Heinrich Busse

Verlegeort
Fregestr. 20
Bezirk/Ortsteil
Friedenau
Verlegedatum
28. März 2013
Geboren
10. Juli 1874 in Marienwerder
Beruf
Kaufmann
Überlebt

Heinrich Busse, am 10. Juli 1874 im ostpreußischen Marienwerder (heute: Kwidzyn / Polen) geboren, hatte zwei Schwestern und zwei Brüder. Er absolvierte wahrscheinlich eine kaufmännische Lehre und arbeitete 17 Jahre als Werbeleiter für das 1893 auf den Markt gekommene Rostschutzmittel „Mannocitin“ der Charlottenburger Firma „Edmund Müller & Mann AG“. Da die Bewerbung der Neuerfindung Mitte der 1890er Jahre europaweit und in den USA organisiert wurde, kann es sein, dass Heinrich Busse um 1900 nach Berlin kam, wo auch seine beiden Schwestern mit ihren Familien lebten. 1909 heiratete er hier Toni Bernhard und eröffnete einen Großhandel für Tischlereibedarf und Möbelbeschläge aus Eigenproduktion. Das Paar lebte mit den Töchtern Gerda, Erika und Eva-Renate in einer großen Berliner Wohnung am Südwestkorso 9. Die Großhandlung war wirtschaftlich so erfolgreich, dass die Familie 1930 in ein eigenes Haus in der Schöneberger Fregestaße 20 zog, für das der Schwager Leo Nachtlicht, ein bekannter Architekt, die Innenausstattung entwarf. Die Familie gehörte der Jüdischen Gemeinde an, lebte aber säkularisiert.<br />
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1937 emigrierte die 1911 geborene Tochter Erika nach Teheran, im April 1939 gelang den beiden anderen Töchtern die Auswanderung nach Großbritannien. Toni Busse pflegte bis zu ihrer Deportation 1943 einen regen Briefkontakt mit ihren Töchtern und anderen emigrierten Verwandten. Noch vor Kriegsbeginn mussten Busses in ihre Villa Mieter aufnehmen. Heinrich Busse baute daraufhin um, damit seine Frau und er eine kleinere Einheit nutzen konnten. Noch vor Abschluss der Arbeiten war das Paar gezwungen, das Haus an einen Herrn Dotterweich zu verkaufen. Im November 1939 zogen Busses in die Friedenauer Kirchstraße 25 (heute: Schmiljahnstraße) und mussten bereits im Februar 1940 erneut die Wohnung wechseln. Seit November 1940 lebten sie in einem Zimmer zur Untermiete bei Otto Freund in der Schemmstraße 86 (heute Matterhornstraße, bis 1936 Heimstättenstraße 3) in Schlachtensee. Heinrich Busse versuchte über seinen in der Schweiz lebenden Neffen, Kontakte zu einer Schweizer Maschinenbaufirma zu knüpfen, da er nach der Arisierung der Firma 1939 im Besitz der Rechte und des Rezeptes von „Mannocitin“ war. Über den möglichen Verkauf plante er – erfolglos – die Flucht in die Schweiz. Am 19. Oktober 1942 waren bereits Heinrich Busses Schwestern Anna und Betty nach Riga deportiert worden, seine Frau wurde im Rahmen der „Fabrikaktion“ Ende Februar an ihrem Arbeitsplatz verhaftet und am 3. März 1943 nach Auschwitz deportiert. Heinrich Busse wusste, auch ihm droht die Verhaftung. Es gelang ihm unterzutauchen. Die gut zwei Jahre bis Kriegsende überlebte er im Untergrund. <br />
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Die Tochter Gerda starb jung, Eva-Renate mit 96 Jahren in New York. Tochter Erika heiratete in New York einen Juristen und bekam 1950 eine Tochter. Nach der Befreiung lebte Heinrich Busse 1945 wenige Häuser von seinem enteigneten Haus in der Fregestraße. Am 30. August 1946 wurde er als „Opfer des Faschismus“ anerkannt und reiste zunächst nach London zu den beiden Töchtern, denen 1938 die Ausreise gelungen war. Nach der Geburt seiner Enkelin siedelte er mit seiner jüngeren Tochter Eva-Renate zur Familie seiner Tochter Erika nach New York, wo er 1958 verstarb. Die Enkelin Atina Grossmann ist Historikerin, sie ist in New York mit Frank Mecklenburg, ebenfalls Historiker, verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Erika starb 2006. <br />
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Auf der Basis von Recherchen einer Nachbarin wurden mit Unterstützung der Stolpersteininitiativgruppe Stierstraße am 28. März 2013 nach einer Ansprache von Rabbiner Daniel Alter die Stolpersteine für das Ehepaar Busse verlegt.

Heinrich Busse, am 10. Juli 1874 im ostpreußischen Marienwerder (heute: Kwidzyn / Polen) geboren, hatte zwei Schwestern und zwei Brüder. Er absolvierte wahrscheinlich eine kaufmännische Lehre und arbeitete 17 Jahre als Werbeleiter für das 1893 auf den Markt gekommene Rostschutzmittel „Mannocitin“ der Charlottenburger Firma „Edmund Müller & Mann AG“. Da die Bewerbung der Neuerfindung Mitte der 1890er Jahre europaweit und in den USA organisiert wurde, kann es sein, dass Heinrich Busse um 1900 nach Berlin kam, wo auch seine beiden Schwestern mit ihren Familien lebten. 1909 heiratete er hier Toni Bernhard und eröffnete einen Großhandel für Tischlereibedarf und Möbelbeschläge aus Eigenproduktion. Das Paar lebte mit den Töchtern Gerda, Erika und Eva-Renate in einer großen Berliner Wohnung am Südwestkorso 9. Die Großhandlung war wirtschaftlich so erfolgreich, dass die Familie 1930 in ein eigenes Haus in der Schöneberger Fregestaße 20 zog, für das der Schwager Leo Nachtlicht, ein bekannter Architekt, die Innenausstattung entwarf. Die Familie gehörte der Jüdischen Gemeinde an, lebte aber säkularisiert.

1937 emigrierte die 1911 geborene Tochter Erika nach Teheran, im April 1939 gelang den beiden anderen Töchtern die Auswanderung nach Großbritannien. Toni Busse pflegte bis zu ihrer Deportation 1943 einen regen Briefkontakt mit ihren Töchtern und anderen emigrierten Verwandten. Noch vor Kriegsbeginn mussten Busses in ihre Villa Mieter aufnehmen. Heinrich Busse baute daraufhin um, damit seine Frau und er eine kleinere Einheit nutzen konnten. Noch vor Abschluss der Arbeiten war das Paar gezwungen, das Haus an einen Herrn Dotterweich zu verkaufen. Im November 1939 zogen Busses in die Friedenauer Kirchstraße 25 (heute: Schmiljahnstraße) und mussten bereits im Februar 1940 erneut die Wohnung wechseln. Seit November 1940 lebten sie in einem Zimmer zur Untermiete bei Otto Freund in der Schemmstraße 86 (heute Matterhornstraße, bis 1936 Heimstättenstraße 3) in Schlachtensee. Heinrich Busse versuchte über seinen in der Schweiz lebenden Neffen, Kontakte zu einer Schweizer Maschinenbaufirma zu knüpfen, da er nach der Arisierung der Firma 1939 im Besitz der Rechte und des Rezeptes von „Mannocitin“ war. Über den möglichen Verkauf plante er – erfolglos – die Flucht in die Schweiz. Am 19. Oktober 1942 waren bereits Heinrich Busses Schwestern Anna und Betty nach Riga deportiert worden, seine Frau wurde im Rahmen der „Fabrikaktion“ Ende Februar an ihrem Arbeitsplatz verhaftet und am 3. März 1943 nach Auschwitz deportiert. Heinrich Busse wusste, auch ihm droht die Verhaftung. Es gelang ihm unterzutauchen. Die gut zwei Jahre bis Kriegsende überlebte er im Untergrund.

Die Tochter Gerda starb jung, Eva-Renate mit 96 Jahren in New York. Tochter Erika heiratete in New York einen Juristen und bekam 1950 eine Tochter. Nach der Befreiung lebte Heinrich Busse 1945 wenige Häuser von seinem enteigneten Haus in der Fregestraße. Am 30. August 1946 wurde er als „Opfer des Faschismus“ anerkannt und reiste zunächst nach London zu den beiden Töchtern, denen 1938 die Ausreise gelungen war. Nach der Geburt seiner Enkelin siedelte er mit seiner jüngeren Tochter Eva-Renate zur Familie seiner Tochter Erika nach New York, wo er 1958 verstarb. Die Enkelin Atina Grossmann ist Historikerin, sie ist in New York mit Frank Mecklenburg, ebenfalls Historiker, verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Erika starb 2006.

Auf der Basis von Recherchen einer Nachbarin wurden mit Unterstützung der Stolpersteininitiativgruppe Stierstraße am 28. März 2013 nach einer Ansprache von Rabbiner Daniel Alter die Stolpersteine für das Ehepaar Busse verlegt.