vermutlich nicht ganz freiwillig: Lietzenburger Straße 34, bei Daffis. Bei Landgerichtsdirektor i.R. Eduard Daffis bewohnte sie ein teilmöbliertes Zimmer, für das sie keine Miete zahlen musste – nur die Umlage für Strom und Gas und einen Zuschlag wegen Untermiete, zusammen 9.- RM im Monat.

All das trug Ida Mollheim in die „Vermögenserklärung“ ein, die sie ausfüllen musste, nachdem man ihr Anfang August 1942 eröffnete, sie sei zur „Abwanderung“ in das „Altersghetto“ Theresienstadt bestimmt. In das Erklärungsformular sollten Besitz und Vermögen kleinteilig aufgeführt werden. Ida Mollheim gab überhaupt keine Gegenstände an und über die paar tausend Reichsmark auf ihrem Konto bemerkte sie, verfügungsberechtigt sei ein Fräulein Elisabeth Horn. Offenbar war der Zugang der 83-jährigen an ihr Geld noch weiter eingeschränkt als bei Juden ohnehin nach der Verordnung vom November 1938 „zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“. Am 5. August 1942 unterschrieb Ida Mollheim die Vermögenserklärung. Danach sollte sie eigentlich in dem zum Sammellager umfunktionierten Altersheim Große Hamburger Straße 26 interniert werden. Da die Gestapo aber diesmal vorhatte, an Stelle der bei „Transporten“ nach Theresienstadt üblichen 100 Menschen das Zehnfache davon in einen Sonderzug zu stopfen, mussten noch andere jüdische Einrichtungen vorübergehend als Sammellager herhalten. Ida wurde in die Brunnenstrasse 41 gebracht, dort erhielt sie die ursprünglich auf Große Hamburger Straße adressierte Verfügung zugestellt, nach der ihr gesamter Besitz dem Reich „verfalle“. Zuzüglich zu dem Bankguthaben sollte bei einer späteren Versteigerung von Ida Mollheims Habseligkeiten das Deutsche Reich noch mal 288,40 RM einstecken.

Am 17. August 1942 wurde Ida Mollheim also mit 1001 weiteren Leidensgenossen vom Bahnhof Putlitzstraße aus nach Theresienstadt deportiert und dort in das Zimmer Nr. 58 eines Gebäudes mit der Bezeichnung E a III eingewiesen. Die Bezeichnung „Altersghetto“ sollte suggerieren, dass man hier in aller Abgeschiedenheit, aber angemessen betreut, seinen Lebensabend verbringen könne. Wer noch genug Mittel hatte, wurde sogar zu einem „Heimeinkauf“ gezwungen, womit Unterkunft und Verpflegung garantiert sein sollten. Tatsächlich unterschied sich Theresienstadt aber nur wenig von anderen Konzentrationslagern: Wohnraum und Verpflegung waren absolut unzureichend, Heizmaterial knapp und vor allem die Hygienebedingungen entsetzlich. Die Folge waren Schwächung, Krankheiten und Seuchen, denen viele der bereits geschwächten Menschen nicht standhalten konnten. Entsprechend häufig waren Durchfallerkrankungen, wie sie auch die 83-jährige Ida Mollheim erlitt. Am 13. November 1942, knapp drei Monate nach ihrer Ankunft, erlag sie den unerträglichen Lebensumständen in ihrem Zimmer 58, die offizielle Todesursache: „Darmkatarrh“.

Idas Tochter Else und ihrem Mann Julius Bernstein war noch im Oktober 1941 die Auswanderung nach Ecuador gelungen. Ida Mollheims letzter Wirt, Dr. jur. Eduard Daffis, wurde keine zehn Tage nach ihr, am 26. August 1942, nach Theresienstadt deportiert, seine Frau Johanna war schon am 2. April 1942 in das Warschauer Ghetto verschleppt worden. Keiner von beiden überlebte.