Bella Zodykow née Bergmann

Location 
Winsstr. 63
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
13 July 2019
Born
06 January 1902 in Frankfurt (Main)
Occupation
Kinderfräulein
Deportation
on 07 December 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Bella Bergmann kam am 6. Januar 1902 in Frankfurt am Main als Tochter des Schneiders Emanuel Bergmann und seiner Frau, der Schneiderin Emma, geborene Roman, zur Welt. Ihre Eltern heirateten 1903. 1904 kam der Sohn Samuel Friedrich zur Welt, der mit wenigen Monaten starb, 1905 der Sohn Ludwig, der ebenfalls nur wenigen Monate lebte. 1905 wohnte die Familie in Frankfurt/Main in der Breiten Gasse 11. Im Jahr 1916 wurde die Ehe der Eltern geschieden.

Nachdem Bella zunächst in einem Heim in Frankfurt/Main in der Taunusstraße 9 („Heimat für Mädchen“) gelebt hatte, wurde sie mit15 Jahren in das Heim des Jüdischen Frauenbundes in Neu-Isenburg aufgenommen. Dort lebte sie vom 14.8.1917 bis zum 1.1.1925.

Es war ein Heim für sozial entwurzelte jüdische Mädchen, für unverheiratete Schwangere und ledige Mütter mit ihren Kindern. Initiatorin und Leiterin der Einrichtung war die Frauenrechtlerin, Sozialpolitikerin und Sozialarbeiterin Bertha Pappenheim, eine der wichtigsten Persönlichkeiten der deutschen jüdischen Frauenbewegung im frühen 20. Jahrhundert. Sie machte das Heim zu einem Ort der Zuflucht, der Erziehung und Ausbildung für jüdische Frauen und Kinder aus dem gesamten Deutschen Reich. Die Einrichtung war außerdem Ausbildungs- und Praktikumsstelle für Schülerinnen pflegerischer und hauswirtschaftlicher Berufe. Hier wurde Bella vermutlich zur Kinderpflegerin ausgebildet. 1925 wurde Bella abgemeldet nach Halberstadt, Plantage 6. Sie war dort vermutlich Pflegetochter bei Alfred Jacobson, einem Bankbeamten und Prokuristen, der sich für die Jugend engagierte Er war von 1929 bis 1931 im Schulvorstand der örtlichen Jüdischen Schule. Ab 1932 lebte Alfred Jacobson nicht mehr in Halberstadt, dafür gibt es im Berliner Adressbuch einen Eintrag: Alfred Jacobson, Bankprokurist, Lessingstraße 12, später Altonaer Straße 25. Es kann nicht belegt werden, dass es sich hier um dieselbe Person handelt. Es ist aber denkbar, dass Bella Bergmann mit ihren Pflegeeltern nach Berlin zog.

1939 lebte Bella in Berlin-Schöneberg, Landshuter Straße 24.

Im November 1941 wurde vom Leiter des Gesundheitsamts Steglitz das „Ehetauglichkeitszeugnis“ für sie ausgestellt. Ein solches Zeugnis war während des Krieges nur dann beizubringen, wenn der Standesbeamte „begründete Zweifel hat, ob ein Ehehindernis nach §1 des Ehegesundheitsgesetzes vorliegt“. Danach durften Verlobte nicht heiraten, wenn eine ansteckende oder erbliche Krankheit vorlag. Zu dieser Zeit wohnte sie in Charlottenburg in der Kantstraße.

Bella Bergmann heiratete – wahrscheinlich 1942 – den Dichter Moses Max Zodykow, der bis dahin im Jüdischen Blindenheim in Berlin-Steglitz, Wrangelstraße 6/7 gewohnt hatte. Von März bis Dezember 1943 wohnte sie mit ihrem Mann in der Winsstraße 63 – vorn, 3. OG - in der Wohnküche bei Berta Cohn. In der Vermögenserklärung gibt sie als Beruf Kinderfräulein an und dass sie – wie ihr Mann – staatenlos sei.

Beide wurden zunächst in die „Jüdische Taubstummenanstalt“ in der Parkstraße 22 in Weißensee, die als Sammellager diente, gebracht und von dort am 7. Dezember 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Die Todesdaten von Bella und Moses Max Zodykow sind nicht bekannt.

Bellas Eltern hatten noch eine Tochter: Erna Pauline Elvira, geboren am 21.5.1900 in Hamburg. Sie war ebenfalls mit 15 Jahren – ein Jahr früher als Bella - im Januar 1916 im Heim in Neu Isenburg aufgenommen worden. Sie lebte nur sporadisch dort; insgesamt waren es vier Aufenthalte zwischen 1916 und 1924. Erna hat zwei Kinder bekommen: nichtehelich Edmund Friedrich, geboren am 4.4.1924 und Horst, geboren am 5.5.1926). Horst starb am 16.7.1942 in Majdanek. Sein Bruder konnte nach Palästina fliehen und nannte sich dort Efraim Ben Ari. Er legte für Horst ein Gedenkblatt in Yad Vashem an.

Erna Bergmann heiratete am 3.11.1928 in Frankfurt den Lackierer Louis Missler, den Vater zumindest von Horst. Zeuge bei der Eheschließung war ihr Bruder Emil Bergmann, der um 1906 geboren war und mit Erna Bergmann in einem Haushalt in Frankfurt, Mainstraße 28 lebte. Erna bezeichnete sich bei der Heirat als Kontoristin.

Bellas Mutter, Emma Bergmann, geborene Roman, heiratete nach der 1916 erfolgten Scheidung von Emanuel Bergmann 1921 den am 23.8.1886 geborenen Kellner Fritz Elison. Sie lebte mit ihrer Tochter Erna und dem Sohn Emil bei ihrem Mann Fritz Elison in der Mainstraße 28, jedenfalls bis zur Heirat ihrer Tochter Erna mit dem Lackierer Louis Ludwig Missler im Jahr 1928.

Später zogen Emma und Fritz Elison in die Klingerstraße 25. Dort wurden sie im Jahr 1935 verhaftet, weil sie sich im Widerstand für die KPD betätigt hatten. Emma kam zunächst in das Strafgefängnis Frankfurt-Preungesheim und wurde wegen „Hochverrat“ im KZ Ravensbrück inhaftiert und am 9.10.1942 im KZ Auschwitz ermordet. Ihr Mann Fritz kam ebenfalls zunächst nach Preungesheim, danach wegen „Hochverrat“ in das Gefängnis Butzbach, wo er seine Strafe absaß. Fritz Elison ließ sich im Jahr 1942 scheiden und heiratete 1942 Maria Helene Breuer. Diese war schwanger, als Fritz Elison 1946 bei einem Unfall starb. Das Kind wurde tot geboren.

Für Emma und Fritz Elison wurden vor dem Grundstück Klingerstraße 25 in Frankfurt/Main Stolpersteine verlegt.