Moses Max Zodykow

Location 
Winsstr. 63
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
13 July 2019
Born
12 July 1899 in Kaunas / Kowno
Deportation
on 07 December 1943 from Berlin to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Moses Zodykow wurde am 12. Juli 1899 in einem Dorf in der Nähe von Kaunas – damals Russland, heute Litauen – geboren. Als Moses fünf Jahre alt war, flohen die Eltern aus Russland, doch nahmen sie das blinde Kind nicht mit.

Ein Band mit Lyrik und Prosa von Moses (als Schriftsteller: Max) Zodykow erschien in Berlin 1931. Es trägt den Titel "Stimme aus dem Dunkel". Im Vorwort zu diesem Buch beschreibt Stefan Zweig die Kindheit Moses Zodykows:

„So bleibt in einem jämmerlichen kleinen Dorfe bei der Großmutter ein kleiner blinder Junge zurück, vollkommen vernachlässigt und verwahrlost von seiner Umgebung und abgeschlossen wie mit stählernen Mauern von der wirklichen Welt. Einem Dienstmädchen dankt er, dass er im dreizehnten Jahre einige wenige Buchstaben abtasten kann, die er - welcher Dichter würde einen solchen Zug so genial erfinden? - von den vorspringenden Glasbuchstaben auf Sodawasserflaschen gelernt hat. Dann stirbt die alte Großmutter, man weiß nicht wohin mit ihm, so schickt man ihn wie ein unnützes Bündel den Eltern nach Berlin nach, aber die können dort nicht bleiben, sie ziehen nach Amerika und können oder wollen das blinde Kind abermals nicht mitnehmen. So landet es nach manchen schwierigen Verhandlungen in der Jüdischen Blindenanstalt in Steglitz.“

Da war Moses 13 Jahre alt. Er besuchte die Johann-August-Zeune-Schule in der Rothenburgstraße in Berlin-Steglitz, die auch heute noch besteht. Moses Max Zodykow schreibt rückblickend:

„Mit dreizehn Jahren in eine Blindenanstalt gekommen, habe ich nie eine Schule gekannt. Mit Heißhunger und Fleiß schlürfte ich in einem Jahr ein Pensum von acht Jahren in mich ein. Mein Erlerntes war nunmehr kaum erhascht und erjagt, als ich mit 15 Jahren in die Bürstenbinderei kam.“

Moses Max Zodykow wohnte in dem Jüdischen Blindenheim in Berlin Steglitz in der Wrangelstraße in den Jahren 1912 bis wahrscheinlich Anfang 1942.

Auf Antrag des Kreisarztes Berlin-Steglitz sollte Moses Max Zodykow aufgrund „erblicher Blindheit“ unfruchtbar gemacht werden. Am 9.10.35 wurde der Antrag auf Unfruchtbarmachung abgewiesen. Aus den umfangreichen Unterlagen zu der Begutachtung des Augenleidens geht hervor, dass Moses Max Zodykow selbst angab, dass er in den ersten Lebensjahren mehreren Augen-Operationen unterzogen worden war. Im Gutachten des Universitäts-Klinikums wird ein Schreiben der Irrenanstalt Dalldorf (heute Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik in Berlin-Wittenau) von 1924 zitiert, nach dem Moses Max Zodykow auf beiden Augen blind war. Die Universitäts-Augenklinik stellte darüber hinaus im Jahr 1935 fest, dass sein linkes Auge operativ entfernt worden war.

Er heiratete – wahrscheinlich 1942 - Bella Bergmann. Von März bis Dezember 1943 wohnte Max Zodykow mit seiner Frau Bella in der Winsstraße 63 – vorn, 3. OG - in der Wohnküche bei Berta Cohn. Beide wurden zunächst in die Jüdische Taubstummenanstalt in der Parkstraße 22 in Weißensee, die als Sammellager diente, gebracht und von dort am 7. Dezember 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Die Todesdaten sind nicht bekannt.

Moses Max Zodykow hat ca. 30 Jahre in dem Jüdischen Blindenwohnheim gelebt. Eindrücklich beschreibt er die Gemeinschaft der Blinden in dem Gedicht "Der Garten der Welkenden" (Anlage)