Edith Mendelsohn geb. Kaulbars

Verlegeort
Heinrich-Roller-Straße 17
Bezirk/Ortsteil
Prenzlauer Berg
Verlegedatum
19. August 2006
Geboren
18. Dezember 1912 in Wartenburg (Ostpreußen) / Barczewo
Deportation
am 04. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Edith Dorothea Kaulbars wurde am 18. Dezember 1912 in der damals ostpreußischen Kleinstadt Wartenburg (dem heutigen Barczewo, das etwa 120 Kilometer südlich von Kaliningrad liegt) geboren. Sie war die Tochter des 1871 in Johannisburg (Pisz) geborenen Textilienhändlers Julius Kaulbars und der Johanna Kaulsbars, geborene Kiewe. Edith wuchs im Kreis von zwei älteren Brüdern auf, dem 1909 geborenen Siegfried und dem 1910 geborenen Arthur. Über die Kindheit und Jugend von Edith Kaulbars und ihrer Geschwister in Wartenburg haben sich keine Informationen erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach der recht kleinen jüdischen Gemeinde der Stadt an, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Edith etwas mehr als 50 Personen zählten. Zu einem nicht genau bestimmten Zeitpunkt in den 1920er-Jahren zogen ihre Eltern und ihr Bruder Siegfried nach Lyck (dem heutigen Ełk). Edith und ihr Bruder Arthur zogen nach Berlin. Dort heiratete Edith Kaulbars in den 1930er-Jahren den verwitweten Schneidermeister Leo Mendelsohn und zog mit ihm in eine gemeinsame Wohnung in der Heinrich-Roller-Straße 17 im Prenzlauer Berg. Im Haus betrieb Leo Mendelsohn ab 1936 eine Maßschneiderei für Herren, mit der er das Einkommen der Familie bestritt und seinen seit einem Unfall 1931 invaliden Vater Hermann Mendelsohn unterstützte.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen das Ehepaar Mendelsohn und ihre Familienangehörigen. Im ostpreußischen Lyck hatte es bereits während der Weimarer Republik schwere antisemitische Ausschreitungen gegeben, 1927 verteilten lokale Faschisten antisemitische Flugblätter, 1932 wurde ein jüdischer Apotheker durch eine Handgranate in seiner Wohnung ermordet. Nach der Machtübergabe 1933 erfolgten auch staatliche Gewaltmaßnahmen. Ediths Vater wurde zeitweise inhaftiert. Ihr Bruder Siegfried kam 1934 unter ungeklärten Umständen ums Leben. Ihre Mutter starb im Juli 1938 in Lyck. Leo und Edith Mendelsohn waren in Berlin von den antisemitischen Kampagnen und Ausschreitungen betroffen, die ihren sichtbarsten Ausdruck in Boykotten sowie den Pogromen im Mai und November 1938 in Berlin erfuhren. Ende 1938 musste Leo die Schneiderei in der Heinrich-Roller-Straße unter Zwang aufgeben. Er schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten durch. Angesichts der Situation in Deutschland hatten Leo und Edith Mendelsohn vermutlich bereits früh ihre Möglichkeit erwogen, das Land zu verlassen, aber erst nach den Pogromen von 1938 gewannen die Pläne an Kontur. Dem Bruder von Edith, Arthur Kaulbars, war es gelungen, 1939 nach England zu emigrieren. Er hatte zuvor Jura studiert, war unter den Nationalsozialisten aber zwangsweise aus dem Studium gedrängt worden und zuletzt in Berlin als Kaufmann tätig gewesen. Leos älterer Bruder Erich war mit Frau und Kind Ende der 1930er-Jahre nach Südamerika geflüchtet. Edith Kaulbars sandte ihrem Bruder einen Brief mit Arbeitszeugnissen nach England nach, in dem sie darum bat, er möge sich für sie und ihren Ehemann einsetzen. In Berlin erwirkte das Ehepaar eine steuerliche „Unbedenklichkeitsbescheinigung zum Zwecke der Auswanderung“ im Februar 1939 von der Stadtverwaltung und vom Finanzamt Greifswalder Straße, dessen Gültigkeit sie bis Dezember 1939 verlängern ließen. Die Fluchtpläne von Leo und Edith Mendelsohn scheiterten. Mit dem Kriegsausbruch im September 1939 war ihnen der Weg nach England verbaut und mit den Ausreiseverboten im Oktober 1941 wurde ihnen auch die die letzte Chance auf ein Entkommen genommen.

Zu diesem Zeitpunkt wurden sowohl Edith Mendelsohn als auch ihr Mann zu Zwangsarbeit bei in Berlin ansässigen Rüstungsfirmen dienstverpflichtet. Edith musste im Werk der Metall- und Elektrofirma „Ehrich & Graetz“ in der Elsenstraße in Treptow arbeiten, Leo bei „Scherb & Schwer“ an den Standorten der Preßwerke Lehderstraße in Weißensee und am Kottbusser Ufer 8 (dem heutigen Paul-Lincke-Ufer) in Kreuzberg. Mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sie sich nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Der Entrechtung folgte die Deportation: Im Rahmen der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, holten Polizisten und Gestapo-Angehörige das Ehepaar am 2. März 1943 um 7 Uhr morgens aus ihrer Wohnung und verbrachten sie in eines der eigens zum Zwecke der Deportation eingerichteten Berliner Sammellager. Zwei Tage später wurden beide mit dem „34. Osttransport“ über den Güterbahnhof Moabit in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Von den insgesamt 1142 mit diesem Transport nach Auschwitz deportierten Menschen, wurden 389 Männer und 96 Frauen als „arbeitsfähig“ selektiert – darunter befand sich auch der damals 36-jährige Leo Mendelsohn.

Er musste im Block 8 des „Arbeitslagers Monowitz“ unter unmenschlichen Bedingungen Schwerstarbeiten im Straßenbau, bei Erdarbeiten und Lastentransport verrichten. Am 24. Juni 1943 wurde er in Auschwitz-Birkenau ermordet. Ob Edith Mendelsohn in das Stammlager selektiert wurde oder direkt nach ihrer Ankunft im Vernichtungslager am 6. März 1943 ermordet wurde, ist nicht bekannt. Jedenfalls gehört sie nicht zu den wenigen Überlebenden von Auschwitz.

Von den Familienangehörigen von Edith Mendelsohn überlebte ihr Bruder Arthur Kaulbars, der seinen Familiennamen in Kelvin umbenannte, die NS-Zeit im Exil in England. Ihr Schwiegervater Hermann Mendelsohn und dessen zweite Ehefrau Helene überlebten in Berlin; die Schwägerin Betty Kath, geborene Mendelsohn, konnte mit ihrem Ehemann emigrieren und lebte später in Jerusalem; Edits Schwager Erich Mendelsohn verstarb 1946 im Exil in Südamerika.

Edith Dorothea Kaulbars wurde am 18. Dezember 1912 in der damals ostpreußischen Kleinstadt Wartenburg (dem heutigen Barczewo, das etwa 120 Kilometer südlich von Kaliningrad liegt) geboren. Sie war die Tochter des 1871 in Johannisburg (Pisz) geborenen Textilienhändlers Julius Kaulbars und der Johanna Kaulsbars, geborene Kiewe. Edith wuchs im Kreis von zwei älteren Brüdern auf, dem 1909 geborenen Siegfried und dem 1910 geborenen Arthur. Über die Kindheit und Jugend von Edith Kaulbars und ihrer Geschwister in Wartenburg haben sich keine Informationen erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach der recht kleinen jüdischen Gemeinde der Stadt an, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Edith etwas mehr als 50 Personen zählten. Zu einem nicht genau bestimmten Zeitpunkt in den 1920er-Jahren zogen ihre Eltern und ihr Bruder Siegfried nach Lyck (dem heutigen Ełk). Edith und ihr Bruder Arthur zogen nach Berlin. Dort heiratete Edith Kaulbars in den 1930er-Jahren den verwitweten Schneidermeister Leo Mendelsohn und zog mit ihm in eine gemeinsame Wohnung in der Heinrich-Roller-Straße 17 im Prenzlauer Berg. Im Haus betrieb Leo Mendelsohn ab 1936 eine Maßschneiderei für Herren, mit der er das Einkommen der Familie bestritt und seinen seit einem Unfall 1931 invaliden Vater Hermann Mendelsohn unterstützte.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen das Ehepaar Mendelsohn und ihre Familienangehörigen. Im ostpreußischen Lyck hatte es bereits während der Weimarer Republik schwere antisemitische Ausschreitungen gegeben, 1927 verteilten lokale Faschisten antisemitische Flugblätter, 1932 wurde ein jüdischer Apotheker durch eine Handgranate in seiner Wohnung ermordet. Nach der Machtübergabe 1933 erfolgten auch staatliche Gewaltmaßnahmen. Ediths Vater wurde zeitweise inhaftiert. Ihr Bruder Siegfried kam 1934 unter ungeklärten Umständen ums Leben. Ihre Mutter starb im Juli 1938 in Lyck. Leo und Edith Mendelsohn waren in Berlin von den antisemitischen Kampagnen und Ausschreitungen betroffen, die ihren sichtbarsten Ausdruck in Boykotten sowie den Pogromen im Juni und November 1938 in Berlin erfuhren. Ende 1938 musste Leo die Schneiderei in der Heinrich-Roller-Straße unter Zwang aufgeben. Er schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten durch. Angesichts der Situation in Deutschland hatten Leo und Edith Mendelsohn vermutlich bereits früh ihre Möglichkeit erwogen, das Land zu verlassen, aber erst nach den Pogromen von 1938 gewannen die Pläne an Kontur. Dem Bruder von Edith, Arthur Kaulbars, war es gelungen, 1939 nach England zu emigrieren. Er hatte zuvor Jura studiert, war unter den Nationalsozialisten aber zwangsweise aus dem Studium gedrängt worden und zuletzt in Berlin als Kaufmann tätig gewesen. Leos älterer Bruder Erich war mit Frau und Kind Ende der 1930er-Jahre nach Südamerika geflüchtet. Edith Kaulbars sandte ihrem Bruder einen Brief mit Arbeitszeugnissen nach England nach, in dem sie darum bat, er möge sich für sie und ihren Ehemann einsetzen. In Berlin erwirkte das Ehepaar eine steuerliche „Unbedenklichkeitsbescheinigung zum Zwecke der Auswanderung“ im Februar 1939 von der Stadtverwaltung und vom Finanzamt Greifswalder Straße, dessen Gültigkeit sie bis Dezember 1939 verlängern ließen. Die Fluchtpläne von Leo und Edith Mendelsohn scheiterten. Mit dem Kriegsausbruch im September 1939 war ihnen der Weg nach England verbaut und mit den Ausreiseverboten im Oktober 1941 wurde ihnen auch die die letzte Chance auf ein Entkommen genommen.

Zu diesem Zeitpunkt wurden sowohl Edith Mendelsohn als auch ihr Mann zu Zwangsarbeit bei in Berlin ansässigen Rüstungsfirmen dienstverpflichtet. Edith musste im Werk der Metall- und Elektrofirma „Ehrich & Graetz“ in der Elsenstraße in Treptow arbeiten, Leo bei „Scherb & Schwer“ an den Standorten der Preßwerke Lehderstraße in Weißensee und am Kottbusser Ufer 8 (dem heutigen Paul-Lincke-Ufer) in Kreuzberg. Mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sie sich nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Der Entrechtung folgte die Deportation: Im Rahmen der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, holten Polizisten und Gestapo-Angehörige das Ehepaar am 2. März 1943 um 7 Uhr morgens aus ihrer Wohnung und verbrachten sie in eines der eigens zum Zwecke der Deportation eingerichteten Berliner Sammellager. Zwei Tage später wurden beide mit dem „34. Osttransport“ über den Güterbahnhof Moabit in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Von den insgesamt 1142 mit diesem Transport nach Auschwitz deportierten Menschen, wurden 389 Männer und 96 Frauen als „arbeitsfähig“ selektiert – darunter befand sich auch der damals 36-jährige Leo Mendelsohn.

Er musste im Block 8 des „Arbeitslagers Monowitz“ unter unmenschlichen Bedingungen Schwerstarbeiten im Straßenbau, bei Erdarbeiten und Lastentransport verrichten. Am 24. Juni 1943 wurde er in Auschwitz-Birkenau ermordet. Ob Edith Mendelsohn in das Stammlager selektiert wurde oder direkt nach ihrer Ankunft im Vernichtungslager am 6. März 1943 ermordet wurde, ist nicht bekannt. Jedenfalls gehört sie nicht zu den wenigen Überlebenden von Auschwitz.

Von den Familienangehörigen von Edith Mendelsohn überlebte ihr Bruder Arthur Kaulbars, der seinen Familiennamen in Kelvin umbenannte, die NS-Zeit im Exil in England. Ihr Schwiegervater Hermann Mendelsohn und dessen zweite Ehefrau Helene überlebten in Berlin; die Schwägerin Betty Kath, geborene Mendelsohn, konnte mit ihrem Ehemann emigrieren und lebte später in Jerusalem; Edits Schwager Erich Mendelsohn verstarb 1946 im Exil in Südamerika.